Normen
FrPolG 2005 §54 Abs1 Z2;
EMRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs1 Z4;
NAG 2005 §30 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §54 Abs1 Z2;
EMRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs1 Z4;
NAG 2005 §30 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina, reiste auf Grund eines vom 22. Mai 2007 bis 20. Juni 2007 gültigen Reisevisums zum Zweck der Eheschließung mit der österreichischen Staatsbürgerin H. nach Österreich. Die beabsichtigte Heirat fand am 2. Juni 2007 statt, woraufhin der Beschwerdeführer unter Berufung auf die Ehe mit H. am 5. Juni 2007 bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" beantragte. Dieser Aufenthaltstitel wurde ihm in der Folge mit Gültigkeitsdauer vom 11. Juni 2007 bis 10. Juni 2008 erteilt.
Mit Bescheid vom 4. April 2008 wies die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn den Beschwerdeführer gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG aus Österreich aus. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 16. September 2008 gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (die belangte Behörde) der dagegen erhobenen Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 54 Abs. 1 Z 2 FPG keine Folge.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:
Eingangs ist anzumerken, dass die belangte Behörde - anders als noch die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn - die Ausweisung des Beschwerdeführers auf § 54 Abs. 1 Z 2 FPG stützte. Dieser Ausweisungstatbestand kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn der Fremde einen Verlängerungsantrag gestellt hat und der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegensteht. Nach der Aktenlage hat der Beschwerdeführer zwar einen Verlängerungsantrag (nunmehr im Hinblick auf eine am 27. Mai 2008 geschlossene Ehe mit der österreichischen Staatsbürgerin I.) gestellt, eine entsprechende Feststellung enthält der bekämpfte Bescheid allerdings nicht.
Im Übrigen begründete die belangte Behörde ihre Entscheidung aber damit, dass sich der Beschwerdeführer bereits wenige Wochen nach der Eheschließung mit H., am 31. Juli 2007, aus der "gemeinschaftlichen" Wohnung abgemeldet habe. Bereits am 5. Februar 2008 sei die Ehe geschieden worden, im "Urteil" (nach der Aktenlage richtig: Beschluss über die Scheidung im Einvernehmen nach § 55a EheG) sei ausgeführt, dass die eheliche Gemeinschaft seit mehr als sechs Monaten aufgehoben sei. Die eheliche Gemeinschaft habe somit kaum länger als zwei Monate gedauert. Im Hinblick darauf sei davon auszugehen, dass es sich bei der Ehe des Beschwerdeführers mit H. um eine Aufenthaltsehe gehandelt habe, weil der Beschwerdeführer andernfalls nach einer derart kurzen ehelichen Gemeinschaft von nur zwei Monaten wieder zurück in seinen Heimatstaat ausgereist wäre. Auf Grund dieses Umstandes - in der Folge die belangte Behörde wörtlich - "ging die Erstbehörde zurecht davon aus, dass Ihre Absicht auf das Führen eines gemeinsamen Familienlebens im Sinne des Artikel 8 EMRK zwar im Zeitpunkt der Eheschließung gegeben war, jedoch in der Folge weggefallen ist, ohne dass die Ehe vorerst aufgelöst worden wäre".
Angesichts des Eingehens einer Aufenthaltsehe erweise sich die Ausweisung des Beschwerdeführers als dringend geboten. Es könne nicht geduldet werden, "dass sich Fremde durch das Eingehen einer Aufenthaltsehe und damit verbunden auch dem Vorspiegeln einer aufrechten Ehe vor der Fremdenbehörde einen Aufenthalt und damit auch den Zugang zum Arbeitsmarkt verschaffen".
Diesen Bescheidausführungen ist zu entnehmen, dass die belangte Behörde in Bezug auf die Ehe des Beschwerdeführers mit H. den Versagungsgrund nach § 11 Abs. 1 Z 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG (Vorliegen einer Aufenthaltsehe nach § 30 Abs. 1 NAG) als gegeben erachtete. Dabei hat sie allerdings übersehen, dass das Vorliegen einer Aufenthaltsehe nach § 30 Abs. 1 NAG voraussetzt, dass sich die Ehegatten für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln auf die Ehe berufen, obwohl sie ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht führen. Dabei besteht insofern ein zeitlicher Zusammenhang, als das Berufen auf ein Familienleben zu einem Zeitpunkt erfolgen muss, zu dem ein Familienleben nicht (mehr) geführt wird (vgl. zu diesem zeitlichen Zusammenhang auch das hg. Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2006/21/0391).
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer nach den Feststellungen der belangten Behörde jedenfalls bis Juli 2007 mit H. in ehelicher Gemeinschaft zusammengelebt. Dass er sich danach zur Erteilung oder Beibehaltung von Aufenthaltstiteln auf die Ehe mit H. berufen habe, wird nicht festgestellt und ist im Übrigen auch der Aktenlage nicht zu entnehmen. Insoweit kann von einem "Vorspiegeln einer aufrechten Ehe vor der Fremdenbehörde", wie die belangte Behörde im bekämpften Bescheid abschließend ausgeführt hat, keine Rede sein. Damit ist aber auch der Annahme, es liege der Versagungsgrund nach § 11 Abs. 1 Z 4 NAG vor, der Boden entzogen, weshalb der bekämpfte Bescheid wegen der prävalierenden Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 27. Jänner 2011
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