VwGH 2008/18/0664

VwGH2008/18/066426.11.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger, die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde der J K, geboren am 5. Juli 1978, vertreten durch Mag. Johann Galanda und Dr. Anja Oberkofler, Rechtsanwälte in 1120 Wien, Arndtstraße 87/12, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 4. August 2008, Zl. E1/271.478/2008, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §31;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs3 idF 2009/I/029;
EMRK Art3;
EMRK Art8;
NAG 2005 §54;
NAG 2005 §57;
VwGG §34 Abs1 impl;
VwRallg;
FrPolG 2005 §31;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs3 idF 2009/I/029;
EMRK Art3;
EMRK Art8;
NAG 2005 §54;
NAG 2005 §57;
VwGG §34 Abs1 impl;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine serbische Staatsangehörige, reiste mit einem vom 6. Juli bis zum 4. August 2007 gültigen Visum C nach Österreich ein. Nach Ablauf dieses Visums kam sie ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nach und heiratete am 29. August 2007 einen österreichischen Staatsbürger. Am 6. November 2007 brachte sie einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ein.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen ihre Ausweisung gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, nicht statt. Die Beschwerdeführerin mache geltend, mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet und von ihm schwanger zu sein. Das gemeinsame Kind komme am 21. Dezember 2008 zur Welt. Darüber hinaus - so die belangte Behörde weiter - lebten ihre Schwiegereltern im Bundesgebiet, welche beide bereits die österreichische Staatsbürgerschaft besäßen. Die Ausweisung greife in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin ein. Dieser Eingriff sei jedoch dringend geboten, weil die Beschwerdeführerin die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein besonders hoher Stellenwert zukämen, in gravierender Weise missachte. Wie aus ihrem Antrag auf Erteilung eines Schengen-Visums hervorgehe, habe sie bei der Österreichischen Botschaft Belgrad angegeben, Österreich lediglich für einen Monat besuchen zu wollen. Sie habe ihrem Antrag einen "Bescheid" ihres Arbeitgebers, der R Vereinigung, beigelegt, wonach sie ihren Urlaub vom 28. Mai bis zum 10. Juli 2007 benütze, um erforderliche Literatur und Volkstrachten für die Vereinigung zu sammeln. Beim Einlader und Verpflichter habe es sich nicht um ihren nunmehrigen Ehemann gehandelt. Ihre Bindung zu diesem erfahre eine bedeutende Relativierung, weil sie ihren Mann zu einem Zeitpunkt geheiratet habe, zu dem sie nicht habe davon ausgehen können, sich hier auf Dauer niederlassen zu können. Ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen könne den Aufenthalt eines Fremden nicht legalisieren. Die Anhängigkeit eines solchen Verfahrens würde zu keiner Einschränkung der behördlichen Ermächtigung zur Erlassung einer Ausweisung führen. Die Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen privaten und familiären Interessen nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit daran, dass die Beschwerdeführerin aus dem Bundesgebiet ausreise. Die Erlassung der Ausweisung sei dringend geboten und zulässig iSd § 53 Abs. 1 FPG.

Was das Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffe, ihr Leben sei in ihrer Heimat in Gefahr und sie sei als ehemalige Sekretärin einer Roma-Organisation bereits mehrmals bedroht worden, so sei dem entgegenzuhalten, dass mit einer Ausweisung nicht darüber abgesprochen werde, in welches Land die Beschwerdeführerin auszureisen habe. Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten der Beschwerdeführerin sprechender Umstände habe die belangte Behörde auch keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde erwogen hat:

1.1. Die Beschwerde bringt vor, es sei zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet sei und mit diesem in einem gemeinsamen Haushalt lebe. Das gemeinsame Kind werde am 21. Dezember 2008 zur Welt kommen und dem österreichischen Staat nicht zur Last fallen. Ihr könne eine Rückkehr in ihre Heimat nicht zugemutet werden, weil sie als ehemalige Sekretärin einer Roma-Organisation bereits mehrmals bedroht worden sei und einer besonderen Gefahr von Übergriffen ausgesetzt sei. Überdies dürfe als bekannt vorausgesetzt werden, dass die medizinische Versorgung im österreichischen Bundesgebiet einen weit höheren Standard als jenen in der Heimat der Beschwerdeführerin aufweise. Das noch ungeborene Kind sei gerade in der Phase nach der Geburt sowohl auf die Zuneigung und Liebe der Beschwerdeführerin als auch des Kindesvaters angewiesen. Die Ausweisung führe zu einem "Zerreißen der Familie" noch vor Geburt des gemeinsamen Kindes.

1.2. Diesem Vorbringen ist zu erwidern, dass es für die Frage der Rechtmäßigkeit eines Ausweisungsbescheides ohne Bedeutung ist, ob und gegebenenfalls in welchem Staat der Fremde iSd § 50 Abs. 1 oder 2 FPG bedroht ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. September 2000, Zl. 2000/18/0149, und vom 13. September 2006, Zl. 2006/18/0111).

Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf ihre Schwangerschaft ist in einem Verfahren iSd § 53 Abs. 1 FPG insofern unbeachtlich, als diesem allenfalls durch einen Abschiebungsaufschub nach § 46 Abs. 3 FPG Rechnung getragen werden könnte (vgl. das hg., zu § 33 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 ergangene Erkenntnis vom 3. März 2004, Zl. 2004/18/0027). Im Übrigen kann dahingestellt bleiben, ob eine schlechtere medizinische Versorgung im Ausland nicht unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK, sondern - z.B. in einem Feststellungsverfahren nach § 51 FPG - lediglich unter dem des Art. 3 EMRK zu prüfen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag Zl. 2008/18/0720).

2. Im Übrigen gleicht der vorliegende Beschwerdefall in den für seine Erledigung wesentlichen Punkten - sowohl hinsichtlich des Sachverhalts als auch in Ansehung der zu lösenden Rechtsfragen - jenen, die den hg. Erkenntnissen vom heutigen Tag, Zl. 2007/18/0657 und - bereits genannt - Zl. 2008/18/0720, zu Grunde lagen.

Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf die in diesen Erkenntnissen enthaltenen Begründungen verwiesen.

3. Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 26. November 2009

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