VwGH 2008/18/0522

VwGH2008/18/052211.5.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des C in H, vertreten durch Dr. Josef Unterweger und Mag. Doris Einwallner, Rechtsanwälte in 1080 Wien, Buchfeldgasse 19a, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 19. Februar 2008, Zl. E1/34.296/2008, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

32003L0109 Drittstaatsangehörigen-RL Art12 Abs1;
B-VG Art6 Abs3;
EURallg;
FrPolG 2005 §56 Abs1;
FrPolG 2005 §56;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
HauptwohnsitzG 1994 Art7 Z3;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
32003L0109 Drittstaatsangehörigen-RL Art12 Abs1;
B-VG Art6 Abs3;
EURallg;
FrPolG 2005 §56 Abs1;
FrPolG 2005 §56;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
HauptwohnsitzG 1994 Art7 Z3;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 19. Februar 2008 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 und § 63 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der in Wien geborene Beschwerdeführer habe den größten Teil seines Lebens in Österreich verbracht. Er sei vom 31. Dezember 1980 bis zum 4. Dezember 1984 in W gemeldet gewesen. Danach finde sich kein entsprechender Datensatz. Erst mit dem 2. August 1988 sei der Beschwerdeführer erneut mit dem Vermerk "zugezogen von Jugoslawien" angemeldet worden. Seither sei er durchgehend im Bundesgebiet gemeldet. Seit dem 11. November 1999 verfüge er über einen unbefristeten Aufenthaltstitel für jeglichen Aufenthaltszweck. Am 6. Juni 2006 habe er einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt EG" eingebracht.

Mit rechtskräftigem Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 29. Juli 1999 sei der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt gemäß § 269 Abs. 1 erster Fall StGB, des Vergehens der schweren Körperverletzung nach § 83 Abs. 2, § 84 Abs. 1 und Abs. 2 Z 4 StGB sowie des Vergehens nach § 27 Abs. 1 und Abs. 2 Z 2 SMG teilweise als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von siebeneinhalb Monaten, davon sechseinhalb Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt worden. Er habe in Wien am 23. Juni 1999 in einem Wiener Lokal dadurch, dass er einem Polizeibeamten, der ihn habe festnehmen wollen, heftige Stöße versetzt habe und sich von der zu Hilfe eilenden Sicherheitswachebeamtin gewaltsam losgerissen habe, Beamte mit Gewalt an einer Amtshandlung gehindert. Er habe dem Polizeibeamten mindestens zwei heftige Stöße versetzt, wodurch dieser mit dem Kopf auf die Kante der Theke oder auf den Boden aufgeschlagen und zu Boden gestürzt sei und dadurch eine schwere Gehirnerschütterung mit Bewusstlosigkeit und Amnesie sowie den Bruch des kleinen Fingers der linken Hand erlitten habe. Die zu Hilfe eilende Sicherheitswachebeamtin habe einen Sehneneinriss am Ringfinger der linken Hand mit einer Gesundheitseinschränkung von mindestens sechs Wochen erlitten. Weiters habe er am genannten Tag den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, und zwar ca. 60 g Cannabisharz, anderen überlassen. Von Anfang Juni bis zum 23. Juni 1999 habe er in zwei bis drei Angriffen dazu beigetragen, dass A. gewerbsmäßig Suchtgift (Cannabisharz) in nicht mehr feststellbarer Menge anderen überlassen habe, indem er für diesen vor dem Raum in dem Lokal, in dem die Verkäufe abgewickelt worden seien, Aufpasserdienste geleistet habe.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12. Juni 2002 sei der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach § 142 Abs. 1 und § 143 zweiter Fall StGB sowie wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Er habe am 22. Jänner 2002 in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit B S. und mit dem vom Jugendgerichtshof abgesondert verfolgten S T. durch Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Gaspistole Gästen eines Lokals fremde bewegliche Sachen, nämlich F P. EUR 1.050,-- und ein Handy im Wert von EUR 200,--, N S. EUR 110,--, M S. ein Handy im Wert von EUR 200,-- und M T. ein Handy im Wert von EUR 200,-- mit dem Vorsatz abgenötigt, sich oder einen Dritten durch Zueignung unrechtmäßig zu bereichern. Er habe weiters am 31. Oktober 2001 durch Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Spielzeugpistole dem Geldbriefträger W S. fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in der Höhe von S 70.000,--, in einem Hausflur mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, abgenötigt.

Nachdem der Beschwerdeführer am 23. September 2004 bedingt aus der Haft entlassen worden sei, sei er mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 25. April 2006 wegen des Vergehens des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach § 15 und § 269 Abs. 1 erster Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten erneut verurteilt worden. Er habe am 12. Dezember 2005 in Wien gemeinsam mit S S. dadurch, dass sie gegen mehrere Sicherheitswachebeamte, die im Begriff gewesen seien, eine Ausweisleistung von ihm zu fordern, tätlich losgegangen seien, Beamte mit Gewalt an einer Amtshandlung zu hindern versucht.

Zuletzt sei er mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21. September 2006 wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen schweren Betrugs als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall, § 146, § 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3, § 148 zweiter Satz und § 15 StGB sowie § 148 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Er habe zu den Tathandlungen der abgesondert verfolgten J J. und B S. dadurch beigetragen, dass er gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten I S. ein Konto bei einer Bank eröffnet, mit gefälschten Unterschriften versehene Überweisungsbelege bei Banken überreicht und in weiterer Folge überwiesene Beträge von den Konten behoben und an J J. ausgehändigt habe, wodurch ein Schaden in Höhe von EUR 102.254,-- entstanden sei.

Der Beschwerdeführer sei bis zum 11. April 2006 arbeitslos gewesen. Er habe sodann vom 13. April bis zum 12. Juni 2006 bei der Firma S. gearbeitet. Gegen ihn bestehe ein aufrechtes Waffenverbot. Er sei laut kriminalpolizeilichen Vormerkungen bereits achtmal wegen diverser strafrechtlicher Delikte in Österreich zur Anzeige gebracht worden.

Die in § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 FPG normierten Voraussetzungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes seien erfüllt. Der Beschwerdeführer sei ledig und ohne Sorgepflichten, allerdings in Österreich geboren, im Inland zur Schule gegangen und faktisch sein ganzes Leben (mit kurzfristigen Unterbrechungen) in Österreich aufhältig gewesen.

In Anbetracht der mehrfachen Verurteilungen zu unbedingten Haftstrafen, zuletzt mit Urteil vom 21. September 2006 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, sei evident, dass dem Aufenthaltsverbot § 61 Z 2 bis 4 FPG nicht entgegenstehe. Es sei jedoch von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen massiven Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers auszugehen. Dessen ungeachtet sei aber die Zulässigkeit der Maßnahme im Grund des § 66 FPG zu bejahen. Der Beschwerdeführer habe bereits im jugendlichen Alter erhebliche Straftaten sowohl im Zusammenhang mit Gewalt- als auch mit Suchtgiftdelikten verübt. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (hier: zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit im weitesten Sinn, aber auch zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen gegen fremdes Eigentum) dringend geboten. Im Hinblick auf die teilweise gewerbsmäßige Begehung seiner Straftaten, den zum Teil erheblichen Unrechtsgehalt und die Schwere der Taten, die wiederholte Straffälligkeit innerhalb eines kurzen Zeitraumes und auch auf Grund der Tatsache, dass er sich derzeit in Strafhaft befinde, sei eine positive Verhaltensprognose für ihn nicht möglich. Dabei habe auf die erhebliche kriminelle Energie des Beschwerdeführers Bedacht genommen werden müssen, die sich bereits in seiner Jugend abgezeichnet habe. Er habe sich trotz ständiger gerichtlicher Verurteilungen nicht von der Begehung weiterer erheblicher Straftaten abhalten lassen. Zudem dokumentiere die lange Reihe der gerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers dessen tiefgehende soziale Entwurzelung.

Hinsichtlich der nach § 66 Abs. 2 FPG erforderlichen Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass sich der Beschwerdeführer mit kurzen Unterbrechungen praktisch seit seiner Geburt in Österreich befinde. Auf Grund des beschriebenen Aufenthalts und auch des Umstandes, dass seine Mutter - eine österreichische Staatsbürgerin - im Inland lebe, sei von gewichtigen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet auszugehen. Das Ausmaß der (sozialen) Integration des Beschwerdeführers werde jedoch dadurch erheblich gemindert, dass dieser mehrfach straffällig und rechtskräftig verurteilt worden sei. Wenn er vorbringe, dass seine Mutter erheblich erkrankt sei und künftig einer ständigen Betreuung durch eine mit der medizinischen Problematik ausreichend vertraute Person bedürfe, so könne dies zutreffen. Dies sei jedoch nicht geeignet, ein erhöhtes Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet zu begründen. Zum einen habe sich der Beschwerdeführer durch die Erkrankung seiner Mutter, bei der 1998 eine multiple Sklerose diagnostiziert worden sei, nicht davon abhalten lassen, zum Teil (schwerst) kriminell zu werden, zum anderen sei er auch bisher durch Haftstrafen daran gehindert gewesen, einer etwaigen Pflege seiner Mutter tatsächlich nachzukommen. Er habe es auch verabsäumt, sich in den österreichischen Arbeitsmarkt zu integrieren, und sei nur vom 8. Oktober 2004 (richtig: 13. April 2006) bis zum 12. Juni 2006 knapp zwei Monate als Arbeiter beschäftigt, die restliche Zeit jedoch als Arbeitsloser bzw. Notstandshilfeempfänger registriert gewesen.

Es bestehe ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung der Eigentums- und der Gewaltkriminalität. Von daher gesehen würden die gewichtigen privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers gegenüber den genannten höher zu veranschlagenden öffentlichen Interessen im Sinn des Art. 8 Abs. 2 EMRK in den Hintergrund treten.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er müsse in ein Land ausreisen, in dem er weder geboren noch zur Schule gegangen sei noch dessen Sprache er beherrsche, sei zu entgegnen, dass mit einem Aufenthaltsverbot nicht darüber abgesprochen werde, dass der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder er allenfalls abgeschoben werde.

Es habe auch keine Veranlassung bestanden, im Rahmen der Ermessensübung gemäß § 60 Abs. 1 FPG von der Erlassung des Aufenthaltsverbots Abstand zu nehmen, sei doch bei einer rechtskräftigen Verurteilung eines Fremden wegen eines Verbrechens (§ 55 Abs. 3 Z 1 FPG) das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eindeutig. Eine auf einer Ermessenserwägung beruhende Abstandnahme von der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes sei nicht im Sinne des Gesetzes.

Das Aufenthaltsverbot sei unbefristet auszusprechen gewesen, weil der Beschwerdeführer mehrfach straffällig geworden sei und zum Teil schwere Straftaten begangen habe. Er habe gezeigt, dass er die zum Rechtsgüterschutz aufgestellten Vorschriften gering schätze. Deshalb könne auch nicht vorhergesehen werden, wann der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgebliche Grund, nämlich die erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, weggefallen sein werde.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass er zum Zeitpunkt der Einleitung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotsverfahrens bereits die Strafhaft in H angetreten habe. Er sei zwar nach wie vor an einer Anschrift in W gemeldet, jedoch nicht dort wohnhaft gewesen. Sein Wohnsitz sei bereits in der Justizanstalt H gewesen. Gemäß § 6 FPG wäre in erster Instanz die Bezirkshauptmannschaft Baden und in weiterer Folge die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich für das gegenständliche Verfahren örtlich zuständig gewesen.

1.2. Die örtliche Zuständigkeit in einem Verfahren betreffend die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes richtet sich gemäß § 6 Abs. 1 FPG nach dem vom Fremden im Inland begründeten Hauptwohnsitz im Sinn des § 1 Abs. 7 Meldegesetz, in Ermangelung eines solchen nach einem sonstigen Wohnsitz des Fremden im Bundesgebiet. Hat dieser keinen Wohnsitz in Österreich, richtet sich die Zuständigkeit gemäß § 6 Abs. 2 FPG "nach seinem Aufenthalt zum Zeitpunkt des ersten behördlichen Einschreitens nach diesem Bundesgesetz".

Die Verbüßung einer Strafhaft in der Justizanstalt H hatte entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht einen dort bestehenden Wohnsitz zur Folge, weil ein solcher den Aufenthalt an einem bestimmten Ort und den Willen, dort zu bleiben, voraussetzt. Ein zwangsweise begründeter Aufenthaltsort - wie im Falle eines Untersuchungshäftlings oder Strafhäftlings - ist kein Wohnsitz. Umso weniger kann in diesen Fällen das Vorliegen eines Hauptwohnsitzes angenommen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. September 2007, Zl. 2007/21/0238).

Der im Verwaltungsakt erliegenden Meldebestätigung der Bundespolizeidirektion Wien vom 10. August 2006 kann entnommen werden, dass der Beschwerdeführer seit dem 6. Dezember 2000 bis laufend in W, Hstraße 15/24, gemeldet war. Seinen niederschriftlichen Angaben vom 18. September 2006 zufolge wohnen an dieser Adresse neben dem Beschwerdeführer auch seine Mutter und sein Bruder. Die Qualifikation als Hauptwohnsitz bzw. die Absicht des Beschwerdeführers, hier den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu schaffen (vgl. Art. 6 Abs. 3 B-VG), geht nicht durch jegliche Abwesenheit von diesem Ort verloren, sofern der "Mittelpunktcharakter" des Hauptwohnsitzes erhalten bleibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Oktober 2003, Zl. 2001/01/0504). Der Beschwerdeführer hatte zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides vom 21. Dezember 2007 daher seinen Hauptwohnsitz weiterhin an der angegeben Adresse, zumal dort auch weiterhin seine Angehörigen leben und er den Mittelpunktcharakter dieses Wohnortes niemals bestritten hat. Gegen die Wahrnehmung ihrer Zuständigkeit sowohl durch die erstinstanzliche als auch durch die belangte Behörde bestehen daher keine Bedenken.

2.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass er über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfügt habe, der gemäß § 11 Abs. 3 NAG-DV als Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" gelten würde, so dass § 56 FPG auf ihn anzuwenden sei. Die belangte Behörde habe § 56 FPG völlig außer Acht gelassen.

2.2. Der Beschränkung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegen langfristig Aufenthaltsberechtigte im Sinne des Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2003/109/EG wurde im innerstaatlichen Recht durch § 56 FPG Rechnung getragen. Gemäß § 61 Z. 2 FPG darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn eine Ausweisung gemäß § 54 Abs. 1 FPG wegen des maßgeblichen Sachverhaltes unzulässig wäre. Im Wege des § 61 Z. 2 FPG gelten die Bedingungen des § 56 Abs. 1 nicht nur für Ausweisungen, sondern auch für Aufenthaltsverbote gegen langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige.

Die Auffassung der belangten Behörde, dass die in § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, kann nicht als rechtwidrig erkannt werden. Den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers liegt zu Grunde, dass er sich im Juni 1999 des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt, des Vergehens der schweren Körperverletzung und des Vergehens nach § 27 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 SMG schuldig gemacht hat. Am 31. Oktober 2001 und am 22. Jänner 2002 verübte er teilweise schwere Raubüberfälle und wurde deswegen zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Nachdem der Beschwerdeführer am 23. September 2004 bedingt aus der Haft entlassen worden war, machte er sich am 12. Dezember 2005 wiederum des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt schuldig und wurde deswegen zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. Sämtliche bisher aufgezählten Verurteilungen konnten jedoch den Beschwerdeführer nicht davon abhalten, erneut straffällig zu werden, und er wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21. September 2006 wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen schweren Betruges zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat durch die dargestellten strafbaren Handlungen insbesondere gegen das große öffentliche Interesse an der Verhinderung strafbarer Handlungen gegen die Staatsgewalt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2006, Zl. 2006/18/0165) sowie gegen das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von Gewaltkriminalität (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. März 2003, Zl. 2000/18/0074) an der Verhinderung der Eigentumskriminalität (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. März 2000, Zl. 99/18/0451, und vom 4. April 2001, Zl. 98/18/0410) sowie an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2001, Zl. 2000/18/0107) verstoßen. Er hat sich auch durch mehrfache strafgerichtliche Verurteilungen nicht davon abhalten lassen, neuerlich in gravierender Weise straffällig zu werden. Daher begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die im § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinem Einwand.

Ungeachtet dessen wäre aber auch eine Gefährdungsprognose im Sinn des § 56 Abs. 1 FPG (zum qualifizierteren Gefährdungskalkül vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. November 2008, Zl. 2008/21/0603, mwN) gerechtfertigt. Durch die Verurteilungen des Beschwerdeführers sind sowohl die Z. 1 als auch die Z. 2 des § 56 Abs. 2 FPG erfüllt. Sowohl von daher als auch angesichts des den Verurteilungen des Beschwerdeführers zu Grunde liegenden, in gravierender Weise in die körperliche Integrität und das Eigentum anderer Personen eingreifenden - oben näher beschriebenen - strafbaren Verhaltens des Beschwerdeführers stellt sein weiterer Aufenthalt eine schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

Vor diesem Hintergrund vermag die Beschwerde die negative Verhaltensprognose für den Beschwerdeführer jedenfalls nicht zu erschüttern. Da - wie gezeigt - auch eine Gefährdungsprognose im Sinn des § 56 Abs. 1 FPG vorliegend gerechtfertigt ist, braucht nicht weiter untersucht werden, ob die sich aus der Wendung "vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhalts" ergebende Einschränkung des Ausweisungsschutzes von langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen in der Richtlinie 2003/109/EG Deckung findet (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2008/21/0603).

3.1. Im Grund des § 66 FPG wendet der Beschwerdeführer ein, dass er in Österreich geboren sei und - mit ganz kurzen Unterbrechungen - sein gesamtes bisheriges Leben in Österreich verbracht habe. Er beherrsche die Sprache seines Heimatstaates kaum. Seine Mutter leide an multipler Sklerose und sei zunehmend auf die Pflege durch andere angewiesen. Er könne und wolle diese Pflegeleistungen für die Mutter erbringen. Er habe auch vor seiner Inhaftierung bei ihr gewohnt und habe daher trotz seiner Volljährigkeit eine sehr intensive Bindung zur Mutter. Es sei seiner Mutter in keiner Weise möglich und zumutbar, sich in das Herkunftsland zu begeben, um das Familienleben dort fortzusetzen. Eine ausreichende Versorgung sei für sie nur in Österreich gewährleistet.

3.2. Auch mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Bei der Interessenabwägung im Sinn des § 66 Abs. 1 und 2 FPG hat die belangte Behörde die Dauer des bisherigen rechtmäßigen inländischen Aufenthalts des Beschwerdeführers seit seiner Geburt, die daraus ableitbare Integration und seine familiären Bindungen zu seiner erkrankten Mutter berücksichtigt und zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben angenommen. Sie hat aber - unter Bedachtnahme auf seine persönlichen Interessen - ebenso zutreffend den Standpunkt vertreten, dass das gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei, liegt doch dem Beschwerdeführer - wie schon erwähnt (vgl. oben II.2.2.) - ein im Lichte des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Eigentums-, Suchtgift- und Gewaltkriminalität verwerfliches Fehlverhalten zur Last, welches das Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, zur Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen durch den Beschwerdeführer sowie zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer, somit zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten erscheinen lässt.

Im Licht dieser Erwägungen erweist sich auch das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 2 FPG vorgenommenen Abwägung als unbedenklich. Die Integration des Beschwerdeführers hat in der für sie wesentlichen sozialen Komponente durch die von ihm begangenen Delikte eine ganz erhebliche Beeinträchtigung erfahren. Zu seinen Ungunsten fällt dabei auch ins Gewicht, dass er sich beruflich nicht in Österreich zu integrieren vermochte. Von daher gesehen hat die belangte Behörde zu Recht den nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes kein geringeres Gewicht beigemessen als den Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine Lebenssituation und die seiner Angehörigen.

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang ins Treffen führt, dass seine Mutter infolge ihrer Erkrankung seines Beistands bedürfe, ist ihm entgegenzuhalten, dass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass seine Mutter ohne diesen Beistand nicht ausreichend gepflegt werden könnte. Sein eigener bisheriger Beistand wird außerdem durch seine Haftzeiten relativiert.

4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VWG als unbegründet abzuweisen.

5. Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 11. Mai 2009

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