Normen
ÄrzteG 1998 §230 Abs7 idF 2010/I/061;
AVG §18 Abs3 idF 2008/I/005;
AVG §18 Abs4 idF 2008/I/005;
VwGG §42 Abs2 Z2;
ÄrzteG 1998 §230 Abs7 idF 2010/I/061;
AVG §18 Abs3 idF 2008/I/005;
AVG §18 Abs4 idF 2008/I/005;
VwGG §42 Abs2 Z2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Die Ärztekammer für Wien ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit einer als "Bescheid" bezeichneten Erledigung vom 31. Oktober 2007 wurde dem Beschwerdeführer die Kammerumlage für 2006 vorgeschrieben. In der rechten oberen Ecke findet sich auf beiden Blättern, welche die Erledigung beinhalten, nebst einem Logo die Angabe "ÄRZTEKAMMER FÜR WIEN" sowie darunter "CONCISA Vorsorgeberatung und Management AG".
Ferner findet sich auf der Erledigung auch der Formularaufdruck:
"RECHTSMITTELBELEHRUNG
Gegen diesen Bescheid kann gemäß § 91 Abs 7 Ärztegesetz binnen 2 Wochen nach Zustellung Beschwerde an den Vorstand der Ärztekammer für Wien erhoben werden.
Mit kollegialer Hochachtung
Primarius Dr. Walter Ebm e.h. Prim. MR Dr. Walter
Dorner e.h. Finanzreferent
Präsident"
Aus den Verwaltungsakten ist eine Genehmigung dieser erstinstanzlichen Erledigung nicht ersichtlich. Auch für eine elektronische Fertigung gibt es keinen Hinweis.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 6. Februar 2008 entschied die belangte Behörde über die vom Beschwerdeführer erhobene "Beschwerde vom 27.11.2007" dahin, dass die Beschwerde abgewiesen werde.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Aus Anlass des Beschwerdefalles sind beim Verwaltungsgerichtshof Bedenken dahin aufgetreten, ob es sich bei der erstinstanzlichen Erledigung um einen Bescheid handelt, weil sie keine Unterfertigung aufweist und sich die Identität des Genehmigenden weder aus einer Urschrift noch aus der vorgelegten Ausfertigung in einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Weise erkennen lässt und im Übrigen auch nicht zweifelsfrei erkennbar ist, von welcher Behörde die Erledigung stammt, sodass die Zuständigkeit der belangten Behörde nur dahin bestanden hätte, die unzulässige Berufung zurückzuweisen (vgl. das in einem gleichen Fall ergangene hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2010, Zl. 2006/11/0108). Der Verwaltungsgerichtshof hat daher die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unter Verweis auf das erwähnte Erkenntnis vom 22. Juni 2010, Zl. 2006/11/0108, aufgefordert, innerhalb der gesetzten Frist zur Frage Stellung zu nehmen, ob es sich bei der Erledigung vom 31. Oktober 2007 um einen Bescheid handelt.
Der Beschwerdeführer teilte in seiner Stellungnahme vom 4. Jänner 2011 die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes unter Verweis darauf, dass die ihm zugestellten Ausfertigungen der Erledigung keine Unterschrift und auch keine elektronische Beurkundung durch elektronische Signatur aufwiesen und daher kein Bescheid vorliege.
Die belangte Behörde verwies in ihrer Stellungnahme vom 13. Jänner 2011 auf § 230 Abs. 7 ÄrzteG 1998 in der Fassung der 14. Ärztegesetz-Novelle, wonach Ausfertigungen von Organen der österreichischen Ärztekammer und der Ärztekammern in den Ländern unter den dort genannten Voraussetzungen weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung des Genehmigenden bedürften, wobei diese Bestimmung auch für Ausfertigungen gelte, welche vor ihrem Inkrafttreten hergestellt worden seien. Es liege daher ein rechtmäßiger Bescheid vor.
Der vorliegende Beschwerdefall gleicht damit in den wesentlichen Rechtsfragen jenem, über welchen bereits mit dem hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2010, Zl. 2006/11/0108, entschieden wurde. Es genügt daher, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf dieses Erkenntnis hinzuweisen. Die belangte Behörde hat auch im vorliegenden Verfahren weder eine Urschrift der erstinstanzlichen Erledigung, die unterfertigt wäre bzw. den Anforderungen des § 18 Abs. 3 AVG entspräche, vorgelegt, noch vorgebracht, dass eine solche existiere.
Soweit die belangte Behörde in der genannten Stellungnahme vom 13. Jänner 2011 auf § 230 Abs. 7 ÄrzteG 1998 in der Fassung der 14. Ärztegesetz-Novelle hinweist, ist ihr Folgendes zu entgegnen:
Nach § 18 Abs. 3 AVG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 5/2008 sind schriftliche Erledigungen vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authenzität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.
Nach § 18 Abs. 4 leg. cit. hat jede schriftliche Ausfertigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist.
Durch Artikel 1 des Bundesgesetzes zur Stärkung der ambulanten öffentlichen Gesundheitsversorgung, BGBl. I Nr. 61/2010, kundgemacht am 18. August 2010, wurde das Ärztegesetz 1998 novelliert (14. Ärztegesetz-Novelle), darunter auch der § 230 leg. cit., dessen Absatz 7 wie folgt lautet:
"(7) Ausfertigungen von Organen der Österreichischen Ärztekammer sowie der Ärztekammer in den Bundesländern, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung und gelten, wenn sie weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung aufweisen als durch das Organ genehmigt, von dem die Ausfertigung stammt. Die Bestimmung gilt auch für die vor ihrem Inkrafttreten hergestellten Ausfertigungen."
Daraus ist für den Standpunkt der belangten Behörde jedoch nichts gewonnen. Denn diese Vorschrift bezieht sich lediglich auf die Erfordernisse für externe Erledigungen ("Ausfertigungen"). Aus den zitierten Bestimmungen der Absätze 3 und 4 des § 18 AVG in der genannten Fassung ist ersichtlich, dass hier zwischen interner Erledigung (Abs. 3) und externer Erledigung (Abs. 4) unterschieden wird. Da § 230 Abs. 7 ÄrzteG 1998 in der von der belangten Behörde ins Treffen geführten Fassung wie erwähnt sich lediglich auf externe Erledigungen bezieht, gilt für interne Erledigungen von Organen der Ärztekammer weiterhin § 18 Abs. 3 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2008. Ein rechtswirksamer Bescheid wäre daher nur dann gegeben, wenn die Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt sind. Da dies in Ansehung der erstinstanzlichen Erledigung nicht der Fall ist, kam ihr Bescheidqualität schon deshalb nicht zu.
Es war daher auch der vorliegende angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen zu werden brauchte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verwaltungsgerichtshof-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 23. Februar 2011
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