VwGH 2008/10/0173

VwGH2008/10/017321.10.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde der P Apotheke Mag. pharm. Dr. M P KG in F, vertreten durch Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Nußdorfer Straße 10- 12, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend vom 7. Juli 2008, Zl. BMGFJ-262728/0005- I/B/8/2008, betreffend Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke (mitbeteiligte Partei:

Mag. pharm. Maria Berger in Graz, vertreten durch Dr. Hans Günther Medwed und Mag. Michael Medwed, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Adolf Kolpinggasse 2), zu Recht erkannt:

Normen

ApG 1907 §10 Abs1;
ApG 1907 §10 Abs2;
ApG 1907 §10 Abs4;
ApG 1907 §10 Abs5;
VwGG §42 Abs2 Z1;
ApG 1907 §10 Abs1;
ApG 1907 §10 Abs2;
ApG 1907 §10 Abs4;
ApG 1907 §10 Abs5;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 22. Dezember 1999 wurde der mitbeteiligten Partei die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in R, Hauptstraße 54, erteilt.

Dieser Bescheid wurde über Berufung der Inhaberin der P-Apotheke in F mit Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen vom 30. April 2001 behoben; der Konzessionsantrag der mitbeteiligten Partei wurde abgewiesen.

Mit hg. Erkenntnis vom 14. Mai 2002, Zl. 2001/10/0135, wurde der Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die - damals - belangte Behörde sei in der Frage der Zurechnung eines näher beschriebenen Personenkreises zum Versorgungspotenzial der P-Apotheke weder der im Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer dargelegten Auffassung gefolgt, noch habe sie ihren abweichenden Standpunkt begründet, sondern lediglich auf die Schwierigkeit verwiesen, den durch Tageseinpendler erzeugten Medikamentenbedarf zu ermitteln, sodass "kein genauer Anteil an sonstigen Personen zugerechnet werden" könne. Betreffend die Frage der Abgrenzung der Versorgungspotenziale von öffentlichen Apotheken und ärztlichen Hausapotheken sah sich der Verwaltungsgerichtshof aus Gründen der Verfahrensökonomie noch veranlasst darauf hinzuweisen, dass der dem Versorgungspotenzial einer ärztlichen Hausapotheke zuzurechnende Personenkreis im Allgemeinen danach zu bestimmen sei, in welchem Ausmaß die Bewohner des betreffenden Gebietes ihren Arzneimittelbedarf schon bisher in der ärztlichen Hausapotheke gedeckt hätten. Entsprechende Feststellungen könnten, soweit auf den Einzelfall bezogene Ermittelungen nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich seien, auch auf allgemeine, für den jeweiligen Fall repräsentative Untersuchungsergebnisse gestützt werden.

Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen vom 10. November 2003 wurde der Bescheid des Landeshauptmannes vom Burgenland vom 22. Dezember 1999 neuerlich behoben und der Konzessionsantrag der mitbeteiligten Partei abgewiesen.

Dieser Bescheid wurde mit hg. Erkenntnis vom 4. Juli 2005, Zl. 2003/10/0295, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die - damals - belangte Behörde habe ihre Annahme, den beiden in F bestehenden öffentlichen Apotheken würde bei Neuerrichtung der beantragten Apotheke ein gemeinsames Versorgungspotenzial von weniger als 11.000 Personen verbleiben, auf Ermittlungsergebnisse gestützt, die sich einer nachvollziehbaren Überprüfung entzögen. Zwar lägen keine Umstände vor, die im vorliegenden Fall gegen die Zulässigkeit der so genannten "Divisionsmethode" bei der Ermittlung der den beiden öffentlichen Apotheken verbleibenden Versorgungspotenziale sprächen. Allerdings seien die Grundlagen für die prognostische Inanspruchnahme der beiden Apotheken durch Zweitwohnungsbesitzer sowie durch Personen, die sich trotz bestehen bleibender ärztlicher Hausapotheke in der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke versorgen würden, nicht in einem die Nachprüfung der Ermittlungsergebnisse ermöglichenden Ausmaß offen gelegt worden. Gleiches gelte für den angenommenen Zusammenhang zwischen Fremdennächtigungen und der Inanspruchnahme von Apothekenleistungen. Aus Gründen der Verfahrensökonomie wurde schließlich auf die hg. Judikatur betreffend die Berücksichtigung von Fachärzten als "Einflutungserreger" aufmerksam gemacht, sowie darauf, dass § 10 Abs. 5 Apothekengesetz bei der Bedarfsprüfung die Berücksichtigung von Personen anordne, die auf Grund der "Inanspruchnahme von Einrichtungen" zu versorgen sind, wobei u. a. auch Heime, Schulen und Erziehungsanstalten in Betracht zu ziehen seien.

Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend vom 7. Juli 2008 wurde die gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 22. Dezember 1999 erhobene - wieder offene - Berufung abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, das von der österreichischen Apothekerkammer zunächst eingeholte Gutachten (vom 13. Juli 2006) habe für die beiden in F bestehenden öffentlichen Apotheken im Falle der Neuerrichtung der beantragten Apotheke ein Gesamtversorgungspotenzial von 8.368 Personen ergeben, wobei in dieser Zahl bereits die auf Grund der bestehen bleibenden ärztlichen Hausapotheken zu berücksichtigenden Personen ebenso wie Einwohnergleichwerte für Personen mit Zweitwohnsitz und für Fremdennächtigungen enthalten seien. Auf Grund der geringen Entfernung zwischen den Betriebsstätten der beiden Apotheken sei eine konkrete Zuordnung des jeweiligen Versorgungspotenzials bei lebensnaher Betrachtung nicht möglich. Das gemeinsame Versorgungspotenzial sei daher im Sinne der "Divisionsmethode" den beiden Apotheken gleichteilig zuzurechnen. Betreffend die Berücksichtigung von Fachärzten habe die Österreichische Apothekerkammer mitgeteilt, es gäbe keine Studien, die nachvollziehbar eine Quantifizierung der durch eine Facharztkonzentration zusätzlich zu versorgenden Personen iSd § 10 Abs. 5 ApG erlaubten. Vielmehr habe eine von der Apothekerkammer selbst durchgeführte Untersuchung ergeben, dass quantifizierbare Erkenntnisse betreffend Facharztzentren als Bedarfserreger nicht gewonnen werden könnten. Ein zusätzliches Versorgungspotenzial durch die bestehende Facharztkonzentration scheitere daher an dessen Quantifizierbarkeit. Gleiches gelte für die Berücksichtigung von Internatschülern.

In der Folge habe die Österreichische Apothekerkammer jedoch ein Ergänzungsgutachten erstattet, in dem für den vorliegenden Fall eine Quantifizierung des durch Fachärzte hervorgerufenen zusätzlichen Versorgungspotenzials vorgenommen worden sei. Es seien zwar - so die Ausführungen im Ergänzungsgutachten - die erhobenen Auswirkungen von Facharztordinationen auf das Versorgungspotenzial der Apotheken in den untersuchten Gemeinden so stark divergierend, dass daraus keinerlei generell anwendbare Aussagen getroffen werden könnten. Allerdings könnten im Einzelfall die auf Grund der "Facharzt/Zentrumsfunktion" zuzuordnenden Personen mit folgender Methode ermittelt werden:

Zunächst werde das den öffentlichen Apotheken einer Facharztgemeinde auf Grund der Entfernung gemeinsam zuordenbare Versorgungsgebiet ermittelt. Die Anzahl der ständigen Einwohner dieses Gebietes entspreche dem "Basisversorgungspotenzial" der Apotheken. Sodann werde der Gesamtwert des Arzneimittelumsatzes der Apotheken der Facharztgemeinde durch den durchschnittlichen Arzneimittelumsatz je Einwohner dividiert und so eine "theoretische Anzahl" der aus den betreffenden Apotheken versorgten Personen ermittelt. Die Differenz zwischen der "theoretischen Anzahl" an versorgten Personen und dem "Basisversorgungspotenzial" ergäbe die Anzahl jener Personen, die auf Grund der Facharzt- bzw. Zentrumsfunktion von den öffentlichen Apotheken zusätzlich versorgt würden. Diese Differenz könne in Prozenten dargestellt werden.

Nun schwankten die Prozentsätze in den untersuchten Gemeinden zwischen -6 % und + 133 %; eine generell anwendbare Aussage lasse sich daraus - wie dargelegt - nicht gewinnen. Allerdings könne im vorliegenden Fall aus dem für die Gemeinde F nach dieser Methode ermittelten Einzelfaktor eine entsprechende Bewertung der "Facharzt/Zentrumsfunktion" von F durchgeführt werden: Die Differenz zwischen der den Apotheken in F auf Grund der Entfernung zuordenbaren Einwohnerzahl und der sich auf Grund des durchschnittlichen Arzneimittelbedarfes aus dem Arzneimittelumsatz der Apotheken ergebenden "theoretischen Anzahl" an versorgten Personen betrage 4.816 Personen. Daraus ergebe sich im vorliegenden Fall ein Zuschlagsfaktor von 57 %. Der bereits ermittelten Anzahl der den beiden öffentlichen Apotheken in F im Fall der Neuerrichtung der beantragten Apotheke gemeinsam zur Versorgung verbleibenden Personen seien daher noch Einwohnergleichwerte im Ausmaß von 57 % (= 4.095 Personen) als Äquivalent für die Facharztkonzentration bzw. Zentrumsfunktion von F zuzurechnen. Es ergebe sich somit eine Gesamtzahl von

11.279 Personen, die den beiden öffentlichen Apotheken gemeinsam zur Versorgung verblieben. Im Zuschlagssatz von 57 % seien auch die allenfalls aus den Schülerzahlen resultierenden zusätzlich zu versorgenden Personen inkludiert, weil sich mit der dargestellten Methode nicht mehr weiter aufgliedern lasse, aus welchen einzelnen Einflutungserregern gemäß § 10 Abs. 5 ApG sich dieser Zusatzfaktor ergebe.

Auf dem Boden des Ergänzungsgutachtens der Österreichischen Apothekerkammer sei der Bedarf an der beantragten Apotheke somit als gegeben zu erachten und die beantragte Konzession zu erteilen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 Apothekengesetz (ApG) ist die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke zu erteilen, wenn

1. in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat und

2. ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.

Ein Bedarf besteht gemäß § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG nicht, wenn die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheke aus weiterhin zu versorgenden Personen sich infolge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5.500 betragen wird.

Zu versorgende Personen gemäß Abs. 2 Z. 3 sind gemäß § 10 Abs. 4 ApG die ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke, die auf Grund der örtlichen Verhältnisse aus dieser bestehenden öffentlichen Apotheke weiterhin zu versorgen sein werden.

Beträgt die Zahl der ständigen Einwohner im Sinne des Abs. 4 weniger als 5.500, so sind nach § 10 Abs. 5 ApG die auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet zu versorgenden Personen bei der Bedarfsfeststellung zu berücksichtigen.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, das den beiden in F bestehenden öffentlichen Apotheken nach Errichtung der beantragten Apotheke verbleibende Potenzial an zu versorgenden ständigen Einwohnern iSd § 10 Abs. 4 ApG, das wegen der besonderen Verhältnisse des vorliegenden Falles im Wege der Divisionsmethode zu ermitteln sei, würde jeweils weniger als

5.500 Personen betragen. Allerdings seien iSd § 10 Abs. 5 ApG als Äquivalent für die Facharztkonzentration bzw. die Zentrumsfunktion von F Einwohnergleichwerte entsprechend dem für den vorliegenden Fall ermittelten Zuschlagsfaktor im Ausmaß von 57 %, d. s. 4.095 Personen, hinzuzurechnen, sodass sich das Gesamtversorgungspotenzial der beiden Apotheken auf

11.279 Personen erhöhe. Die negative Bedarfsvoraussetzung des § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG sei daher nicht erfüllt; der Bedarf sei als gegeben anzunehmen.

Die beschwerdeführende Partei wendet sich gegen die auf Grund des Zuschlagfaktors vorgenommene Zurechnung von 4.095 zu versorgenden Personen. Ein objektiver und allgemein gültiger Zuschlagsfaktor habe - wie die Österreichische Apothekerkammer selbst betont habe - nicht ermittelt werden können. Andererseits sei die Feststellung von Versorgungspotenzialen im Wege der Hochrechnung von Umsatzdaten nicht zielführend. Im Verwaltungsverfahren sei dargelegt worden, dass eine Division des Umsatzes der P-Apotheke durch den durchschnittlichen Arzneimittelverbrauch pro Einwohner eine Anzahl von höchstens

4.751 durch diese Apotheke zu versorgende Personen ergäbe, wobei die Facharztrezepte bereits berücksichtigt worden seien.

Dieses Vorbringen führt die beschwerdeführende Partei im Ergebnis zum Erfolg:

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass es bei einem Bezirksort mit Zentrumsfunktion in ländlicher Umgebung, in der eine im Verhältnis zur Einwohnerzahl im geschlossenen Siedlungsgebiet der Standortgemeinde sehr hohe Anzahl von Fachärzten den Berufssitz hat, nahe liege, dass durch die betreffenden Ärzte eine erheblich ins Gewicht fallende Anzahl von Personen aus der weiteren Umgebung (auch außerhalb des 4-km-Umkreises um die beteiligten Apotheken) des betreffenden Ortes medizinisch versorgt werden. Wegen des Sachzusammenhanges zwischen Arztbesuch und Arzneimitteleinkauf bestehe auch Grund zur Annahme, dass es sich bei den nicht im 4-km-Umkreis um die beteiligten Apotheken wohnenden Patienten dieser Ärzte um ein Versorgungspotenzial der beteiligten Apotheken handle, das bei der Bedarfsfeststellung iSd § 10 Abs. 5 ApG berücksichtigt werden müsse (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Juli 2004, Zl. 2001/10/0086, und die dort zitierte Vorjudikatur). Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof darauf verwiesen, dass Feststellungen betreffend die Anzahl jener "zu versorgenden Personen", die iSd § 10 Abs. 5 ApG bei der Bedarfsfeststellung "zu berücksichtigen" sind, insbesondere auf Erfahrungswerte oder allgemeine - z.B. von der Beobachtung vergleichbarer Sachverhaltskonstellationen ausgehende - empirische Untersuchungsergebnisse gegründet werden können, die belegen, in welchem Ausmaß die im Einzugsbereich der bestehenden Apotheke ordinierender Ärzte von der außerhalb des 4-km-Umkreises wohnhaften Bevölkerung in Anspruch genommen werden und in welchem Ausmaß dies eine Inanspruchnahme von Apothekenleistungen aus den betreffenden Apotheken indiziert (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 22. Juli 2004 und die dort zitierte Vorjudikatur). Schließlich hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 28. Juni 2004, Zl. 2000/10/0256, auch die von der damals belangten Behörde herangezogene Methode, das Kundenpotenzial von öffentlichen Apotheken nach § 10 Abs. 5 ApG unter Zuhilfenahme eines auf Grund einer Rezeptzählung ermittelten Prozentsatzes betreffend die von außerhalb des Gebietes gemäß § 10 Abs. 4 ApG stammenden Kunden zu ermitteln, nicht beanstandet.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde das u.a. der Apotheke der beschwerdeführenden Partei iSd § 10 Abs. 5 ApG verbleibende Versorgungspotenzial unter Zuhilfenahme eines Zuschlagsfaktors ermittelt, der jedoch nicht darauf abstellt, in welchem Ausmaß bei den betreffenden Apotheken Rezepte von außerhalb des Bereiches gemäß § 10 Abs. 4 ApG stammenden Kunden eingelöst wurden. Vielmehr wurde dieser Faktor an Hand der Anzahl der ständigen Einwohner (des Gebietes gemäß § 10 Abs. 4 ApG und jenem (außerhalb des 4-km-Polygons gelegenen) Gebiet, für das die bestehenden Apotheken die nächstgelegenen Arzneimittelabgabestellen darstellen (gemäß § 10 Abs. 5 ApG "auf Grund des Verkehrs" zu berücksichtigende Personen)) und dem sich aus der Division des Arzneimittelgesamtumsatzes der betreffenden Apotheken durch den durchschnittlichen Arzneimittelbedarf je Einwohner ergebenden Quotienten ermittelt. Grundlage der Ermittlung war im vorliegenden Fall daher nicht eine durch die in § 10 Abs. 5 ApG genannten Umstände veranlasste Inanspruchnahme der bestehenden öffentlichen Apotheken durch außerhalb des Gebietes gemäß § 10 Abs. 4 ApG wohnende Personen, sondern die Berechnung, wie viele Personen mit durchschnittlichem Arzneimittelverbrauch von den bestehenden Apotheken - gemessen an deren Arzneimittelgesamtumsatz - versorgt werden, von welcher Zahl dann die oben erwähnten ständigen Einwohner abgezogen wurden.

Diese Vorgangsweise entsprach nicht dem Gesetz. Dieses sieht nämlich die Berücksichtigung solcher Personen vor, die auf Grund bestimmter, in § 10 Abs. 5 ApG genannter Umstände zu versorgen sind. Eine Berücksichtigung von auf Grund der Facharztdichte in F durch die hier bestehenden öffentlichen Apotheken zusätzlich zu versorgenden Personen bedürfte daher - wie dargelegt - entsprechend belegter Aussagen darüber, in welchem Ausmaß die im Einzugsbereich der bestehenden Apotheken ordinierenden Ärzte von der außerhalb des 4-km-Umkreises wohnhaften Bevölkerung in Anspruch genommen werden und in welchem Ausmaß dies eine Inanspruchnahme von Apothekenleistungen aus den beteiligten Apotheken indiziert. Gleiches gilt für die übrigen "Einflutungserreger" iSd § 10 Abs. 5 ApG.

Erst auf einer solcherart ermittelten Sachverhaltsgrundlage könnten hinreichend aussagekräftige Kennzahlen für den Zusammenhang zwischen der Lage von Arztordinationen, allenfalls auch anderen als Einflutungserregern anzusehenden Einrichtungen, und einer solchen Inanspruchnahme der öffentlichen Apotheke, die der Inanspruchnahme durch eine bestimmte Anzahl ständiger Einwohner entspricht, gefunden und auf dieser Basis die Anzahl jener "zu versorgenden Personen" ermittelt werden, die im Sinne des § 10 Abs. 5 ApG bei der Bedarfsfeststellung "zu berücksichtigen" sind. Im Zusammenhang mit der solcherart vorzunehmenden Gewichtung kommt, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. März 2002, Zl. 99/10/0143, und die dort zitierte Vorjudikatur), den Umsatzkennziffern Bedeutung zu. Sie können Hilfsmittel bei der Ermittlung des Versorgungspotenzials im Rahmen einer retrograden Methode darstellen. Sie können allerdings die auf die Zuordnung bestimmter Personenkreise bezogenen Ermittlungen nicht entbehrlich machen.

Indem die belangte Behörde dies verkannte, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet; er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf die Beschwerde weiter eingegangen werden musste.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 21. Oktober 2009

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte