VwGH 2001/10/0086

VwGH2001/10/008622.7.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner sowie die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des Mag. pharm. Dr. GU in H, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Tuchlauben 13, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen vom 26. Februar 2001, Zl. 262.263/1- VIII/A/4/00, betreffend Apothekenkonzession (mitbeteiligte Parteien: 1. M KG - B Apotheke; 2. S OHG, beide in Sch, vertreten durch Dr. Günther Maleczek und Mag. Dr. Paula Stecher, Rechtsanwälte in 6130 Schwaz, Winterstellergasse 11), zu Recht erkannt:

Normen

ApG 1907 §10 Abs1 idF 2001/I/016;
ApG 1907 §10 Abs1 Z2 idF 2001/I/016;
ApG 1907 §10 Abs2 idF 2001/I/016;
ApG 1907 §10 Abs2 Z3 idF 2001/I/016;
ApG 1907 §10 Abs4 idF 2001/I/016;
ApG 1907 §10 Abs5 idF 2001/I/016;
ApG 1907 §10 Abs7 idF 2001/I/016;
ApG 1907 §10 idF 2001/I/016;
ApG 1907 §10 Abs1 idF 2001/I/016;
ApG 1907 §10 Abs1 Z2 idF 2001/I/016;
ApG 1907 §10 Abs2 idF 2001/I/016;
ApG 1907 §10 Abs2 Z3 idF 2001/I/016;
ApG 1907 §10 Abs4 idF 2001/I/016;
ApG 1907 §10 Abs5 idF 2001/I/016;
ApG 1907 §10 Abs7 idF 2001/I/016;
ApG 1907 §10 idF 2001/I/016;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 16. Juni 1997 beantragte der Beschwerdeführer beim Landeshauptmann von Tirol (LH) die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in Vomp. Im benachbarten Schwaz bestehen drei öffentliche Apotheken, nämlich die B.-Apotheke, die E.-Apotheke und die M.-Apotheke. Gegen das Konzessionsansuchen des Beschwerdeführers erhoben die Inhaber der B.-Apotheke (erstmitbeteiligte Partei) und der E.-Apotheke (zweitmitbeteiligte Partei) Einspruch.

Mit Bescheid vom 21. April 1998 erteilte der Landeshauptmann von Tirol dem Beschwerdeführer die Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke mit der Betriebsstätte in Vomp Nr. 73. Als Standort für diese öffentliche Apotheke wurde das Gemeindegebiet von Vomp festgelegt. Die Einsprüche der mitbeteiligten Parteien wurden als unbegründet abgewiesen.

Die belangte Behörde wies mit Bescheid vom 20. November 1998 die Berufung der mitbeteiligten Parteien ab.

Mit Erkenntnis vom 26. April 1999, Zl. 98/10/0426, hob der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid der belangten Behörde infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Die weitere Vorgeschichte betreffend wird auf die Entscheidungsgründe dieses Vorerkenntnisses verwiesen.

Im fortgesetzten Verfahren hob die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 26. Februar 2001 den Bescheid des Landeshauptmannes auf und wies das Konzessionsansuchen ab.

Begründend legte sie nach Hinweisen auf das Verfahrensgeschehen unter anderem dar, aus Bestätigungen der "Nachbargemeinden von Vomp" gehe hervor, dass Gallzein am 6. Juli 1999 481 Einwohner, 30 Einpendler, ca. 200 Auspendler und im Jahr 1998 5.892 Gästenächtigungen aufweise. Schwaz zähle mit Stand 1. Juni 1999 11.946 Einwohner mit Hauptwohnsitz und 639 Personen mit weiterem Wohnsitz. In der Zeit vom 1. Mai 1998 bis 30. April 1999 seien 21.673 Nächtigungen gezählt worden. Die Gemeinde Stans habe mit Stand 30. Juni 1999 1.926 Einwohner inklusive 63 Personen mit Zweitwohnsitzen. Im Jahr 1998 seien 71.073 Fremdennächtigungen gezählt worden. Die Gemeinde Pill habe mit Stand 1. Juli 1999 958 Einwohner und 47 Personen mit Zweitwohnsitz. In der Saison 1998/1999 seien

47.509 Gästenächtigungen registriert worden. Nach dem Bericht der Tiroler Landesregierung vom 5. November 1999 wohnten im Umkreis von 4 Straßenkilometern um die drei Schwazer Apotheken ständig etwa 17.700 Personen, einschließlich der Nebenwohnsitze ca.

18.600. Auf die Frage der belangten Behörde, welche und wie viele Einwohner aufgrund der leichteren Erreichbarkeit näher zur B-Apotheke als zur M/E-Apotheke hätten, habe das Amt der Tiroler Landesregierung geantwortet, dass eine fachlich fundierte, genaue Zuordnung von Personen zu den drei Apotheken in Schwaz nicht möglich sei, da ja nicht nur die Entfernung zwischen Wohnstätte und Apotheke ausschlaggebend sei, sondern vielmehr Faktoren wie Lage der Arbeitsstätte, allfällige Nachbarschaft der Apotheke zu Handelsbetrieben mit Gütern des täglichen Bedarfs (Einkauf in der Apotheke wird gemeinsam mit Einkauf in nahe gelegenen Geschäften getätigt), persönliche Sympathien bzw. Stammkundschaft. Die belangte Behörde habe ferner ausdrücklich gebeten, im Überschneidungsbereich der Umkreise der drei Schwazer Apotheken eine Trennlinie zu ziehen, um die Zuordnung der Einwohner zur einen oder anderen Apotheke aufzuschlüsseln, wobei die M-Apotheke und die E-Apotheke als Einheit zu betrachten seien. Darauf habe das Amt der Tiroler Landesregierung geantwortet, dass eine theoretische Trennlinie Schwaz in Bezug auf die jeweilige Entfernung von Einwohnern zur Apotheke zahlenmäßig etwa halbieren würde, das heiße, dass die B-Apotheke und die M/E-Apotheke für (ganz grob gesehen) jeweils ungefähr gleich viele Einwohner von Schwaz in derselben Entfernung liege. Zusätzlich könne man die meisten Einwohner von Vomp (ohne Ortsteil Fiecht) den beiden Innenstadtapotheken zuordnen, während die Bewohner von Stans und Fiecht vermutlich überwiegend zur B-Apotheke tendieren würden. Das Amt der Tiroler Landesregierung habe schließlich einen Plan vorgelegt, in dem die 4 km-Umkreise um die Schwazer Apotheken und "die Trennlinie" eingezeichnet seien. Unter Zugrundelegung dieser Trennlinie seien im Bereich der B-Apotheke ca. 8.600 Personen aus Schwaz, Gallzein, Buch und Fiecht zu zählen, auf der Seite der Schwazer Stadtapotheken 6.433 Einwohner. Allein in Schwaz-Nord, also näher zur B-Apotheke, wohnten am 1. Oktober 1999

7.143 Personen, "im anderen Teil (mehr zu den Stadtapotheken)"

5.485 Personen. Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, dass der Gesamtumsatz der B-Apotheke im Jahr 1999 mehr als 31,5 Mio, der Gesamtumsatz der E-Apotheke mehr als 24,2 Mio Schilling betragen habe. Die beiden Apotheken seien zu den umsatzstärksten Apotheken Österreichs zu zählen. Das Amt der Tiroler Landesregierung habe weiters berichtet, dass im Umkreis von 4 Straßenkilometern um die B-Apotheke in Schwaz ständig 16.840, richtig jedoch 16.084, Personen wohnten und im Umkreis um die E-Apotheke und die M-Apotheke in Schwaz ständig 18.310 Personen. Die E-Apotheke und die M-Apotheke seien voneinander ca. 270 m entfernt. Die B-Apotheke sei von der E-Apotheke ca. 890 m entfernt und die M-Apotheke von der B-Apotheke ca. 1.160 m. Die Vomper Gemeindegrenze sei sowohl von der E-Apotheke als auch von der B-Apotheke jeweils 1 km entfernt. Die Grenze zwischen Vomp und Schwaz verlaufe einer Länge von etwa 2 km entlang der Westbahntrasse, über eine Länge von 3,25 km bilde der Inn die Grenze zwischen diesen Gemeinden. Die Frage, wieviele Personen aus welchen Gemeinden außerhalb des 4-km-Umkreises der drei Schwazer Apotheken ständig wohnhaft und derzeit von den Schwazer Apotheken mit Arzneimitteln versorgt würden, könne das Amt der Tiroler Landesregierung mit den der Raumordnung zur Verfügung stehenden Mitteln nicht beantworten. Das Amt der Tiroler Landesregierung habe die Einwohner des 4-km-Umkreies auf die Schwazer Apotheken folgendermaßen aufgeteilt:

B-Apotheke 11.406 Einwohner von Schwaz, 1.638 Einwohner von Stans, 13 Einwohner von Gallzein, 800 Einwohner von Pill, 703 Einwohner von Fiecht, 20 Einwohner von Buch/Jenbach, E-Apotheke 11.683 Einwohner von Schwaz, 1.552 Einwohner von Stans, 17 Einwohner von Gallzein, 486 Einwohner von Pill und 202 Einwohner von Vomperbach.

Schwaz sei eine "Bezirkshauptstadt", die das politische Zentrum von 39 Gemeinden bilde. Dem Gerichtsbezirk Schwaz gehörten 16 Gemeinden an. Schwaz habe zur Zeit 11.985 ständige Einwohner, sei Sitz des Bezirksschulrates, der Bezirkshauptmannschaft, des Standesamtsverbandes, des Staatsbürgerschaftsverbandes, eines Bezirksgendarmeriekommandos, eines Gendarmeriepostens, des Bezirksgerichts, eines Finanzamts, eines Allgemeinen öffentlichen Bezirkskrankenhauses, des bischöflichen Gymnasiums und Studienheims Paulinum, eines Bundesrealgymnasiums und eines Bundesoberstufenrealgymnasiums, habe eine Landesfachschule für wirtschaftliche Berufe, eine Bundeshandelsakademie und eine Bundeshandelsschule, beherberge weiters die Tiroler Fachberufschule für Handel und Büro, zwei Volksschulen, zwei Hauptschulen, eine Sonderschule, eine Polytechnische Schule, eine Zweigstelle der Volkshochschule Tirol, sei Sitz einer regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Tirol, sei ferner Sitz des Sozialpädagogischen Zentrums St. Martin. 42 Ärzte sowie drei Tierärzte hätten in Schwaz ihren Ordinationssitz. Ein Großteil dieser Einrichtungen befände sich in unmittelbarer Nähe der E.- Apotheke bzw. der M.-Apotheke. Zum Einzugsgebiet der Schwazer Apotheken gehörten unzweifelhaft noch die Gemeinden Stans, Pill, Gallzein, Buch bei Jenbach (zum Teil) und Terfens (Vomperbach); Vomp würde ebenfalls derzeit von Schwazer Apotheken zur Gänze mit Arzneimitteln versorgt.

Von der Tatsache ausgehend, dass seit dem letzten Ministerialbescheid vom 20. November 1998 die Einwohnerzahlen von Schwaz, Stans, Gallzein und Fiecht gesunken und nur jene in Vomp gestiegen seien, Tagespendler nach der Judikatur nicht zu berücksichtigen, die Gäste schwer zuordenbar seien und schon 1998 die Anzahl der in Schwaz von den dort bestehenden drei öffentlichen Apotheken (zu ergänzen offenbar: zu versorgenden Personen) äußerst knapp gewesen sei, könnten die Voraussetzungen für die Konzessionserteilung für eine weitere öffentliche Apotheke in der Region als nicht gegeben erachtet werden. Das für die drei öffentlichen Apotheken in Schwaz gegebene Versorgungspotential setze sich zusammen aus den 12.317 Einwohnern von Schwaz, den

1.863 Einwohnern aus Stans, den 488 Einwohnern von Gallzein und den 703 Einwohnern von Fiecht. Bei einer Division der Summe von

15.371 zu versorgenden Personen durch drei Apotheken kämen auf eine Apotheke nur 5.123 Personen. Die Berücksichtigung der Gäste bei den zwei zentral in Schwaz gelegenen Apotheken könne nicht eindeutig erfolgen. Außerdem wäre die Zahl (378) der Gästenächtigungen zu gering, dass die Mindestzahl der zu versorgenden Personen pro Apotheke erreicht werden könnte. Selbst unter Einbeziehung der halben Bevölkerung von Pill (493) ergäbe sich pro Apotheke in Schwaz nur ein Kundenpotential von

5.415 Personen. Die 20 Einwohner von Buch bei Jenbach, die im 4-km-Umkreis um die Schwazer Apotheken wohnten, hätten näher zu Jenbach, wo sie ohnedies eine öffentliche Apotheke erreichen könnten. Da weitere Einfluter außerhalb des 4-km-Umkreises bereits von den anderen bestehenden öffentlichen Apotheken in Weer, Jenbach und Wattens mit Arzneimitteln versorgt würden, müsse die Konzession verweigert werden. Erwähnt werde noch, dass hinsichtlich der Einwohner von Schwaz, Stans und Gallzein bereits jene Personen eingerechnet worden seien, die außerhalb des 4-km-Umkreises wohnten, aber wegen der Attraktivität von Schwaz und der genannten Einrichtungen für die Arzneimittelbesorgung Schwaz aufsuchten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in der Gegenschrift - ebenso wie die mitbeteiligten Parteien - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Erteilung einer Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke nach § 10 ApothekenG (ApG), verletzt.

Nach § 10 Abs. 1 Z. 2 ApG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 16/2001 ist die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke zu erteilen, wenn ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.

§ 10 Abs. 2, 4 und 5 ApG lautet auszugsweise:

"(2) Ein Bedarf besteht nicht, wenn

  1. 1. ...
  2. 2. die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 500 m beträgt oder

    3. die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheke aus weiterhin zu versorgenden Personen sich in Folge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5500 Personen betragen wird."

    ...

"(4) Zu versorgende Personen gemäß Abs. 2 Z 3 sind die ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke, die auf Grund der örtlichen Verhältnisse aus dieser bestehenden öffentlichen Apotheke weiterhin zu versorgen sein werden.

(5) Beträgt die Zahl der ständigen Einwohner im Sinne der Abs. 3 und 4 weniger als 5500, so sind die auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet zu versorgenden Personen bei der Bedarfsfeststellung zu berücksichtigen."

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 18. Februar 2002, Zl. 2000/10/0022, und die dort zitierte Vorjudikatur) hat sich die gemäß § 10 ApG durchzuführende Bedarfsprüfung auf eine - auf entsprechende Ermittlungsergebnisse gestützte - prognostische Zuordnung konkreter Kundenpotenziale zu den beteiligten Apotheken zu gründen. Die Behörde hat somit festzustellen, wie viele der ständigen Einwohner im Umkreis von 4 km um die Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke(n) nach Errichtung der geplanten Apotheke ihren Arzneimittelbedarf auf Grund der örtlichen Verhältnisse voraussichtlich weiterhin aus der (den) bestehenden öffentlichen Apotheke(n) decken werden. Diese unter dem Gesichtspunkt der leichteren Erreichbarkeit vorzunehmende Zuordnung hat in erster Linie an Hand der Straßenentfernungen zu der (den) bestehenden öffentlichen Apotheke(n) im Vergleich zur beantragten Apotheke zu erfolgen. Ergibt sich für eine bestehende öffentliche Apotheke die kritische Zahl zu versorgender Personen nicht schon aus den ständigen Einwohnern des 4-km-Umkreises, so ist weiter zu prüfen, ob diese Zahl unter Berücksichtigung der auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet weiterhin zu versorgenden Personen erreicht wird.

Wohnt die zu versorgende Bevölkerung im 4-km-Umkreis zweier (oder mehrerer) Apotheken, so ist für die Zuordnung des Kundenpotenzials zur einen oder anderen Apotheke nach dem Kriterium der örtlichen Verhältnisse im Sinne des § 10 Abs. 4 ApG in erster Linie die leichtere Erreichbarkeit ausschlaggebend, wobei es vor allem auf die zurückzulegende Entfernung unter Berücksichtigung der vorhandenen Verkehrsmöglichkeiten ankommt. Die Zuordnung der Wohnbevölkerung zu den in Betracht kommenden Apotheken hat sich im Überschneidungsbereich der 4-km-Polygone an einer gedachten, nach den Gesichtspunkten der räumlichen Nähe und Erreichbarkeit zu ziehenden örtlichen Trennlinie zu orientieren (vgl. nochmals das zitierte hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2002 und die dort zitierte Vorjudikatur).

Die so genannte "Divisionsmethode" wird in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Ermittlungsmethode dann zugelassen, wenn besondere Gründe eine Zuordnung konkreter Kundenpotenziale nach den Gesichtspunkten der örtlichen Nähe und Erreichbarkeit unmöglich machen, andererseits aber eindeutig ist, dass das in Rede stehende Kundenpotenzial von den Betriebsstätten der beteiligten Apotheken aus zu versorgen ist (vgl. z. B. die hg. Erkenntnisse vom 13. November 2000, Zlen. 99/10/0246, 0255, vom 18. Februar 2002, Zl. 2000/10/0022, sowie vom 28. Juni 2004, Zl. 2001/10/0156, und die dort jeweils zitierte Vorjudikatur).

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in dem den Beschwerdefall betreffenden Vorerkenntnis vom 26. April 1999, Zl. 98/10/0426, keinen Grund gefunden, die Zuordnung der Kundenpotentiale zu den (im Stadtzentrum in einer Entfernung von 270 m zueinander gelegenen) Apotheken, der M-Apotheke und der E-Apotheke, nach der sogenannten "Divisionsmethode" zu beanstanden. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass sich diese Aussage auf die im ersten Rechtsgang vertretene Auffassung der belangten Behörde bezog, das Versorgungspotential der beiden im Stadtzentrum von Schwaz gelegenen Apotheken könne nur gemeinsam ermittelt werden.

Der angefochtene Bescheid beruht (hingegen) auf der Annahme, den drei bestehenden Apotheken in Schwaz sei ein gemeinsames Versorgungspotential zuzuordnen. Dieses bestehe aus den Einwohnern von Schwaz (12.317), Stans (1.863), Gallzein (488) und Fiecht (703), insgesamt also 15.371 Personen. Auf jede der bestehenden Apotheken entfiele somit ein Versorgungspotential von

5.123 Personen. "Selbst unter Einbeziehung der halben Bevölkerung von Pill (493 Personen)" ergebe sich für die bestehenden Apotheken "erst" ein Kundenpotential von 5.415 Personen.

Im Rahmen der Wiedergabe von Verfahrensergebnissen dargelegte Umstände (vgl. Seiten 8 und 9 des angefochtenen Bescheides) deuten darauf hin, dass es sich bei den soeben wiedergegebenen Einwohnerzahlen um die Bevölkerungszahlen im Bereich der einander weitgehend überdeckenden 4-Straßenkilometer-Polygone der bestehenden Schwazer Apotheken handle. Ausdrückliche und klare Feststellungen dazu finden sich im angefochtenen Bescheid allerdings nicht; dazu kommt, dass im angefochtenen Bescheid "erwähnt" wird, "dass hinsichtlich der Einwohner von Schwaz, Stans und Gallzein bereits jene Personen eingerechnet wurden, die außerhalb des 4-km-Umkreises wohnen".

Ebenso fehlen Feststellungen, auf deren Grundlage gesagt werden könnte, hinsichtlich der außerhalb des Stadtzentrums in einer Entfernung von 890 bzw. 1.160 m zu den im Stadtzentrum gelegenen Apotheken gelegenen B.-Apotheke könnten weder für die nach § 10 Abs. 4 noch für die nach § 10 Abs. 5 ApG vorzunehmende Zuordnung der Kundenpotentiale Gesichtspunkte (der Entfernung und Erreichbarkeit bzw. der Lage und Wirkung von "Einflutungserregern") gefunden werden, die für die Zuordnung bestimmter Personenkreise zum Kundenpotential dieser Apotheke den Ausschlag geben könnten. Es fehlt somit eine Begründung dafür, dass die belangte Behörde - anders als im ersten Rechtsgang - nicht nur die Kundenpotentiale der E-und der M-Apotheke nach der sogenannten "Divisionsmethode" ermittelte, sondern diese Vorgangsweise auch bei der Ermittlung des Kundenpotentials der B.- Apotheke anwendete.

Es kann auf sich beruhen, ob diese Mängel unter den Umständen des Beschwerdefalles wesentlich im Sinne der Eignung, bei ihrer Vermeidung zu einem anderen Ergebnis zu gelangen, wären, wenn die dem angefochtenen Bescheid im Ergebnis zugrunde liegende Auffassung eines gemeinsamen Versorgungspotentials von 15.371 zu versorgenden Personen (woraus notwendigerweise folgt, dass wenigstens einer der beteiligten Apotheken ein weniger als

5.500 Personen betragendes Kundenpotential zugerechnet werden müsste), auf einer mängelfrei ermittelten Grundlage beruhte.

Die Beschwerde zeigt nämlich mit Recht auf, dass die belangte Behörde beachtliche, im angefochtenen Bescheid auch festgestellte Hinweise auf bei der Ermittlung des Versorgungspotentials der beteiligten Apotheken nach § 10 Abs. 5 ApG maßgebliche Umstände außer Acht ließ.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, bei einem Bezirksort mit Zentrumsfunktion in ländlicher Umgebung, in dem eine im Verhältnis zur Einwohnerzahl im geschlossenen Siedlungsgebiet der Standortgemeinde sehr hohe Anzahl von Fachärzten den Berufssitz hat, liege es nahe, dass durch die betreffenden Ärzte eine erheblich ins Gewicht fallende Anzahl von Personen aus der weiteren Umgebung (auch außerhalb des 4-km-Umkreises um die beteiligten Apotheken) des betreffenden Ortes medizinisch versorgt werden. Wegen des Sachzusammenhanges zwischen Arztbesuch und Arzneimitteleinkauf bestehe auch Grund zur Annahme, dass es sich bei den nicht aus dem 4-km-Umkreis um die beteiligten Apotheken wohnenden Patienten dieser Ärzte um ein Versorgungspotential der beteiligten Apotheken handle, das bei der Bedarfsfeststellung im Sinne des § 10 Abs. 5 ApG zu berücksichtigen sei (vgl. die Erkenntnisse vom 15. Februar 1999, Zl. 98/10/0073, und vom 28. Juni 2004, Zl. 2001/10/0256).

Im Zusammenhang mit der Bewertung einer im Verhältnis zur Einwohnerzahl im geschlossenen Siedlungsgebiet der Standortgemeinde sehr hohen Anzahl von (Fach-)Ärzten als "Einflutungserreger" ist klarzustellen, dass sich die Aussage des Vorerkenntnisses vom 26. April 1999, Zl. 98/10/0426, wonach das Vorhandensein von Facharztordinationen bei der Aufteilung von Kundenpotentialen im 4-km-Polygon nicht heranzuziehen sei, auf der Annahme einer im fraglichen Bereich räumlich gleichmäßigen Verteilung der Arztordinationen beruhte und sich auf die Zuordnung von Kundenpotentialen bezog, die - mangels Vorliegens der entsprechenden Voraussetzungen - nicht nach der sogenannten "Divisionsmethode" vorgenommen werden kann.

Im Erkenntnis vom 15. Februar 1999, Zl. 98/10/0073, hat der Verwaltungsgerichtshof unter anderem darauf verwiesen, dass Feststellungen betreffend die Anzahl jener "zu versorgenden Personen", die im Sinne des § 10 Abs. 5 ApG bei der Bedarfsfeststellung "zu berücksichtigen" sind, insbesondere auf Erfahrungswerte oder allgemeine - z.B. von der Beobachtung vergleichbarer Sachverhaltskonstellationen ausgehende - empirische Untersuchungsergebnisse, die belegen, in welchem Ausmaß die im Einzugsbereich der bestehenden Apotheke ordinierenden Ärzte von der außerhalb des 4-km-Umkreises wohnhaften Bevölkerung in Anspruch genommen werden und in welchem Ausmaß dies eine Inanspruchnahme von Apothekenleistungen aus den beteiligten Apotheken indiziert, gegründet werden können. Im Zusammenhang mit den aus § 10 Abs. 5 ApG sich ergebenden Ermittlungsaufgaben verwies der Verwaltungsgerichtshof auf die aus § 10 Abs. 7 erster Satz ApG erfließende, der Verpflichtung der Behörde zur Einholung eines Gutachtens korrespondierenden Verpflichtung der Österreichischen Apothekerkammer, der Behörde im Rahmen des Gutachtens die Grundlagen der Entscheidung über die Bedarfsfrage zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung kommt insbesondere im Zusammenhang mit der Ermittlung jener für die Zusammensetzung des Versorgungspotentials einer Apotheke maßgeblichen Faktoren zum Tragen, deren Feststellung entsprechendes Erfahrungswissen und die Kenntnis empirisch ermittelter Daten voraussetzt, die durch entsprechende allgemeine Untersuchungen ermittelt und verbreitert werden können.

Im Erkenntnis vom 28. Juni 2004, Zl. 2000/10/0256, hat der Verwaltungsgerichtshof auch die von der belangten Behörde (auf der Grundlage von Befund und Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer) angewendete Methode der Ermittlung des Kundenpotentials von öffentlichen Apotheken im Sinne des § 10 Abs. 5 ApG nicht beanstandet. Im Beschwerdefall hat es die belangte Behörde - ungeachtet konkreter Hinweise des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren und eigener Feststellungen, die in die Richtung des Vorhandenseins maßgeblicher "Einflutungserreger" gehen, unterlassen, geeignete Ermittlungen in Richtung eines Versorgungspotentials der bestehenden Apotheken im Sinne von § 10 Abs. 5 ApG, insbesondere in Form einer (neuerlichen) Befassung der Österreichischen Apothekerkammer, vorzunehmen. Dieser Mangel ist wesentlich im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Mangels zu einem anderen Ergebnis in der Frage des Bedarfes einer neuen öffentlichen Apotheke unter dem Gesichtspunkt des § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG gelangt wäre.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtwidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 22. Juli 2004

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