Normen
ApG 1907 §10 Abs2;
ApG 1907 §14;
ApG 1907 §48 Abs2;
ApG 1907 §51 Abs3;
AVG §13 Abs8;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
ApG 1907 §10 Abs2;
ApG 1907 §14;
ApG 1907 §48 Abs2;
ApG 1907 §51 Abs3;
AVG §13 Abs8;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg vom 26. Juni 2007 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei, ihr die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke mit der Betriebsstätte "M, Grundstücke Nr. X und Y der KG W (MFZ-Multifunktionales Zentrum M)" und dem Standort "Gebiet der Gemeinde M östlich der Bahnlinie" zu erteilen, abgewiesen. Dies im Wesentlichen mit der auf ein Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer gestützten Begründung, der K-Apotheke in B würde im Falle der Errichtung der beantragten Apotheke ein Versorgungspotenzial von lediglich 4.476 Personen verbleiben. Es sei daher die negative Bedarfsvoraussetzung des § 10 Abs. 2 Z. 3 Apothekengesetz erfüllt.
Die beschwerdeführenden Partei erhob Berufung und brachte vor, der Eigentümer des Grundstücks Nr. X und Y der KG W habe ihr wegen der langen Dauer des Verfahrens nicht im Wort bleiben wollen. Es komme ihr daher eine Verfügungsbefugnis über die im Konzessionsantrag in Aussicht genommene Betriebsstätte nicht mehr zu. Sie habe jedoch mit den Eigentümern der Liegenschaft EZ A, KG M, mit der Adresse "L-Straße 1" eine entsprechende Vereinbarung abgeschlossen und ändere daher ihr Konzessionsansuchen dahin, dass ihr die Apothekenkonzession für die Betriebsstätte "L-Straße 1, M", und dem (unveränderten) Standort "Gebiet der Gemeinde M östlich der Bahnlinie" erteilt werde. Infolge der Änderung der Betriebsstätte seien die bisher zum Bedarf an der neuen Apotheke eingeholten Ermittlungsergebnisse als überholt anzusehen. Es werde insbesondere ein neues Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer einzuholen sein, wobei die beschwerdeführende Partei davon ausgehe, dass sich ein Bedarf an der beantragten Apotheke ergeben werde, zumal sich die Entfernung zur K-Apotheke durch die neue Betriebsstätte wesentlich vergrößert habe.
Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland (UVS) vom 11. Dezember 2007 wurde der erstinstanzliche Bescheid "gemäß §§ 13 Abs. 8, 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben". Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, Änderungen eines verfahrenseinleitenden Antrages - und damit des vorliegenden Konzessionsantrages - seien nur zulässig, wenn durch die Änderung die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert werde. Da die Konzession für eine neue öffentliche Apotheke nur erteilt werden dürfe, wenn Bedarf an der neuen Apotheke bestehe, was wiederum voraussetze, dass - ausgehend von der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der beantragten Apotheke - den umliegenden Apotheken im Falle der Apothekenerrichtung ein Versorgungspotenzial von mindestens
5.500 Personen verbleibe, sei die Angabe der künftigen Betriebsstätte ein essenzieller Bestandteil eines Konzessionsansuchens. Erst wenn diese Angabe vorliege, erwerbe ein Konzessionsansuchen die für die Entscheidung über konkurrierende Ansuchen maßgebliche Priorität. Eine hinsichtlich der Entfernung erhebliche Änderung der in Aussicht genommenen Betriebsstätte würde daher das Wesen des Konzessionsantrages verändern, weil das Ergebnis der Bedarfsprüfung ein anderes wäre. Geringfügige Änderungen der Betriebsstätte, die sich nicht auf die Bedarfsprüfung auswirkten, seien zwar zulässig, nicht bloß geringfügige Verlagerungen der künftigen Betriebsstätte, die eine andere Bedarfsbeurteilung zur Folge hätten, würden jedoch das Wesen des Verfahrens über das Konzessionsansuchen verändern und seien demnach gemäß § 13 Abs. 8 AVG unzulässig. Die von der beschwerdeführenden Partei angegebene neue Betriebsstätte sei über 2 km von der zunächst angegebenen Betriebsstätte entfernt. Diese Änderung hätte - wie die beschwerdeführende Partei selbst einräume - eine veränderte Beurteilung des Bedarfs an der beantragten Apotheke zur Folge. Sie würde demnach das Wesen des Verfahrens über das Konzessionsansuchen der beschwerdeführenden Partei verändern; es handle sich somit um eine unzulässige Antragsänderung. In Wahrheit liege ein neues Konzessionsansuchen der beschwerdeführenden Partei vor, über das jedoch nicht von der Berufungsbehörde, sondern von der erstinstanzlichen Behörde zu entscheiden sei. Das (neue) Konzessionsansuchen der beschwerdeführenden Partei sei daher zuständigkeitshalber an die BH Mattersburg weiterzuleiten und der erstinstanzliche Bescheid ersatzlos zu beheben gewesen, zumal das ursprüngliche Konzessionsansuchen nicht mehr vorliege und es daher an einer Voraussetzung für die Erlassung eines Bescheides hierüber fehle. Das von der beschwerdeführenden Partei zur Stützung ihrer Ansicht, die Änderung der Betriebsstätte während des laufenden Konzessionsverfahrens sei zulässig, angesprochene hg. Erkenntnis vom 26. September 1994, Zl. 92/10/0459, habe das Thema nicht unter dem Blickwinkel des § 13 Abs. 8 AVG, sondern unter jenem des § 66 Abs. 4 AVG beurteilt. Im Übrigen sei bei dem Fall, der diesem Erkenntnis zu Grunde gelegen sei, maßgeblich gewesen, dass die Betriebsstätte um 300 m verlegt worden sei und daher kein neuerliches Ermittlungsverfahren betreffend die Bedarfsfrage notwendig geworden sei. Ein solches neuerliches Ermittlungsverfahren sei aber im vorliegenden Fall notwendig. Schließlich sei zu bedenken, dass es dem UVS auch aus näher dargelegten verfassungsrechtlichen Gründen verwehrt sei, die Bedarfsfrage in gleicher Weise zu prüfen wie die in erster Instanz zuständige Bezirksverwaltungsbehörde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke kann nur auf Antrag erteilt werden. Es handelt sich somit um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. September 1994, Zl. 92/10/0459, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Gemäß § 13 Abs. 8 AVG kann der verfahrenseinleitende Antrag in jeder Lage des Verfahrens geändert werden. Durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden.
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde - außer in dem in Abs. 2 erwähnten Fall - immer in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäss den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist ausschließlich die Frage strittig, ob die in Ansehung der Situierung der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neuen öffentlichen Apotheke erfolgte Änderung des Konzessionsantrages der beschwerdeführenden Partei "die Sache ihrem Wesen nach" geändert habe. Während die belangte Behörde den Standpunkt einnimmt, die ursprünglich beantragte Betriebsstätte sei von der nunmehr beantragten 2 km entfernt, sodass schon aus diesem Grund ein anderes Ergebnis der Bedarfsprüfung zu erwarten und von einer Veränderung des Wesens der Sache gesprochen werden müsse, erachtet die beschwerdeführende Partei den Standort der beantragten Apotheke als das die Angelegenheit in örtlicher Hinsicht ausschließlich bestimmende Merkmal; eine Änderung der in Aussicht genommenen Betriebstätte während des Verfahrens verändere das Wesen der Sache nicht, wenn der Standort unverändert bleibe.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 2. September 2008, Zl. 2007/10/0303, und die hier genannte Vorjudikatur), stellt eine Änderung der voraussichtlichen Betriebsstätte innerhalb des Standortes keine die Sache in ihrem Wesen verändernde Antragsänderung dar, wenn unter dem Gesichtspunkt der Situierung der Betriebsstätte keine andere Beurteilung der Bedarfssituation gegeben ist (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2008, Zl. 2003/10/0206, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Die "Angelegenheit" eines Apothekenkonzessionsverfahrens wird daher - soweit es um die räumliche Komponente geht - grundsätzlich durch einen gesetzmäßig umschriebenen Standort und nicht durch den Ort der künftigen Betriebsstätte bestimmt. So folgt etwa aus § 14 ApG, dass dem Gesetz die Annahme zu Grunde liegt, Verlegungen der Betriebsstätte innerhalb eines - gesetzmäßig festgesetzten - Standortes hätten im Allgemeinen keine wesentlichen Auswirkungen auf die Bedarfssituation (vgl. auch das zitierte Erkenntnis vom 26. September 1994).
Ergibt sich jedoch, dass eine während des Verfahrens erfolgte Veränderung der in Aussicht genommenen Betriebstätte, obwohl sie sich innerhalb des Standortes hält, zu einer im Ergebnis wesentlich anderen Bedarfssituation führt, so kann nicht mehr davon gesprochen werden, dass durch diese Änderung die zu entscheidende Angelegenheit nur unwesentlich geändert würde. Würde daher eine Änderung der beantragten Betriebsstätte zu einer anderen Beurteilung betreffend das Vorliegen der negativen Bedarfsvoraussetzungen gemäß § 10 Abs. 2 ApG führen, so läge eine einem Neuantrag gleich kommende Modifikation des Konzessionsantrages vor.
Davon ausgehend kann allerdings auf dem Boden des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes nicht beurteilt werden, ob die von der beschwerdeführenden Partei in Ansehung der in Aussicht genommenen Betriebsstätte vorgenommene Änderung des Konzessionsantrages eine Wesensänderung der Sache bedeutete. Zum einen ist nämlich der die Angelegenheit nach dem Gesagten in räumlicher Hinsicht grundsätzlich bestimmende Standort unverändert geblieben. Zum anderen besagt der Umstand einer Entfernung von 2 km zwischen der ursprünglichen und der geänderten Betriebsstätte für sich noch nicht, dass bereits dadurch eine im Ergebnis wesentliche Veränderung der Bedarfssituation bewirkt würde. Einer solchen Annahme gibt auch der von der beschwerdeführenden Partei in ihre Berufung aufgenommene Hinweis, sie erwarte auf Grund der geänderten Betriebsstätte ein positives Ergebnis der vorzunehmenden Bedarfsprüfung, keine taugliche Grundlage .
Indem die belangte Behörde daher alleine aus der Entfernung von 2 km zwischen der ursprünglichen und der geänderten Betriebsstätte auf eine die Sache so wesentlich verändernde Antragsmodifikation schloss, dass von einem Neuantrag auszugehen sei, hat sie in Verkennung der Rechtslage die zur Beurteilung, ob iSd obigen Darlegungen eine Änderung der Bedarfssituation anzunehmen sei, erforderlichen Ermittlungen unterlassen.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung zu führen hatte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am 9. September 2009
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