Normen
AlVG 1977 §24 Abs2;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §36 Abs5;
AlVG 1977 §36a Abs5 Z1;
AlVG 1977 §36a;
AlVG Freigrenzenerhöhungsrichtlinie 2002;
AMSG 1994 §4 Abs4;
AVG §38;
BAO §97;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle vom 16. April 2008 wurde der Bezug der Notstandshilfe für den Zeitraum vom 1. Februar bis 17. September und vom 15. Oktober bis 30. November 2005 "widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt" und die Beschwerdeführerin zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in Höhe von EUR 7.556,88 verpflichtet. Begründend führte die regionale Geschäftsstelle aus, die Überprüfung mittels des Einkommensteuerbescheides für den Ehemann der Beschwerdeführerin für das Jahr 2005 habe ergeben, dass in den angeführten Zeiträumen das anrechenbare Einkommen des Ehemannes trotz Berücksichtigung der gesetzlichen Freigrenzen den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Notstandshilfe übersteige.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie wandte ein, ihr Mann befinde sich seit 7. März 2006 (gemeint:
2007 (so auch die Schilderung des Sachverhaltes in der Beschwerde)) in Haft. Seine Buchhaltungsunterlagen befänden sich im Landesgericht, er habe das Jahr 2005 nicht ordnungsgemäß abschließen können. Beim Finanzamt sei der Beschwerdeführerin empfohlen worden, eine Berufung zu schreiben und diese von ihrem Mann unterfertigen zu lassen. Das Finanzamt habe ihren Mann nicht nur für 2005, sondern auch für die Jahre 2006 und 2007 geschätzt, obwohl dieser ab Oktober 2006 nicht mehr selbständig tätig gewesen sei. Sie habe eine Berufung geschrieben und sei immer im telefonischen Kontakt mit dem Finanzamt gewesen, da es ihr nicht möglich gewesen sei, selbst die Buchhaltung abzuschließen. Sie sei aus allen Wolken gefallen, als man ihr mitgeteilt habe, der Akt ihres Mannes sei abgeschlossen, die Schätzung rechtskräftig; es werde abgewartet, bis ihr Mann 2010 oder 2011 entlassen werde. Ihr Mann habe im Jahr 2005 monatlich ein Schreiben betreffend seine Einkünfte an das Arbeitsmarktservice gefaxt. Sobald ihr Mann aus der Haft entlassen werde, werde sie bezüglich der Berufung beim Finanzamt einen Anwalt einschalten.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge, änderte den erstinstanzlichen Bescheid aber dahin ab, dass ein Betrag von EUR 5.934,-- rückgefordert werde.
Begründend führte die belangte Behörde aus, anlässlich der Anträge auf Notstandshilfe vom 15. Juni 2004 und 6. Juni 2005 habe die Beschwerdeführerin angegeben, ihr Ehemann sei selbständig erwerbstätig. Sie habe monatlich Erklärungen über das Nettoeinkommen ihres Ehemanns erbracht. Aufgrund dieser Erklärungen sei der Beschwerdeführerin im Jahr 2005 Notstandshilfe im vollen Ausmaß von täglich EUR 27,38 gewährt worden.
Am 16. Juli 2007 sei bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice der Einkommensteuerbescheid des Ehemannes der Beschwerdeführerin für das Jahr 2005 eingelangt. Aus diesem gehe hervor, dass ihr Ehemann aus selbständiger Erwerbstätigkeit ein Einkommen in Höhe von EUR 19.000,-- habe. Nach Auskunft des Finanzamtes sei dieser Einkommensteuerbescheid rechtskräftig.
Der Ehemann der Beschwerdeführerin sei im Jahr 2005 nur 10 Monate selbständig erwerbstätig gewesen (von Jänner bis Oktober 2005).
Diese Feststellungen gründeten sich auf den Leistungsakt, die chronologisch über EDV geführten Aufzeichnungen des Arbeitsmarktservice, den Einkommensteuerbescheid des Ehemanns der Beschwerdeführerin und ihre eigenen Angaben.
Im Gegensatz zum Arbeitslosengeld habe bei der Notstandshilfe das Einkommen des Partners Einfluss auf die Höhe des Anspruches des Arbeitslosen. Vom Nettoeinkommen des Partners seien Freigrenzen abzuziehen (für das Jahr 2005: EUR 440,--, weiter EUR 223,50 für jedes Kind; die Beschwerdeführerin habe zwei unterhaltsberechtigte Kinder). Gründe für weitere Freigrenzenerhöhungen seien zwar im Antrag auf Notstandshilfe geltend gemacht worden, es seien hiezu aber keine Unterlagen erbracht worden.
Das Einkommen von selbständig Erwerbstätigen werde letztendlich durch den Einkommensteuerbescheid für das Kalenderjahr, in dem Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezogen würden, festgestellt. Der Notstandshilfeanspruch für 2005 sei daher endgültig zu berechnen:
Jahreseinkommen des Ehemanns der Beschwerdeführerin:
EUR 19.000,--, abzüglich Sonderausgaben: EUR 60,-- und Einkommensteuer: EUR 3.460,71; daher Nettoeinkommen EUR 15.579,29 (richtig: EUR 15.479,29); pro Monat - insgesamt 10 Monate - ergebe sich daher ein Nettoeinkommen von EUR 1.547,93. Hievon seien Freigrenzen von EUR 447,-- und zweimal EUR 223,50 abzuziehen, sodass sich ein anrechenbares Einkommen von EUR 653,93 monatlich (EUR 21,50 täglich) ergebe. Dieser Betrag sei auf den Anspruch auf Notstandshilfe von täglich EUR 27,38 anzurechnen, weshalb sich ein tatsächlicher Notstandshilfeanspruch von täglich EUR 5,88 ergebe.
Es sei daher die Notstandshilfe für den angeführten Zeitraum wegen der Anrechnung des Einkommens des Ehemannes der Beschwerdeführerin zu berichtigen gewesen. Außerdem sei die Beschwerdeführerin zum Rückersatz der zu Unrecht bezogenen Notstandshilfe in Höhe von insgesamt EUR 5.934,-- zu verpflichten.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 24 Abs. 1 AlVG ist das Arbeitslosengeld einzustellen, wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld wegfällt; es ist neu zu bemessen, wenn sich eine für das Ausmaß des Arbeitslosengeldes maßgebende Voraussetzung ändert.
Nach § 24 Abs. 2 AlVG ist die Zuerkennung von Arbeitslosengeld zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes als gesetzlich nicht begründet herausstellt.
Gemäß § 25 Abs. 1 dritter Satz AlVG ist der Empfänger einer Leistung nach dem AlVG auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte; in diesem Fall darf jedoch der Rückforderungsbetrag das erzielte Einkommen nicht übersteigen.
Gemäß § 38 AlVG gelten diese Bestimmungen auch für die Notstandshilfe.
Nach § 33 Abs. 2 AlVG ist Voraussetzung für die Gewährung der Notstandshilfe unter anderem, dass sich der Arbeitslose in Notlage befindet. Notlage liegt gemäß § 33 Abs. 3 AlVG vor, wenn dem Arbeitslosen die Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse unmöglich ist. Gemäß § 36 Abs. 1 AlVG hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit in Richtlinien unter anderem die näheren Voraussetzungen iSd § 33 Abs. 3 AlVG festzulegen, unter denen Notlage als gegeben anzusehen ist. Gemäß § 36 Abs. 3 lit. B sublit. a AlVG ist bei Berücksichtigung des Einkommens des Ehepartners ein zur Bestreitung des Lebensunterhaltes notwendiger Betrag (Freibetrag) frei zu lassen, der nach der Größe der Familie verschieden bemessen werden kann. Eine Erhöhung diese Freibetrages kann in berücksichtigungswürdigen Fällen, wie z.B. Krankheit, Schwangerschaft, Niederkunft, Todesfall, Hausstandsgründung und dgl. im Rahmen der vom Arbeitsmarktservice festgelegten Richtlinien erfolgen (§ 36 Abs. 5 AlVG).
Gemäß § 36a Abs. 1 AlVG ist bei der Feststellung des Einkommens u.a. für die Anrechnung auf die Notstandshilfe nach den folgenden Absätzen vorzugehen.
Nach § 36a Abs. 2 AlVG ist Einkommen iSd AlVG das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 zuzüglich Hinzurechnungen und Pauschalierungsausgleich.
Gemäß § 36a Abs. 5 Z 1 AlVG ist das Einkommen bei Personen, die zur Einkommensteuer veranlagt werden, durch die Vorlage des Einkommensteuerbescheides für das Kalenderjahr, in dem die Leistung nach dem AlVG bezogen wird, und bis zum Vorliegen dieses Bescheides auf Grund einer jeweils monatlich im Nachhinein abzugebenden Erklärung des selbständig Erwerbstätigen und geeigneter Nachweise nachzuweisen.
2. Die Beschwerdeführerin wendet ein, das Einkommen ihres Ehemannes sei vom Finanzamt im Schätzungswege gemäß § 184 BAO ermittelt worden. Diese Schätzung sei ohne Verschulden ihres Ehemannes erfolgt, da die Buchhaltung des Jahres 2005 vom Gericht beschlagnahmt worden sei. Die Neubemessung und Rückforderung von Arbeitslosengeld sei grundsätzlich an ein Tatunrecht und Verschulden des Leistungsempfängers oder jener Personen gebunden, deren Einkommen für die Bemessung von Leistungen nach dem AlVG herangezogen werde. Die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, der Beschwerdeführerin vor Erlassung des Bescheides im Sinne des Parteiengehörs den Einkommensteuerbescheid 2005 ihren Ehemann betreffend zur Kenntnis zu bringen; die Beschwerdeführerin hätte darauf hinweisen können, dass es ihrem Ehemann wegen Beschlagnahme der Buchhaltungsunterlagen unmöglich gewesen sei, an der Erstellung des Einkommensteuerbescheides 2005 mitzuwirken. Das geschätzte Einkommen sei unrichtig und realitätsfremd.
Weiter wendet die Beschwerdeführerin ein, eine Bindungswirkung könne nur bezüglich eines rechtskräftigen Bescheides bestehen. Hätte die belangte Behörde ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt, hätte festgestellt werden können, dass der Einkommensteuerbescheid vom 13. Juli 2007 nicht rechtskräftig sei, da er dem Ehemann der Beschwerdeführerin wegen dessen Strafhaft nicht wirksam zugestellt worden sei. Hierzu macht die Beschwerdeführerin als Verfahrensmangel geltend, die belangte Behörde hätte sich nicht auf eine Auskunft des Finanzamtes zur Frage, ob der Einkommensteuerbescheid rechtskräftig sei, beschränken dürfen. Die belangte Behörde hätte vielmehr den Akt des Finanzamtes beischaffen und der Beschwerdeführerin Gelegenheit zur Akteneinsicht und Stellungnahme geben müssen.
3. Für die Berechnung der auf die Notstandshilfe anzurechnenden Einkommen ist bei Personen, die zur Einkommensteuer veranlagt werden, ein zweistufiges Verfahren vorgesehen. Bis zum Vorliegen eines Einkommensteuerbescheides hat die regionale Geschäftsstelle das vorläufige Einkommen anhand einer monatlich im Nachhinein abzugebenden Erklärung des selbständig Erwerbstätigen und geeigneter Nachweise festzustellen; die endgültige Berechnung des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe erfolgt nach Vorliegen des Einkommensteuerbescheides für das betreffende Kalenderjahr des Leistungsbezuges mit der begünstigen Rückforderungsmöglichkeit des Überbezuges nach § 25 Abs. 1 dritter Satz AlVG.
Daraus ist abzuleiten, dass bei Personen, die zur Einkommensteuer veranlagt werden, die Höhe des Leistungsbezuges bei Antragstellung im Zuge von dessen Bemessung und ein weiteres Mal nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides festzustellen ist, dass aber nachträgliche Leistungskorrekturen in der Zwischenzeit nicht vorgenommen werden dürfen, es sei denn, dass die unrichtige Leistung aufgrund falscher Angaben oder des Verschweigens der selbständigen Erwerbstätigkeit ohne Anwendung des § 36a AlVG zustande gekommen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 2007, Zl. 2006/08/0187, mwN).
Die belangte Behörde ist bei ihrer Entscheidung über den Widerruf und die Rückforderung eines Notstandshilfebezuges an den Spruch des Einkommensteuerbescheides gebunden, wobei diese Regelung der Erleichterung des praktischen Vollzuges des AlVG in Bezug auf die dort geregelten Geldleistungen dient (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2009, Zl. 2006/08/0033).
Soweit in der Beschwerde die Ermittlung der Besteuerungsgrundlage, insbesondere durch Schätzung der Bemessungsgrundlage, bestritten wird und hierzu auch Verfahrensmängel geltend gemacht werden, geht sie daher ins Leere (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 2002, Zl. 2002/08/0052).
Voraussetzung für die endgültige Bemessung der Notstandshilfe (sohin für deren Berichtigung und Rückforderung des Überbezuges oder Nachzahlung der höheren Leistung; vgl. AB 1304 BlgNR 20. GP, 3) ist aber das Vorliegen eines Einkommensteuerbescheides (es sei denn, ein solcher Bescheid erginge aufgrund der Geringfügigkeit des Einkommens nicht; vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. August 2004, Zl. 2001/08/0116). Da eine Bindung - im Allgemeinen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 38 Rz 26) - nur an rechtskräftige Bescheide besteht, ist Voraussetzung der endgültigen Bemessung überdies die Rechtskraft des Bescheides der Abgabenbehörde.
Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen (der Abgabenbehörden) dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.
Ein Bescheid gehört (erst) mit seiner Erlassung dem Rechtsbestand an (vgl. Ritz, BAO3 § 97 Tz 1); er ist (formell) rechtskräftig, wenn er durch ordentliche Rechtsmittel (Berufung) nicht oder nicht mehr anfechtbar ist (vgl. Ritz, aaO § 92 Tz 4).
Im hier zu beurteilenden Fall liegt - wie aus den vorgelegten Verwaltungsakten ersichtlich ist - eine Erledigung des Finanzamtes betreffend Einkommensteuer des Ehemannes der Beschwerdeführerin für das Jahr 2005 vor (datiert mit 13. Juli 2007). Diese Erledigung ist an den Ehemann an dessen Wohnanschrift in W (Anschrift auch der Beschwerdeführerin) gerichtet.
Das Finanzamt teilte dem Arbeitsmarktservice mit Note vom 16. Juli 2007 mit, der Bescheid befinde sich noch nicht "in Rechtsbestand". Mit einem weiteren Schreiben (eingelangt bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice am 4. April 2008) teilte das Finanzamt sodann mit, dass der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 mit 13. Juli 2007 erlassen worden sei und sich "in Rechtsbestand" befinde.
Aus diesen Mitteilungen kann nicht abgeleitet werden, dass der Einkommensteuerbescheid bereits rechtskräftig sei, da lediglich bekannt gegeben wurde, der Bescheid befinde sich "in Rechtsbestand", was aber nur bedeutet, dass der Bescheid erlassen sei. Die Feststellung der belangten Behörde, der Bescheid sei rechtskräftig, ist sohin nicht schlüssig begründet.
Im Übrigen musste aber - unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens, der Ehemann der Beschwerdeführerin sei seit 7. März 2006 (richtig: 2007) in Haft - auch fraglich sein, ob der mit 13. Juli 2007 datierte und an die Wohnanschrift des Ehemanns der Beschwerdeführerin adressierte Bescheid diesem wirksam (an einer zulässigen Abgabestelle) zugestellt und damit erlassen worden war.
Wenn auch im Hinblick auf die Bindung der belangten Behörde an einen rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid von dieser der Inhalt des Einkommensteuerbescheides nicht zu überprüfen ist, ist von ihr aber - wenn dies von der Partei substantiiert bestritten wird - zu prüfen, ob ein entsprechender Bescheid vorliegt, insbesondere also, ob der fragliche Einkommensteuerbescheid durch wirksame Zustellung erlassen (und sodann rechtskräftig) wurde. Schon deswegen darf von der belangten Behörde auch die (nach Erlassung des hier angefochtenen Bescheides im Verfahren über den Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiederaufnahme des Verfahrens eingeholte) Auskunft des Finanzamtes vom 8. Oktober 2008, der Bescheid vom 13. Juli 2007 sei "eindeutig rechtskräftig", nicht ungeprüft ihrer Beurteilung zu Grunde gelegt werden.
4. Die Beschwerdeführerin führt weiter aus, eine Gleichbehandlung jener Rückforderungsfälle, in denen der Leistungsempfänger an dem Mehrbezug ein Verschulden zu vertreten habe, mit Rückforderungsfällen, in denen kein Verschulden gegeben sei, sei unsachlich und verstoße gegen Artikel 6 EMRK.
Dazu ist aber darauf zu verweisen, dass die Gewährung von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung an Personen, bei denen erst im Nachhinein feststellbar ist, ob ihnen diese Leistungen mit Rücksicht auf ihr Einkommen (oder jenes ihres Ehegatten) tatsächlich gebühren, vorerst nicht endgültig erfolgt. Die Alternative, dass solchen Personen stets erst im Nachhinein Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung gewährt werden könnten, wird vom Gesetzgeber damit vermieden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2007, Zl. 2006/08/0296). Eine unsachliche Gleichbehandlung unterschiedlicher Sachverhalte kann sohin nicht erkannt werden.
5. Schließlich macht die Beschwerdeführerin geltend, die belangte Behörde hätte die Beschwerdeführerin dazu anleiten müssen, ein entsprechendes Vorbringen zur Freigrenzenerhöhung zu erstatten und Unterlagen vorzulegen. Ihr Ehemann sei selbst Opfer von Malversationen eines Geschäftsfreundes geworden. Aufgrund dieser Umstände hätten die üblichen Verpflichtungen des ehelichen Haushalts (wie z.B. Mietenzahlungen) nicht mehr erfüllt werden können, weshalb die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann einen Kredit aufgenommen hätten, um Exekutionsführungen und schließlich den Verlust der Mietwohnung zu vermeiden. Kredite für eine darlehensfinanzierte Eigentumswohnung zur Sicherung des existentiellen Wohnbedürfnisses seien als freigrenzenerhöhend anerkannt; es könne aber keinen Unterschied machen, dass hier mittels Kredits die bestehende Wohnung habe gehalten werden können.
Diesem Vorbringen ist zu erwidern, dass entsprechend der (auf Grundlage des § 36 Abs. 5 AlVG vom Arbeitsmarktservice erlassenen und in der Wiener Zeitung kundgemachten) Richtlinie zur Freigrenzenerhöhung (abgedruckt in Pfeil, aaO, IV/3, nunmehr auch kundgemacht gemäß § 4 Abs. 4 AMSG) zwar auch Darlehen für die Hausstandsgründung bzw. Wohnraumbeschaffung zu einer Freigrenzenerhöhung führen können (Punkt II.7 und Punkt III.4 der Richtlinie); Darlehen, die zur Bestreitung des laufenden Lebensunterhaltes aufgenommen wurden, sind aber nicht geeignet, eine Freigrenzenerhöhung zu begründen (Punkt III.4 der Richtlinie am Ende). Übliche Aufwendungen wie etwa Mietkosten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. März 2006, Zl. 2004/08/0035) oder auch Mietrückstände (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. August 2002, Zl. 2002/08/0011) fallen demnach nicht unter die angeführten berücksichtigungswürdigen Gründe.
6. Der angefochtene Bescheid war daher aus den zu Punkt 3 angeführten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Mehrbegehren (Eingabengebühr) war im Hinblick auf die der Beschwerdeführerin gewährte Verfahrenshilfe abzuweisen.
Wien, am 19. Oktober 2011
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