VwGH 2008/06/0232

VwGH2008/06/023223.6.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde

1. des HE und 2. der EE, beide in S, beide vertreten durch Rechtsanwälte Brüggl & Harasser OEG in 6370 Kitzbühel, Rathausplatz 2/II, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 28. August 2008, Zl. Ve1-8-1/492-1, betreffend baupolizeilichen Auftrag gemäß § 37 Abs. 1 Tir. BauO (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde S), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs2;
BauO Tir 2001 §20 Abs1 lita;
BauO Tir 2001 §20 Abs2 litc;
BauO Tir 2001 §37 Abs1;
BauRallg;
AVG §59 Abs2;
BauO Tir 2001 §20 Abs1 lita;
BauO Tir 2001 §20 Abs2 litc;
BauO Tir 2001 §37 Abs1;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Tirol je zur Hälfte Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde erteilte den Beschwerdeführern mit Bescheid vom 14. November 1996 die baurechtliche Bewilligung u.a. für den Neubau eines Gartenhauses auf dem Grundstück Nr. 3463/6, KG S. Das nach den vidierten Einreichplänen vorgesehene Gartenhaus umfasst einen Geräteraum mit einer Fläche von 15,12 m2 (die dabei in Anspruch genommene Grundfläche einschließlich der Außenmauern beträgt 20,46 m2) und eine daran anschließende überdachte Terrasse.

Im Zuge einer baupolizeilichen Überprüfung am 9. August 2005 wurde festgestellt, dass das mit Bescheid vom 14. November 1996 auf dem genannten Grundstück genehmigte Gartenhaus auf dem Nachbargrundstück Nr. 3466 errichtet worden sei. Dies belege auch das beiliegende Orthofoto eindeutig. Für diese Änderung der Situierung des Gartenhauses liege keine baurechtliche Bewilligung vor.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde forderte in der Folge die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 25. August 2005 auf, dazu Stellung zu nehmen. In diesem Schreiben wird auch ausdrücklich ausgeführt, dass das mit Bescheid vom 14. November 1996 genehmigte Gartenhaus entgegen dieser Bewilligung auf einem anderen Grundstück errichtet worden sei und diese Situierungsänderung gemäß § 20 Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001) bewilligungspflichtig sei.

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde behandelte ein "Umwidmungsansuchen" der Beschwerdeführer vom Februar 2006 von Freiland in Bauland-Wohngebiet betreffend die Teilfläche des Grundstückes, auf dem das Gartenhaus steht, am 13. März 2007 negativ.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde forderte in der Folge die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 13. Juli 2007 gemäß § 37 Abs. 1 TBO 2001 auf, bis längstens 31. August 2007 nachträglich um die Baubewilligung für das konsenslos auf dem Nachbargrundstück errichtete Gartenhaus anzusuchen, für das für das Grundstück Nr. 3463 mit Bescheid vom 14. November 1996 die baurechtliche Bewilligung erteilt worden war. Bei ungenütztem Verstreichen der Frist oder bei Versagung der Baubewilligung sei dem Eigentümer der Anlage ein Beseitigungsauftrag zu erteilen.

Die Beschwerdeführer suchten mit Schreiben vom 22. August 2007 neuerlich um die Umwidmung einer Teilfläche des Grundstückes Nr. 3466 von Freiland in Sonderfläche Gartenhaus an. Nach positiver Erledigung dieses Ansuchens würde ein entsprechendes Baugesuch eingereicht werden.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde erteilte den Beschwerdeführern mit Bescheid vom 11. Oktober 2007 gemäß § 37 Abs. 1 TBO 2001 den Auftrag zur Beseitigung des ohne Baubewilligung auf der Grundparzelle Nr. 3466, KG S., errichteten Gartenhauses bis längstens 30. November 2007.

Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde wies die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer mit Bescheid vom 14. Juli 2008 in Spruchpunkt I. als unbegründet ab und erstreckte in Spruchpunkt II. gemäß § 59 Abs. 2 AVG die Leistungsfrist zur Vornahme der Verpflichtung auf den 30. September 2008.

Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Sie führte dazu im Wesentlichen aus, dass die Bewilligungspflicht des Bauvorhabens im bisherigen Verfahren durch die Beschwerdeführer zu keiner Zeit in Zweifel gezogen worden sei. Darüber hinaus ergebe sich aus den vorliegenden Planunterlagen, dass das mit Bescheid des Bürgermeisters vom 14. November 1996 baurechtlich bewilligte Gartenhaus (ursprünglich geplant auf dem Grundstück Nr. 3463/6, KG S.) eine Grundfläche von 20,46 m2 aufweise, wobei der allseits umschlossene Geräteraum 15,12 m2 umfasse.

Gemäß § 20 Abs. 2 lit. c TBO 2001 sei u.a. die Errichtung von Geräteschuppen bis zu einer Grundfläche von 10 m2 und einer Höhe von 2,80 m bloß anzeigepflichtig. Im vorliegenden Fall sei ein Gartenhaus im Gesamtausmaß von 20,46 m2 errichtet worden, wobei der allseits umschlossene Geräteraum 15,12 m2 umfasse. Für ein solches Gartenhaus bestehe gemäß § 20 Abs. 1 lit. a TBO 2001 Bewilligungspflicht. Aus dem vorliegenden Akt ergebe sich kein Hinweis darauf, dass das ursprünglich bewilligte Gartenhäuschen (was seine Dimensionen betreffe) abweichend von der Darstellung im Einreichprojekt errichtet worden wäre. Auch aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren gebe es keinen diesbezüglichen Anhaltspunkt. Das mögliche Vorliegen bloß einer Anzeigepflicht für das verfahrensgegenständliche Gartenhaus sei erstmals in der Vorstellung erhoben worden. Es sei aber auch in der Vorstellung nicht dargelegt worden, auf welcher Grundlage das Vorliegen bloß einer Anzeigepflicht angenommen werde. Zur festgesetzten Frist werde festgestellt, dass die Berufungsbescheide den Beschwerdeführern am 16. Juli 2008 zugegangen seien, als Leistungsfrist für die Beseitigung des Gartenhauses sei der 30. September 2008 festgelegt worden. Die Frist von ca. zweieinhalb Monaten erscheine für die Entfernung der gegenständlichen Anlage, zumal es sich nicht um ein komplexes Gebäude handle, ausreichend und angemessen. Auch die im Schreiben vom 13. Juli 2007 festgesetzte Leistungsfrist von eineinhalb Monaten für die nachträgliche Einbringung eines Bauansuchens sei ausreichend gewesen.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der zunächst bei ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 6. November 2008, B 1783/08-3, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt und die Beschwerde auf Grund eines Antrages der Beschwerdeführer mit weiterem Beschluss vom 1. Dezember 2008, B 1783/08-5, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der nach Aufforderung ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer im Einvernehmen mit den anderen Parteien des Verfahrens zurückgezogen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Fall ist die Tir. Bauordnung 2001 (TBO 2001), LGBl. Nr. 94, in der Fassung LGBl. Nr. 73/2007 anzuwenden.

Gemäß § 20 Abs. 1 lit. a TBO 2001 ist u.a. der Neubau von Gebäuden baubewilligungspflichtig, soweit sich aus den Abs. 2 und 3 nichts anderes ergibt.

Gemäß Abs. 2 lit. c dieser Bestimmung ist die Errichtung u.a. von Geräteschuppen bis zu einer Grundfläche von 10 m2 und einer Höhe von 2,80 m anzeigepflichtig (die in Abs. 3 angeführten bewilligungsfreien Maßnahmen spielen im vorliegenden Fall keine Rolle).

Die Beschwerdeführer machen geltend, dass die Frage, ob das verfahrensgegenständliche Gartenhaus überhaupt gemäß § 20 Abs. 1 TBO 2001 baubewilligungspflichtig und nicht bloß anzeigepflichtig sei, nicht entsprechend geprüft worden sei. Es fehle dazu an den notwendigen sachverhaltsbezogenen Feststellungen. Kein Bescheid enthalte eine Beschreibung des Gartenhauses. Die Beschwerdeführer hätten in ihrer Vorstellung vorgebracht, dass das von ihnen tatsächlich ausgeführte Gebäude nur anzeigepflichtig sei. Auch im Hinblick darauf hätte die belangte Behörde eine Beschreibung der tatsächlich vorgenommenen Bauführung vornehmen müssen.

Dem ist entgegenzuhalten, dass schon in der behördlichen Überprüfung vom 9. August 2005 festgestellt wurde, das mit Bescheid vom 14. November 1996 genehmigte Gartenhaus sei nicht auf dem Grundstück Nr. 3463/6, wie in der Baubewilligung vorgesehen, sondern auf dem Nachbargrundstück Nr. 3466 errichtet worden. Die Behörden gingen von Anfang an von der sich aus der erwähnten Baubewilligung ergebenden konkreten Ausgestaltung des verfahrensgegenständlichen Gartenhauses aus und haben dies den Beschwerdeführern gegenüber auch entsprechend zum Ausdruck gebracht. Nach dieser Baubewilligung weist das Gartenhaus - wie bereits erwähnt - insbesondere einen Geräteraum mit einer Fläche von 15,12 m2 (Grundfläche insgesamt 20.46 m2), auf. Sowohl das reine Flächenausmaß des Geräteraumes als auch seine insgesamte Grundfläche übersteigen die nach § 20 Abs. 2 lit. c TBO 2001 maximal zulässige Grundfläche eines Geräteschuppens. Die Beschwerdeführer haben im Übrigen ihr Vorbringen zu einer allfälligen Anzeigepflicht des in Frage stehenden Gartenhauses weder in der Vorstellung noch in der Beschwerde in irgend einer Weise näher dahingehend konkretisiert, von welchen anderen Ausmaßen, insbesondere von welcher Grundfläche des Geräteraumes, ihrer Meinung nach auszugehen wäre. Sie haben nie behauptet, dass diese Grundfläche weniger als 10 m2 groß sei.

Weiters meinen die Beschwerdeführer, die von der Berufungsbehörde gesetzte Frist für die Beseitigung des Gebäudes sei nicht entsprechend begründet worden. Die Beseitigungsfrist sei zu kurz bemessen.

Dazu ist festzustellen, dass die Berufungsbehörde in der Berufungsentscheidung ausgeführt hat, dass die ursprünglich angemessen bestimmte Leistungsfrist neuerlich angemessen zu erstrecken gewesen sei. Die gemäß § 59 Abs. 2 AVG gesetzte Frist muss objektiv geeignet sein, dem Verpflichteten unter Anspannung all seiner Kräfte nach der Lage des konkreten Falles die Erfüllung der aufgetragenen Leistung zu ermöglichen (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2004, Zl. 2003/07/0074). Die Beschwerdeführer begründen nicht, warum die von der Berufungsbehörde gesetzte Frist von zweieinhalb Monaten zur Beseitigung des verfahrensgegenständlichen Gartenhauses in diesem Sinne nicht angemessen wäre. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Ansicht der belangten Behörde, dass die Setzung einer Frist von zweieinhalb Monaten für die Beseitigung eines nicht komplexen Gebäudes, wie das in Frage stehende Gartenhaus, im Lichte der angeführten Kriterien ausreichend und angemessen erscheint.

Auch die im Aufforderungsschreiben des Bürgermeisters vom 13. Juli 2007 gemäß § 37 Abs. 1 TBO 2001 gesetzte Frist von eineinhalb Monaten zur Einbringung eines gehörig belegten Bauansuchens ist als angemessen zu qualifizieren.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 23. Juni 2010

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