VwGH 2008/06/0080

VwGH2008/06/008017.12.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des Univ.-Prof. WL in Salzburg, vertreten durch Dr. Johann Eder, Dr. Stefan Knaus und Mag. Konrad Winkler, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Giselakai 45, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 13. März 2008, Zl. 5/07-40.258/12-2008, betreffend Einwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. Ing. Mag. MK in K, 2. HP in K, 3. Gemeinde K), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauRallg;
BauTG Slbg 1976 §16;
BauTG Slbg 1976 §8 Abs1 litb;
BauTG Slbg 1976 §8;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs3;
ROG Slbg 1992 §32 Abs4;
ROG Slbg 1998 §32 Abs2;
ROG Slbg 1998 §33 Abs3;
VwRallg;
AVG §8;
BauRallg;
BauTG Slbg 1976 §16;
BauTG Slbg 1976 §8 Abs1 litb;
BauTG Slbg 1976 §8;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs3;
ROG Slbg 1992 §32 Abs4;
ROG Slbg 1998 §32 Abs2;
ROG Slbg 1998 §33 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren betreffend Schriftsatzaufwand wird abgewiesen.

Das Kostenbegehren des Erst- und der Zweitmitbeteiligten wird abgewiesen.

Begründung

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde erteilte dem Erstmitbeteiligten und der Zweitmitbeteiligten (im Folgenden: Bauwerber) mit Bescheid vom 4. Dezember 2003 die Baubewilligung zur Errichtung eines Einfamilienwohnhauses mit Garage auf der Grundparzelle Nr. 205/5, KG H. I.

Die Bauwerber suchten mit dem am 28. März 2006 bei der mitbeteiligten Gemeinde eingelangten weiteren Ansuchen vom selben Tag um die Erteilung der Genehmigung von Änderungen der bestehenden Baubewilligung vom 4. Dezember 2003 nach dem vorgelegten Austauschplan vom 28. März 2006. Im westlichen Bereich des geplanten Gebäudes soll das erste Obergeschoß und das ursprünglich vorgesehene Dach an dieser Stelle von der Erdgeschoßfront zurückgesetzt werden. Die westliche Front des Erdgeschoßes ist nach dem eingereichten Übersichtslageplan 4,07 m von der Grenze zum Grundstück des Beschwerdeführers entfernt, die neue zurückgesetzte Front des Obergeschoßes 5,56 m bzw. 7,37 m. Der zurückgesetzte Bereich ist als Balkon mit einer Brüstung und einem Geländer darauf geplant, ein Dachvorsprung überdeckt nordwestlich ca. 2,2 m dieses Balkones in seiner vollen Breite, erst danach springt das Dach entsprechend dem zurückgesetzten Obergeschoß zurück. Auf der massiven Brüstung des Balkones in der Höhe von ca. 40 cm ist ein 1 m hohes Geländer mit horizontalen Stäben vorgesehen. Zur Abstützung des südwestlich über dem Obergeschoß vorgesehenen Dachvorsprunges ist eine Stahlbetonstütze vom Gelände vor dem Gebäude weg geplant. Diese liegt nach dem im Akt einliegenden Kollaudierungsplan vom 24. April 2006 ca. 6,60 m von der Grundgrenze entfernt. Das vorgesehene Pultdach verläuft leicht ansteigend von Norden nach Süden.

In der mündlichen Verhandlung vom 13. April 2006 erhob der Beschwerdeführer Einwendungen (insbesondere in Bezug auf die Einhaltung des Abstandes zu seinem westlich unmittelbar benachbarten Grundstück). Der bautechnische Sachverständige führte zu den abstandsrelevanten Veränderungen im westlichen Gebäudebereich Folgendes aus:

"Im westlichen Gebäudeeck wird das Dach über dem Balkon so abgeändert, dass ein Teilbereich nur mit der Tragkonstruktion von Pfetten und Sparren mit Auflager auf einer Stahlbetonsäule ausgeführt wird und in einer schräg über das Dach verlaufenden Linie in diesem Bereich keine Dachkonstruktion zur Ausführung kommt und somit lediglich eine Pergola ausgebildet wird. Die schräg verlaufende Dachlinie wurde vom Planverfasser so eingetragen, dass unter Berücksichtigung dieser Abänderung der gesetzliche Mindestabstand vom überdachten Bauteil eingehalten wird.

Der Balkon an der Westseite ist mit einer Brüstungsmauer versehen und als Absturzsicherung wird das Balkongeländer mit horizontalen Stäben bis auf eine Höhe von 1,00 m ausgeführt. Diesbezüglich wird darauf hingewiesen, dass das Geländer ausreichenden Schutz für Kinder gewähren muss. Laut planlicher Darstellung werden von der massiven Brüstungshöhe die gesetzlichen Mindestabstände eingehalten.

Im Bereich des vorbeschriebenen Balkones ist ein Zimmer (Aufenthaltsraum) geplant, dessen Außenwände so zurückversetzt werden, dass der gesetzliche Mindestabstand eingehalten wird."

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde erteilte in Spruchpunkt I.1. des Bescheides vom 12. Juli 2006 den Bauwerbern die Baubewilligung für die Änderung des mit Bescheid vom 4. Dezember 2003 bewilligten Einfamilienwohnhauses mit Garage auf dem angeführten Grundstück nach Maßgabe der angeschlossenen Verhandlungsschrift vom 13. April 2006 und der vorgelegten Austauschpläne der Gebrüder O. Bau- und Zimmereigesellschaft m. b.H. vom 28. März 2006 sowie des vorgelegten Lageplanes von D.I. Z. & Partner vom 24. April 2006.

Die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde wies die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 31. Oktober 2006 als unbegründet ab.

Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet ab und führte dazu im Wesentlichen aus, im Bereich der westlichen Bauplatzgrenze (im Bereich der Terrasse - gemeint offensichtlich des Balkones - im Obergeschoß) stelle sich zunächst die Frage, ob die Höhe des Baukörpers im Erdgeschoß von der Brüstung der Terrasse oder vom Handlauf des darauf aufgesetzten Geländers zu berechnen sei. In der mündlichen Verhandlung sei vorgebracht worden, dass die Montage einer transparenten Glasplatte auf der Innenseite der Brüstung als Absturzsicherung vorgesehen sei. Aus der Sicht der belangten Behörde trete ein solches lichtdurchlässiges, auf der Innenseite montiertes Geländer nicht wandartig und geschlossen in Erscheinung. In sinngemäßer Anwendung des § 8 Sbg. BauTG handle es sich dabei um einen sogenannten privilegierten Bauteil, der in den Mindestabstand hineinragen dürfe. Dieser Ansicht liege die Überlegung zu Grunde, dass nach der angeführten Bestimmung auch Balkone in den Mindestabstand hervortreten dürften und dass diese Balkone gemäß § 16 Sbg. BauTG notwendigerweise auch mit Geländern absturzsicher ausgeführt werden müssten. Wenn nun schon hervorspringende Balkone mit Geländern in den Mindestabstand ragen dürften, müsse dies vielmehr auch für nicht in den Mindestabstand ragende Brüstungen mit Geländer gelten (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Jänner 2008, Zl. 2007/06/0203). Demzufolge erscheine eine Berechnung der Höhe von der Oberkante der Brüstung zulässig. Der Umstand, dass in den Einreichunterlagen das Geländer nicht näher beschrieben werde, könne diese Ansicht nicht in Zweifel ziehen. In den bildlichen Darstellungen im Austauschplan sei deutlich die lichtdurchlässige Ausführung auszumachen. Es werde auch in der Berufungsentscheidung von einem nicht "schattenbildenden" Geländer ausgegangen.

Beim zurückspringenden Baukörper des Obergeschoßes stelle sich die Frage, ob dieser Baukörper im Sinne von § 33 Abs. 3 Sbg. RaumordnungsG (ROG) als Dachaufbau anzusehen sei und demzufolge kein Bauteil die gedachte 45 Grad -Linie, ausgehend vom diesfalls obersten Gesimse, überragen dürfe. Die belangte Behörde könne sich dieser Ansicht des Beschwerdeführers nicht anschließen. Die Berechnung des erforderlichen Mindestabstandes zur Bauplatzgrenze habe vielmehr von der Front des Obergeschoßes (hier von der geplanten zurückversetzten Außenwand des Zimmers) zu erfolgen. Das in diesem Zusammenhang vorspringende Vordach erfülle wiederum die Anforderungen des § 8 Sbg. BauTG. Auf der Grundlage dieser Ausführungen, denen die Berechnungen im schlüssigen Gutachten des Amtssachverständigen zu Grunde lägen, würden somit auf Basis des der Abänderungsbewilligung zu Grunde liegenden Austauschplanes die Mindestabstände zur Bauplatzgrenze nicht unterschritten.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, dass im Bereich der westseitigen Stahlbetonstütze die maximal zulässige Firsthöhe des Gebäudes überschritten und der erforderliche Mindestabstand zur Bauplatzgrenze unterschritten werde, führte die belangte Behörde aus, im zu Grunde liegenden Austauschplan sei vorgesehen, die Dachhaut im Bereich der derzeit gegebenen Abstandsunterschreitung bzw. Höhenüberschreitung im Bereich der Stahlbetonstütze zu entfernen und durch eine Sparrenkonstruktion zu ersetzen. Von den Baubehörden der Gemeinde wurde diese Konstruktion als bewilligungsfreie Pergola eingestuft. Wie der Amtssachverständige in seinem Gutachten ausgeführt habe, wäre diesfalls die maximal zulässige Firsthöhe des Hauses nicht überschritten und die erforderlichen Abstände zur Bauplatzgrenze gewahrt. Dagegen habe der Beschwerdeführer eingewendet, dass die in der Austauschplanung vorgesehene Öffnung des Pultdaches im fraglichen Bereich nicht als bewilligungsfreie Pergola qualifiziert werden könne, da die vorgesehene Konstruktion weiterhin ein tragendes Element des Dachstuhles sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1999, Zl. 95/05/0047).

Nach dem angeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes verstehe man unter einer Pergola im Allgemeinen einen nicht überdeckten Laubengang in einer Gartenanlage, wobei das Gebälk von Unterzügen, die wiederum auf Stützen lägen, getragen und von Pflanzen umrankt werde. Eine solche Pergola sei somit kein Gebäude und bedürfe demzufolge auch keiner Baubewilligung. Vorliegendenfalls sehe die Austauschplanung eine auf zwei Seiten offene, nicht überdeckte Sparrenkonstruktion auf Höhe des Pultdaches vor, wobei die Konstruktion unstrittig auch wesentliche statische Funktionen für das Dach des Hauses übernehme. Aus der Sicht der belangten Behörde erscheine als wesentliches Element einer Pergola die offene, insbesondere die dachoffene Konstruktion. Eine solche Konstruktion gewährleiste, dass die Belichtungsverhältnisse der Nachbarschaft nicht wesentlich beeinträchtigt würden. Unter diesem Gesichtspunkt erscheine es nicht von Relevanz, wenn die Konstruktion nicht freistehend situiert sei oder wenn sie auch statische Funktionen im Zusammenhang mit einem Bauwerk erfülle. Dass eine Pergola keine zusätzlichen tragenden Funktionen übernehmen dürfe, könne entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers auch nicht aus dem angeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes abgeleitet werden.

Nach Ansicht der belangten Behörde könne die im Austauschplan vorgesehene Veränderung als nicht bewilligungspflichtige Pergola angesehen werden. Eine Unterschreitung des Mindestabstandes bzw. eine Überschreitung der zulässigen Höhe liege somit nicht vor.

Weiters stellte die belangte Behörde fest, dass die Einhaltung bzw. die richtige Berechnung der Grundflächenzahl (GRZ) unstrittig kein subjektiv-öffentliches Recht des Nachbarn begründe. Eine allfällige Überschreitung dieser könne somit auch zu keiner Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen. Hingewiesen werde jedoch auf die Ausführungen des Amtssachverständigen, wonach die Grundflächenzahl eingehalten werde.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und hinsichtlich der von ihr wiederholten drei Beschwerdepunkte (nämlich die Mindestabstandsverletzung im Bereich der westseitigen Bauplatzgrenze betreffend den Balkon, das Obergeschoß einerseits und die westseitige Stahlbetonstütze andererseits und die Verletzung der Grundflächenzahl) auf die Ausführungen des hochbautechnischen Amtssachverständigen beim Ortsaugenschein am 17. September 2007 und auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen. Es wird die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde (einschließlich Schriftsatzaufwand) beantragt. Die mitbeteiligte Gemeinde legte ihre Stellungnahme im Vorstellungsverfahren vom 4. Dezember 2006 vor und die Bauwerber erstatteten unvertreten eine Gegenschrift und beantragten die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 25 Bebauungsgrundlagengesetz - BGG, LGBl. Nr. 69/1968 in der Fassung LGBl. Nr. 107/2003, sollen die Bauten am Bauplatz und zueinander so gelegen sein, dass sowohl sie als auch die auf benachbarten Bauplätzen bestehenden oder zu errichtenden Bauten eine ihrem Zweck entsprechende Besonnung und Belichtung erhalten und dass die dem Aufenthalt von Menschen dienenden Räume soweit wie möglich vor Lärmeinwirkung geschützt sind (Abs. 1).

Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung gelten, soweit nicht durch die im Bebauungsplan festgelegten Bebauungsgrundlagen Bestimmungen über die Lage der Bauten im Bauplatz vorgesehen sind und soweit nicht durch andere Rechtsvorschriften ein größerer Abstand der Bauten zu den Grenzen des Bauplatzes oder der Bauten zueinander vorgeschrieben ist, hinsichtlich der Lage der Bauten im Bauplatz die nachstehenden Bestimmungen.

Für den Abstand der Bauten von der Grundgrenze sieht Abs. 3 dieser Bestimmung Folgendes vor:

"(3) Für den Abstand der Bauten von der Grundgrenze gegen die Verkehrsfläche gilt die Baufluchtlinie oder die Baulinie. Im übrigen müssen die Bauten im Bauplatz so gelegen sein, daß ihre Fronten von den Grenzen des Bauplatzes jeweils einen Mindestabstand im Ausmaß von Dreiviertel ihrer Höhe bis zum obersten Gesimse oder zur obersten Dachtraufe, jedenfalls aber von 4 m, haben. Grenzt der Bauplatz an Flächen an, die ihrer Bodenbeschaffenheit nach nicht bebaubar sind (Gewässer, Böschungen u. dgl.), vermindert sich dieser Abstand um die Hälfte dieses Abstandes, nicht jedoch unter 4 m. Die Höhe bis zum obersten Gesimse oder zur obersten Dachtraufe ist an der jeweiligen Front vom gewachsenen Gelände aus zu berechnen. Nicht als oberste Dachtraufe gelten hiebei Traufen von bloß geringfügiger Länge, die keinen negativen Einfluß auf die sonst gegebenen Besonnungs- und Belichtungsverhältnisse ausüben (Traufen von Krüppel- oder Schopfwalmen)."

Gemäß § 8 Abs. 1 Bautechnikgesetz - BauTG, LGBl. Nr. 75/1976 in der Fassung LGBl. Nr. 2/1991, dürfen folgende Bauteile über die Baulinie oder Baufluchtlinie sowie in den Mindestabstand von den Grenzen des Bauplatzes vortreten:

"a) Sockel, Zierglieder, Schaufenster, Schaukästen,

Vorlegestufen u. dgl. höchstens 20 cm;

b) Balkone, Erker u. dgl. höchstens 1,50 m, dies jedoch nur in einer solchen Anzahl und in einem solchen Ausmaß, daß sie nicht selbst den Eindruck einer Front des Baues erwecken, in Verkehrsflächen überdies nur dann, wenn diese mehr als 12 m breit sind;

  1. c) Vordächer (Dachvorsprünge), Hauptgesimse höchstens 1,50 m;
  2. d) Schutzdächer für die Umgebung des Baues (Eingang, Zugang entlang der Außenwände) höchstens 1,50 m, wenn es jedoch ein besonderer Schutzzweck erfordert, bis zu 3 m;
  3. e) Werbezeichen bis zu 3 m.
  4. f) Freitreppen und Rampen zu Eingängen im Erdgeschoß innerhalb der Grenzen des Bauplatzes höchstens 1,8 m;

    Ein Vortreten solcher Bauteile in den Mindestabstand von den Grenzen des Bauplatzes ist jedoch nur insoweit zulässig, als ein Mindestabstand von 3 m gewahrt erscheint."

    Gemäß § 16 Abs. 1 BauTG in der Stammfassung sind an allen bei der gewöhnlichen Benützung zugänglichen, absturzgefährlichen Stellen von Bauten und sonstigen baulichen Anlagen, soweit dies nicht durch die Bauaufgabe ausgeschlossen wird (Laderampen udgl.), standsichere Geländer oder Brüstungen anzubringen, deren Ausführung auch Kindern ausreichenden Schutz bieten muss. Bei Geländern gegen Verkehrsflächen, allgemein zugängliche Freiflächen oder Nachbargrundstücke, insbesondere bei Balkonen, Terrassen und Fenstertüren, ist am Geländerfuß ein Schutz gegen das Abrollen von Gegenständen vorzusehen.

    Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung müssen Geländer und Brüstungen mindestens 1 m, im fünften Vollgeschoß und darüber jedoch mindesten 1,10 m hoch sein. Auf diese Höhe ist die Brüstungsbreite anzurechnen, soweit sie 40 cm übersteigt und eine Mindesthöhe von 70 cm an der Innenseite der Brüstung nicht unterschritten wird. Die Höhe von Geländern und Brüstungen ist bei Stiegen lotrecht von der Stufenvorderkante bis zur Geländeoberkante zu messen.

    Gemäß § 32 Sbg. Raumordnungsgesetz 1998 - ROG 1998, LGBl. Nr. 44/1998, in der Fassung LGBl. Nr. 30/2009, kann die bauliche Ausnutzbarkeit der Grundflächen durch die Festlegung einer Grundflächenzahl, einer Baumassenzahl oder einer Geschoßflächenzahl festgelegt werden. Die Festlegungen wirken als Obergrenze für die bauliche Ausnutzbarkeit, wenn im Bebauungsplan wegen besonderer Erforderlichkeit für bestimmte Flächen nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist (Mindestnutzung, Nutzungsrahmen; Abs. 1).

    Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung ist die Grundflächenzahl das Verhältnis der überbauten Grundfläche des oberirdischen Baukörpers bei lotrechter Projektion auf die Waagrechte (Projektionsfläche) zur Fläche des Bauplatzes. In den zu projizierenden Baukörper sind nicht einzubeziehen:

    "a) Innenhöfe;

    b) Bauteile und Teile von Bauten, welche die Geländeoberfläche nicht oder nur unwesentlich überragen (Luft-, Kellerlicht- und Abwurfschächte udgl);

    c) Terrassen, wenn diese nicht mehr als 1,50 m über das angrenzende natürliche oder bei Geländeabtragung über das neu geschaffene Niveau hinausragen;

  1. d) Vordächer bis zu 1,50 m;
  2. e) Dachvorsprünge;
  3. f) freie Balkone."

    Gemäß § 33 Abs. 2 erster Satz ROG hat sich die Bauhöhe bei Festlegung in Metern auf den höchsten Punkt des Baues und das oberste Gesimse oder die oberste Dachtraufe, gemessen von der Meereshöhe oder vom natürlichen Gelände, zu beziehen.

    Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung gilt für Dächer und sonstige Aufbauten Folgendes:

"(3) Dächer und sonstige, höchstens eingeschoßige Aufbauten unbeschadet ihrer Konstruktion und Gestaltung dürfen unter Beachtung des zulässigen höchsten Punktes des Baues eine von der zulässigen höchsten Lage des obersten Gesimses oder der obersten Dachtraufe ausgehende, 45 Grad zur Waagrechten geneigte gedachte Umrissfläche nicht überragen.

Dies gilt nicht für den der Dachform entsprechenden Giebelbereich. Bei einer Höhenfestsetzung durch die Anzahl der Geschoße ist für die 45 Grad zur Waagrechten geneigte gedachte Umrissfläche von einem 1,60 m über der Deckenoberkante des letzten Geschoßes liegenden Schnittpunkt der Außenwand mit der gedachten Umrissfläche auszugehen."

Gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung fallen nicht unter die Höhenbegrenzung:

"1. im Gesamtbild des Baues untergeordnete Bauteile

(Rauchfänge, einzelne Dachausbauten udgl);

2. Sonderbauten (Kirchtürme, Funk- und Fernsehtürme,

Industrieschornsteine udgl); für diese sind die Mindest- und Höchsthöhen unter grundsätzlicher Bedachtnahme auf Abs 5 sowie auf den Zweck der einzelnen Bauten im Einzelfall durch die Gemeindevertretung (in der Stadt Salzburg) den Gemeinderat) festzulegen."

Gemäß § 9 Abs. 1 Z. 6 Sbg. Baupolizeigesetz 1997 - BauPolG 1997, LGBl. Nr. 40/1997 in der Fassung LGBl. Nr. 65/2004, ist die Bewilligung zu versagen, wenn die bauliche Maßnahme vom Standpunkt des öffentlichen Interesses unzulässig erscheint. Dies ist der Fall, wenn

"6. durch die bauliche Maßnahme ein subjektiv-

öffentliches Recht einer Partei verletzt wird; solche Rechte werden durch jene baurechtlichen Vorschriften begründet, welche nicht nur dem öffentlichen Interesse dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch den Parteien; hiezu gehören insbesondere die Bestimmungen über die Höhe und die Lage der Bauten im Bauplatz".

§ 62 BauTG in der Fassung LGBl. Nr. 107/2003 zählt die Nachbarrechte im Rahmen dieses Gesetzes taxativ auf (u.a. in Z. 1

§ 8 Abs. 1 hinsichtlich des Vortretens von Bauteilen in den Mindestabstand von den Grenzen des Bauplatzes).

Unter einem Dach, das nach den Sbg. Bauvorschriften nicht definiert wird, ist nach Frommhold/Gareiß, Bauwörterbuch2, S 68, der obere Abschluss eines Gebäudes zu verstehen, bestehend aus dem Tragwerk und der Dachdeckung (Dachhaut). Unter Gesims bzw. Sims ist nach diesem Wörterbuch (S. 235) ein waagrecht liegender, schmaler, profilierter Bauteil, der über die Fassade vorstehend, diese gliedert oder vor Regen schützt oder beides, und unter der Dachtraufe die unterste Kante des geneigten Daches zu verstehen.

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass gemäß § 33 Abs. 3 ROG Dächer und sonstige Aufbauten eine von der zulässigen höchsten Lage des obersten Gesimses oder der obersten Dachtraufe ausgehende, 45 Grad zur Waagrechten geneigte gedachte Umrissfläche nicht überragen dürften. Bei Anwendung dieser gesetzlichen Vorgabe auf den vorliegenden Bau im südwestlichen Bereich des Gebäudes ergebe sich eine Unterschreitung des Nachbarabstandes von 38 cm. Es seien die Bestimmungen über den Nachbarabstand nach dem BGG und über die Bauhöhe nach § 33 Abs. 3 ROG kumulativ zu erfüllen. Die vorliegende Einreichung erfülle die Anforderungen nach dem ROG nicht. Der Nachbarabstand betrage in diesem Bereich lediglich 4,075 m. Daraus ergebe sich eine maximale Gesimshöhe gemäß § 25 Abs. 3 BGG von 5,433 m. Gemäß § 33 Abs. 3 ROG betrage die zulässige Traufenhöhe bei einem planmäßigen Dachabstand von 1,885 m und einem Winkel von 45 Grad in diesem Bereich 5,433 m plus 1,885 m, insgesamt 7,318 m. Im Plan werde jedoch eine Höhe von 7,825 m angegeben. Daraus resultiere eine Überschreitung von 0,507 m. Dies ergebe wiederum gemäß § 25 Abs. 3 BGG (Mindestabstand = 3/4 der zulässigen Traufenhöhe) eine Unterschreitung des Nachbarabstandes um 38 cm. Selbst wenn man den Dachaufbau über der Terrasse als Vordach beurteile, könne dies jedenfalls nur für die frei über die Terrasse hinausragende Dachfläche gelten, aber keinesfalls für den Aufbau über dem zurückgesetzten Bauteil (also dem obersten Geschoß), sodass nicht nur das Vordach in den Nachbarabstand hineinrage, sondern das oberste Geschoß bzw. der Dachaufbau darüber entgegen dieser 45- Grad-Regelung emporrage, und damit zu einer Unterschreitung des Nachbarabstandes führe. Die Ansicht der belangten Behörde, dass durch die Montage einer transparenten Glasplatte auf der Innenseite der Brüstung über dem Erdgeschoß diese nicht mehr wandartig und geschlossen in Erscheinung trete und dass diese Bauteile in sinngemäßer Anwendung des § 8 BauTG als sogenannter privilegierter Bauteil in den Mindestabstand hineinragen dürfe, sei verfehlt.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Der Beschwerdeführer wirft zunächst die Frage auf, ob die Höhe des Baukörpers im Erdgeschoß im südwestlichen Bereich des Gebäudes von der Brüstung des Balkones oder vom darüber gelegenen Handlauf des darauf aufgesetzten Geländers zu berechnen sei. Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Ansicht vertreten hat, dass ein - wie vorgesehen - lichtdurchlässiges, auf der Innenseite der Brüstung montiertes Geländer nicht wandartig und geschlossen in Erscheinung tritt. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 31. Jänner 2008, Zl. 2007/06/0203, im Zusammenhang mit dem Geländer einer Terrasse die Ansicht vertreten, dass, da sogar Balkone (das seien vorspringende Bauteile, was auf die gegenständliche Terrasse nicht zutreffe) unter den in § 8 Abs. 1 lit. b BauTG genannten Voraussetzungen im Abstandsbereich zulässig seien und ein Balkon notwendigerweise (§ 16 BauTG) einer Absturzsicherung bedürfe, demnach kraft Größenschlusses bei den im Sinne des § 8 Abs. 1 lit. b BauTG zulässigen Balkonen auch die erforderlichen Geländer zulässig seien, was somit auch für das Geländer der dort gegenständlichen Terrasse zu gelten habe. Das Geländer könne - so führte der Verwaltungsgerichtshof in dem angeführten Erkenntnis aus - auf Grund seiner Dimension und Gestaltung (ca. 4,87 m lang, 1 m hoch mit senkrechten Stehern und Querstäben) jedenfalls nicht als "vorgeschobene Gebäudefront" qualifiziert werden. Auch im vorliegenden Fall kann das Geländer auf Grund seiner Dimension und Gestaltung nicht als eine "vorgeschobene Gebäudefront" qualifiziert werden. Ist aber die Brüstung der verfahrensgegenständlichen Terrasse über dem Erdgeschoß im südwestlichen Bereich des Gebäudes für den einzuhaltenden Mindestabstand maßgeblich, ist dieser Mindestabstand auch nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers eingehalten.

Es kann auch nicht der Ansicht des Beschwerdeführers gefolgt werden, dass der Abschluss der Brüstung des Balkones, verstanden als Gesims über dem Erdgeschoß im Bereich des zurückgesetzten Obergeschoßes, ein oberstes Gesims des Gebäudes insgesamt im Sinne des § 33 Abs. 3 ROG ist und das zurückgesetzte Obergeschoß als Dachaufbau im Sinne des § 33 Abs. 3 ROG zu qualifizieren wäre, der sich innerhalb der gedachten 45 Grad -Linie vom Gesimse über dem Erdgeschoß halten müsste. Dass aber die zurückgesetzte Gebäudefront des Obergeschosses den sich aus § 25 Abs. 3 BGG im Zusammenhang mit der Bauhöhe ergebenden Mindestabstand nicht einhielte, behauptet der Beschwerdeführer nicht. In Bezug auf das in diesem Bereich nordwestlich vorgesehene Vordach mit ca. 2,2 m in der vollen Breite des Balkons ergibt sich aus der Schnittdarstellung 4-4 im Austauschplan, dass es ebenfalls den sich aus § 8 BauTG ergebenden Mindestabstand von 3 m einhält (tatsächlich 4,07 m).

Weiters wendet sich der Beschwerdeführer dagegen, dass die an der Südwestseite vorgesehene Säule, die bis zum darüber befindlichen Vordach über dem Obergeschoß hochgeführt ist, nicht als eine Pergola qualifiziert werden könne, die bewilligungsfrei sei. Auf Grund der wesentlichen statischen Funktion dieser Säule für die Dachkonstruktion handle es sich zwingend um bewilligungspflichtige Bauteile des vorgesehenen Gebäudes.

Auch dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 15. Dezember 1995, Zl. 94/06/0033, zu einer freistehenden, im Abstandsbereich zur Nachbargrenze sich befindenden Säule, die das Vordach getragen hat, ausgesprochen, dass es sich dabei nicht um eine Front im Sinne des § 25 Abs. 3 Sbg. BGG handelt und gegen eine derartige das Vordach tragende Säule bei richtigem Verständnis des § 8 BauTG keine Bedenken bestünden. Dies muss auch für die im vorliegenden Projekt vorgesehene, das Vordach tragende Säule ins Treffen geführt werden. Auch durch sie erfolgt keine Abstandsverletzung des Beschwerdeführers im Sinne des § 25 Abs. 3

BGG.

Weiters macht der Beschwerdeführer die Nichteinhaltung der Grundflächenzahl gemäß § 32 Abs. 2 ROG geltend. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon mehrfach zur raumordnungsrechtlich festgelegten Geschoßflächenzahl ausgesprochen, dass den Nachbarn diesbezüglich, da sie ein Recht auf Einhaltung von Abstandsvorschriften und der Gebäudehöhen besitzen, kein Nachbarrecht zukommt (vgl. u.a. das zu § 32 Abs. 4 ROG 1992 ergangene hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1997, Zl. 95/06/0144). Dies muss auch für die Frage der Einhaltung der Grundflächenzahl gelten, da diese Größe wie die Geschoßflächenzahl eine Größe betreffend die bauliche Ausnutzbarkeit der Grundfläche ist. Mit dem Bauplatzerklärungsbescheid vom 4. Dezember 2003 wurde u. a. als höchster Punkt der Bauten (First) maximal 9,0 m und als Höhe der obersten Dachtraufe maximal 6,5 m festgelegt, wobei der Bezugspunkt für die Höhenfestlegung jeweils das gewachsene Gelände ist. Dem Beschwerdeführer stand im vorliegenden Fall ein Recht auf Einhaltung der Mindestabstände gemäß § 25 Abs. 3 BBG und der festgelegten Bauhöhen zu. Dem Beschwerdeführer kam somit im vorliegenden Fall kein Mitspracherecht betreffend die Grundflächenzahl gemäß § 32 Abs. 2 ROG - wie dies die belangte Behörde zutreffend vertreten hat - zu.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Der Antrag der belangten Behörde auf Ersatz des Schriftsatzaufwandes war abzuweisen, da in der erstatteten Stellungnahme lediglich auf ein Gutachten eines Amtssachverständigen und die Ausführungen des angefochtenen Bescheides verwiesen wurde. Das Kostenbegehren des Erst- und der Zweitmitbeteiligten war gemäß § 48 Abs. 3 Z. 2 VwGG, da sie unvertreten waren, abzuweisen.

Wien, am 17. Dezember 2009

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