VwGH 2008/01/0285

VwGH2008/01/028521.1.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Jäger, über die Beschwerde des V E N (geboren 1969) in L, vertreten durch Mag. Susanne Singer, Rechtsanwältin in 4600 Wels, Maria-Theresia-Straße 9, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 5. März 2008, Zl. IKD(Stb)-424068/23-2008-Ja, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §47 Abs1;
FrG 1997 §47 Abs3;
FrG 1997 §49 Abs1;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1 idF 2006/I/037;
FrG 1997 §47 Abs1;
FrG 1997 §47 Abs3;
FrG 1997 §49 Abs1;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1 idF 2006/I/037;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines nigerianischen Staatsangehörigen, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß den "§§ 10, 11, 11a, 12, 13 und 14" des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311 in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006 (StbG), abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei seit 11. Februar 1998 ununterbrochen in Österreich gemeldet und nach seinen Angaben bereits seit 2. November 1997 (ohne Meldung) in Österreich aufhältig. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion L vom 7. August 2002 sei der Beschwerdeführer ausgewiesen worden, da seinem Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung als Student mangels Studiennachweis nicht stattgegeben habe werden können. Die Ausweisung sei "seitens der Sicherheitsdirektion" bestätigt worden. Ab dem 8. März 2004 habe sich der Beschwerdeführer ohne Aufenthaltsrecht in Österreich aufgehalten. Auf Grund einer Heirat mit einer österreichischen Staatsbürgerin während des Ausweisungsverfahrens sei dem Beschwerdeführer sodann am 14. Juni 2004 eine Erstniederlassungsbewilligung als Angehöriger ausgestellt worden. Die Ehe sei zwischenzeitlich rechtskräftig geschieden.

Da der Beschwerdeführer somit im Zeitraum vom 8. März 2004 bis 14. Juni 2004 über kein Aufenthaltsrecht in Österreich verfügt habe, sei die Voraussetzung eines ununterbrochenen und rechtmäßigen Aufenthaltes von mindestens zehn Jahren nach § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG nicht gegeben. Die Voraussetzungen (der §§ 11a Abs. 4, 11a Abs. 1, 12, 13 und 14 StbG) für eine kürzere Aufenthaltsdauer bzw. einen Rechtsanspruch auf Verleihung lägen fallbezogen nicht vor. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Erstattung einer Gegenschrift und der Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn er sich seit mindestens zehn Jahren rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hat und davon zumindest fünf Jahre niedergelassen war.

2. Die Beschwerde wendet gegen den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen ein, dass der Beschwerdeführer entgegen der Auffassung der belangten Behörde im Zeitraum vom 8. März 2004 bis 14. Juni 2004 aus nachstehenden angeführten Gründen über ein Aufenthaltsrecht in Österreich verfügt habe.

3. So könne von einem illegalen Aufenthalt nicht gesprochen werden, da der Beschwerdeführer durch seinen (am 7. August 2002 abgewiesenen) Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung als Student und das darauf folgende (mit Bescheid der Sicherheitsdirektion Oberösterreich vom 8. März 2004 abgeschlossene) Berufungsverfahren nach wie vor ein Aufenthaltsrecht in Österreich gehabt habe.

Dieses Vorbringen behandelt den Zeitraum bis zum 8. März 2004, sagt aber für den im Beschwerdefall entscheidungserheblichen Zeitraum (eines fehlenden rechtmäßigen Aufenthaltes) bis zum 14. Juni 2004 nichts aus.

4. Die Beschwerde wendet weiters ein, die am 22. Jänner 2004 geschlossene Ehe des Beschwerdeführers mit der österreichischen Staatsbürgerin S E habe nicht "lediglich am Papier" bestanden, sondern habe tatsächlich ein Jahr bestanden. Auch habe eine Prüfung der Fremdenbehörde ergeben, dass keine Scheinehe vorgelegen sei. "Nach EU-rechtlichen Vorschriften" (hinsichtlich des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK) habe der Beschwerdeführer ab dem Zeitpunkt der Eheschließung ein "konstitutives Aufenthaltsrecht" in Österreich gehabt, welches nicht von der Ausstellung eines Aufenthaltstitels abhängig gewesen sei. Zudem habe der Beschwerdeführer in diesem Zeitraum bereits ein Visum beantragt, was zeige, dass bereits im Antragszeitpunkt die Voraussetzungen für die Erteilung des Aufenthaltstitels vorgelegen seien. Auch sei ein Aufenthalt nach den Bestimmungen des NAG bekanntermaßen bereits mit Antragstellung bzw. Heirat rechtmäßig.

Zu diesem Vorbringen ist zunächst darauf hinzuweisen, dass zeitraumbezogen für die Frage des rechtmäßigen Aufenthalts nicht die Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), sondern des Fremdengesetzes 1997 (FrG) maßgeblich sind. Im Zusammenhang mit Niederlassungsbewilligungen nach dem FrG für begünstigte Drittstaatsangehörige hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass nach der (damaligen) Rechtslage des FrG außerhalb des Anwendungsbereiches des Gemeinschaftsrechts dem begünstigten Drittstaatsangehörigen nicht schon bereits auf Grund seiner Eigenschaft als Angehöriger eines Österreichers ein Aufenthaltsrecht zukam. Er bedurfte nach dem FrG für die Rechtmäßigkeit seiner Niederlassung einer (rechtsbegründenden) Niederlassungsbewilligung, wenn sich das Aufenthaltsrecht nicht schon unmittelbar aus gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften ergab. Nur in letzterem Fall war die Erteilung des Aufenthaltstitels nicht als rechtsbegründende Handlung, sondern bloß als deklaratorisch wirkende Urkunde zu betrachten (vgl. zu allem das hg. Erkenntnis vom 22. September 2009, Zl. 2008/22/0064, mwN). Dafür, dass im Beschwerdefall das Gemeinschaftsrecht wegen der Ehe mit einer Österreicherin unmittelbar ein Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers begründet hätte, gibt es jedoch keine Hinweise und bringt die Beschwerde auch nichts vor.

5. Als weiteres Argument führt die Beschwerde aus, es sei geradezu willkürlich, wenn das Fehlen eines durchgehenden und rechtmäßigen Aufenthaltes alleine mit einer dreimonatigen Unterbrechung dieses Aufenthaltes begründet werde, obwohl der Beschwerdeführer seit 1998 durchgehend in Österreich gemeldet gewesen sei.

Hiezu genügt es darauf hinzuweisen, dass es nach § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 nicht mehr auf den ununterbrochenen Hauptwohnsitz, sondern auf den rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt ankommt (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2009, Zl. 2007/01/1030). Nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung ("rechtmäßig und ununterbrochen") ist Verleihungsvoraussetzung, dass der Verleihungswerber zurückgerechnet vom Zeitpunkt der Entscheidung der Staatsbürgerschaftsbehörde einen durchgehenden ("ununterbrochenen") legalen Aufenthalt im Bundesgebiet aufweisen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 2009, Zl. 2009/01/0001, mwN).

6. Das Vorbringen, dem Beschwerdeführer sei zur "Tatsache, auf die sich die Abweisung stützt" kein Parteiengehör gewährt worden, erweist sich als aktenwidrig. So wurde dem Beschwerdeführer nach der Aktenlage mit Schreiben der belangten Behörde vom 5. September 2007, dem (damals unvertretenen) Beschwerdeführer nachweislich am 11. September 2007 zugestellt, zum Umstand, dass er im Zeitraum vom 8. März 2004 bis 14. Juni 2004 über kein Aufenthaltsrecht in Österreich verfügt habe und daher die Voraussetzung des ununterbrochenen und rechtmäßigen Aufenthalts von mindestens zehn Jahren nicht gegeben sei, Parteiengehör gewährt.

7. Aus diesen Erwägungen war die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

8. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 21. Jänner 2010

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