VwGH 2008/01/0131

VwGH2008/01/013116.12.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Jäger, über die Beschwerde der S Y B (geboren 1976) in S, vertreten durch Rechtsanwaltsgemeinschaft Mory & Schellhorn OEG in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 28. Dezember 2007, Zl. 1/12-19120/28-2007, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

StbG 1985 §10 Abs1 Z1 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1 idF 2006/I/037;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin, einer äthiopischen Staatsangehörigen, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 39 iVm § 10 Abs. 1 Z. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin sei am 1. Juli 1996 nach Österreich eingereist und seit 3. Juni 1997 in Salzburg (gemeint offenbar durchgehend) mit Hauptwohnsitz gemeldet. Am 5. Juli 1996 habe sie einen Asylantrag eingebracht, welcher am 27. Dezember 2001 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Am 19. November 2002 sei ihr eine Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthalt aus humanitären Gründen bis zum 19. Mai 2003 erteilt worden. Seit 14. April 2003 sei sie im Besitz von Niederlassungsbewilligungen. Die Beschwerdeführerin sei somit vom 27. Dezember 2001 bis 19. November 2002 in Österreich nicht rechtmäßig aufhältig gewesen und erfülle daher nicht die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311 in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006 (StbG), darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn er sich seit mindestens zehn Jahren rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hat und davon zumindest fünf Jahre niedergelassen war.

2. Die Beschwerde wendet gegen den angefochtenen Bescheid ein, es sei gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG zulässig, Aufenthaltszeiten eines Verleihungswerbers in Österreich zusammenzurechnen, auch wenn diese Zeiten rechtmäßigen Aufenthalts durch Zeiträume eines unrechtmäßigen Aufenthaltes unterbrochen werden.

Nach dem klaren Wortlaut des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG ("rechtmäßig und ununterbrochen") ist jedoch Verleihungsvoraussetzung, dass der Verleihungswerber zurückgerechnet vom Zeitpunkt der Entscheidung der Staatsbürgerschaftsbehörde einen durchgehenden (eben "ununterbrochenen") legalen Aufenthalt im Bundesgebiet aufweisen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 2009, Zl. 2009/01/0001, mwN). Eine Zusammenrechnung, wie von der Beschwerde behauptet, sieht das Gesetz nicht vor.

3. Die Beschwerde bringt weiters vor, die belangte Behörde hätte berücksichtigen müssen, dass die Beschwerdeführerin bereits am 15. April 2002 eine Anregung auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis zu Protokoll gegeben habe und in der Zeit davor (zwischen der Beendigung ihres Asylverfahrens und dieser "Antragstellung") die notwendigen Urkunden und Dokumente beischaffen habe müssen. Innerhalb dieser Zeiträume sei die Beschwerdeführerin in Salzburg aufrecht gemeldet gewesen. Die am 19. November 2002 erteilte "humanitäre Aufenthaltsberechtigung" wirke dem Sinne nach auf den Zeitpunkt der Einbringung der Anregung bzw. des Antrages bei der Behörde zurück. Zwar werde der Aufenthaltstitel erst nach entsprechender Prüfung erteilt und könne man von einer Erteilung des Aufenthaltstitels erst mit entsprechender Bescheiderlassung sprechen, jedoch ergebe sich aus der Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels zwingend, dass auch die Inlandsantragstellung rechtmäßig war. Es wäre übertriebener Formalismus, den Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Zeitraum zwischen Einbringung des Antrages bzw. der Anregung auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels und der Erteilung desselben als unrechtmäßig anzusehen. Aber auch der Aufenthalt der Beschwerdeführerin in der Zeit davor (nach rechtskräftiger Ablehnung ihres Asylantrages bis zur Einbringung des Antrages bzw. der Anregung auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels) sei als "rechtmäßig" zu werten, zumal die Beschwerdeführerin wegen dieses Aufenthalts niemals bestraft worden sei, also keine Verwaltungsübertretung nach § 107 Fremdengesetz (1997) vorgelegen sei, und die Fremdenbehörde von diesem Aufenthalt gewusst und keinerlei Maßnahmen ergriffen habe. Daher habe es sich bei diesem Zeitraum um einen von der Fremdenbehörde geduldeten, vorübergehenden Aufenthalt ohne expliziten Aufenthaltstitel gehandelt.

Auch mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt:

Die durchgehende aufrechte Meldung der Beschwerdeführerin ändert nichts daran, dass es nach § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 nicht mehr auf den ununterbrochenen Hauptwohnsitz, sondern auf den rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt ankommt (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2007/01/1030).

Die Beschwerde lässt unbestritten, dass die Beschwerdeführerin im Zeitraum nach der Beendigung ihres Asylverfahrens am 27. Dezember 2001 bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels am 19. Dezember 2002 über keinen Aufenthaltstitel verfügte und die Anregung auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erst vier Monate nach rechtskräftiger Abweisung des Asylantrages gestellt wurde. Aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin in diesem Zeitraum nicht wegen unrechtmäßigen Aufenthalts bestraft worden sei bzw. die Fremdenbehörde - so die Beschwerde - keine aufenthaltsbeendigenden Maßnahmen gesetzt habe, lässt sich nicht auf einen rechtmäßigen Aufenthalt nach § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG schließen.

4. Da sohin die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen konnte, dass die Verleihungsvoraussetzung eines ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalts bei der Beschwerdeführerin nicht gegeben war, war auf das Beschwerdevorbringen betreffend die weitere Voraussetzung einer fünfjährigen Niederlassung nicht mehr einzugehen (vgl. zum Erfordernis, dass beide Verleihungsvoraussetzungen kumulativ vorliegen müssen, das hg. Erkenntnis vom 23. September 2009, Zl. 2006/01/0943, mwN).

5. Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 16. Dezember 2009

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