VwGH 2007/21/0394

VwGH2007/21/03947.2.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des H, vertreten durch Maga. Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Kirchengasse 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 12. Juni 2007, Zl. Fr-884/05, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

62005CJ0004 Güzeli VORAB;
ARB1/80 Art6 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
62005CJ0004 Güzeli VORAB;
ARB1/80 Art6 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein bis zum 4. Dezember 2011 befristetes Aufenthaltsverbot.

Zur Begründung verwies sie darauf, dass die Behörde erster Instanz das Aufenthaltsverbot auf § 86 Abs. 1 iVm § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z 9 FPG mit der Begründung gestützt habe, dass der Beschwerdeführer am 15. April 2004 mit einer österreichischen Staatsangehörigen eine sogenannte Scheinehe geschlossen hätte. Die belangte Behörde könne jedoch das Eingehen einer Scheinehe "nicht einwandfrei" feststellen. Der (erstmals) am 15. Jänner 2004 eingereiste Beschwerdeführer habe am 19. Februar 2004 einen Asylantrag eingebracht und am 15. April 2004 die Ehe geschlossen. Er habe daraufhin seinen Asylantrag zurückgezogen und eine Niederlassungsbewilligung erhalten. Die Ehe sei mit Beschluss vom 4. Mai 2007 gemäß § 55a Ehegesetz geschieden worden.

Der Beschwerdeführer sei mit Urteil vom 27. September 2006 wegen gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 148 erster Fall StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Demnach habe er in näher genannten Fällen Bedienstete von Versandhäusern zur Lieferung von Waren verleitet. Durch diese Verurteilung sei der "Sondertatbestand" des § 60 Abs. 2 Z 1 FPG verwirklicht. Es bestehe die Gefahr, dass der Beschwerdeführer auch weiterhin eine Gefahr für fremdes Vermögen bilde, zumal die strafbare Handlung gewerbsmäßig verübt worden sei. Der Beschwerdeführer sei (nach einer ersten Abschiebung am 14. April 2005 auf Grund eines früheren Aufenthaltsverbotes) am 27. Juli 2005 rechtmäßig (wieder) eingereist und halte sich seither rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Sein am 23. Mai 2006 geborener Sohn sei bei seiner geschiedenen Frau, zu der er seit Oktober 2006 keinen Kontakt mehr habe und er leiste auch keinen Unterhalt. Der Beschwerdeführer sei die überwiegende Zeit seines Aufenthaltes in Österreich einer Beschäftigung nachgegangen und stehe auch derzeit in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis. Demnach sei mit dem Aufenthaltsverbot ein Eingriff in sein Privat- und Familienleben verbunden, welches jedoch zum Schutz der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen und zum Schutz der Rechte Dritter zulässig und dringend geboten sei.

Letztlich sah sich die belangte Behörde außer Stande, das ihr eingeräumte Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers auszuüben.

Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde trat dieser nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 10. Oktober 2007, B 1330/07-9, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab, der über die ergänzte Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Entgegen der Beschwerdeansicht kann sich der Beschwerdeführer nicht auf den Beschluss des - durch das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei errichteten - Assoziationsrates vom 19. September 1980, Nr. 1/80, über die Entwicklung der Assoziation (ARB) berufen. In Frage käme eine Berechtigung aus dessen Art. 6 Abs. 1. Dieser lautet:

"(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel 7 über den freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehört, in diesem Mitgliedstaat

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