Normen
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2;
StGB §107 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2;
StGB §107 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen afghanischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 des (bis 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen) Fremdengesetzes 1997 - FrG ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.
Diese Maßnahme begründete sie damit, dass sich der am 6. Oktober 2001 eingereiste Beschwerdeführer als Asylwerber in Österreich befinde; sein Asylantrag sei gemäß § 7 Asylgesetz 1997 rechtskräftig abgewiesen worden, dabei sei jedoch gleichzeitig festgestellt worden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat derzeit nicht zulässig sei.
Der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 14. August 2003 rechtskräftig wegen gefährlicher Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe in der Höhe von 180 Tagessätzen verurteilt worden. Diesem Urteil liege zu Grunde, dass er am 12. Juni 2003 zwei namentlich genannte Personen zumindest mit einer Körperverletzung gefährlich bedroht habe, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er unter Vorhalt eines Messers geäußert habe, er werde sie beide umbringen. Somit sei die Annahme gerechtfertigt, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit im Sinn des § 36 Abs. 1 FrG gefährde, weil das geschilderte Gesamtfehlverhalten auf eine erhebliche kriminelle Energie hindeute.
In der weiteren Begründung führte die belangte Behörde aus, dass das Asylgesetz 1997 dem Aufenthaltsverbot nicht entgegenstehe und dieses gegen den Beschwerdeführer dringend geboten und nach Interessenabwägung auch zulässig sei (§ 37 FrG).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:
Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen (diese Konventionsbestimmung nennt die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) zuwiderläuft (Z 2).
In § 36 Abs. 2 FrG sind demonstrativ Sachverhalte angeführt, die als bestimmte Tatsachen im Sinn des § 36 Abs. 1 leg. cit. gelten, bei deren Verwirklichung die dort genannte Annahme gerechtfertigt sein kann. Im Fall einer rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung stellt § 36 Abs. 2 Z 1 FrG auf eine solche zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten sowie auf eine mehr als einmalige Verurteilung wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen ab.
Der Gerichtshof hat wiederholt ausgesprochen (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 18. Jänner 2000, Zl. 98/18/0375, vom 15. Dezember 2004, Zl. 2004/18/0119, und vom 3. Juli 2007, Zl. 2004/18/0330), es begegne keinen rechtlichen Bedenken, ein Aufenthaltsverbot ausschließlich auf § 36 Abs. 1 FrG zu stützen, wenn triftige Gründe vorlägen, die zwar nicht die Voraussetzungen der im § 36 Abs. 2 FrG angeführten Fälle aufwiesen, wohl aber in ihrer Gesamtheit die in § 36 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme rechtfertigten. So wurde die Zulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes im bereits zitierten Erkenntnis Zl. 2004/18/0330 bejaht, dem zu Grunde lag, dass der dortige Beschwerdeführer wegen schwerer Nötigung und gefährlicher Drohung zu einer teilbedingten Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden war. Dieser habe eine Person durch Ohrfeigen und durch die Ankündigung, er würde ihr widrigenfalls die Kehle durchschneiden, zur Aufrechterhaltung der Beziehung genötigt und eine andere Person dadurch gefährlich bedroht, dass er angekündigt habe, er würde mit mehreren Kollegen an ihrem Arbeitsplatz erscheinen, sie vergewaltigen und zusammenschlagen.
Hingegen wurde im bereits zitierten Erkenntnis Zl. 98/18/0375 die Zulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes verneint. Dort hatte der zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten rechtskräftig verurteilte Beschwerdeführer einer Person mit Gewalt verschiedene Wertgegenstände weggenommen, indem er diese am Arm festgehalten, sie gegen ein Auto gedrückt und ihr einen Tritt versetzt hatte. Ebenso wurde die Zulässigkeit eines allein auf § 36 Abs. 1 FrG gestützten Aufenthaltsverbotes mit dem bereits zitierten Erkenntnis Zl. 2004/18/0119 verneint. Diesem lag zu Grunde, dass der dortige Beschwerdeführer wegen Sachbeschädigung und Widerstandes gegen die Staatsgewalt zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten rechtskräftig verurteilt worden war, weil er eine Eingangstüre zu einer Botschaft gewaltsam aufgebrochen und Polizeibeamte an der Räumung der Botschaft mit der Drohung gehindert habe, im Fall deren Eindringens mit Benzin getränkte Stofffetzen in Brand zu setzen.
Im vorliegenden Fall vermag der Gerichtshof die behördliche Ansicht nicht zu teilen, dass die oben zitierte, vom Beschwerdeführer verübte gefährliche Drohung, derentwegen er zu einer zur Gänze bedingt nachgesehenen Geldstrafe verurteilt wurde, einen triftigen Grund darstelle, der in Anlehnung an die Tatbestände des § 36 Abs. 2 FrG die in § 36 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme rechtfertigen könne.
Da die belangte Behörde somit die Rechtslage verkannte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil dem Beschwerdeführer die Verfahrenshilfe bewilligt worden war.
Wien, am 22. November 2007
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