VwGH 2007/18/0657

VwGH2007/18/065726.11.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger, die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des V K J in W, geboren am 18. April 1975, vertreten durch Dr. Andreas Waldhof, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstraße 13, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 6. August 2007, Zl. E1/343.381/2007, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §31;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
NAG 2005 §43 Abs2;
NAG 2005 §44 Abs3;
NAG 2005 §44 Abs4;
NAG 2005 §44b Abs3;
NAG 2005 §54;
NAG 2005 §57;
NAG 2005 §72;
NAG 2005 §73;
NAG 2005 §74;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
FrPolG 2005 §31;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
NAG 2005 §43 Abs2;
NAG 2005 §44 Abs3;
NAG 2005 §44 Abs4;
NAG 2005 §44b Abs3;
NAG 2005 §54;
NAG 2005 §57;
NAG 2005 §72;
NAG 2005 §73;
NAG 2005 §74;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, reiste am 22. August 2004 illegal nach Österreich ein und stellte am 26. August 2004 einen Asylantrag, der im Instanzenzug vom unabhängigen Bundesasylsenat am 4. Mai 2007 rechtskräftig abgewiesen wurde. Am 21. November 2005 heiratete er die österreichische Staatsangehörige J P. und brachte anschließend einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Familienangehöriger" ein, der mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 28. Februar 2007 zurückgewiesen wurde.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen seine Ausweisung gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, nicht statt. Auf Grund seines bisherigen Aufenthalts im Bundesgebiet und seines gemeinsamen Familienlebens mit seiner österreichischen Ehegattin sei von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben auszugehen. Dieser sei jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - dringend geboten. Er sei auch nicht in der Lage, seinen Aufenthalt im Bundesgebiet vom Inland aus zu legalisieren.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde erwogen hat:

1.1. Die Beschwerde bringt vor, der Beschwerdeführer sei seit dem 6. Dezember 2005 als Küchenhilfe beschäftigt. Er habe am 14. Juni 2007 einen (weiteren) Antrag auf Niederlassungsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck "Familienangehöriger von Österreichern" gestellt, wobei er um die Genehmigung der Inlandsantragstellung aus humanitären Gründen angesucht habe. Über diesen Antrag sei bisher nicht entschieden worden. Die bekämpfte Ausweisung greife der Entscheidung der Niederlassungsbehörde in unzulässiger Weise vor. Die Bestimmungen, die Ausländer dazu zwängen, Erstanträge in ihrer Heimat zu stellen, seien verfassungswidrig, weil hiefür tausende Flugkilometer zurückzulegen seien, was mit einer enormen, "aus humanitären Gründen uns und unserer nachfolgenden Generation" nicht zumutbaren CO2-Belastung verbunden sei. Das Bundesministerium für Inneres handelte im Rahmen seines Ermessensspielraumes richtig, wenn es die Inlandsantragstellung aus humanitären Gründen zuließe, "und damit einen Beitrag zum Umweltschutz leistete".

1.2. Im Verfahren haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die österreichische Ehefrau des Beschwerdeführers ihr gemeinschaftliches Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hat. Da die Fremdenpolizeibehörde im Ausweisungsverfahren nicht zu prüfen hat, ob der Fremde gemäß §§ 54 iVm 57 NAG tatsächlich zur Niederlassung in Österreich berechtigt ist (vgl. den Zurückweisungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 20. Juni 2009, G 125/08-6), stellt sich auch nicht die Frage, ob der Beschwerdeführer als Angehöriger einer nicht freizügigkeitsberechtigten Österreicherin in gleichheitswidriger Weise schlechter behandelt wird als ein Angehöriger eines freizügigkeitsberechtigten Bürgers der Europäischen Union. Da sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig iSd § 31 FPG im Bundesgebiet aufhält, kann die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. September 2009, Zl. 2009/18/0278). Ein Antrag auf Erteilung einer humanitären Niederlassungsbewilligung als Familienangehöriger kann den Aufenthalt eines Fremden nicht legalisieren (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 31. März 2008, Zl. 2008/18/0094, und vom 16. Dezember 2008, Zl. 2008/18/0754). Auch im Inland gestellte Anträge nach § 43 Abs. 2 sowie § 44 Abs. 3 und 4 NAG begründen gemäß § 44b Abs. 3 NAG kein Aufenthalts- oder Bleiberecht und ändern nichts an einem im Übrigen unrechtmäßigen Aufenthalt und an der Zulässigkeit der Ausweisung im Grund des § 53 Abs. 1 FPG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 2009, Zl. 2009/18/0217).

1.3. Die belangte Behörde hat in Anbetracht der Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, die sich aus der Dauer seines inländischen Aufenthalts seit August 2004, seinen familiären Bindungen zu seiner Ehefrau und seiner erlaubten Beschäftigung seit 6. Dezember 2005 ableiten lässt, einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben iSd § 66 Abs. 1 FPG angenommen.

Das Gewicht seiner daraus resultierenden persönlichen Interessen am Verbleib im Bundesgebiet wird dadurch relativiert, dass sein Aufenthalt nur auf Grund eines Asylantrages, der sich als unbegründet erwiesen hat, berechtigt war, und dass er das Familienleben mit seiner Ehefrau zu einem Zeitpunkt begründet hat, als sich die betroffenen Personen bewusst gewesen sind, dass sein Aufenthaltsstatus bzw. der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher ist.

Diesen nicht besonders ausgeprägten persönlichen Interessen steht gegenüber, dass er durch seinen unrechtmäßigen Aufenthalt seit der rechtskräftigen Beendigung des Asylverfahrens (Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 4. Mai 2007) das maßgebliche öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt, gravierend beeinträchtigt hat. Der Beschwerdeführer wäre nur dann vor einer Ausweisung geschützt, wenn eine rasche bzw. sofortige Erteilung eines (humanitären) Aufenthaltstitels zur Abwendung eines unzulässigen Eingriffs in ein durch Art. 8 EMRK geschütztes Privat- oder Familienleben erforderlich wäre. Der Beschwerdeführer vermochte indes keinen Umstand aufzuzeigen, der die mit dem Grundsatz der Auslandsantragstellung verbundene Wartezeit als Verstoß gegen Art. 8 MRK erscheinen ließe (vgl. nochmals das Erkenntnis Zl. 2008/18/0094).

Damit müssen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich gegenüber den genannten öffentlichen Interessen in den Hintergrund treten. Im Hinblick darauf ist die Ausweisung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten und gemäß § 66 Abs. 1 FPG zulässig.

2. Im Übrigen sind weder aus der Aktenlage noch aus der Beschwerde besondere Umstände ersichtlich, die die Behörde zu einer Abstandnahme von der Ausweisung im Rahmen des ihr gemäß § 53 Abs. 1 FPG eingeräumten Ermessens hätten veranlassen müssen.

3. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 26. November 2009

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