VwGH 2007/16/0095

VwGH2007/16/009518.9.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der N GmbH in F, vertreten durch Mag. Harald Schuh und Mag. Christian Atzwanger, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Lüfteneggerstraße 12, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 16. April 2007, Zl. Jv 1483- 33a/07, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

GGG 1984 §10;
GGG 1984 §11;
GGG 1984 §13;
GGG 1984 §8;
NEUFÖG 1999 §1 Z3;
NEUFÖG 1999 §4;
GGG 1984 §10;
GGG 1984 §11;
GGG 1984 §13;
GGG 1984 §8;
NEUFÖG 1999 §1 Z3;
NEUFÖG 1999 §4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Firmenbuch des Landesgerichtes Linz war die D GmbH eingetragen. Mit Eingabe vom 16. Jänner 2007 beantragte der bisherige Alleingesellschafter DD die Löschung seiner Person als Gesellschafter und die Eintragung von IJ als nunmehrige Gesellschafterin dieser Gesellschaft. Die begehrte Eintragung wurde am 6. Februar 2007 vollzogen.

In ihrer Eingabe vom 16. Februar 2007 beantragte IJ unter Berufung auf Beschlüsse der Generalversammlung die Eintragung der Änderung der Firma der Gesellschaft auf N GmbH, des neuen Sitzes sowie der neuen Geschäftsanschrift der Gesellschaft in F und unter Löschung von DD die Eintragung ihrer Person als Geschäftsführerin der Gesellschaft. Diese Eintragungen wurden im Firmenbuch des Landesgerichtes Wiener Neustadt am 27. Februar 2007 vollzogen, wofür die Kostenbeamtin Gerichtgebühren nach TP 10 lit. d Z. I GGG vorschrieb.

Anlässlich einer Vorsprache bei der Kostenbeamtin des Landesgerichtes Wiener Neustadt am 22. März 2007 begehrte die Geschäftsführerin IJ die Rückzahlung der der Beschwerdeführerin vorgeschriebenen und von dieser entrichteten Gerichtsgebühren unter Vorlage eines amtlichen Vordruckes über die "Erklärung der Neugründung (§ 4 Neugründungs-Förderungsgesetz - NeuFöG)".

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Rückzahlungsantrag keine Folge. Das Rückzahlungsbegehren sei - so die Begründung - aus folgenden Überlegungen nicht berechtigt: Eine der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Begünstigung nach § 2 NeuFöG sei die Schaffung einer bisher nicht vorhandenen betrieblichen Struktur und der Umstand, dass sich die beherrschende Person bisher nicht in vergleichbarer Art beherrschend betrieblich betätigt habe. Im gegenständlichen Fall sei die Gesellschaft bereits im Jahr 2005 in das Firmenbuch eingetragen worden, sodass von einer "Neugründung" im Sinne dieser Bestimmung nicht mehr gesprochen werden könne. Die Alleingesellschafterin sei dies bereits vor den nunmehr erfolgten Änderungen gewesen und habe sich daher schon bisher als die die Betriebsführung beherrschende Person betätigt. Es handle sich daher insgesamt nicht um eine "Neugründung" im Sinn des § 2 NeuFöG, sondern um Änderungen bei einer bereits eingetragenen Gesellschaft, für die die Begünstigungen des Neugründungs-Förderungsgesetzes nicht anzuwenden seien. Aus den vorgenannten Gründen sei dem Rückzahlungsbegehren daher ein Erfolg zu versagen gewesen.

In der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Gebührenbefreiung im Sinn des § 1 NeuFöG und in ihrem Recht auf Rückforderung von entgegen den Bestimmungen des NeuFöG geleisteten Gebühren verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Es kann im vorliegenden Beschwerdefall dahinstehen, ob die vom Landesgericht Wiener Neustadt vollzogenen Eintragungen eine Neugründung oder eine Betriebsübertragung im Sinn des Neugründungs-Förderungsgesetzes - NeuFöG betrafen, weil zufolge des § 5a Abs. 2 Z. 1 NeuFöG auch für Betriebsübertragungen u.a. § 4 leg. cit. über die Erklärung der Neugründung sinngemäß anzuwenden ist (zum Falle der Betriebsübertragung vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. März 2007, Zl. 2006/16/0098).

Nach § 4 erster Satz NeuFöG treten die Wirkungen nach § 1 - beschwerdefallbezogen nach dessen Z. 3 die Befreiung von Gerichtsgebühren für die Eintragungen in das Firmenbuch unmittelbar in Zusammenhang mit der Neugründung des Betriebes - unter den Voraussetzungen der Abs. 1 bis 4 ein.

Nach § 4 Abs. 1 NeuFöG treten die Wirkungen nach § 1 Z. 1 bis 6 nur dann ein, wenn der Betriebsinhaber bei den in Betracht kommenden Behörden einen amtlichen Vordruck vorlegt, in dem die Neugründung erklärt wird.

Konnten die Wirkungen des § 1 zunächst nur deshalb nicht eintreten, weil der amtliche Vordruck zur Erklärung der Neugründung noch nicht aufgelegt war, so treten nach § 4 Abs. 4 NeuFöG bei nachträglicher Vorlage (Abs. 1) oder bei Ausstellung (Abs. 2) des amtlichen Vordrucks die Wirkungen des § 1 nachträglich (rückwirkend) ein. Abgaben und Gebühren im Sinne des § 1 Z. 1 bis 6 sind in einem solchen Fall zu erstatten.

Die Beschwerdeführerin räumt ein, nach dem Vollzug der begehrten Eintragung durch das Landesgericht Wiener Neustadt "in weiterer Folge" unter Hinweis auf die Neugründung des Betriebes die Rückzahlung der bereits entrichteten Gerichtsgebühren mit ihrem Antrag vom 22. März 2007 begehrt zu haben.

Materielle Voraussetzung für die Gebührenbefreiung nach dem NeuFöG ist die Vorlage des formgebundenen Antrages unter Verwendung des amtlichen Vordruckes nach § 4 NeuFöG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 2001, Zl. 2000/16/0314).

Aus der Bestimmung des § 4 Abs. 4 NeuFöG ergibt sich, dass nur bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen eine rückwirkende Befreiung in Betracht kommt; dass im Zeitpunkt des beschwerdegegenständlichen Firmenbuchgesuches das amtliche Formular bereits aufgelegt worden war, wird nicht in Zweifel gezogen. Außer dem Fall des § 4 Abs. 4 NeuFöG muss der amtliche Vordruck bei der Behörde vorgelegt werden; das ist aber jene Behörde, die die Amtshandlung im Sinn des § 1 Abs. 1 bis 7 leg. cit. vollzieht bzw. bei der die dort beschriebenen Abgaben anfallen. Diese Behörde war hier das Firmenbuchgericht. Wohl hat der Verwaltungsgerichtshof mehrfach ausgesprochen, dass die persönliche und sachliche Gebührenfreiheit auch noch innerhalb der für den Berichtigungsantrag offen stehenden Frist in Anspruch genommen werden kann. Im Beschwerdefall geht es aber nicht darum, dass die Beschwerdeführerin die beanspruchte Gebührenbefreiung anlässlich der Eintragung in das Firmenbuch noch nicht geltend gemacht hat, sondern darum, dass die materiellen Voraussetzungen damals nicht vorgelegen sind. Eine erst nach dem für die Entstehung der Gebührenschuld maßgeblichen Zeitpunkt geschaffene Voraussetzung einer Gebührenbefreiung bringt die bereits entstandene Gebührenschuld nicht zum Erlöschen. Die spätere Schaffung der Voraussetzungen wäre aber nur in dem in § 4 Abs. 4 NeuFöG beschriebenen Fall zulässig gewesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2003, Zl. 2000/16/0362, mwN, sowie das zitierte hg. Erkenntnis vom 29. März 2007).

Spätestens in dem nach § 2 Z. 4 GGG maßgebenden Zeitpunkt muss diese materielle Voraussetzung vorliegen.

Schon deshalb erweist sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 18. September 2007

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