Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.286,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach den Ausführungen im angefochtenen Bescheid sei der Beschwerdeführer wegen "unbegründeter Nichtzahlung" der Kommunalsteuer für die Monate März, Mai und Juni 2006 für die Dienstnehmer der in Wien gelegenen Betriebsstätte der M. GmbH als deren handelsrechtlicher Geschäftsführer bestraft worden.
Nach einer Wiedergabe des erstinstanzlichen Straferkenntnisses, der dagegen erhobenen Berufung und des im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlungen vor der belangten Behörde durchgeführten Beweisverfahrens führt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, es stehe fest, dass der Beschwerdeführer zusammen mit seiner Ehefrau die M. GmbH, einen kleinen Metallerzeugungsbetrieb mit acht Angestellten, führe. Wegen der gemeinsamen firmenbuchmäßigen Vertretungsbefugnis sei sowohl gegen den Beschwerdeführer als gegen seine Ehefrau ein Verwaltungsstrafverfahren wegen nicht erfolgter Zahlung der Kommunalsteuer für die Monate März, Mai und Juni 2006 eingeleitet worden. Dabei habe sich der Beschwerdeführer auf die Bestellung seiner Ehefrau zur verantwortlichen Beauftragten nach § 9 Abs. 2 VStG für den Bereich "fristgerechte Meldung bzw. Zahlung von Kommunalsteuer" berufen (Bestellungsdekret vom 5. Jänner 2006). Dies - so die belangte Behörde - "ungeachtet des Umstandes, dass sie dort zur verantwortlichen Beauftragten auch für die Einhaltung 'von arbeitsrechtlichen Bestimmungen einschließlich der Arbeitszeitregelungen und der Lehrlings- und Jugendschutzbestimmungen' bestellt wird, während (dem Beschwerdeführer) in einem ihn selbst betreffenden weiteren Bestellungsdekret vom 5.1.2006 die Funktion als verantwortlicher Beauftragter für die 'Arbeitnehmer-Schutzbestimungen' übertragen wird, ohne dabei auf das seine Ehegattin betreffende Bestellungsdekret Bezug zu nehmen".
Streitpunkt sei, ob das vom Beschwerdeführer vorgelegte, seine Ehefrau betreffende Bestellungsdekret vom 5. Jänner 2006 unter "Berücksichtigung des ihn betreffenden weiteren (zweiten) Bestellungsdekretes vom 5.1.2006, den Übergang seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit für die gegenständlichen unbegründeten Nichtzahlungen der Kommunalsteuer auf seine Ehegattin und somit seine eigene mangelnde Verantwortung zur Folge haben konnte".
Im Hinblick auf die "Überlappung" der Aufgabenbereiche in den beiden vorgelegten Bestellungsdekreten vom 5. Jänner 2006 - so die belangte Behörde abschließend in ihren Sachverhaltsfeststellungen -
"konnten weitere Ermittlungen hinsichtlich des Zeitpunkts ihres Zustandekommens unterbleiben und konnte mit den obigen Feststellungen das Auslangen gefunden werden".
Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides vertrat die belangte Behörde den Standpunkt, aus den Bestimmungen des § 9 Abs. 3 und 4 VStG sei zu schließen, dass der räumliche oder sachliche Bereich des Unternehmens, für den ein verantwortlicher Beauftragter mit dessen Zustimmung bestellt werde, klar abzugrenzen sei. Erfolge keine solche Abgrenzung, liege keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten vor.
Der Beschwerdeführer habe unter Vorlage der beiden Bestellungsdekrete vom 5. Jänner 2006 die Bestellung seiner Ehefrau zur verantwortlichen Beauftragten "für bestimmte Sachbereiche (unter anderem die Entrichtung der Kommunalsteuer, aber auch die 'arbeitsrechtlichen Bestimmungen einschließlich der Arbeitszeitregelungen und der Lehrlings- und Jugendschutzbestimmungen') und somit seine diesbezügliche mangelnde Verantwortung eingewendet, wobei er selbst mit Bestellungsdekret vom selben Tag ebenfalls zum verantwortlichen Beauftragten auch für die 'Arbeitnehmer-Schutzbestimmungen' bestellt worden sei". Die überlappende Zuweisung des Verantwortungsbereiches "Arbeitnehmerschutzbestimmungen" an die beiden Geschäftsführer in den Bestellungsdekreten "hat deren Unwirksamkeit auch iZm Übertretungen des KomStG 1993 zur Folge, fehlt es diesfalls doch von vornherein an einem 'klar abgegrenzten' Verantwortungsbereich iSd § 9 Abs. 2 und 4 VStG".
Soweit den Beschwerdeführer ein Verschulden an der Verwirklichung der gegenständlichen Delikte getroffen habe, habe er somit als Vertretungsorgan nach § 9 Abs. 1 VStG ungeachtet der diesbezüglich ebenfalls bestehenden Verantwortung seiner Ehefrau zu Recht bestraft werden dürfen. Die verhängten Strafen (im Ausmaß von jeweils "bloß 50 Euro") seien unter Bedachtnahme "auf den nicht ungewöhnlich geringen Unrechts- und Schuldgehalt" auch nicht überhöht.
In der Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht, "nach den Bestimmungen des KommunalsteuerG und der WAO nicht bestraft zu werden", verletzt. Die belangte Behörde habe zu Unrecht die Ehefrau des Beschwerdeführers nicht als verantwortliche Beauftragte im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG für die Belange der Kommunalsteuer gewertet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 9 Abs. 2 erster Satz VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die (verwaltungsstrafrechtliche) Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt.
Der belangten Behörde ist zwar grundsätzlich zuzustimmen, dass der räumliche oder sachliche Bereich, für den ein verantwortlicher Beauftragter bestellt wird, klar abzugrenzen ist, und dass beim Fehlen einer klaren Abgrenzung keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nach § 9 Abs. 2 VStG zu Stande kommt. Eine solche klare Abgrenzung muss aber nur für "ein und denselben" Verantwortungsbereich gegeben sein (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 7. April 1995, 94/02/0470, VwSlg 14.236/A, vom 9. Juli 1998, 98/03/0117, sowie Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, § 9 VStG E 167 bis E 169). Der belangten Behörde kann daher nicht gefolgt werden, wenn sie die Meinung vertritt, dass wegen "überlappender" Zuweisung im Verantwortungsbereich der Arbeitnehmerschutzbestimmungen auch in Ansehung der Einhaltung der Vorschriften zur Entrichtung der Kommunalsteuer keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten erfolgt wäre (vgl. - zur bloß teilweisen Unwirksamkeit der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten - etwa die hg. Erkenntnisse vom 25. März 1994, 93/02/0267, und vom 7. Oktober 1997, 95/11/0088).
Indem die belangte Behörde somit ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht die weiteren Voraussetzungen für die wirksame Bestellung der Ehefrau des Beschwerdeführers als verantwortliche Beauftragte nicht mehr geprüft hat und von einer vollen strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers ausgegangen ist, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 24. Februar 2010
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