VwGH 2007/13/0063

VwGH2007/13/006326.1.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. Walter Fleissner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Straße 21, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 9. Mai 2007, GZ. RV/2377- W/06, betreffend Haftung nach §§ 9 und 80 BAO, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §80 Abs1;
BAO §9;
VwGG §42 Abs1;
BAO §80 Abs1;
BAO §9;
VwGG §42 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid zog die belangte Behörde den Beschwerdeführer im Instanzenzug zur Haftung für Abgabenschulden der K. GesmbH in Höhe von 149.508,22 EUR heran. Der Haftungsbetrag setze sich aus der Umsatzsteuer, einer Körperschaftsteuervorauszahlung, der Lohnsteuer und dem Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag für bestimmte Zeiträume des Jahres 2005, abzüglich einer Ausgleichsquote von 20 %, zusammen.

Der Beschwerdeführer sei bis zur Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der K. GesmbH mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 22. Dezember 2005 Geschäftsführer der K. GesmbH gewesen und habe die ihn treffende Verpflichtung zur rechtzeitigen und vollständigen Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben verletzt. Er habe im Verwaltungsverfahren keine triftigen Gründe vorgebracht, aus denen ihm die Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich gewesen wäre. Er habe die "Zug-um-Zug"- Gläubiger voll befriedigt und daher bevorzugt behandelt, weshalb ihn der Vorwurf der schuldhaften Pflichtverletzung treffe. Zwar habe er in einer Vorhaltsbeantwortung behauptet, es seien keine Mittel zur Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zur Verfügung gestanden, doch habe er in der Berufung selbst vorgebracht, die vorhandenen Mittel für die Fertigstellung halbfertiger Arbeiten verwendet zu haben.

Die belangte Behörde habe ihn mit Vorhalt zur Erstellung eines Liquiditätsstatus in Form einer Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten zum jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben aufgefordert, wobei es auf die Abgabenverbindlichkeiten einerseits und die Summe der übrigen Verbindlichkeiten andererseits ankomme. Dieser Aufforderung sei der Beschwerdeführer nicht genügend nachgekommen, weil er lediglich die Höhe der einzelnen Verbindlichkeiten zu den Fälligkeitszeitpunkten angegeben habe, eine solche stichtagsmäßige Erfassung sei hinsichtlich der sogenannten Zug-um-Zug-Geschäfte allerdings nicht aussagekräftig.

Im Übrigen gelte für die aushaftende Lohnsteuer ohnedies die Ausnahme vom "Gleichheitsgrundsatz", weil der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes ausreichten, die Lohnsteuer vom tatsächlich zur Auszahlung gelangten niedrigeren Betrag zur Berechnung einzubehalten habe.

Die (Zwangs-)Ausgleichsquote von 20 % habe die belangte Behörde berücksichtigt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer im Recht verletzt erachtet, nicht zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten der K. GesmbH herangezogen zu werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen haben gemäß § 80 Abs. 1 BAO alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 9 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinne des § 9 BAO annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln des Vertretenen zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war. Der Vertreter haftet für nicht entrichtete Abgaben des Vertretenen auch dann, wenn die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten des Vertretenen nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. April 2010, 2008/15/0085).

Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid im Ergebnis darauf, dass der Beschwerdeführer zwar die Höhe der einzelnen Verbindlichkeiten zu den Fälligkeitszeitpunkten bekannt gegeben habe, nicht jedoch die getätigten Zug-um-Zug-Geschäfte und somit die zur Verfügung stehenden liquiden Mittel der Höhe nach nicht beziffert habe.

Dem hält der Beschwerdeführer entgegen, die Entscheidung, halbfertige Arbeiten durch Einkaufen des dazu notwendigen Materials in Form von Zug-um-Zug-Geschäften fertig zu stellen, sei für die K. GesmbH richtig und für alle Gläubiger zum Vorteil gewesen. Daher stellten Zug-um-Zug-Geschäfte keine Bevorzugung dar. Überdies gebe es bei Zug-um-Zug-Geschäften keinen Gläubiger, denn der Partner eines Zug-um-Zug-Geschäftes sei nicht Gläubiger, weil er die Gegenleistung "Zug-um-Zug" erhalte.

Diesem Vorbringen ist die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach sich der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung auch auf Zahlungen bezieht, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich sind, und eine Bevorzugung von Gläubigern daher auch in der Barzahlung von Wirtschaftsgütern in Form von Zug-um-Zug-Geschäften bestehen kann. Der vom Vertreter zu erbringende Nachweis der Gleichbehandlung aller Gläubiger hat somit auch die von der Gesellschaft getätigten Zug-um-Zug-Geschäfte zu erfassen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 19. April 2006, 2003/13/0111, und vom 20. Jänner 2010, 2005/13/0096, sowie das erwähnte hg. Erkenntnis vom 29. April 2010).

Soweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde in Ausführung der Verfahrensrüge vorwirft, sie hätte ihm vorhalten müssen, dass sie mit der von ihm gelieferten Aufstellung der Verbindlichkeiten zu den Fälligkeitszeitpunkten der einzelnen Abgabenschuldigkeiten nicht das Auslangen finde, unterlässt er es, die Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers aufzuzeigen, weil er auch in der Beschwerde nicht darzulegen gewillt ist, in welchem Umfang und zu welchen Zeitpunkten Zug-um-Zug-Geschäfte getätigt wurden, und daher auch in der Beschwerde nicht aufzeigt, wie hoch die tatsächlichen liquiden Mittel gewesen wären, welche den Haftungsbetrag gegebenenfalls beschränkt hätten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2010, Zl. 2009/16/0206).

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 26. Jänner 2011

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