Normen
AVG §37;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BDG 1979 §14 Abs3;
DVG 1984 §10;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §37;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BDG 1979 §14 Abs3;
DVG 1984 §10;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der im Jahr 1965 geborene Beschwerdeführer stand bis zum Ablauf des 31. März 2007 in einem (aktiven) öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und war der österreichischen Postbus Aktiengesellschaft zur Dienstleistung zugewiesen. Zuletzt wurde er als Kfz-Mechaniker bei der ÖBB-Postbus GmbH Verkehrsstelle Linz verwendet. Der Beschwerdeführer gehört seit dem 19. Jänner 2006 dem Kreis der begünstigten Behinderten an. Der Grad der Behinderung beträgt 50 v.H.
Mit Schreiben vom 2. Februar 2006 veranlasste die belangte Behörde die Einholung eines Gutachtens der Pensionsversicherungsanstalt über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers. Basierend auf Untersuchungen des Beschwerdeführers verfasste der chefärztliche Dienst der Pensionsversicherungsanstalt am 13. März 2006 folgende Stellungnahme:
"1. Hauptursache/n der Minderung der Dienstfähigkeit:
ICD-10: M 17.9
ICD-10:
Beginnende Varusgonarthrose rechts und Zustand nach medialer Meniskusteilresektion (05/05), geringes Streckdefizit, keine Muskelatrophie, mäßiger Reizzustand mit geringem Reizerguss.
Zustand nach medialer Meniskusteilresektion (02/06), Genu varum, endlagige Bewegungseinschränkung, keine Muskelatrophie, geringer Reizzustand bei deutlichem Gelenkserguss.
Zustand nach Abriss des Tuberculum majus rechts (2001, konservativ), ohne Bewegungseinschränkung, keine Kraftminderung, kein Reizzustand.
Eine leistungskalkülrelevante Besserung der unter Punkt 1 angeführten Hauptursache/n der Minderung der Dienstfähigkeit ist nicht möglich.
Anmerkungen: Das Gesamtrestleistungskalkül erreicht im somatischen Bereich nicht das Anforderungsprofil.
Keine Nachuntersuchung erforderlich, da eine Besserung des Gesundheitszustandes nicht zu erwarten ist."
Mit Erledigung vom 5. Mai 2006 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, sie habe zu Beurteilung der Rechtsfrage der Dienstfähigkeit die Pensionsversicherungsanstalt beauftragt, ihn zu untersuchen und ein Gutachten zu erstellen. In der angeschlossene Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes der Pensionsversicherungsanstalt vom 13. März 2006 habe Dr. G. festgehalten, eine leistungskalkülrelevante Besserung der angeführten Hauptursachen der Minderung der Dienstunfähigkeit sei nicht möglich. Das Gesamtleistungskalkül erreiche im somatischen Bereich nicht das Anforderungsprofil. Auf Grund der vorliegenden medizinischen Beurteilung sei mit sicherer Prognose von der Dauerhaftigkeit seiner Dienstunfähigkeit auszugehen.
Die Beurteilung im Sinne des § 14 BDG 1979 habe unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung ergeben: Der Beschwerdeführer sei gesundheitlich nicht mehr in der Lage sämtliche Anforderungen seines Arbeitsplatzes zu "verrichten", sodass Dienstunfähigkeit für seinen Arbeitsplatz bestehe. Es sei kein gleichwertiger Arbeitsplatz vorhanden, den er auf Grund seines Restleistungskalküls noch erfüllen könnte. Da mit der Wiederherstellung der vollen Leistungsfähigkeit für seinen Arbeitsplatz nicht gerechnet werden könne, lägen die Voraussetzungen nach § 14 Abs. 3 BDG 1979 vor und sei die Ruhestandversetzung zum nächstmöglichen Zeitpunkt beabsichtigt. Vom Bundesministerium für Finanzen sei die Zustimmung erteilt worden. Kopien des oben erwähnten Gutachtens samt Ermittlungsunterlagen (Anforderungsprofil) seien beigeschlossen. Es werde ihm Gelegenheit gegeben, innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt des Schreibens, Stellung zu beziehen.
In seiner Eingabe vom 18. Mai 2006 "erklärte der Beschwerdeführer ausdrücklich seiner Pensionierung nicht zuzustimmen und erhob gegen die beabsichtigte Ruhestandsversetzung Einwendungen". Er begründete detailliert, weshalb das für seinen Arbeitsplatz herangezogene Anforderungsprofil in zahlreichen Punkten nach seiner Ansicht unrichtig sei. Weiters vertrat er den Standpunkt, dass ihm von der belangten Behörde ein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden könne (z.B. Reparatur von Personenkraftwagen, Reparatur der Fahrzeugelektrik oder Tätigkeit im Rahmen des Fahrdienstes - auch als Omnibusfahrer).
Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde die Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 mit Ablauf des 31. März 2007 aus. Begründend führte sie hiezu aus:
"Gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 ist der Beamte von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist.
Auf Grund des Gesamtleistungskalküls der Pensionsversicherungsanstalt vom 13. März 2006 wird festgestellt, dass Sie die auf Ihrem Arbeitsplatz anfallenden Tätigkeiten nicht mehr ausüben können. Ein anderer gleichwertiger Arbeitsplatz, den Sie auf Grund Ihres Gesundheitszustandes noch besorgen können, kann Ihnen im Bereich der Dienstbehörde nicht zugewiesen werden. Die ärztlichen Ausführungen sind schlüssig. Nach dem vorliegenden Beweisergebnis sind Sie dauernd dienstunfähig. Es muss nicht Unfähigkeit zu jeglicher Dienstverrichtung, sondern nur Unfähigkeit, ihre konkreten, sich aus Ihrem zugewiesenen Arbeitsplatz ergebenden Aufgaben ordnungsgemäß wahrzunehmen, vorliegen. Die Zustimmung des Bundesministeriums für Finanzen liegt vor.
Da Sie Ihren 738. Lebensmonat noch nicht vollendet haben, ist dem Regionalzentrum Post Linz jede aufgenommene Beschäftigung, die die Schaffung von nennenswerten Einkünften in Geld- oder Güterform bezweckt, unverzüglich zu melden (§ 61 Abs. 2 BDG 1979).
Das Regionalzentrum Post Linz wird Ihnen ab 1. April 2007 gebührenden Ruhebezug ermitteln und Ihnen bekanntgeben.
Gemäß § 61 Abs. 1 ist die Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss
... zu bemessen.
Die Anweisung der Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss ... wird
zu einem späteren Zeitpunkt veranlasst."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der dessen Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zur Darlegung der im Beschwerdefall maßgeblichen Rechtslage und der hiezu ergangenen Rechtsprechung wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG vorerst auf das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2007, Zl. 2006/12/0223 verwiesen.
In der Beschwerde wird ua. ausgeführt, trotz der vom Beschwerdeführer erhobenen Einwendungen habe die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid nicht begründet. Die belangte Behörde hätte Erhebungen zu seinem Vorbringen durchführen und sodann Feststellungen zum Anforderungsprofil seines Arbeitsplatzes und seinem Gesundheitszustand treffen müssen, woraus sich seine Dienstfähigkeit ergeben hätte. Weitere Erhebungen hätten auch ergeben, dass für ihn in Betracht kommende Ersatzarbeitsplätze, die er ausdrücklich benannt habe, vorhanden seien. Auch darauf sei die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht eingegangen.
Schon damit ist die Beschwerde im Recht.
Im Dienstrechtsverfahren ergehende Bescheide sind, sofern es sich nicht um Dienstrechtsmandate handelt oder die Voraussetzungen des § 10 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes vorliegen, entsprechend den Vorschriften der §§ 58 Abs. 2 und 60 AVG zu begründen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2002, 2000/12/0208). Gemäß § 58 Abs. 2 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Im Sinne des § 60 AVG hätte die belangte Behörde daher die Ergebnisse des Beweisverfahrens, also die entscheidungswesentlichen Feststellungen, und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen, anführen müssen.
Ob dauernde Dienstunfähigkeit vorliegt oder nicht, ist eine Rechtsfrage, die nicht der ärztliche Sachverständige, sondern die Dienstbehörde zu entscheiden hat. Die Frage der Dienstunfähigkeit ist unter konkreter Bezugnahme auf die dienstlichen Aufgaben am (zuletzt innegehabten) Arbeitsplatz bzw. auf die Möglichkeit der Zuweisung eines gleichwertigen Arbeitsplatzes zu lösen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2007, Zl. 2006/12/0045).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind bei Vorhandensein einer Restarbeitsfähigkeit des Beamten vorerst alle Tätigkeiten der in Betracht kommenden Verwendungsgruppe und deren Anforderungen in physischer und psychischer Hinsicht im Wirkungsbereich der Dienstbehörde anzuführen und dazu anzugeben, ob der Beamte auf Grund seiner festgestellten Restarbeitsfähigkeit im Stande ist, diese Tätigkeiten auszuüben, wobei es vorerst nicht darauf ankommt, ob diese Arbeitsplätze frei sind (Prüfung der Verweisungstauglichkeit). Wenn sich herausstellt, dass der Beamte auf Grund seiner Restarbeitsfähigkeit überhaupt keine der Verwendungen der betreffenden Verwendungsgruppe wahrnehmen kann, so darf die Behörde vom Nichtvorliegen von Verweisungsarbeitsplätzen und der Unmöglichkeit eines Vorgehens nach § 14 Abs. 3 leg. cit. ausgehen. Ergibt die Prüfung hingegen, dass Verweisungsarbeitsplätze existieren, so ist weiter zu prüfen, ob diese in Frage kommenden Verweisungsarbeitsplätze zumindest gleichwertig sind und dem Beamten mit Rücksicht auf die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden können. Die solcherart ermittelten Verweisungsarbeitsplätze sind schließlich auf ihre Verfügbarkeit zu überprüfen. Erst wenn auch diese Prüfung ergibt, dass auf Dauer kein freier Verweisungsarbeitsplatz für den Beamten zur Verfügung steht, kann davon ausgegangen werden, dass die Zuweisung eines solchen nicht erfolgen und der Beamte nach § 14 Abs. 3 leg. cit. nicht als dienstfähig angesehen werden kann. Das Ergebnis dieser Prüfung ist dem Beamten mit einer nachvollziehbaren Begründung mitzuteilen (vgl. etwa das zitierte Erkenntnis vom 17. Dezember 2007, Zl. 2006/12/0223, mwN).
Wie die Beschwerde zutreffend aufzeigt, entbehrt der angefochtene Bescheid schon jeglicher Tatsachenfeststellungen, anhand derer die Frage der dauernden Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers im Sinn des § 14 Abs. 3 BDG 1979 anhand des dargelegten Maßstabes nachvollziehbar beurteilt werden könnte.
Von einer solchen Begründungspflicht war die belangte Behörde auch nicht dadurch enthoben, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren den von der belangten Behörde eingeholten Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten war.
Schließlich vermögen auch ausführliche Darlegungen in der Gegenschrift die fehlenden Erörterungen und Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht zu ersetzen (vgl. die in Dolp,
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf Seite 607 wiedergegebene Rechtsprechung).
Nach dem Gesagten belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 28. März 2008
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