VwGH 2007/12/0001

VwGH2007/12/000123.1.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Schilhan, über die Beschwerde der E L in S, vertreten durch Dr. Richard Leitner, Rechtsanwalt in 6410 Telfs, Weißenbachgasse 1, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 22. November 2006, Zl. 20082- 5/6940682/4-2006, betreffend Versorgungsbezug nach § 27 des (Salzburger) Landesbeamten-Pensionsgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

LBPG Slbg 2001 §27 Abs1 Z1;
LBPG Slbg 2001 §27 Abs4 Z1;
LBPG Slbg 2001 §27 Abs5;
LBPG Slbg 2001 §27;
PG 1965 §19 impl;
VwGG §42 Abs2 Z1;
LBPG Slbg 2001 §27 Abs1 Z1;
LBPG Slbg 2001 §27 Abs4 Z1;
LBPG Slbg 2001 §27 Abs5;
LBPG Slbg 2001 §27;
PG 1965 §19 impl;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist die frühere Ehegattin eines am 16. September 2006 verstorbenen Beamten des Ruhestandes des Landes Salzburg. Die Ehe der Beschwerdeführerin mit ihrem früheren Ehegatten war am 16. Februar 1990 einvernehmlich geschieden worden. Am 30. Juni 2003 schlossen die Beschwerdeführerin und ihr früherer Ehegatte vor dem Bezirksgericht Salzburg den nachfolgenden, auszugsweise wiedergegebenen Vergleich:

  1. "1. ...

2. Der frühere Ehegatte... verpflichtet sich an

die Beschwerdeführerin... beginnend bei Übertritt in den

Ruhestand an monatlichem Unterhalt 20 % seines jeweiligen monatlichen Durchschnittnettoeinkommens zu bezahlen. Diese Unterhaltsleistung von 20 % gilt bei einer weiteren Sorgepflicht als vereinbart. Beim Hinzukommen einer weiteren Sorgepflicht (zwei Kinder) gilt als Unterhaltsleistung 14 % seines jeweiligen monatlichen Durchschnittsnettoeinkommens als vereinbart.

Bei Wegfall der Sorgepflichten für die Kinder verpflichtet sich der frühere Ehegatte an die Beschwerdeführerin an monatlichem Unterhalt 26 % seines jeweiligen monatlichen Durchschnittsnettoeinkommens zu bezahlen.

3. ... "

Am 22. September 2006 legte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde u.a. Heiratsurkunde und Sterbeurkunde ihres früheren Ehegatten und eine Ausfertigung des obigen Vergleiches vor.

In ihrer Eingabe vom 5. November 2006 brachte die Beschwerdeführerin vor, bei der Berechnung ihres "Unterhaltes" müsse ein Fehler unterlaufen sein. Sie erhalte vom Land (Salzburg) um EUR 150,-- weniger als von ihrem verstorbenen Gatten. Laut "Gerichtsbeschluss" vom 30. Juni 2003 stünden ihr 20 % von 14 Gehältern ihres Mannes zu. Das seien nach der Berechnung ihres Mannes EUR 564,--. Außerdem hätte die belangte Behörde für Oktober (2006) eine Sozialversicherung berechnet, obwohl diese der Beschwerdeführerin bereits von ihrer eigenen Pension abgezogen worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführerin als früheren Ehefrau ein Versorgungsgenuss in der Höhe von monatlich brutto EUR 533,78 gebühre. Begründend führte die belangte Behörde aus:

"Ihr früherer Ehegatte, der Salzburger Landesbeamte ... , ist am 16.9.2006 gestorben. Laut den vorgelegten Unterlagen hatte sich Ihr früherer Ehegatte zu einer Unterhaltsleistung von 20 % des monatlichen Durchschnittsnettoeinkommens verpflichtet. Der Versorgungsgenuss errechnet sich wie folgt:

Monatliches Nettoeinkommen:

2.287,60 EUR

Monatliches Durchschnittsnettoeinkommen:

 

EUR 2.287,60 x 14 : 12 =

2.668,88 EUR

Versorgungsbezug:

 

EUR 2.668,88 x 20 % =

533,78 EUR

Sie selbst verfügen laut den vorgelegten Unterlagen über ein Erwerbseinkommen von monatlich EUR 313,00.

Außerdem gebührt Ihnen für jedes Kalenderjahr eine Sonderzahlung im Ausmaß von 50 v.H. des Ihnen für den Monat der Fälligkeit zustehenden Versorgungsgenusses.

Was Ihre Meldepflicht gemäß § 43 des zitierten Pensionsgesetzes betrifft, wird darauf hingewiesen, dass ...

Sie sind auch gehalten, jede Änderung Ihrer Wohnungsanschrift, einen ständigen Aufenthalt im Ausland oder dergleichen längstens binnen einem Monat zu melden."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belange Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem "subjektiven öffentlichen Recht auf Zuerkennung eines Versorgungsgenusses in der gesetzlichen Höhe" nach ihrem früheren Ehegatten verletzt.

Die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sieht sie vorerst darin, laut Unterhaltsvergleich sei für die Erhöhung des Unterhaltes auf 26 % (des Durchschnittsnettoeinkommens) keine gerichtliche Geltendmachung erforderlich, sondern trete diese "automatisch" ein. Die Beschwerdeführerin habe somit ein subjektives öffentliches Recht auf die bescheidmäßige Feststellung, dass ihr beim (fiktiven) Wegfall der Sorgepflichten für die Kinder - im konkreten Fall bei Beendigung des Waisenversorgungsbezuges dessen noch unterhaltsberechtigten Sohnes P., geboren am 10. Jänner 1982 - ein erhöhter Versorgungsgenuss in der Höhe von 26 % des monatlichen Durchschnittseinkommens gebühre. Dieses künftige Recht auf Unterhaltserhöhung sei zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits dem Grunde und der Höhe nach festgestanden, weil nur der Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung ungewiss gewesen sei. Ein rechtliches Interesse an dieser Feststellung habe die Beschwerdeführerin insbesondere auch deshalb, weil das (Salzburger) Landesbeamten-Pensionsgesetz die Einbringung eines Antrages auf Erhöhung des Versorgungsgenusses für frühere Ehegatten wegen geänderter Umstände nicht vorsehe.

Die belangte Behörde stelle in der Begründung des angefochtenen Bescheides lediglich fest, dass sich der frühere Ehegatte gegenüber der Beschwerdeführerin zu einer Unterhaltsleistung in der Höhe von 20 % des monatlichen Durchschnitts-Nettoeinkommens verpflichtet und zuletzt ein solches in der Höhe von EUR 2.668,88 erzielt habe. Aus den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Urkunden gehe zweifelsfrei hervor, dass der frühere Ehegatte bereits im Jahr 2005 tatsächlich ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen in der Höhe von EUR 2.824,97 erzielt habe.

Damit ist die Beschwerde teilweise im Recht.

§ 27 des (Salzburger) Landesbeamten-Pensionsgesetzes, LGBl. Nr. 17/2001, lautet auszugsweise:

"(1) Soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, gelten die Bestimmungen über den Versorgungsanspruch des überlebenden Ehegatten und über das Ausmaß der Versorgung des überlebenden Ehegatten sinngemäß für den früheren Ehegatten des verstorbenen Beamten, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

1. Der verstorbene Beamte hatte zur Zeit seines Todes auf Grund eines gerichtlichen Urteiles, eines gerichtlichen Vergleiches oder einer vor der Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe schriftlich eingegangenen Verpflichtung für den Lebensunterhalt seines früheren Ehegatten aufzukommen oder dazu beizutragen.

2. Der verstorbene Beamte hat nach mindestens 10-jähriger Dauer der Ehe auf Grund einer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung seinem früheren Ehegatten durch folgende Zeiträume nachweislich regelmäßig Unterhaltszahlungen geleistet:

a) zumindest für die Dauer des letzten Jahres vor seinem Tod, oder

b) falls der Tod des Beamten früher als vor Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft der Nichtigerklärung, Aufhebung oder Scheidung der Ehe eingetreten ist, durchgehend vom Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft bis zu seinem Tod.

...

(2) Der Versorgungsgenuss gebührt dem früheren Ehegatten nur auf Antrag. ...

(3) Hat der frühere Ehegatte gegen den verstorbenen Beamten nur einen befristeten Anspruch auf Unterhaltsleistungen gehabt, besteht der Versorgungsanspruch längstens bis zum Ablauf der Frist.

(4) Der Versorgungsbezug - ausgenommen die Ergänzungszulage - darf außer im Fall des Abs. 5 folgende Beträge nicht übersteigen:

1. im Fall des Abs. 1 Z 1 die Unterhaltsleistung, auf die der frühere Ehegatte gegen den verstorbenen Beamten an dessen Sterbetag Anspruch gehabt hat;

2. im Fall des Abs. 1 Z 2 die durchschnittlichen monatlichen Unterhaltszahlungen, die der verstorbene Beamte regelmäßig längstens in den letzten drei Jahren vor seinem Tod geleistet hat.

(5) Der Versorgungsbezug darf die im Abs. 4 festgelegten Beträge übersteigen, wenn folgende Voraussetzungen zutreffen:

1. Das auf Scheidung lautende Urteil enthält den Ausspruch nach § 61 Abs. 3 des Ehegesetzes.

  1. 2. Die Ehe hat mindestens 15 Jahre gedauert.
  2. 3. Der frühere Ehegatte hat im Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft des Scheidungsurteils das 40. Lebensjahr vollendet. Diese Voraussetzung gilt nicht, wenn

    a) der frühere Ehegatte seit dem Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft des Scheidungsurteils erwerbsunfähig ist; oder

    b) aus der geschiedenen Ehe ein Kind hervorgegangen ist oder durch diese Ehe ein Kind legitimiert worden ist oder die Ehegatten gemeinsam ein Wahlkind angenommen haben und das Kind am Sterbetag des Beamten dem Haushalt des früheren Ehegatten angehört und Anspruch auf Waisenversorgungsgenuss hat; das Erfordernis der Haushaltszugehörigkeit entfällt bei nachgeborenen Kindern.

(6) Die Versorgungsgenüsse mehrerer früherer Ehegatten ...

(7) Eine Erhöhung der Unterhaltsleistungen im letzten Jahr vor dem Sterbetag des Beamten ist für die Bemessung eines Versorgungsgenusses nach Abs. 1 nur beachtlich, wenn sie entweder in einem rechtskräftigen Urteil ausgesprochen oder schriftlich vereinbart worden ist und wenn sie ihren Grund in einer Steigerung der Leistungsfähigkeit des Beamten oder in einer Steigerung der Bedürfnisse des früheren Ehegatten gehabt hat."

Die Beschwerde wendet sich auch gegen die Feststellung der Höhe des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens; die belangte Behörde verteidigt in ihrer Gegenschrift ihre diesbezüglichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid damit, das monatliche Durchschnittsnettoeinkommen sei wie folgt ermittelt worden: monatliches Nettoeinkommen, Ausgangsbasis August 2006, (ohne Sonderzahlungen, da diese steuerlich gesondert behandelt würden und aus der Sicht der belangten Behörde daher nicht 1:1 für die Durchschnittsbetrachtung heranzuziehen seien) von EUR 2.287,60 x 14 : 12 ergebe ein monatliches Nettoeinkommen von EUR 2.668,88.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit hg. Erkenntnis vom 13. September 2001, Zl. 99/12/0349, bereits zu der diesbezüglich korrekten Berechnungsart Stellung genommen; in diesem, zum inhaltsgleichen § 19 PG 1965 ergangenen Erkenntnis wurde ausgeführt, dass eine (dort) nur am Sterbemonat orientierte Betrachtung deshalb verfehlt sei, weil dadurch die Sonderzahlungen nicht berücksichtigt worden seien. Der ausschließlichen Anknüpfung hinsichtlich eines angenommenen gesetzlichen Unterhaltsanspruches an der Einkommenssituation im Sterbemonat käme solcherart ein "geradezu aleatorischer" Charakter zu; dies wäre zweifelsfrei nicht sachgerecht. Ausgehend von dieser Überlegung erscheine es vielmehr angezeigt, bei der Berechnung von einem Durchschnitt eines Zeitraumes (im Regelfall ein Jahr) auszugehen, sodass ein Zufallsergebnis wegen unterschiedlicher Höhe der Leistungen verhindert werde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2003, Zl. 2002/12/0110, mwN).

Die Beschwerdeführerin macht daher zutreffend geltend, dass es notwendig wäre, das durchschnittliche Monatseinkommen des verstorbenen Beamten zu berechnen. Um den monatlichen Unterhaltsanspruch der Beschwerdeführerin korrekt zu berechnen, hätte die belangte Behörde daher zu den zwölf Nettoruhebezügen des Verstorbenen die vierteljährlichen Sonderzahlungen addieren und die so erhaltene Summe zwölfteln müssen. Von diesem Ergebnis wären die der Beschwerdeführerin als Unterhaltsleistung zustehenden 20 % zu errechnen gewesen; diese Summe stellte den Versorgungsbezug der Beschwerdeführerin dar.

Damit belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Für das fortzusetzende Verfahren sei zum weiteren Einwand der Beschwerdeführerin, sie habe ein Interesse an der Feststellung der Höhe des fiktiven Versorgungsbezuges für den Fall der Selbsterhaltungsfähigkeit aller Kinder, Folgendes festgehalten:

Die Beschwerdeführerin gründet ihren Anspruch auf Versorgungsbezug auf einen gerichtlichen Vergleich, sohin auf die Erfüllung einer Voraussetzung nach § 27 Abs. 1 Z. 1 des Landesbeamten-Pensionsgesetzes. Das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 27 Abs. 5 leg. cit. ist weder von der belangten Behörde festgestellt noch aus den vorgelegten Verwaltungsakten ersichtlich noch von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens behauptet worden.

Nach § 27 Abs. 4 Z. 1 des Landesbeamten-Pensionsgesetzes darf der Versorgungsbezug (ausgenommen die Ergänzungszulage) außer im Fall des - im Beschwerdefall nicht in Betracht kommenden - Abs. 5 die Unterhaltsleistung, auf die der frühere Ehegatte gegen den verstorbenen Beamten an dessen Sterbetag Anspruch hatte, nicht übersteigen.

Daraus folgt, dass im Beschwerdefall gemäß § 27 Abs. 4 Z. 1 leg. cit nur der konkrete Unterhaltsanspruch der Beschwerdeführerin gegen ihren früheren Ehegatten an dessen Sterbetag (unter Zugrundelegung eines längeren, zurückliegenden Beobachtungszeitraumes) maßgeblich ist, sodass im gerichtlichen Vergleich vorgesehene spätere Bedingungen jedenfalls außer Betracht zu bleiben haben und damit auch keiner bescheidförmigen Feststellung zugänglich sein könnten.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 23. Jänner 2008

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