VwGH 2007/10/0092

VwGH2007/10/009214.7.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des A S in L, vertreten durch Nenning & Tockner, Rechtsanwälte in 4400 Steyr, Stelzhamerstraße 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 16. März 2007, Zl. ForstR-100760/15-2007- I/Le/Scw, betreffend forstbehördlichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Normen

ForstG 1975 §172 Abs6;
ForstG 1975 §60 Abs1;
ForstG 1975 §172 Abs6;
ForstG 1975 §60 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 172 Abs. 6 Forstgesetz 1975 (ForstG) aufgetragen, einen von ihm auf dem ihm gehörenden Grundstück Nr. 1029/01 KG L konsenslos errichteten Weg in einem - durch einen beiliegenden Lageplan näher bezeichneten - Trassenabschnitt mit einer Länge von ca. 100 lfm wieder einzuebnen, wobei mehrere Auflagen vorgeschrieben wurden.

Begründend führte die belangte Behörde - unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der angewendeten Bestimmungen - im Wesentlichen aus, nach einem eingeholten Gutachten eines forstfachlichen Amtssachverständigen gehe von dem errichteten Weg eine Gefährdung von Wohnobjekten und Straßen durch einen Murenkörper aus, in den erhebliche Mengen von Trassenwässern eingeleitet würden.

Aufgrund einer Eingabe des Beschwerdeführers vom 13. April 2006 sei diesem mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land (der Erstbehörde) vom 13. Oktober 2006 die forstrechtliche Bewilligung für den errichteten Schlepperweg hinsichtlich einer Gesamtlänge von 210 lfm bewilligt worden; daraufhin habe der forstfachliche Amtssachverständige in Ergänzung seines Gutachtens mit Stellungnahme vom 28. Dezember 2006 eine Anpassung des Auflagenpunktes 1. des erstbehördlichen Bescheides (Einebnung über eine Länge von nur ca. 100 lfm statt ca. 310 lfm) vorgeschlagen.

Der (im Berufungsverfahren noch) verfahrensgegenständliche Weg sei ohne Konsens der Behörde errichtet worden.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, bei der Errichtung einer Bringungsanlage sei gemäß § 60 Abs. 1 ForstG das sogenannte Maßhaltegebot zu beachten. Bei Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze durch die mit der Errichtung verbundenen Eingriffe liege eine Forststraße im Sinn des Forstgesetzes vor, sodass die diesbezüglichen Anmelde- bzw. Bewilligungstatbestände griffen. Dies sei bei dem gegenständlichen Weg der Fall. Da ungeachtet dessen keine Bewilligung oder Anmeldung für den Bau einer Forststraße für den noch verfahrensgegenständlichen Verlauf vorliege, seien die im Spruch umschriebenen Maßnahmen gemäß § 172 Abs. 6 ForstG anzuordnen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 172 Abs. 6 ForstG hat die Behörde, wenn Waldeigentümer, Einforstungsberechtigte oder andere Personen bei Behandlung des Waldes oder in seinem Gefährdungsbereich (§ 40 Abs. 1 ForstG) die forstrechtlichen Vorschriften außer Acht lassen, unbeschadet der allfälligen Einleitung eines Strafverfahrens, die zur umgehenden Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes möglichen Vorkehrungen einschließlich der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen, wie insbesondere

  1. a) die rechtzeitige und sachgemäße Wiederbewaldung,
  2. b) die Verhinderung und die Abstandnahme von Waldverwüstungen,
  3. c) die Räumung des Waldes von Schadhölzern und sonstigen die Walderhaltung gefährdenden Bestandsresten, sowie die Wildparkräumung,

    d) die Verhinderung und tunlichste Beseitigung der durch die Fällung oder Bringung verursachten Schäden an Waldboden oder Bewuchs oder

    e) die Einstellung gesetzeswidriger Fällungen oder Nebennutzungen,

    den Verpflichteten durch Bescheid aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und nötigenfalls gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten durchführen zu lassen.

    Gemäß § 59 Abs. 1 ForstG sind forstliche Bringungsanlagen im Sinne dieses Bundesgesetzes (kurz Bringungsanlagen genannt) Forststraßen und forstliche Materialseilbahnen.

    Bringungsanlagen sind gemäß § 60 Abs. 1 ForstG so zu planen, zu errichten und zu erhalten, dass unter Berücksichtigung technischer und wirtschaftlicher Gesichtspunkte Waldboden und Bewuchs möglichst wenig Schaden erleiden, insbesondere in den Wald nur so weit eingegriffen wird, als es dessen Erschließung erfordert.

    Gemäß § 60 Abs. 2 ForstG darf - unbeschadet der Bestimmung des § 60 Abs. 1 ForstG - durch die Errichtung, Erhaltung und Benützung von Bringungsanlagen jedenfalls (u.a.) nicht eine gefährliche Erosion herbeigeführt (lit. a), der Hochwasserabfluss von Wildbächen behindert (lit. b), die Gleichgewichtslage von Rutschgelände gestört (lit. d) oder der Abfluss von Niederschlagswässern so ungünstig beeinflusst werden, dass Gefahren oder Schäden landeskultureller Art heraufbeschworen oder die Walderhaltung gefährdet oder unmöglich gemacht werden (lit. e).

    Voraussetzung der Erteilung eines forstbehördlichen Auftrages nach § 172 Abs. 6 ForstG ist, dass es sich bei der betreffenden Fläche zum Zeitpunkt des Zuwiderhandelns gegen forstliche Vorschriften und zum Zeitpunkt der Erlassung des forstpolizeilichen Auftrages um Wald im Sinn des Forstgesetzes handelt. Tatbestandsvoraussetzung des § 172 Abs. 6 ForstG ist darüber hinaus ein Verstoß gegen forstrechtliche Vorschriften, z. B. das Rodungsverbot (§ 17 Abs. 1 ForstG), das Verbot der Waldverwüstung (§ 16 Abs. 1 ForstG), das Gebot der rechtzeitigen Wiederbewaldung (§ 13 Abs. 1 ForstG; vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. September 2003, Zl. 2003/10/0075, mwN) oder das in § 60 Abs. 1 ForstG normierte "Maßhaltegebot" (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 1989, Zl. 87/10/0132).

    Bereits die Behörde erster Instanz hat - in der Berufung des Beschwerdeführers nicht bekämpft - festgestellt, dass dieser auf dem ihm gehörenden Grundstück Nr. 1029/1 KG L, einer Waldparzelle, eine Forststraße errichtet hat. Auch die Beschwerde zieht die Waldeigenschaft der betreffenden Grundflächen nicht in Zweifel. Der Verwaltungsgerichtshof geht somit vom Vorliegen der angeführten ersten Tatbestandsvoraussetzung des § 172 Abs. 6 ForstG aus.

    In Weiteren bezeichnet die Beschwerde zwar die Annahme der belangten Behörde, es liege ein "konsenslos errichteter Weg" vor, als unrichtig, bestreitet allerdings nicht konkret die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, wonach für den verfahrensgegenständlichen Weg - mit Ausnahme des Bewilligungsumfangs laut Bescheid der Behörde erster Instanz vom 13. Oktober 2006 - weder eine Bewilligung noch eine Anmeldung für den Bau einer Forststraße vorliege (vgl. §§ 62 ff ForstG).

    Der Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass auch bei einem Verstoß gegen das in § 60 Abs. 1 ForstG normierte Maßhaltegebot ein forstpolizeilicher auf § 172 Abs. 6 iVm § 60 Abs. 1 ForstG gestützter Auftrag rechtlich zulässig ist; ein derartiger Verstoß liegt etwa dann vor, wenn es durch die Steilheit der Wegtrasse bzw. die fehlende Oberflächenentwässerung zu einer raschen Erosion bzw. Grabenbildung kommt und in weiterer Folge ein Nachrutschen der bergseitigen Böschungen zu erwarten ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 22. April 2002, Zl. 99/10/0057).

    Angesichts der weiteren nicht bekämpften Feststellung der belangten Behörde, dass von dem errichteten Weg durch erhebliche Mengen von in einen Murenkörper eingeleiteten Trassenwässern eine Gefährdung von Wohnobjekten und Straßen ausgehe, begegnet daher die Auffassung der belangten Behörde, auch die weitere Tatbestandsvoraussetzung des § 172 Abs. 6 ForstG liege vor, keinen Bedenken.

    Mit Blick auf diese Tatbestandsvoraussetzungen gehen allerdings die Beschwerdeausführungen zu "uralten, ersessenen Geh- und Fahrtrechten" an einem alten "Rechtsweg" ins Leere.

    Soweit die Beschwerde vorbringt, der dem angefochtenen Bescheid angeschlossene Lageplan weise eine falsche planliche Darstellung auf, stellt dies eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung dar (§ 41 Abs. 1 erster Satz VwGG):

    Die das Gutachten vom 5. Jänner 2006 ergänzende Stellungnahme des Amtssachverständigen vom 28. Dezember 2006 samt dem erwähnten Lageplan wurde dem Beschwerdeführer unter Einräumung der Möglichkeit zur Stellungnahme nach § 45 Abs. 3 AVG binnen zwei Wochen am 11. Jänner 2007 zugestellt; der Beschwerdeführer hat die Richtigkeit des Lageplans allerdings bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides am 19. März 2007 nicht in Zweifel gezogen.

    Der in der Beschwerde schließlich behauptete unzulässige Eingriff in das Eigentum Dritter kann schon deshalb nicht vorliegen, weil sich der von der belangten Behörde bestätigte forstbehördliche Auftrag auf das unstrittig im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Grundstück Nr. 1029/01 KG L bezieht.

    Nach dem Gesagten liegt die geltend gemachte Rechtswidrigkeit nicht vor; die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

    Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

    Wien, am 14. Juli 2011

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