VwGH 2007/07/0021

VwGH2007/07/002123.4.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Jantschgi, über die Beschwerde

1. des H R in K und 2. des Dr. C P in L, beide vertreten durch Dr. Wolfgang List, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Barmherzigengasse 17/6/31, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 25. Jänner 2007, Zl. IIIa1-W- 60.223/1, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde S, vertreten durch Dr. Simon Brüggl und Dr. Günter Harasser, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Rathausplatz 2/II), zu Recht erkannt:

Normen

AWG 2002 §3 Abs1 Z1 idF 2006/I/034;
VwRallg;
WRG 1959 §111;
WRG 1959 §15 Abs1;
AWG 2002 §3 Abs1 Z1 idF 2006/I/034;
VwRallg;
WRG 1959 §111;
WRG 1959 §15 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben zu gleichen Teilen dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft K (kurz: BH) vom 30. Dezember 2006 wurde der mitbeteiligten Partei, Gemeinde S., die wasserrechtliche Bewilligung für die beantragte Einbringung von Räumschnee in die Großache unter Nutzung der Einbringungsstelle "G.-Straße" nach Maßgabe der eingereichten Projektsunterlagen und unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen befristet bis Ablauf des 31. März 2010 erteilt.

Spruchpunkt I A enthält u.a. folgende Auflagen:

"...

1. Die Schneeeinbringung darf nur in einem Zeitraum von maximal 48 Stunden nach dem Ende des letzten Schneefalls, der zu einer Neuschneehöhe von mindestens 10 cm geführt hat, eingebracht werden.

2. Der eingebrachte Schnee darf augenscheinlich nicht massiv mit Streusplitt oder Müll verunreinigt sein.

  1. 3. ...
  2. 4. Der eingebrachte Schnee darf nur an der hiefür vorgesehenen Abladestelle eingebracht werden und darf den benetzten Flussquerschnitt bis max. 50 % und die insgesamte Sohlbreite bis max. 50 % reduzieren.

    ....."

    Unter Spruchpunkt I B wurde folgende Auflage aus

    gewässerökologischer Sicht aufgenommen:

    "Für den Wasserkörper Nr. ... ist an der Gütemessstelle G./K. (Messstellen-Nr. ...) im Jahre 2007 eine WRG-konforme Fischuntersuchung durchzuführen. Die methodischen Anforderungen sind in der Gewässerzustandsüberwachungsverordnung (GZÜV), BGBl. II Nr. 479/2006, festgelegt.

    Hinweis: Es wird seitens der Gewässeraufsicht hiefür eine Überwachungsmessstelle zu Ermittlungszwecken (§ 59f WRG 1959) eingerichtet."

    Unter Spruchpunkt II dieses Bescheides wurde das Maß und die Art der Wasserbenutzung mit der Einbringung von maximal 48 Stunden altem und nicht augenscheinlich verunreinigtem Räumschnee an der genannten Einbringungsstelle in die Großache bei einer maximalen Ausnutzung des benetzten Fließquerschnittes sowie der Sohlbreite von maximal 50 % bestimmt. Die einzubringende Schneemenge wurde mit maximal 15.000 m3 pro Wintersaison begrenzt.

    Gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien als Fischereiberechtigte Berufung.

    Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 25. Jänner 2007 wurden die Berufungen der beschwerdeführenden Parteien als unbegründet abgewiesen.

    In der Begründung des angefochtenen Bescheides heißt es, in der Berufung sei ausgeführt worden, dass den beschwerdeführenden Parteien als Fischereiberechtigten jedenfalls dann ein subjektiver Anspruch auf Versagung der Genehmigung zukomme, wenn die erteilte Genehmigung dem WRG 1959 eindeutig widerspreche, was im gegenständlichen Fall zutreffe.

    Im Konkreten widerspreche - nach Ansicht der beschwerdeführenden Parteien - die erteilte Genehmigung nämlich § 105 Abs. 1 lit. m WRG 1959, weil durch die Schneeeinbringung - bestätigt insbesondere durch die ergänzenden Ausführungen des ökologischen Amtssachverständigen - eine wesentliche Beeinträchtigung des ökologischen Zustandes des betroffenen Gewässers zu besorgen sei. Der gewässerökologische Amtssachverständige habe in seiner zusammenfassenden Beurteilung ausgeführt, dass die Schneeeinbringung eine große stoffliche und mechanische Belastung für das betroffene Gewässer darstelle und dies eine erhebliche Störung des natürlichen Fischaufkommens zur Folge habe.

    Ergänzend habe der Amtssachverständige zum Grad bzw. Ausmaß der Beeinträchtigung der Gewässer - so die beschwerdeführenden Parteien weiter - ausgeführt, dass die Beeinträchtigung als wesentliche, weit über das Maß der Geringfügigkeit hinausgehende Beeinträchtigung zu werten sei. In Anbetracht dessen sei auch vom Vorliegen einer Zustandsverschlechterung des Gewässers (i.S. des § 30a WRG 1959) auszugehen.

    Es werde nach Ansicht der beschwerdeführenden Parteien die vom ökologischen Amtssachverständigen für notwendig erachtete Vorschreibung, um die im höchsten Maße belasteten Beeinträchtigungen des Gewässers - vor allem hinsichtlich der Fischbestände - zu mildern und damit das Projekt bewilligungsfähig zu machen, keinesfalls als ausreichend betrachtet.

    Auch die Auflagen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen, wie die Führung eines Betriebsbuches oder Vorschreibung eines maximal 48-Stunden-Zeitraumes, könnten nach Auffassung der beschwerdeführenden Parteien keinesfalls die massiven Belastungen, die unter anderem auch den Uferbereich beträfen, legitimieren.

    Ein Wegfall der in § 15 WRG 1959 normierten Einschränkung sei nach Auffassung der beschwerdeführenden Parteien selbst im Falle (von der Wasserrechtsbehörde) zu berücksichtigender öffentlicher Interessen, insbesondere des ökologischen Zustandes der Gewässer i. S. des § 105 lit. m WRG 1959, nicht vorgesehen.

    Dem sei Folgendes entgegenzuhalten:

    Ein subjektiver Anspruch der beschwerdeführenden Parteien als Fischereiberechtigte auf Versagung der Bewilligung zur Einbringung von Räumschnee sei klar zu verneinen.

    Es treffe auch nicht zu, dass die über ergänzende Befragung erstattete Aussage ("wesentliche Beeinträchtigung") des ökologischen Amtssachverständigen die Annahme rechtfertige, dass mit der Bewilligungserteilung zwingend eine Zustandsverschlechterung des Gewässers im Sinne des § 30a WRG 1959 einhergehe bzw. eine solche bereits vorliege.

    Eine diese Annahme rechtfertigende Aussage habe der ökologische Amtssachverständige nicht getätigt, sondern darauf verwiesen, dass es im Hinblick auf eine abschließende Beurteilung weiterführender Erhebungen im Sinne der von ihm für erforderlich erachteten Vorschreibung bedürfe. Zu verweisen sei in diesem Konnex auch auf die Ausführung in dessen Gutachten vom 19. Dezember 2006, wonach eine Zustandsanalyse gemäß Wasserrahmenrichtlinie bzw. WRG 1959 infolge derzeit noch nicht exakt festgelegter Bewertungsmethoden nicht vorliege.

    Im Hinblick auf die wörtlich wiedergegebene Beurteilung des ökologischen Amtssachverständigen sei weiters festzuhalten, dass mit der bisher praktizierten Art der Räumschneeeinbringung eine erhebliche Störung des natürlichen Fischaufkommens verbunden gewesen sei, weil diese eine Beeinträchtigung der Gewässersohle sowie eine Veränderung der Strömungsverhältnisse im aufgestauten Flussbett hervorgerufen habe. Zudem sei es mit der Einbringung von Räumschnee auch zur Einbringung von Straßensplitt gekommen.

    Gerade im Hinblick auf diese Ausführungen des gewässerökologischen Amtssachverständigen habe die Behörde erster Instanz eine dezidierte Festlegung der für die künftige Schneeräumung geltenden Rahmenbedingungen vorgenommen.

    Dies veranschaulichten insbesondere die Auflagen 1, 2 und 4 des Spruchpunktes I/A und Spruchpunkt II des erstinstanzlichen Bescheides.

    Aus diesen Nebenbestimmungen ergebe sich im Wesentlichen Folgendes:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 3 Abs. 1 Z. 1 AWG 2002 i.d.F. des Umweltrechtsanpassungsgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 34/2006, gilt dieses Bundesgesetz nicht für Stoffe, die in Übereinstimmung mit den wasserrechtlichen Vorschriften in Gewässer oder in eine Kanalisation eingebracht werden.

§ 15 Abs. 1 WRG 1959 lautet:

"Die Fischereiberechtigten können anlässlich der Bewilligung von Vorhaben mit nachteiligen Folgen für ihre Fischwässer Maßnahmen zum Schutz der Fischerei begehren. Dem Begehren ist Rechnung zu tragen, insoweit hiedurch das geplante Vorhaben nicht unverhältnismäßig erschwert wird. Für sämtliche aus einem Vorhaben erwachsenden vermögensrechtlichen Nachteile gebührt den Fischereiberechtigten eine angemessene Entschädigung (§ 117)."

Nach § 105 Abs. 1 lit. m WRG 1959 kann im öffentlichen Interesse ein Antrag auf Bewilligung eines Vorhabens insbesondere dann als unzulässig angesehen werden oder nur unter entsprechenden Auflagen und Nebenbestimmungen bewilligt werden, wenn eine wesentliche Beeinträchtigung des ökologischen Zustandes der Gewässer zu besorgen ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 26. März 2009, Zl. 2007/07/0013, näher dargelegt hat, fällt Räumschnee unter den Begriff "Stoffe" im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 1 AWG 2002 i.d.g.F., weshalb das AWG auf die gegenständliche Einbringung von Räumschnee in das genannte Gewässer nicht anzuwenden ist. Auf die nähere Begründung dieses Erkenntnisses, das dieselben beschwerdeführenden Parteien betrifft, wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Fischereirechte haben zwar im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren unter den Voraussetzungen des § 15 WRG 1959 Berücksichtigung zu finden, sie stehen jedoch der Bewilligung grundsätzlich nicht entgegen. Der Fischereiberechtigte kann somit nicht verlangen, dass eine nachgesuchte Wasserbenutzung überhaupt nicht stattfindet und anstelle der projektierten eine völlig andere Anlage errichtet werde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. April 1997, Zl. 95/07/0174 u.a., m.w.N.).

Mit den allgemeinen Ausführungen zum Vorliegen einer wesentlichen Beeinträchtigung des ökologischen Zustandes des in Rede stehenden Gewässers aufgrund der bewilligten Einbringung von Räumschnee machen die beschwerdeführenden Parteien öffentliche Interessen nach § 105 Abs. 1 lit. m WRG 1959 geltend, zeigen jedoch keine konkrete Verletzung ihrer subjektiven Rechte als Fischereiberechtigte auf.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Wahrung der im § 105 WRG 1959 verankerten öffentlichen Interessen nämlich ausschließlich der Wasserrechtsbehörde überantwortet. Parteien des wasserrechtlichen Verfahrens können aus § 105 WRG 1959 hingegen keine subjektiven Rechte ableiten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2003, Zl. 2002/07/0122, m.w.N.). Die in diesem Zusammenhang gerügte Verletzung von Rechten der beschwerdeführenden Parteien liegt daher nicht vor. Der gerügte Verfahrensmangel, die belangte Behörde sei nicht näher auf die Ausführungen des Amtssachverständigen für Gewässerökologie, ob es durch die projektierte Einbringung von Räumschnee zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des ökologischen Zustandes des Gewässers komme, eingegangen, ist daher mangels Relevanz in Bezug auf die Parteirechte der beschwerdeführenden Parteien nicht wesentlich.

Auch der Hinweis der Beschwerdeführer darauf, dass sich der gewässerökologische Amtssachverständige im Sinne der Anwendung einer "best practice" gegen eine direkte Einbringung von Räumschnee in das Gewässer aussprach, vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Diese Sachverständigenaussage läuft auf eine Verweigerung der von der mitbeteiligten Partei angestrebten wasserrechtlichen Bewilligung hinaus. Es braucht im Beschwerdefall nicht geprüft werden, ob die anzuwendenden Normen eine solche Verweigerung aus dem Grund, dass nicht eine "best practice" angewendet werde, überhaupt zuließen. Die Fischereiberechtigten haben nämlich - wie bereits dargestellt - keinen Anspruch auf die Verweigerung der Bewilligung. Abgesehen davon bezog sich die Äußerung des Amtssachverständigen für Gewässerökologie nach den Ausführungen im angefochtenen Bescheid auf die Schneeeinbringung, wie sie in der Praxis vor dem angefochtenen Bescheid gehandhabt wurde. Die belangte Behörde argumentiert nun im angefochtenen Bescheid, auf Grund der Äußerung des Amtssachverständigen für Gewässerökologie seien Auflagen vorgesehen worden, die die bisherigen Nachteile der Schneeeinräumung hintan hielten. Dies bleibt in der Beschwerde unberücksichtigt.

Insoweit in der Beschwerde gerügt wird, es hätte eine Genehmigung lediglich maximal bis zum Abschluss der Untersuchungen im Jahre 2007 erteilt werden dürfen, so ist dem entgegenzuhalten, dass die mitbeteiligte Partei in den Einreichunterlagen eine Befristung auf die Dauer von fünf Jahren (bis einschließlich 31. Mai 2011) beantragte. Die tatsächliche Bewilligung wurde um mehr als ein Jahr verkürzt (bis 31. März 2010) erteilt. Aus den im Zuge des wasserrechtlichen Verfahrens aufgestellten Forderungen des gewässerökologischen Amtssachverständigen war jedoch für die Behörde nicht ableitbar und erkennbar, dass eine wasserrechtliche Bewilligung allenfalls nur bis zum Abschluss der im Jahre 2007 gemäß Spruchpunkt I B durchzuführenden Untersuchung zu befristen wäre. Überdies wurde von den beschwerdeführenden Parteien auch in der Berufung keine diesbezügliche Forderung erhoben. Dass durch die festgelegte Befristung in nach dem WRG 1959 geschützte Rechte der Beschwerdeführer als Fischereiberechtigte eingegriffen würde, vermögen diese hingegen nicht darzutun.

Ferner zeigen die beschwerdeführenden Parteien mit ihren allgemeinen Ausführungen betreffend die ihrer Ansicht nach notwendige Anwendung des § 30g WRG 1959 bzw. die analoge Anwendung des § 33b WRG 1959 keine Verletzung von subjektiven Rechten auf, zumal ihnen als Fischereiberechtigten nach § 15 Abs. 1 WRG 1959 - wie bereits dargestellt - kein Anspruch darauf zusteht, dass eine beantragte Wasserbenutzung überhaupt nicht stattfindet bzw. anstelle der projektierten eine völlig andere Anlage errichtet werde. Sie machen nämlich damit im Ergebnis lediglich die Verletzung von öffentlichen Interessen geltend, aus denen sie gleichfalls - wie bereits dargelegt - keine subjektiven Rechte ableiten können, zumal seitens der beigezogenen Amtssachverständigen zum Schutz der Fischereiberechtigten keine weitergehenden - über die in die Bewilligung aufgenommenen Auflagen hinausgehenden - Beschränkungen gefordert wurden und die Notwendigkeit der Aufnahme solcher Beschränkungen auch von den beschwerdeführenden Parteien im Zuge des Verwaltungsverfahrens nicht konkret aufgezeigt wurde.

Soweit die Beschwerdeführer eine "Ungenauigkeit" der Auflage über das Verbot der Verunreinigung von in das Gewässer einzubringendem Schnee rügen, ist ihnen entgegen zu halten, dass sie diesbezügliche Bedenken im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht haben, weshalb eine solche Rüge im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr nachgeholt werden kann (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 2002, 98/07/0103 u.a.).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 23. April 2009

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