VwGH 2007/06/0193

VwGH2007/06/019317.8.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, in der Beschwerdesache

  1. 1. des Nachlasses nach JL, 2.derW L, 3.desMag.B G,
  2. 4. derMag.B-W, alle in Q, alle vertreten durch Dr.Peter Primus, Rechtsanwalt in 8010Graz, Schlögelgasse5/II, gegen den Bescheid der Berufungskommission der StadtGraz vom 27.Juni2007, Zl.018333/2006-7, betreffend Duldungsverpflichtung (mitbeteiligte Partei: Mag.A G in Q, vertreten durch Klein,WuntschekPartner RechtsanwälteGmbH in 8010 Graz, Kaiser-Franz-Josef-Kai70), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §66 Abs4;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Stadt Graz Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der Grundstücke Nr. 629/3 bzw. 629/4, KG Y. Der Mitbeteiligte ist Eigentümer des südlich daran angrenzenden Grundstückes Nr. 630/3. Auf den Grundstücken der Beschwerdeführer befindet sich eine Zufahrt an der Grundgrenze zur Liegenschaft des Mitbeteiligten, die durch eine Stützmauer gegenüber der Liegenschaft des Mitbeteiligten abgesichert wird.

Im Akt befindet sich ein von den Beschwerdeführern eingeholtes Gutachten des Dipl. Ing. E. vom 30. Mai 2006 betreffend die Standsicherheit der Stützmauer (einschließlich einer Fotodokumentation). Darin wird festgehalten, dass eine geringe Anzahl der Längsbinder oder Distanzstäbe (Fertigteile 12 x 12 cm) gebrochen sei. Dabei sei Füllmaterial der Kiespackung leicht ausgetreten. Einzelne Bewehrungsstäbe FT-Distanzhalter lägen frei und zeigten Ansätze von Korrosionsbildungen. Die Stützwand sei im Grundriss leicht ausgebaucht. Sowohl die Kippsicherheit als auch die Gleitsicherheit seien in ausreichendem Maß gegeben. Die als Kantenpressung ermittelten Bodenpressungen lägen im Bereich der zulässigen Pressungen für den vorgefundenen Boden. Die Schäden an den Längsstäben seien durch sogenannte "Betonplomben", jene der freiliegenden Bewehrungsstäbe durch fachgerechte Betonergänzungen zu beheben. Bei der Sanierung sei zu beachten, dass eine freie Wasserableitung aus der Stützmauer weiterhin erhalten bleiben müsse. Die Standsicherheit der Wand sei gegeben.

Mit Bescheid vom 14. Juni 2006 erteilte der Stadtsenat der Stadt Graz den Beschwerdeführern gemäß § 39 des Steiermärkischen Baugesetzes den Auftrag, die Schäden an den Längshöhen der Stützmauer durch sogenannte "Betonplanken" zu beheben und hinsichtlich der freiliegenden Stäbe fachgerechte Betonergänzungen anzubringen . Eine freie Wasserableitung aus der Stützmauer müsse weiterhin erhalten bleiben.

Mit Schreiben vom 18. Juli 2006 beantragten die Beschwerdeführer, die "Genehmigung zum Betreten" des gegenständlichen Grundstückes zwecks Sanierung der Stützmauer "bis zur 35. Kalenderwoche 2006".

Mit Bescheid vom 9. August 2006 verpflichtete der Stadtsenat der Stadt Graz den Mitbeteiligten gemäß § 36 Abs. 2 des Steiermärkischen Baugesetzes, die vorübergehende Benutzung seines Grundes für Instandsetzungsmaßnahmen an der bestehenden Stützmauer in den Kalenderwochen 33. bis 35. des Jahres 2006 zu dulden.

Dagegen erhob der Mitbeteiligte Berufung, in der er im Wesentlichen darlegte, dass er nichts gegen die Sanierung habe, vor Aufnahme der Arbeiten aber eine Neuvermessung der Grundgrenze wünsche.

Mit Schreiben vom 29. Oktober 2006 legte der Mitbeteiligte einen Lageplan vor und führte aus, aus diesem sei zu entnehmen, dass die Stützmauer auf einer Länge von ca. 11 m über die Grundstücksgrenze auf das Grundstück des Mitbeteiligten gerutscht sei, und zwar von Osten nach Westen von 24 cm bis auf wenige Zentimeter. Der im westlichen Bereich der Mauer befindliche Grenzstein habe nicht gesetzt werden können, weil die Mauer darüber stehe. Anhand des Vermessungsergebnisses sei zu ersehen, dass die Stützmauer nicht stabil sei.

In einem Schreiben vom 22. November 2006 teilte der nunmehr anwaltlich vertretene Mitbeteiligte der Berufungsbehörde mit, dass sich nach der Vermessung des Dipl. Ing. K. ergebe, dass die gegenständliche Stützmauer nicht mehr auf dem "ursprünglich angesuchten" Grundstücksteil der Zweit- und Drittbeschwerdeführer liege. Dieses Vermessungsgutachten sei durch ein weiteres Vermessungsgutachten, welches seitens der Beschwerdeführer in Auftrag gegeben und von Dipl. Ing. B. durchgeführt worden sei, entsprechend bestätigt worden.

Im vom Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27. November 2006 vorgelegten Lageplan, der der Vermessung durch Dipl. Ing. K. zugrunde gelegen ist, ist vermerkt, dass ein "Stein 24 cm nach Süden gerutscht!" sei und dass in einem bestimmten eingezeichneten Bereich eine "Überbauung Mauer" vorliege.

Mit Schreiben vom 4. Dezember 2006 gewährte die belangte Behörde den Beschwerdeführern zu dem Schreiben des Mitbeteiligten vom 29. Oktober 2006 (mit Lageplan) und den Schriftsätzen des Rechtsvertreters des Mitbeteiligten vom 22. November 2006 und vom 27. November 2006 (mit Vermessungsplan der K. GmbH) Parteiengehör.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Berufung des Mitbeteiligten Folge gegeben und der Bescheid des Stadtsenates der Stadt Graz vom 9. August 2006 gemäß § 66 Abs. 4 AVG behoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, Vermessungsarbeiten seien durchgeführt worden. Aus dem Plan der K. GmbH gehe hervor, dass ein Teil der Stützmauer auf das Grundstück des Mitbeteiligten gerutscht sei. Dadurch, dass sich ein Teil der Mauer nunmehr konsenswidrig auf Nachbargrund befinde, sei die Konsensmäßigkeit der Mauer untergegangen. Daher habe auch die bescheidmäßig ausgesprochene Duldung zur vorübergehenden Benutzung fremden Grundes nicht aufrecht erhalten werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Berufung beantragt.

Die Beschwerde ist nicht zulässig:

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Ausschlaggebend für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation ist sohin, ob der Beschwerdeführer nach Lage des Falles durch den bekämpften Bescheid - ohne Rücksicht auf dessen Gesetzmäßigkeit - in einem subjektiven Recht überhaupt verletzt sein kann. Fehlt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in der Sphäre des Beschwerdeführers, so mangelt diesem die Beschwerdeberechtigung. Die Rechtsverletzungsmöglichkeit wird immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied macht, ob der Bescheid aufrecht bleibt oder aufgehoben wird (vgl. den hg. Beschluss vom 24. März 1998, Zl. 97/05/0053, mwN).

Im vorliegenden Fall wurde mit dem in Beschwerde gezogenen Berufungsbescheid vom 27. Juni 2007 über eine Duldungsverpflichtung antragsgemäß für die 33. bis 35. Kalenderwoche des Jahres 2006 abgesprochen. Zwar wurde der erstinstanzliche Bescheid, mit dem diese Duldungsverpflichtung festgelegt worden war, mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG behoben. Ein den Beschwerdeführern Recht gebendes, den Berufungsbescheid aufhebendes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes hätte aber dennoch bloß zur möglichen Folge, dass die Berufungsbehörde angesichts der Bindung an die Sache, die Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung war, lediglich einen für die Beschwerdeführer durch den Zeitablauf ins Leere gehenden Bescheid, nämlich im Sinne einer Duldungsverpflichtung für die 33. bis 35. Kalenderwoche des Jahres 2006, erlassen könnte. Diese rechtliche Situation lag bereits bei der Erhebung der gegenständlichen Beschwerde vor. Somit mangelt es im vorliegenden Fall an einer Rechtsverletzungsmöglichkeit im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG und damit am Rechtsschutzbedürfnis der Beschwerdeführer. Die Rechtsstellung der Beschwerdeführer würde sich durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht ändern, und es könnte dessen Aufhebung eine Verbesserung der Rechtsposition der Beschwerdeführer, gegenüber denen die normative Wirkung der Berechtigung, dass ihre Bauführung geduldet werde, bereits im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bzw. der Beschwerdeerhebung ohnedies nicht mehr aufrecht war, nicht herbeiführen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat als unzulässig zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 17. August 2010

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