VwGH 2007/05/0160

VwGH2007/05/01602.4.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der G GmbH in Deutsch Wagram, vertreten durch Dr. Eric Agstner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Tuchlauben 11, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. März 2007, Zl. 13.360/1676- III/3/07, betreffend Ausfuhr von Kriegsmaterial, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs2;
KriegsmaterialG 1977 §3 Abs1 Z2;
KriegsmaterialG 1977 §3 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
KriegsmaterialG 1977 §3 Abs1 Z2;
KriegsmaterialG 1977 §3 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 7. März 2006 beantragte die Beschwerdeführerin die Bewilligung zur Ausfuhr von 200 Stück Glock 18, 9x19 Maschinenpistolen, und 4 Stück Glock Pistolenteilen Lauf und Verschluss für Glock 18 in die demokratische Volksrepublik Algerien. Sie schloss diesem Antrag neben einer Kopie der Endverbrauchsbescheinigung des algerischen Verteidigungsministeriums unter anderem einen Kommentar über die Ausfuhr von Pistolen nach Algerien an.

Die belangte Behörde befasste im Rahmen des Verwaltungsverfahrens das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten und das Bundesministerium für Landesverteidigung (BMLV). Das letztgenannte Ministerium führte in seiner Stellungnahme vom 17. März 2006 aus, es bestünden gegen die Stattgebung des Antrages vom Standpunkt der Wahrung der nationalen österreichischen militärischen Interessen grundsätzlich keine Bedenken. Es werde jedoch ausdrücklich auf die komplexe politische Lage in diesem Staat hingewiesen.

Das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMeiA) teilte in seiner Stellungnahme mit, dass das gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 und 3 des Bundesgesetzes über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 540/1977 (KMG) erforderliche Einvernehmen zur Bewilligung der beantragten Ausfuhr derzeit nicht hergestellt werden könne. Im gesamten Norden Algeriens, vor allem rund um die Ballungszentren, komme es regelmäßig zu Terroraktionen, welche seit Inangriffnahme der Umsetzung der am 29. September 2005 per Referendum angenommenen "Charter für Frieden und nationale Versöhnung" zunähmen. Es sei davon auszugehen, dass zumindest für die Dauer der Umsetzungsphase dieser Charter die Gefahr einer Verschärfung der Sicherheitslage und der damit verbundenen gefährlichen Spannungen bestehe. Probleme bei der Bewältigung des Terrors seien allerdings größtenteils auch ursächlich für die immer noch registrierten Menschenrechtsverletzungen im Land. So bestünde die Gefahr, dass die zur Ausfuhr bestimmten Maschinenpistolen an das algerische Verteidigungsministerium in der derzeit gespannten Lage unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung zur internen Repression benutzt werden könnten.

Im Rahmen des Parteiengehörs reagierte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 28. Juli 2006 auf die ihr übermittelten Stellungnahmen der Ministerien. Darin bestritt sie die vom BMeiA dargestellte sicherheitspolitische Situation in Algerien, wies unter anderem daraufhin, dass auch die EU Algerien unterstütze, und zitierte Berichte über die politische Situation in Algerien im Jahr 2005. Weiters wurde als Präjudiz ein Bescheid der belangten Behörde vom 6. Februar 2004 ins Treffen geführt, mit dem diese die Ausfuhr einer Pistole Glock G18 nach Algerien an das dortige Verteidigungsministerium genehmigt habe. Dem Antrag liege ein einheitlicher Auftrag des algerischen Verteidigungsministeriums über 2.831 Pistolen Glock 17 Semiautomatik und 200 Pistolen Glock 18 zugrunde. Die Ausfuhrgenehmigung für das Modell Glock 17 unterliege der Bewilligung des Wirtschaftsministeriums gemäß dem Außenhandelsgesetz, welche im Juli 2006 erteilt worden sei. Damit stehe fest, dass die Kriterien einer Verweigerung der Ausfuhr nach dem Außenhandelsgesetz, nämlich die Verschärfung bestehender Spannungen und interne Repression und Menschenrechtsverletzungen, nicht vorliegen könnten. Weiters wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass halb- und vollautomatische Pistolen nicht der Kriegsmaterialverordnung unterliegende Faustfeuerwaffen wären.

Das BMeiA führte in einer weiteren Stellungnahme vom 23. Oktober 2006 näher begründet aus, dass das Einvernehmen zur Bewilligung des gegenständlichen Ausfuhrantrages weiterhin nicht hergestellt werden könne. Es liege eine als "gefährliche Spannung" im Sinne von § 3 Abs. 1 Z. 2 KMG zu qualifizierende Situation vor. Mangels objektiver und verifizierbarer Berichte zu schweren und wiederholten Menschenrechtsverletzungen scheine hingegen der Versagungsgrund des § 3 Abs. 1 Z. 3 KMG im Zusammenhang mit der in Aussicht genommenen Waffenlieferung an die Streitkräfte derzeit nicht zweifelsfrei gegeben. Das Bestehen gefährlicher Spannungen sei jedoch ausdrücklich mit der seit Inangriffnahme der Umsetzung der Ende September 2005 angenommenen "Charter für Frieden und nationale Versöhnung" und der damit im Zusammenhang stehenden Freilassung oder Begnadigung mehrerer tausend Terroristen sowie der Exkulpierung aller staatlicher Organe oder im Interesse der Regierung handelnder Personen begründet gewesen; seit Beginn 2006 sei eine Verschärfung feststellbar. Die geschilderte Entwicklung sei als temporär zu qualifizieren und es wäre auch im gegebenen Fall nach entsprechendem Zeitablauf eine Rückkehr zur Lage vom Sommer 2005 denkbar.

Dazu erstattete die Beschwerdeführerin eine abschließende Stellungnahme vom 19. Jänner 2007, in der sie sich neuerlich gegen die Ansicht des BMeiA wandte. Dabei bezog sie sich auf einen Bericht von Amnesty International vom 10. Juli 2006, wonach das Ausmaß der Gewalt in Algerien deutlich zurückgegangen sei. Der Einschätzung des Außenamtes sei die Auskunft des jüngst aus Algier zurückgekehrten österreichischen Botschafters entgegenzuhalten, wonach eine derartige Beurteilung der Lage nicht seinem letzten Bericht entspreche. Die geschilderten Anschläge lägen bereits mehr als ein halbes Jahr zurück und bedeuteten keine nennenswert verschiedene Sicherheitslage. Die Prognose des Ministeriums zwischen dem ersten und zweiten Parteiengehör hätte sich nicht als richtig erwiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 14. März 2007 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 KMG abgewiesen und die gemäß § 1 Abs. 1 leg. cit. erforderliche Bewilligung nicht erteilt. Dies wurde nach Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen damit begründet, dass die Lage in Algerien derzeit von einer Verschärfung der Sicherheitslage infolge der Freilassung oder Begnadigung mehrerer tausend Terroristen, der Exkulpierung aller staatlichen Organe oder im Interesse der Regierung handelnder Personen sowie der sich daraus ergebenden Zunahme des gegenseitigen Misstrauens und in der Folge auch gewalttätiger bewaffneter Übergriffe von beiden Seiten geprägt sei. Diese Sicherheitslage müsse als gefährliche Spannungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 2 KMG qualifiziert werden. Diese gefährlichen Spannungen bestünden erneut seit Beginn des Jahres 2006 mit Verschärfung der Sicherheitslage seit Inangriffnahme der Umsetzung der Ende September 2005 angenommenen "Charter für Frieden und soziale Versöhnung". Beispielhaft werde auf Vorfälle zu Jahresbeginn 2006 (Auffinden einer Bombe am Gelände einer Wasseraufbereitungsanlage), im April 2006 (Terroristenanschlag auf eine Gruppe von Zollbeamten mit 13 Toten, Attentat auf eine Militärpatrouille mit 3 Todesopfern, Bombenexplosion mit einem Todesopfer und mehreren Verletzten), am 11. August 2006 (Überfall eines bewaffneten Terrorkommandos auf ein Ferienlager mit 5 Toten) und auf die seit Jahresbeginn verschärften staatlichen Sicherheitsauflagen für ausländische Geschäftsleute und Diplomaten verwiesen, welche als Indiz für eine verschärfte Sicherheitslage gewertet werden könnten. Die gegenständlichen Vorfälle stammten aus Informationen der österreichischen Botschaft in Algier, von algerischen Behörden und Berichten von Firmenvertretern an ihre Botschaften. Die Entwicklung sei grundsätzlich als temporär zu qualifizieren. Wie bereits nach Erlassen der sogenannten Concorde Civile (Amnestiegesetz 1999) sei die Frequenz der Gewaltakte auf beiden Seiten drastisch angestiegen und im Lauf der folgenden zwei Jahre wieder abgeklungen. So sei auch im vorliegenden Fall eine Rückkehr zur Lage vom Sommer 2005 denkbar, derzeit aber nicht absehbar. Es werde in diesem Zusammenhang auf die auf der Homepage des BMeiA ausgewiesene Reisewarnung für Algerien verwiesen, die auf den seit 1992 bestehenden Ausnahmezustand hinweise. Es könne daher unzweifelhaft vom Bestehen gefährlicher Spannungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 2 KMG ausgegangen werden.

Demgegenüber verweise die Beschwerdeführerin im Wesentlichen auf die politische Lage und die Sicherheitslage vor dem September 2005. Im Rahmen der Beweiswürdigung seien sämtliche von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argumente abgewogen worden, wobei sich gezeigt habe, dass die Sicherheitslage vor dem September 2005 in ihrer Entwicklung positiv zu beurteilen gewesen sei. Dies werde auch durch die Verweise der Beschwerdeführerin auf die Zusammenarbeit der USA mit den algerischen Sicherheitskräften, auf den im Jahr 1999 eingeleiteten Versöhnungsprozess und die Rede des Vorsitzenden von Human Rights Watch belegt. Dennoch sei auszuführen, dass dieser positive Prozess nicht weitergeführt worden sei, sondern aus heutiger Sicht von einer Verschärfung der Sicherheitslage ausgegangen werden müsse. An der Einschätzung dieser Situation ändere auch der Umstand nichts, dass auf EU-Ebene Bemühungen für eine Unterstützung algerischer Polizeikräfte und eine Zusammenarbeit mit polizeilichen Sicherheitskräften stattfänden. In diesem Zusammenhang solle aber nicht unerwähnt bleiben, dass die vom Antrag umfassten Waffen nicht von den polizeilichen Sicherheitskräften, sondern vom Militär verwendet werden sollten. Auch der Verweis auf andere EU-Mitgliedsstaaten, die zumindest vor 2005 Kriegsmaterial nach Algerien geliefert hätten, führe zu keiner inhaltlichen Änderung der Einschätzung der Sicherheitslage.

Nach einem Hinweis auf die Judikatur zur Ermessensentscheidung im Zusammenhang mit § 3 KMG fuhr die belangte Behörde fort, auch wenn vom Bestehen gefährlicher Spannungen auszugehen sei, könne ungeachtet dieses Versagungsgrundes eine positive Entscheidung ergehen. Bei Abwägung aller Aspekte hätten aber keine außenpolitischen, sicherheitspolitischen, militärischen oder allenfalls auch über die Kriterien der Z. 1 bis 6 des § 3 Abs. 1 KMG hinausgehenden Gesichtspunkte identifiziert werden können, die für eine Genehmigung der Ausfuhr sprechen würden. Der Judikatur entspreche es auch, dass auf den Umfang der Lieferung bei der Ermessensentscheidung Rücksicht zu nehmen sei. Aus diesem Grund bestehe auch kein Wertungswiderspruch zu der erteilten Bewilligung aus dem Jahr 2004, weil damals die Ausfuhr lediglich einer Glock 18 bewilligt worden sei. Die damalige positive Erledigung stelle somit kein Präjudiz dar und es sei diese Bewilligung auch vor der nunmehrigen Verschärfung der Sicherheitslage erfolgt. Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die Bewilligung der Ausfuhr ziviler Schusswaffen nach den Kriterien des Außenhandelsgesetzes sei verfehlt, weil im Rahmen des KMG über das Verbringen von Kriegsmaterial und nicht von zivilen Schusswaffen entschieden werde. Schon allein aus diesem Grund könne die behördliche Entscheidung auf Grund der unterschiedlichen Güter im Ergebnis zu unterschiedlichen Beurteilungen über die Zulässigkeit der beabsichtigten Transaktion führen. Da im vorliegenden Fall eine Ausfuhr des gegenständlichen Kriegsmaterials in ein Gebiet erfolgen solle, in dem gefährliche Spannungen bestünden und eine positive Ermessensentscheidung nicht erfolgen hätte können, sei eine Bewilligung der Ausfuhr nicht möglich. Weiters sei zu bemerken, dass eine Bewilligung gemäß § 1 KMG das Einvernehmen der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten nach Anhörung des Bundesministers für Landesverteidigung voraussetze. Das erforderliche Einvernehmen mit dem Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten hätte jedoch nicht hergestellt werden können, sodass eine Bewilligung der beantragten Ausfuhr auch aus diesem Grund nicht erteilt habe werden können. Abschließend werde darauf hingewiesen, dass die gegenständlichen Maschinenpistolen Glock 18 unter den Begriff Kriegsmaterial fielen. Diese Schusswaffen seien vollautomatische Schusswaffen und fielen als solche jedenfalls unter § 1 Abschnitt I Z. 1a der Kriegsmaterialverordnung.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 18. Juni 2007, B 842/07-4, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 KMG bedarf die Ein-, Aus- und Durchfuhr sowie Vermittlung von Kriegsmaterial, unbeschadet der nach anderen Rechtsvorschriften notwendigen Bewilligungen, einer Bewilligung nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes.

§ 1 der Kriegsmaterialverordnung, BGBl. Nr. 624/1977, definiert Kriegsmaterial folgendermaßen:

"§ 1. Als Kriegsmaterial sind anzusehen:

I. Waffen, Munition und Geräte

a) Halbautomatische Karabiner und Gewehre, ausgenommen Jagd- und Sportgewehre; vollautomatische Gewehre, Maschinenpistolen, Maschinenkarabiner und Maschinengewehre.

b) Maschinenkanonen, Panzerbüchsen, Panzerabwehrrohre oder ähnliche Panzerabwehrwaffen.

c) Läufe, Verschlüsse und Lafetten für Kriegsmaterial der lit. a und b.

d) Gewehrpatronen mit Vollmantelspitz- oder Vollmantelhalbspitzgeschoß, Kaliber .308 (7,62 X 51 mm) und Kaliber .223; sonstige Gewehrpatronen mit Vollmantelgeschoß, ausgenommen Jagd- und Sportpatronen; Munition mit Leuchtspur-, Rauch-, Markierungs-, Hartkern-, Brand- und Treibspiegelgeschoß sowie Gewehrgranaten für Kriegsmaterial der lit. a, ausgenommen Knallpatronen; Munition für Kriegsmaterial der lit. b."

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid auf eine entsprechende Behauptung der Beschwerdeführerin replizierend, festgehalten, dass die gegenständlichen Maschinenpistolen Glock 18 (und die 4 Stück Glock Pistolenteile Lauf und Verschluss) unter den Begriff Kriegsmaterial fielen, weil es sich um vollautomatische Schusswaffen handle, die als solche jedenfalls unter § 1 Abschnitt I Z. Ia der Kriegsmaterialverordnung fielen. Ergänzend wies sie darauf hin, dass bei einem anderen Verständnis der Qualifikation der Waffen die Antragstellung der Beschwerdeführerin nach dem KMG nicht verständlich erscheine.

Die Beschwerdeführerin führt in ihrer Beschwerde in diesem Zusammenhang aus, dass "die belangte Behörde ungeachtet des Antrages und der Bezeichnung zur materiellen Wahrheit verpflichtet sei, weil halb- und vollautomatische Pistolen nicht der Kriegsmaterialverordnung unterlägen."

Nach § 1 Z. I lit. a der Kriegsmaterialverordnung sind Maschinenpistolen jedenfalls Kriegsmaterial (vgl. dazu auch die Ausführungen von Czeppan/Petrik, Das österreichische Kriegsmaterialrecht2, S. 101); nach lit. c auch die dazugehörigen Läufe und Verschlüsse. Der im Widerspruch zum eindeutigen Verordnungswortlaut stehenden und nicht näher begründeten Ansicht der Beschwerdeführerin war daher nicht zu folgen.

Die im Gegenstand beabsichtigte Ausfuhr von Kriegsmaterial bedurfte daher einer Bewilligung nach dem KMG.

§ 3 Abs. 1 KMG in der Fassung BGBl. I Nr. 50/2005 bestimmt:

"§ 3. (1) Die Bewilligung nach § 1 wird vom Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten nach Anhörung des Bundesministers für Landesverteidigung, soweit keine anderen gesetzlichen oder völkerrechtlichen Verpflichtungen entgegenstehen, unter Anwendung von Artikel 130 Abs. 2 B-VG erteilt. Hiebei ist darauf Bedacht zu nehmen, daß

1. die Ein-, Aus- oder Durchfuhr völkerrechtlichen Verpflichtungen oder außenpolitischen Interessen der Republik Österreich nicht zuwiderläuft;

2. die Aus- oder Durchfuhr nicht in ein Gebiet erfolgen soll, in dem ein bewaffneter Konflikt herrscht, ein solcher auszubrechen droht oder sonstige gefährliche Spannungen bestehen;

3. die Aus- oder Durchfuhr nicht in ein Bestimmungsland erfolgen soll, in dem auf Grund schwerer und wiederholter Menschenrechtsverletzungen die Gefahr besteht, daß das gelieferte Kriegsmaterial zur Unterdrückung von Menschenrechten verwendet wird;

4. ..."

Eine Entscheidung nach dieser Gesetzesstelle stellt, wie der Gesetzgeber durch den ausdrücklichen Verweis auf Art. 130 Abs. 2 B-VG unmissverständlich klargestellt hat, eine Ermessensentscheidung dar. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bei solchen Entscheidungen - diese sind dadurch gekennzeichnet, dass ihr Inhalt nicht gesetzlich vorausbestimmt ist, mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zugelassen und alle diese möglichen Entscheidungen gesetzmäßig sind - auf die Prüfung zu beschränken, ob der Behörde Ermessensfehler (Ermessensüberschreitung oder Ermessensmissbrauch) unterlaufen sind und ob das Verfahren, das der Entscheidung vorausgegangen ist, den gesetzlichen Vorschriften entsprochen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1993, Zl. 92/01/0839, mwN).

Mit der Ermessensentscheidung nach § 3 Abs. 1 KMG hat sich der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1998, Zl. 97/01/1156, näher befasst und ausgeführt, dass den einzelnen Tatbeständen des § 3 Abs. 1 KMG grundsätzlich nicht der Charakter absoluter Versagungsgründe zukomme, sondern dass sie "bloß" Ermessensleitlinien bilden sollten; ihr Vorliegen könne die Versagung der Bewilligung zur Folge haben, müsse diese Konsequenz aber nicht unbedingt nach sich ziehen. Andernfalls liefe die ausdrückliche Ermessenseinräumung ins Leere, weil sich die behördliche Entscheidungsfindung in der Auslegung der in den Tatbeständen der Z. 1 bis 6 des § 3 Abs. 1 KMG enthaltenen unbestimmten Gesetzesbegriffe erschöpfte. Die Ausgestaltung der Bewilligungsfrage als Ermessensentscheidung solle der Behörde daher offenkundig auch bei Vorliegen der in § 3 Abs. 1 KMG normierten Umstände - die alle gegen eine Bewilligung sprechen - einen gewissen Spielraum einräumen.

Im angefochtenen Bescheid ging die belangte Behörde vom Vorliegen des Tatbestandes des § 3 Abs. 1 Z. 2 KMG aus ("Bestehen sonstiger gefährlicher Spannungen"), behandelte diesen aber nicht als absoluten Versagungsgrund, sondern führte im Rahmen ihrer Ermessenentscheidung ins Treffen, dass im gegenständlichen Fall keine für eine dennoch positive Entscheidung sprechenden Aspekte hervorgekommen seien.

Unter dem Aspekt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die Beschwerdeführerin geltend, das BMeiA habe die Lage in Algerien unrichtig eingeschätzt und habe unberechtigterweise den Vorwurf erhoben, die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Quellen seien veraltet bzw. einseitig ausgewählt worden.

Mit diesem Vorbringen macht die Beschwerdeführerin geltend, dass die belangte Behörde den Sachverhalt nicht ausreichend erhoben habe. Dieser Rüge kann nicht gefolgt werden. Die belangte Behörde hat mit der für eine nachprüfende Kontrolle erforderlichen Deutlichkeit dargelegt, auf welche Fakten sie ihre Annahme, es bestünden "sonstige gefährliche Spannungen," stützt. Diesbezüglich hat sie sich auf die Stellungnahme des BMeiA gestützt und neben der allgemeinen gegebenen politischen Situation in Algerien auch einzelne Vorfälle bis zum August 2006 näher dargestellt, die die Annahme des Vorliegens gefährlicher Spannungen stützen.

Auch wenn der angefochtene Bescheid im März 2007 erging, kann der Schlussfolgerung der Beschwerdeführerin, wonach es demnach in den neun Monaten davor (seit dem August 2006) zu keinen Vorfällen mehr gekommen wäre, nicht gefolgt werden, stützt sich doch die Einschätzung der politischen Verhältnisse in Algerien auf die zweite Stellungnahme des BMeiA vom 23. Oktober 2006. Aber selbst wenn seit diesem Zeitpunkt keine weiteren Vorfälle aktenkundig geworden wären, bedeutet dies noch nicht, dass diese auf Erfahrungswerte und auf die näher begründete allgemeine politische Veränderung gestützte Prognose bezogen auf den Entscheidungszeitpunkt der belangten Behörde inhaltlich unrichtig gewesen oder dass die für möglich gehaltene Beruhigung der Lage bereits eingetreten wäre.

Die Beschwerdeführerin bezieht sich zur Begründung ihrer gegenteiligen Einschätzung der politischen Lage auf eine Information des US-Departments of States vom 8. März 2006, die allerdings die weitere Entwicklung in Algerien, z.B. die von der Beschwerdeführerin nicht bestrittenen Vorfälle vom April 2006 und vom August 2006 (Anschlag auf eine Gruppe von Zollbeamten mit 13 Toten, Attentat auf eine Militärpatrouille mit 3 Toten, Bombenexplosion mit einem Todesopfer und mehreren Verletzten, Überfall eines bewaffneten Terrorkommandos auf ein Ferienlager) noch nicht berücksichtigen konnte. Der Verwaltungsgerichtshof kann daher im Ergebnis die der Schlussfolgerung der belangten Behörde über das Vorliegen "sonstiger gefährlicher Spannungen" zu Grunde liegenden Feststellungen nicht als unzureichend erkennen. In diesem Zusammenhang ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass vom Vorliegen "gefährlicher Spannungen" nicht erst dann gesprochen werden kann, wenn die Gefahr einer bewaffneten Auseinandersetzung unmittelbar droht (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1993, Zl. 92/01/0839).

Ausgehend davon begegnet die dem Bescheid zugrunde liegende Auffassung, der zu bewilligende Export von Kriegsmaterial solle in ein Gebiet erfolgen, in dem "sonstige gefährliche Spannungen" bestehen, keinen Bedenken. Der Tatbestand des § 3 Abs. 1 Z. 2 KMG ist daher erfüllt.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde die oben näher dargestellte Ermessensübung trotz Vorliegens eines Versagungsgrundes vorgenommen (vgl. die Ausführungen auf Seite 12 unten Seite 13 oben des angefochtenen Bescheides). Sie hat insbesondere darauf hingewiesen, dass Gründe für eine trotz Vorliegens eines Versagungsgrundes positive Entscheidung nicht erkennbar seien und den hier vorliegenden Fall mit näherer Begründung von einem von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Präzedenzfall abgegrenzt. Dass in dieser Ermessensübung ein Ermessensmissbrauch oder eine Ermessensüberschreitung liege, war für den Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen.

Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, dass ungeachtet der Anwendung zweier Gesetze durch zwei verschiedene Bundesbehörden (Außenhandelsgesetz bzw. KMG) von einer einheitlichen Vorgangsweise und Beurteilung der Bundesregierung ausgegangen werden müsse, insbesondere weil die Kriterien für die Erteilung von Ausfuhrbewilligungen jeweils sinngemäß ident seien. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Im vorliegenden Fall war allein zu beurteilen, ob die Versagung der Bewilligung nach dem KMG Rechte der Beschwerdeführerin verletzte. Für diese Beurteilung ist es unerheblich, wie ein anderer Sachverhalt, und sei er auch ähnlich, behandelt worden ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am 2. April 2009

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