Normen
AVG §1;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
FrPolG 2005 §2 Abs4 Z11;
FrPolG 2005 §55 Abs3;
FrPolG 2005 §65 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
FrPolG 2005 §9 Abs1 Z2;
SMG 1997 §27 Abs1;
SMG 1997 §27 Abs2 Z2;
VwRallg;
AVG §1;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
FrPolG 2005 §2 Abs4 Z11;
FrPolG 2005 §55 Abs3;
FrPolG 2005 §65 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
FrPolG 2005 §9 Abs1 Z2;
SMG 1997 §27 Abs1;
SMG 1997 §27 Abs2 Z2;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Nigeria, ist im Juli 2002 in das Bundesgebiet eingereist und hat am 23. Juli 2002 einen Asylantrag gestellt, über den bislang nicht rechtskräftig entschieden wurde.
Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom 18. November 2003 verhängte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich über den Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 des (bis zum 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen) Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot.
Diese Maßnahme stützte sie darauf, dass der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 19. Dezember 2002 nach § 27 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 SMG zu einer bedingt nachgesehenen sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden sei. Er habe - zusammengefasst - von Anfang November bis zum 26. November 2002 in einer Vielzahl von Angriffen eine nicht mehr feststellbare Menge Kokain, zum Teil im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem Mittäter, an (weitgehend) unbekannt gebliebene Abnehmer gewerbsmäßig verkauft. Mit weiterem rechtskräftigen Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 30. Juni 2003 sei der Beschwerdeführer neuerlich nach § 27 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 SMG schuldig erkannt und zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt worden. Er habe in einem Zeitraum von zwei Wochen, bis zum 8. April 2003, in mehreren Angriffen ca. fünf Kugeln Kokain und Heroin an unbekannt gebliebene Suchtgiftkonsumenten gewerbsmäßig verkauft. Darüber hinaus habe er näher angeführte Mengen an Kokain und Heroin besessen.
Eine gegen die Verhängung des Aufenthaltsverbotes erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2004, Zl. 2004/21/0117, dem die Einzelheiten des Verfahrens entnommen werden können, als unbegründet abgewiesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Punkt 1. des Bescheides vom 24. Februar 2006 wies die - im Devolutionsweg zuständig gewordene -
belangte Behörde (Bundesministerin für Inneres) den Antrag des Beschwerdeführers vom 26. April 2005, das vorgenannte Aufenthaltsverbot aufzuheben, gemäß § 65 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ab.
In ihrer Begründung führte sie aus, gemäß § 125 Abs. 3 FPG gälten Aufenthaltsverbote, deren Gültigkeitsdauer bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes (am 1. Jänner 2006) noch nicht abgelaufen sei, als nach diesem Bundesgesetz erlassene Aufenthaltsverbote mit derselben Gültigkeitsdauer. Das gegenständliche Aufenthaltsverbot sei "nach wie vor gültig", die Voraussetzungen des § 125 Abs. 3 FPG lägen vor.
Gemäß § 9 FPG entschieden über Berufungen, sofern nicht anderes bestimmt sei, im Falle von EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern und in allen anderen Fällen die Sicherheitsdirektionen in letzter Instanz. Gemäß § 2 Abs. 4 Z. 11 FPG sei ein begünstigter Drittstaatsangehöriger u.a. der Ehemann eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, der sein Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen habe, insofern dieser Drittstaatsangehörige den freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine gemeinschaftsrechtliche Begünstigung herleite, begleite oder ihm nachziehe. Daraus ergäbe sich, dass ein begünstigter Drittstaatsangehöriger eines Österreichers nur derjenige sein könne, der Angehöriger eines "EWR-Österreichers", also eines Österreichers mit Hauptwohnsitz in einem anderen EWR-Staat, geworden sei und nun den "rückwandernden Österreicher" begleite oder ihm nachziehe. Aus dem Akteninhalt ergäben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass die österreichische Ehefrau des Beschwerdeführers, die er am 30. Dezember 2004 geheiratet habe, ihre Freizügigkeit wahrgenommen hätte. Es sei daher davon auszugehen, dass er nicht Begünstigter iSd § 2 Abs. 4 Z. 11 FPG sei, weshalb die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung (im Wege der Devolution) gegeben sei.
In der Sache könne ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nach § 65 FPG nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert hätten. Im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag sei auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen dessen Aufhebung sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen. Es sei maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose im Grunde des § 60 Abs. 1 FPG dergestalt (weiterhin) zu treffen sei, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes erforderlich sei, um eine vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden, und ob die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes im Grunde der §§ 61 und 66 FPG zulässig sei. Darüber hinaus habe die Behörde auch bei dieser Entscheidung das ihr gemäß § 60 Abs. 1 FPG eingeräumte Ermessen zu üben.
Selbst wenn man davon ausgehe, dass die Bestrafung des Beschwerdeführers "eine gewisse spezialpräventive Wirkung erfüllt" habe, müsse doch festgestellt werden, dass das (oben dargestellte) Fehlverhalten noch nicht so lange zurückliege, dass auf Grund des verstrichenen Zeitraumes eine (wesentliche) Verringerung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr für die im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen (vorwiegend der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, des Schutzes "der körperlichen Integrität und des Vermögens" (gemeint: der Gesundheit) anderer) angenommen werden könne. Die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes sei daher zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten. Die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wögen - auch unter Berücksichtigung seiner Eheschließung mit einer österreichischen Staatsbürgerin - nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Aufhebung des Aufenthaltsverbotes. Auch wenn er mittlerweile Vater eines Kindes mit österreichischer Staatsbürgerschaft geworden sein sollte, könnte dies keine andere Entscheidung nach sich ziehen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass die Ansicht der belangten Behörde, sie sei gemäß § 9 Abs. 1 Z. 2 FPG (im Devolutionsweg - als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich) als Berufungsbehörde zuständig geworden, weil die österreichische Ehefrau des Beschwerdeführers ihr Recht auf gemeinschaftsrechtliche Freizügigkeit (unstrittig) nicht in Anspruch genommen habe, der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entspricht (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 29. November 2006, Zl. 2006/18/0314, mwN). Die belangte Behörde hat daher ihre Zuständigkeit als Berufungsinstanz zu Recht in Anspruch genommen.
Gemäß § 65 Abs. 1 FPG ist ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Ein darauf abzielender Antrag kann nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben. Bei Fremden, die seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes - wie der Beschwerdeführer - die Stellung eines Familienangehörigen (§ 2 Abs. 4 Z. 12 FPG) eines Österreichers erlangt haben, ist überdies zu beachten, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes nur im Grunde des § 87 iVm § 86 Abs. 1 FPG zulässig ist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 29. November 2006, Zl. 2006/18/0314, und vom 30. Jänner 2007, Zl. 2006/18/0205).
Der Beschwerdeführer verweist in seiner Beschwerde und ihrer Ergänzung vom 27. März 2007 auf sein im Verwaltungsverfahren erstattetes Vorbringen, er habe am 30. Dezember 2004 eine österreichische Staatsangehörige geheiratet; er sei am 16. Dezember 2005 Vater eines Sohnes geworden, der ebenfalls österreichischer Staatsbürger sei. Nach den seinen Verurteilungen zu Grunde liegenden Straftaten, die er im Alter von 18 und 19 Jahren (zuletzt am 8. April 2003) begangen habe, und der Entlassung aus der Strafhaft (am 7. November 2003) habe er sich wohlverhalten. Neben der familiären habe sich auch seine berufliche Situation verändert: Er sei bei den Niederösterreichischen Molkereien unselbständig als Hilfskraft beschäftigt, verdiene brutto knapp EUR 1.000,-- monatlich und habe zuletzt den Unterhalt seiner Familie alleine bestritten. Auch bemühe er sich um soziale Integration und habe zu diesem Zweck zuletzt einen Deutschkurs absolviert (vgl. dazu die im Verwaltungsverfahren erstattete Eingabe vom 13. Dezember 2005).
Dem kommt jedoch für den Ausgang des Verfahrens keine maßgebliche Bedeutung zu: Der Beschwerdeführer ist nämlich zweimal wegen (jeweils nach Vollendung des 18. Lebensjahres begangenen) gewerbsmäßigen Handels mit Heroin bzw. Kokain bestraft worden. Der zweiten Verurteilung lag ein kurz nach dem ersten Urteil vom 19. Dezember 2002 erfolgter massiver einschlägiger Rückfall (im März und April 2003) während offener Probezeit zu Grunde. Auch ist der Beschwerdeführer nach seiner Entlassung aus der Strafhaft beharrlich der ihn treffenden Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen, sodass von einem - in der Beschwerde behaupteten - Wohlverhalten (im fremdenrechtlichen Sinn) nicht die Rede sein kann.
An der hieraus abzuleitenden Gefahr des Beschwerdeführers für die öffentliche Ordnung und Sicherheit (insbesondere die Gesundheit Dritter), die wegen der besonderen Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität ein Grundinteresse der Gesellschaft im Sinn des § 86 Abs. 1 Satz 2 FPG berührt (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2007/21/0081 mwN), kann selbst die Gründung einer Familie sowie die berufliche und soziale Integration des Beschwerdeführers nichts ändern. Auch diese Umstände bieten nämlich für sich genommen keinen ausreichenden Anlass dafür, von einem Wegfall der Gründe auszugehen, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben.
Gemäß § 66 Abs. 1 iVm § 60 Abs. 6 FPG ist, würde durch das Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, dieses zulässig, wenn es zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Gemäß § 66 Abs. 2 FPG darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen und die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen Bedacht zu nehmen.
Die belangte Behörde nahm bei ihrer Interessenabwägung (gemäß § 60 Abs. 6 iVm § 66 Abs. 1 und 2 FPG) im Hinblick auf den inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers seit Juli 2002 und die Bindung an seine österreichische Ehefrau und das gemeinsame Kind ohnedies an, dass mit dem Fortbestand des Aufenthaltsverbotes ein schwerer Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden sei.
Der Beschwerde gelingt es nicht, eine Rechtswidrigkeit der behördlichen Ansicht aufzuzeigen, dass das Aufenthaltsverbot - ungeachtet des Unterbleibens weiterer gerichtlich strafbarer Handlungen des Beschwerdeführers seit seiner Entlassung aus der Strafhaft am 7. November 2003 - dennoch nach wie vor dringend geboten und nach Interessenabwägung zulässig wäre:
Zum einen hat das öffentliche Interesse an der Unterbindung der (zumal auch "harte Drogen" wie Heroin betreffenden) Suchtgiftkriminalität einen sehr großen Stellenwert (vgl. neuerlich das zitierte hg. Erkenntnis vom 27. März 2007). Zum anderen konnte der Umstand, dass der Beschwerdeführer (nunmehr) in Österreich eine familiäre Bindung aufweist, nur eingeschränkt zu seinen Gunsten ausschlagen, weil die Eheschließung erst zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, zu dem der Beschwerdeführer und seine Ehefrau wussten, dass er nicht mit einem Verbleib in Österreich rechnen durfte (vgl. zum Ganzen etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. November 2002, Zl. 2002/18/0243, und vom 29. November 2006, Zl. 2006/18/0327, mwN). Insgesamt ist daher die Trennung von seiner österreichischen Familie infolge des dargestellten großen öffentlichen Interesses in Kauf zu nehmen.
Da eine Ermessensentscheidung im Sinn der Aufhebung des Aufenthaltsverbotes auch im Blick auf § 55 Abs. 3 FPG nicht in der Intention des Gesetzes gelegen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 2007, Zl. 2006/18/0254), war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der den Vorlageaufwand der belangten Behörde umfassende Kostenzuspruch beruht im Umfang des Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Eine Gegenschrift wurde - selbst nach dem ausdrücklichen Vorbringen der belangten Behörde - nicht erstattet, sodass der dafür verzeichnete Aufwandersatz nicht zuerkannt werden konnte.
Wien, am 22. Mai 2007
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