VwGH 2006/17/0142

VwGH2006/17/014221.1.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des JB in H, vertreten durch die Rechtsanwaltspartnerschaft Dr. Helmut Venus - Mag. Herbert Lienhart in 8280 Fürstenfeld, Augustinerplatz 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 9. August 2006, Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/1230-I/7/2006, betreffend einheitliche Betriebsprämie 2005, zu Recht erkannt:

Normen

32004R0795 GAP-BeihilfenDV Art2 litg;
ABGB §1053;
ABGB §431;
GBG §32 Abs1 litb;
32004R0795 GAP-BeihilfenDV Art2 litg;
ABGB §1053;
ABGB §431;
GBG §32 Abs1 litb;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am 11. November 2004 einen Antrag auf Anerkennung als "Sonderfall - Kauf von Flächen" und legte diesem eine Sachverhaltsdarstellung sowie weitere Unterlagen bei.

In der mit 8. November 2004 datierten "Sachverhaltsdarstellung Sonderfall Kauf von Flächen" gab der Beschwerdeführer an, im Dezember 2003 mit Franz M als Verkäufer eine "mündliche Einigung über den Ankauf eines Großteils seiner Liegenschaften" getroffen und am 8. Jänner 2004 an die Agrarbezirksbehörde Graz ein Ansuchen zur Durchführung eines diesbezüglichen "Siedlungsverfahrens" gestellt zu haben. Da sich die Kaufflächen aber im Burgenland befänden, seien die Kaufunterlagen an das Amt der Burgenländischen Landesregierung weitergeleitet worden. Dieses habe allerdings am 24. Mai 2004 mitgeteilt, dass ein "Siedlungsverfahren" nicht abgewickelt werde. Damit habe es keine andere Möglichkeit gegeben, als den Kauf ohne Grunderwerbssteuerbefreiung durchzuführen. Es habe in der Folge auch unerwartete Probleme mit dem Pächter der gekauften Liegenschaften gegeben, weil - wie das Bezirksgericht Jennersdorf festgestellt habe - der Pachtvertrag nicht rechtzeitig gekündigt worden sei. Der Pächter habe auf die Bewirtschaftung im Jahr 2004 nur gegen eine hohe finanzielle Entschädigung verzichten wollen. Der Beschwerdeführer werde die Flächen daher erst ab dem Antragsjahr 2005 bewirtschaften. Auf Grund der genannten Umstände sei es nicht möglich gewesen, den Kauf früher abzuwickeln bzw. die Bewirtschaftung bereits 2004 aufzunehmen.

Dem Antrag vom 11. November 2004 wurde auch ein Schreiben an die Agrarbezirksbehörde Graz vom 1. September 2003 beigelegt, in welchem der Beschwerdeführer mitteilte, er "beabsichtige", von Franz M als Verkäufer näher genannte landwirtschaftlich genutzte Grundstücke um EUR 110.000,-- zu erwerben. Er ersuchte um die Durchführung eines Siedlungs- oder Flurbereinigungsverfahrens bzw. um die bescheidmäßige Zuteilung oder um die Errichtung eines Übereinkommens.

Weiters legte der Beschwerdeführer die Ablichtung eines von Franz M als Verkäufer und dem Beschwerdeführer als Käufer abgeschlossenen, notariell beglaubigten Kaufvertrages vom 1. Juli 2004 betreffend näher genannte Grundstücke im Gesamtausmaß von 11,2255 ha vor. Nach Punkt 2 dieses Vertrages gelte die Übergabe und Übernahme des Kaufobjektes auf den Käufer als mit 1. September 2003 als vollzogen. Die Berichtigung des Kaufpreises von EUR 80.000,-- sei anlässlich der Übernahme des Kaufobjektes am 1. September 2003 erfolgt (Punkt 3). Soweit für die Rechtswirksamkeit dieses Vertrages die Genehmigung durch eine öffentliche Behörde erforderlich sei, trete dieser gemäß Punkt 5 des Vertrages erst mit Erteilung einer solchen Genehmigung in Kraft.

Aus einem dem Antrag vom 11. November 2004 beigelegten Beschluss des Bezirksgerichtes Jennersdorf ergibt sich u. a., dass die Eintragung der Einverleibung des Eigentums an den verfahrensgegenständlichen Grundstücken zu Gunsten des Beschwerdeführers am 28. August 2004 bewilligt wurde.

Weiters legte der Beschwerdeführer dem Antrag vom 11. November 2004 die Ablichtung einer an Franz M und den Beschwerdeführer gerichteten "Ladung zum Vergleichsversuch" des Bezirksgerichts Jennersdorf vom 23. April 2004 vor. Darin wird vermerkt, dass Hermann B, Landwirt, beabsichtige, gegen die genannten Personen den Anspruch auf Einhaltung des bestehenden Pachtvertrages vom 19. Februar 2003 bzw. Bezahlung eines Schadenersatzes mit Klage geltend zu machen.

Mit dem Bescheid des Vorstands für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria vom 30. Dezember 2005 wurde dem Beschwerdeführer die einheitliche Betriebsprämie in Höhe von EUR 9.804,44 gewährt. Dabei wurden 16,92 Zahlungsansprüche mit einem Wert von je EUR 597,38 endgültig zugrundegelegt.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung, in welcher er unter Vorlage von Schreiben des Amtes der Burgenländischen Landesregierung und der Steiermärkischen Landesregierung die Auffassung zum Ausdruck brachte, der "Grund für den verspäteten Vertragsabschluss" sei bereits "ausführlich dokumentiert" worden.

Mit Schreiben vom 16. Juni 2006 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, sie gehe davon aus, dass der Kaufvertrag über die gegenständlichen landwirtschaftlichen Nutzflächen am 1. Juli 2004 abgeschlossen worden sei. Ob und wann ein Antrag an die Grundverkehrskommission zur Genehmigung des Flächenkaufs eingebracht worden sei und wann eine Bewilligung erfolgt sei, gehe aus den bisher vorgelegten Unterlagen nicht hervor. Der Beschwerdeführer werde daher aufgefordert, ergänzende Unterlagen betreffend die "Beantragung und Genehmigung des Flächenkaufs durch die Grundverkehrskommission" vorzulegen.

Mit E-Mail vom 26. Juni 2006 teilte der Beschwerdeführer der belangten Behörde mit, dass das Ersuchen um grundverkehrsbehördliche Genehmigung am 1. Juli 2004 eingereicht worden und die Genehmigung am 17. August 2004 erfolgt sei. Er übermittelte im Anhang u.a. Ablichtungen eines Grundbuchsauszuges und eines Schreibens der Agrarbehörde des Amtes der Burgenländischen Landesregierung betreffend die Abtretung des Siedlungsverfahrens.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der anzuwendenden Rechtsvorschriften aus, der Kaufvertrag über die gegenständlichen landwirtschaftlichen Nutzflächen sei am 1. Juli 2004 - und somit nach dem 15. Mai 2004 - abgeschlossen und das Ersuchen um dessen grundverkehrsbehördliche Genehmigung am selben Tag eingereicht worden. Die Genehmigung sei am 17. August 2004 erfolgt. Zum behaupteten verspäteten Kaufabschluss infolge des negativen Kompetenzkonfliktes im Zusammenhang mit den zunächst beantragten Siedlungs- bzw. Flurbereinigungsverfahren sei anzumerken, dass die Beantragung der Verfahren an Stelle des Abschlusses eines "normalen" Kaufvertrages die persönliche Entscheidung des Beschwerdeführers gewesen sei. Eine obligatorische Durchführung eines derartigen Verfahrens sei nicht vorgesehen. Überdies sei zum Zeitpunkt der Einreichung dieses Ersuchens am 8. Jänner 2004 nach den EG-Bestimmungen als letztmögliche Frist für den Flächenkauf der 29. September 2003 vorgesehen gewesen. Dieser Termin sei bereits überschritten gewesen. Erst mit der Änderung der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 durch die Verordnung (EG) Nr. 1974/2004 vom 20. November 2004 sei in Art. 21 das Datum "29.09.2003" durch das Datum "15.05.2004" ersetzt worden, um auch der Einbeziehung der so genannten zweiten Welle der GAP-Reform in die einheitliche Betriebsprämie Rechnung zu tragen. Daraus sei klar zu erkennen, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Ersuchens um Durchführung eines Siedlungs- oder Flurbereinigungsverfahrens nicht mehr davon ausgehen habe können, dass er als Betriebsinhaber in besonderer Lage (Sonderfall) anerkannt werde. Der negative Kompetenzkonflikt könne daher nicht als ein außergewöhnliches Ereignis, mit dem der Beschwerdeführer nicht habe rechnen können, angesehen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde richtet sich gegen den angefochtenen Bescheid, der dem Beschwerdeführer im Instanzenzug die einheitliche Betriebsprämie für das Jahr 2005 in einer bestimmten Höhe zuerkannte (wobei sich der Beschwerdeführer gegen die Nichtberücksichtigung der von Franz M erworbenen Flächen und damit gegen die Höhe der zuerkannten Betriebsprämie wendet). Die belangte Behörde stützte den angefochtenen Bescheid auf die Verordnungen (EG) Nr. 1782/2003, (EG) Nr. 795/2004 und (EG) Nr. 796/2004 sowie die Betriebsprämien-Verordnung, BGBl. II Nr. 336/2004, sämtliche in der geltenden Fassung.

Mit Erkenntnis vom 27. Juni 2007, G 21/07 und V 20/07, hat der Verfassungsgerichtshof u.a. die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die einheitliche Betriebsprämie (Betriebsprämie-Verordnung), BGBl. II Nr. 336/2004, als gesetzwidrig aufgehoben. Der Verfassungsgerichtshof hat dabei ausgesprochen, dass die Verordnung auf die am 11. Juni 2007 beim Verwaltungsgerichtshof und beim Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft anhängigen Verfahren nicht mehr anzuwenden sei.

Die genannte Verordnung ist daher auch im vorliegenden Beschwerdefall, in dem die Beschwerde vor dem 11. Juni 2007 beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht wurde, nicht mehr anzuwenden. Es ist daher zu prüfen, ob der angefochtene Bescheid seine Deckung in unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht findet.

Titel III der Verordnung Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, ABl. (EG) L 270, beinhaltet die Umwandlung produktionsabhängiger Direktzahlungen im Flächen- und Tierbereich in eine produktionsunabhängige einheitliche Betriebsprämie ("Betriebsprämienregelung"). Bei der Ermittlung des Beihilfenanspruchs eines Betriebsinhabers im Rahmen der Betriebsprämienregelung sind jene Zahlungen (im Rahmen von mindestens einer der Direktzahlungen gemäß Anhang VI) zu Grunde zu legen, die dieser im Bezugszeitraum 2000 bis 2002 erhalten hat (Art. 33 Abs. 1 Buchstabe a leg. cit.).

Für die Berücksichtigung besonderer Situationen, etwa für Betriebsinhaber, die sich in einer besonderen Lage befinden, verwenden die Mitgliedstaaten eine nach Art. 42 Abs. 1 leg. cit. gebildete nationale Reserve (Art. 42 Abs. 4 leg. cit.).

Nach Art. 18 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 der Kommission vom 21. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Betriebsprämienregelung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1974/2004 der Kommission vom 29. Oktober 2004 geänderten Fassung) sind für die Anwendung von Artikel 42 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 "Betriebsinhaber in besonderer Lage" Betriebsinhaber gemäß den Artikeln 19 bis 23 dieser Verordnung. Darunter fällt auch der Betriebsinhaber, der bis spätestens 15. Mai 2004 beihilfefähige Flächen gekauft hat (Art. 21 Abs. 1 und Abs. 3 leg. cit.).

Nach Art. 2 Buchstabe g leg. cit. ist unter "Verkauf" eine endgültige Übertragung des Eigentums an Flächen oder Zahlungsansprüchen zu verstehen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Anerkennung des Kaufs von rund 11 ha Fläche als "Sonderfall - Kauf von Flächen" im Wesentlichen mit der Begründung nicht entsprochen, dass der Kaufvertrag über die gegenständlichen landwirtschaftlichen Nutzflächen erst am 1. Juli 2004, also nach dem Stichtag 15. Mai 2004 geschlossen worden sei.

Der Beschwerdeführer wendet sich dagegen ausschließlich mit dem Vorbringen, den Kaufvertrag über die gegenständlichen Flächen bereits am 1. September 2003, somit vor dem Stichtag 15. Mai 2004, abgeschlossen zu haben.

Durch einen Kaufvertrag wird gemäß § 1053 ABGB eine Sache um eine bestimmte Summe Geldes einem andern überlassen. Er gehört zu den Titeln, ein Eigentum zu erwerben. Die Erwerbung erfolgt jedoch erst durch die Übergabe des Kaufgegenstandes. Bis zur Übergabe behält der Verkäufer das Eigentumsrecht.

Zur Übertragung des Eigentums an unbeweglichen Sachen muss nach § 431 ABGB das Erwerbungsgeschäft in die dazu bestimmten öffentlichen Bücher eingetragen werden. Diese Eintragung nennt man Einverleibung (Intabulation).

Die Einverleibung dient dem unbedingten Rechtserwerb oder Rechtsverlust. Grundlage einer Einverleibung kann nur eine einverleibungsfähige Urkunde sein, welche eine Aufsandungserklärung (Intabulationsklausel) enthält. Damit erklärt derjenige, dessen Recht beschränkt, belastet, aufgehoben oder übertragen werden soll, ausdrücklich, dass er in die Einverleibung einwillige (§ 32 Abs. 1 lit. b Allgemeines Grundbuchgesetz).

Der Wortlaut des Art. 2 Buchstabe g der Verordnung (EG) 795/2004 stellt auf die endgültige Übertragung von Eigentum an (beihilfefähigen) Flächen ab, nicht aber bereits auf einen Vertrag, welcher einen Verkäufer lediglich zur Übertragung eines solchen Eigentums verpflichten würde.

Der Beschwerdeführer und Franz M haben jedoch - auch nach dem Beschwerdevorbringen - erst mit dem schriftlichen Kaufvertrag vom 1. Juli 2004 eine Einigung getroffen, welche eine Aufsandungserklärung zu Gunsten des Beschwerdeführers enthält. Daraus ergibt sich aber, dass keinesfalls davon ausgegangen werden kann, dem Beschwerdeführer sei bereits vor dem 15. Mai 2004 das Eigentum an den gegenständlichen Flächen übertragen worden.

Es kann somit nicht als rechtswidrig erachtet werden, wenn die belangte Behörde die von Franz M erworbenen landwirtschaftlichen Flächen bei der Ermittlung der einheitlichen Betriebsprämie nicht berücksichtigt hat.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 21. Jänner 2010

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