VwGH 2006/13/0154

VwGH2006/13/015430.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der W GmbH in W, vertreten durch die Toifl Kerschbaum Rechtsanwälte GmbH in 1030 Wien, Am Heumarkt 7/26, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 2. August 2006, Zlen. RV/1753- W/03, RV/1635-W/06, RV/1636-W/06, RV/1637-W/06 und RV/1638-W/06, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 5. März 2007, betreffend Wiederaufnahme der Umsatz- und Körperschaftsteuerverfahren für die Jahre 1998 und 1999, Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 1998 und 1999, Festsetzung der Umsatzsteuer für Dezember 2000, Haftung für Kapitalertragsteuer für den Zeitraum der Jahre 1998 bis 2000 und Vorauszahlung der Körperschaftsteuer für das Jahr 2002, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §184 Abs3;
BAO §293;
BAO §303 Abs4;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
BAO §184 Abs3;
BAO §293;
BAO §303 Abs4;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der bekämpfte Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung (somit ausgenommen den Spruchpunkt Vorauszahlung der Körperschaftsteuer für das Jahr 2002) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Die am 22. April 1998 ins Firmenbuch eingetragene beschwerdeführende GmbH organisiert Veranstaltungen, insbesondere Konzerte. Die Besucher dieser Konzerte lassen sich - "einnahmentechnisch" betrachtet - in drei Kategorien gliedern:

1. Durch Reisebüros vermittelte Konzertbesucher, worüber Ausgangsrechnungen gelegt werden,

  1. 2. Barzahler an der Abendkassa und
  2. 3. durch Straßenverkäufer gewonnene Kunden.

    Im Beschwerdefall ist strittig, ob die Beschwerdeführerin die durch den Straßenverkauf erzielten Umsätze vollständig erklärt hat. Sie hat bezüglich der Streitjahre den Standpunkt vertreten, die Straßenverkäufer hätten nur Kreditkartenzahlungen entgegengenommen, während ihnen ein Barinkasso untersagt gewesen sei; Gäste ohne Kreditkarte seien an die Abendkassa verwiesen worden. Dergestalt würde die Summe der Kreditkartenabrechnungen den Gesamtumsatz aus dem Straßenverkauf ausmachen.

    2. In einem Prüfbericht vom 22. April 2002 wird demgegenüber argumentiert, auf Grundlage der ab November 1998 geführten täglichen Aufzeichnungen über die Besucherzahlen (von der Beschwerdeführerin als "Planungs"- oder "Buchungsbuch" bezeichnet) ergäben sich Diskrepanzen zwischen den durch Straßenverkauf gewonnenen Besuchern einerseits (ausgewiesen im "Planungs"- oder "Buchungsbuch" durch das Kürzel "S.O.") und den Kreditkartenabrechnungen andererseits. Gemäß einer - allerdings nur 24 Tage (Tage mit entsprechenden Divergenzen) umfassenden - Aufstellung für August 1999 stünden 1.891 "S.O. lt. Übersicht" lediglich 785 "S.O. lt. Kreditkartenabrechnungen" gegenüber. Unter Berücksichtigung von Freikarten (322 Stück) zeige sich somit, dass rd. 100 % der Straßenverkäufe (Differenz 784) fehlten. Selbst wenn man nun - in der Folge der Betriebsprüfungsbericht wörtlich -

    "annimmt, dass man noch einen Teil der fehlenden Karten für Kinder und andere Aktionen ('one for two') berücksichtigen muss, bleibt ein großer Anteil an nicht erklärten Konzertkarten. Die ho. Betriebsprüfung schätzt mangels Aufzeichnungen diese Aktionen mit 50 % der oben angeführten Differenzen.

    Die oben angeführten Beispiele zeigen deutlich die Umsatzverkürzungen auf. Entweder die Argumentation der Geschäftsführerin betreffend der Barzahlungen ('Straßenverkäufer haben keine Barzahlungen entgegengenommen') stimmt nicht, oder es existieren noch irgendwo Kreditkartenkonten, die in den Rechenwerken bisher keinen Eingang gefunden haben."

    Dem Prüfbericht zufolge sei daher für die überprüften Jahre 1998 bis 1999 - ebenso für das Jahr 2000 - eine Hinzurechnung von 50 % der sich aus dem Straßenverkauf lt. Kreditkartenabrechnungen ergebenden Umsätze zu den erklärten Umsätzen vorzunehmen.

    3. Das Finanzamt folgte der Auffassung der Betriebsprüfung. Mit Bescheiden vom 22. April 2002 nahm es die - davor erklärungsgemäß erledigten - Verfahren betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer für die Jahre 1998 und 1999 wieder auf, setzte die Umsatzsteuer und die Körperschaftsteuer für die genannten Jahre, sowie die Umsatzsteuervorauszahlung Dezember 2000, gemäß den Ergebnissen der Betriebsprüfung fest und erließ einen entsprechenden Haftungs- und Abgabenbescheid für Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 1. Jänner 1998 bis 31. Dezember 2000. Mit weiterem Bescheid vom 22. April 2002 setzte es außerdem die Vorauszahlung an Körperschaftsteuer für das Jahr 2002 fest.

    4. Die Beschwerdeführerin erhob gegen die genannten Bescheide Berufung. Sie wendete insbesondere ein, dass das der Betriebsprüfung zur Verfügung gestellte und von dieser ihren Berechnungen zu Grunde gelegte "Planungs"- und "Buchungsbuch" nur eine Planungsunterlage dargestellt habe, in das die Eintragungen im Vorhinein vorgenommen worden seien; es handle sich dabei nicht um eine endgültige Mengenaufstellung aller Konzertbesucher. Für den Zeitraum 1. Juli 1999 bis 17. Oktober 1999 ergebe sich jedoch insofern eine verlässliche Anzahl der Gesamtbesucher, als diesbezüglich eine Besucherzählung von dritter Seite ("Museumszählung") stattgefunden habe. Mit Hilfe eines Zählsystems seien die Besucherzahlen jeder einzelnen Konzertveranstaltung vom 1. Juli 1999 bis 9. September 1999 und vom 11. September 1999 bis 17. Oktober 1999 exakt festgestellt worden. Lediglich für den 10. September 1999 liege keine Besucherzählung vor.

    Die Betriebsprüfung habe einzelne Umsatzkontingente nicht vollständig in die Überprüfung einfließen lassen, es seien "einige Rechnungen unberücksichtigt, Barverkäufe falsch gezählt, ganze Schachteln Kreditkarten und sämtliche Scheckeinreichungen nicht berücksichtigt worden."

    Auf die 29.819 Gäste lt. "Museumszählung" für den Zeitraum 1. Juli 1999 bis 17. Oktober 1999 - nachstehend die in der Berufung dazu aufgestellte "Übersichtstabelle" - entfielen

8.477

Besucher laut Ausgangsrechnungen

15.121

Barzahler an der Abendkassa

626

Preispolitische Maßnahmen (Initial Offers) und persönliche Einladungen

1.576

Begleitpersonen

4.019

Straßengäste, die mit Kreditkarte zahlen (inklusive Kinder und two-for-one-Aktionen)

29.819

Summe der Gäste laut Museumszählung

In der Zahl von 4.019 Straßengästen seien 853 Gratiseintritte enthalten. Dies erkläre die Differenz zu den Besuchern gemäß den Kreditkartenabrechnungen.

5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung, soweit sie sich gegen die Wiederaufnahmebescheide und gegen den Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheid 2002 richtete, als unbegründet ab. In den übrigen Punkten gab sie der Berufung nach Maßgabe folgender Überlegungen teilweise Folge (Bw. = Beschwerdeführerin):

"Nach der konkreten Sachlage ist festzuhalten, dass der Prüferin für den Zeitraum 1. Juli 1999 bis 17. Oktober 1999 auf Basis der durch Dritte durchgeführten Museumszählung ziemlich genaue Zahlen der Konzertbesucher zur Verfügung standen und sie zusätzlich zu den tageweisen Vergleichen der Kreditkartenabrechnungen mit den 'SO' Eintragungen im Buchungsbuch eine Mengenrechnung anhand dieser Zahlen durchführte. Dabei hatte sie alle von der Bw. zur Verfügung gestellten Reisebüroabrechnungen, Kreditkartenabrechnungen und Kassenaufzeichnungen aufgelistet und berücksichtigt und auf Basis der zur Verfügung gestellten Belege die Anzahl der Eintrittskarten laut Museumsabrechnung (29.819) mit der Gesamtanzahl der abgezählten Eintrittskarten laut Kreditkarten, laut Ausgangsrechnungen und laut Barverkäufen (25.847) verglichen und kam im Ergebnis zu den auf den Seiten 168 ff des Arbeitsbogens dargelegten Fehlmengen im Ausmaß von insgesamt 3.973 Stück (S 172).

...

Dazu ist vorerst unter Bezugnahme auf die Gesamtübersicht des Zeitraumes 1. Juli 1999 bis 17. Oktober 1999 auszuführen, dass eine Gegenüberstellung der Zahlen der Mengenrechnung der Prüferin (Arbeitsbogen, S 168 ff) mit jenen der Übersichtstabelle ... der Berufung unterschiedliche Zahlen bei den einzelnen Besucherkategorien dokumentiert, obgleich die Bw. für derartige Abweichungen keine konkreten Nachweise vorlegte. Überdies steht fest, dass der Betriebsprüfung im Prüfungszeitraum lediglich das 'Planungsbuch', Belege wie Reisebüroabrechnungen, Kreditkartenabrechnungen, Barbelege sowie die Auskunft von Frau S. M. (Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin) als Grundlage für die Ermittlung der Besucherzahlen zur Verfügung gestellt worden ist.

Übersichtstabelle laut Berufung und Betriebsprüfung:

8.477 (lt.Bw.)

8.288 (lt.Bp )

Besucher laut Ausgangsrechnungen.

15.121 (lt.Bw.)

14.554 (lt.Bp )

Barzahler an der Abendkassa

626 (lt.Bw.)

Preispolitische Maßnahmen (Initial Offers) und persönliche Einladungen

1.576 (lt.Bw.)

Begleitpersonen

4.019 (lt.Bw.)

3.008 (lt.Bp )

Straßengäste, die mit Kreditkarte zahlen (inklusive Kinder und two-for-one-Aktionen)

29.819 (lt. Bw)

29.819 (lt. Bp)

Summe der Gäste laut Museumszählung

...

... ist zwar erkennbar, dass die im 'Planungsbuch' vermerkten 'SO' Zahlen fallweise nicht den tatsächlichen Straßenverkäufen entsprochen haben, jedoch hindert dies den unabhängigen Finanzsenat nicht daran, die in der erwähnten Mengenrechnung (S 168 ff des Arbeitsbogens) von der Prüferin ermittelten Besucherzahlen anhand der für die einzelnen Besucherkategorien vorgelegten Abrechnungen als erwiesen anzunehmen. Somit waren Änderungen der im Buchungsbuch eingetragenen 'SO' Zahlen letztlich nicht auszuschließen. Da eine solche Änderung in ihrer Gesamtheit weder durch Unterlagen noch durch Aufzeichnungen dargestellt wurde, war eine Schätzung auf Basis der für den Zeitraum 1. Juli 1999 bis 17. Oktober 1999 von der Betriebsprüfung aufgestellten Gesamtübersicht aller Eintrittskarten im Vergleich zu den Zahlen der Museumszählung vorzunehmen.

...

Da die Bw. in ihrer Berufung eine unterschiedliche Verteilung der Zahlen auf die gegebenen Besucherkontingente vornahm und dies sowohl mit zeitlichen Abweichungen als auch Verschiebungen von Plan (Buchungsbuch) auf Ist (tatsächliche Besucher) zwischen den einzelnen Besucherkontingenten begründete, diesbezüglich jedoch weder ausreichende Unterlagen, noch Aufzeichnungen vorlegte, war sie angewiesen, diesbezügliche Angaben aus dem Gedächtnis zu machen. Es widerspricht jedoch jeglicher Lebenserfahrung, dass solche Angaben nach mehreren Jahren im Prüfungsverfahren noch ansatzweise ohne schriftlichen Hintergrund geeignet wären, die tatsächlichen Gegebenheiten widerzuspiegeln. Auch aus diesem Grund sieht der unabhängige Finanzsenat die in der Übersichtstabelle wiedergegebenen Besucher laut Ausgangsrechnungen, Barzahler an der Abendkassa sowie Kreditabrechnungen (S 168 ff Arbeitsbogen) als erwiesen an.

...

... ist angesichts der im gegenständlichen Verfahren nicht widerlegten Feststellungen der Betriebsprüfung von 8.288 Gästen laut Abendkassa, 14.551 laut Ausgangsrechnungen und 3.008 Kreditkartenabrechnungen auszugehen, wobei sich überdies aus dem Arbeitsbogen (S 170) ableitet, dass für den 10. September 1999 keine Museumsabrechnung stattgefunden hat, weshalb die von der Betriebsprüfung für diesen Tag gezählten und bei den einzelnen Besucherkategorien berücksichtigten Kreditkartenabrechnungen im Ausmaß von 28 Stück, Eintrittskarten laut Rechnungen in Höhe von 87 Stück und Barverkäufen in Höhe von 198 Stück, insgesamt somit 308 Besucher, bei der Gesamtbesucheranzahl zu berücksichtigen waren. Fest steht, dass fehlende Aufzeichnungen über Freikarten eine Zuordnung der festgestellten Fehlmenge im Ausmaß von

3.213 Besucher zu den einzelnen Besucherkontingenten nicht ermöglicht haben, in dieser Branche hingegen unbestritten ist, dass Eintrittskarten verschenkt werden und dass ihre Berücksichtigung, wie in der folgenden Tabelle dargestellt, trotzdem zu einer fehlenden Anzahl von Besuchern in Höhe von 1.067 führte, die jedoch vor dem Hintergrund, dass bereits Gratiseintritte als glaubhaft anerkannt worden sind, nicht mehr als solche zu berücksichtigen waren.

...

Der auf diese Weise berechnete Prozentsatz von 35,47% im Verhältnis zu den zahlenden Straßengästen macht es im konkreten Fall infolge besagter Aufzeichnungsmängel notwendig, im Ergebnis von einer Zuschätzung zu den erklärten Straßenumsätzen für 1999 im Ausmaß von 40% auszugehen.

Gesamtbesucher lt. Bp

30.127,00

Gäste an der Abendkassa (lt. Bp)

-8.288,00

Ausgangsrechnungen lt. Bp

-14.551,00

Straßengäste lt. Bw. (inklusive Freikarten)

-4.019,00

persönliche Einladungen

-626,00

Begleitpersonen lt. Bw.

-1.576,00

Fehlmenge

1.067,00

Für den Nachschauzeitraum 2000 stützte die Bw. ihr Vorbringen erneut auf die Tatsache, dass das Buchungsbuch als reine Vorschaurechnung zur Planung der Konzerte gedient hätte, eine Zählung der Gäste für diesen Zeitraum nicht durchgeführt worden sei, weshalb alle hier angeführten Straßengäste, die mit Kreditkarte bezahlten durch Kreditkartenabschnitte belegbar wären, es habe nach Ansicht der Bw. keine Veranlassung bestanden, die Konzerte seit dem 14. Februar 2000 ins Buchungsbuch einzutragen.

Fest steht, dass für dieses Jahr keine Aufzeichnungen vorliegen, die eine exakte Zuordnung zu den Besucherkategorien ermöglicht haben. Aus dem Umstand, dass die Betriebsprüfung ihrem Schätzungsergebnis lediglich zwei Monate zu Grunde legte, war vom Ergebnis des Jahres 1999 unter Bedachtnahme auf allfällige nicht näher dokumentierter, aber glaubhaft anzunehmender Begleitpersonen und der ebenso als glaubwürdig erachteten Tatsache, dass es vom 'Planungsbuch' Abweichungen gegeben hatte, ein Abschlag von 5% und somit für 2000 eine Umsatzhinzuschätzung zu den Straßenerlösen im Ausmaß von 35 % vorzunehmen.

Aus den gleichen Überlegungen sieht der unabhängige Finanzsenat angesichts der Tatsache, dass für die Monate Jänner bis Oktober 1998 überhaupt keine Aufzeichnungen vorlagen und die Betriebsprüfung ebenso für November und Dezember 1998 im Vergleich zum 'Planungsbuch' nicht näher dargestellte Fehlmengen feststellte eine Umsatzhinzuschätzung im Ausmaß von 35 % als gerechtfertigt."

6. Über die gegen diesen Bescheid (erkennbar mit Ausnahme des bestätigenden Ausspruchs über die Körperschaftsteuervorauszahlung 2002) erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde, zu der die Beschwerdeführerin eine Äußerung erstattete, erwogen:

6.1. Die belangte Behörde hat den angefochtenen Berufungsbescheid nach Beschwerdeerhebung im Punkt Körperschaftsteuer 1998 und 1999 mit Bescheid vom 5. März 2007 gemäß § 293 BAO berichtigt. Sie hat damit Beschwerdeeinwänden Rechnung getragen, auf die daher nicht mehr eingegangen werden muss, weil der Verwaltungsgerichtshof seiner Entscheidung den angefochtenen Bescheid in der Fassung, die er durch die - unbekämpft gebliebene - Berichtigung erfahren hat, zu Grunde zu legen hat (vgl. jüngst in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2009, 2009/15/0104).

6.2. Was zunächst die Körperschaftsteuer für die Jahre 1998 und 1999 anlangt, so ist damit nur die von der Beschwerdeführerin für rechtswidrig erachtete, oben dargestellte Zuschätzung zu behandeln. Allein unter diesem Aspekt ist auch die Umsatzsteuer für die genannten Jahre - und ebenso der Ausspruch betreffend Festsetzung der Umsatzsteuer für Dezember 2000 - beschwerdegegenständlich.

6.2.1. Die Beschwerdeführerin stellt die Befugnis der Abgabenbehörden zur Schätzung schon dem Grunde nach in Abrede. Sie vermag allerdings nichts gegen die im bekämpften Bescheid getroffene Beurteilung vorzubringen, wonach die alleinige Erfassung der Straßenverkäufe anhand der Kreditkartenabrechnungen keine Kontrolle ermöglichte, ob alle verkauften Tickets einer Verbuchung auf den entsprechenden Erlöskonten zugeführt worden sind und "mit der zu beurteilenden Aufzeichnungsart" weder eine exakte Zuordnung der Straßenverkäufe zu den einzelnen Kreditkartenabrechnungen noch ein Überblick über die in Rede stehenden Personen, die Gratisveranstaltungen besuchten, garantiert wurde. Die belangte Behörde wies ferner zu Recht darauf hin, dass die Beschwerdeführerin selbst eingestanden hatte, "eine exakte Verprobung der Anzahl der Konzertbesucher eines Tages mit der Umsatzzahl eines einzigen Tages aus Kreditkarten" sei nicht möglich. Dies in Verbindung mit der fehlenden Verzeichnung der insgesamt nicht unwesentlichen Anzahl von (behaupteten) Freikarten und sonstigen Gratiseintritten allein führt zu dem Ergebnis, dass zur Schätzung berechtigende Aufzeichnungsmängel vorliegen, zumal nur Bücher und Aufzeichnungen, die eine zuverlässige Ermittlung des tatsächlichen Umsatzes und Gewinnes ermöglichen, geeignet sind, der Abgabenerhebung zu Grunde gelegt zu werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 1993, 89/13/0078). Ob die von den Straßenverkäufern verkauften und an der Abendkassa gegen die Eintrittskarten eingetauschten "Tickets" im Sinne der Auffassung der belangten Behörde Grundaufzeichnungen darstellten - was die Beschwerdeführerin bestreitet, weshalb diese "Tickets" ihrer Ansicht nach auch nicht aufbewahrt hätten werden müssen - bedarf davon ausgehend keiner weiteren Erörterung.

6.2.2. Schwerpunkt der Beschwerdeausführungen ist indes ohnehin nicht die Schätzungsbefugnis an sich, sondern die konkrete Vornahme der Schätzung durch die belangte Behörde. In diesem Zusammenhang sei freilich zunächst einleitend auf die Schätzung der Betriebsprüfung eingegangen. Deren seinerzeitigen, den - als Ausgangspunkt der Schätzung herangezogenen - August 1999 betreffenden Überlegungen im Bericht vom 22. April 2002 (siehe dazu oben 2.) waren unabhängig von der Frage, ob das "Planungs"- oder "Buchungsbuch" verlässliche Zahlen lieferte, mit einem Denkfehler behaftet. Die These des Berichts, dass angesichts der ermittelten Zahlen für August 1999 rd. 100 % der Straßenverkäufe fehlten, beruhte nämlich auf der Heranziehung von bloß 24 Augusttagen, während die verbleibenden sieben Tage - das waren jene, bei denen sich keine Divergenzen ergeben hatten - außer Acht blieben. Sie hätten allerdings zur Erzielung eines schlüssigen Ergebnisses mitberücksichtigt werden müssen, weil die "neutralen" Summen dieser Tage insgesamt zu einem anderen - niedrigeren - "Fehlprozentsatz" geführt hätten. Davon abgesehen ist aber vor allem festzuhalten, dass im Betriebsprüfungsbericht eine tabellarische Aufstellung, wie sie sich nunmehr als "Übersichtstabelle" im bekämpften Bescheid (siehe die obige Darstellung unter 5.) findet, nicht enthalten war. Die belangte Behörde vermochte bezüglich der einzelnen Positionen dieser Tabelle (insbesondere "Besucher lt. Ausgangsrechnungen" und "Barzahler an der Abendkassa") daher auch nur auf den Arbeitsbogen der Prüferin zu verweisen, wobei sie sich dazu auf die - nicht weiter untermauerte - Feststellung beschränkte, die Prüferin hätte alle ihr von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellten Reisebüroabrechnungen, Kreditkartenabrechnungen und Kassenaufzeichnungen aufgelistet und berücksichtigt. Dem stehen allerdings die im bekämpften Bescheid nicht ausreichend behandelten Behauptungen in der Berufung der Beschwerdeführerin entgegen, wonach einzelne Umsatzkontingente nicht vollständig in die Überprüfung eingeflossen seien und sich insbesondere bezüglich der Kategorien "Besucher lt. Ausgangsrechnungen" und "Barzahler an der Abendkassa" höhere Zahlen (8.477 einerseits und 15.121 andererseits; siehe dazu die tabellarische Auflistung oben unter Punkt 4.) ergäben. Eine sachgerechte Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen lässt die belangte Behörde, die sich nicht näher damit beschäftigte, worauf das von ihr aus dem Arbeitsbogen der Prüferin übernommene Zahlenmaterial beruhte, und die die Beschwerdeführerin - soweit erkennbar - nicht zu einer detaillierten Darstellung der von dieser angegebenen Zahlen und zu einem entsprechenden Nachweis aufforderte, vermissen. Sie legt schlichtweg die in der "Übersichtstabelle" angeführten Zahlen "lt. Bp" zu Grunde (8.288 und 14.554), was zu der letztlich - wiederum tabellarisch - dargestellten Fehlmenge von 1.067 führt. Mit dem Eingeständnis der belangten Behörde an die Berufungsausführungen, die von der Betriebsprüfung dem "Planungsbuch" entnommenen und dem Prüfungsbericht zugrunde gelegten Zahlen seien fallweise nicht verlässlich gewesen, ist dies nicht leicht in Übereinstimmung zu bringen. Es ist aber auch nicht zu sehen, dass die Beschwerdeführerin (ihre Geschäftsführerin) - wie im bekämpften Bescheid festgehalten - die Zahlenangaben zu den einzelnen Besucherkontingenten (anders als zu den Gratiseintritten; die diesbezüglich behaupteten Zahlen hat die belangte Behörde jedoch übernommen) lediglich aus dem Gedächtnis erstattete.

Dass der bekämpfte Bescheid - entgegen dem Beschwerdevorbringen - eine schlüssige Darstellung der von ihm zu Grunde gelegten Gesamtbesucheranzahl von 30.127 enthält (die auf die "Museumszählung" bezugnehmenden Ausführungen der Beschwerdeführerin lassen unberücksichtigt, dass unstrittig für den 10. September 1999 keine Zählung erfolgte und insoweit weitere Besucher "angefallen" sind) und dass er im Übrigen (Gratiseintritte) dem Standpunkt der Beschwerdeführerin Rechnung trägt, vermag nichts daran zu ändern, dass die erwähnte Fehlmengenberechnung als Ausgangspunkt der behördlichen Schätzung daher nunmehr seitens der Beschwerdeführerin mit Recht in Frage gestellt werden kann. Der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang angemerkt, dass sich - wie auch in der Beschwerde festgehalten - unter Zugrundelegung der von der Beschwerdeführerin behaupteten Zahlen (8.477 und 15.121) nichtsdestotrotz eine Fehlmenge ergäbe; freilich nur im Ausmaß von 308 Stück, was im Ergebnis eine weit geringere prozentuelle Hinzuschätzung rechtfertigen würde.

6.3. Nach dem Gesagten ist der Ausspruch der belangten Behörde in den Punkten Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 1998 und 1999 sowie Umsatzsteuervorauszahlung Dezember 2000 mit einem wesentlichen Verfahrensfehler belastet. Die nicht mängelfrei erfolgte Schätzung betrifft jedoch ebenso die Festsetzung der Kapitalertragsteuer, weshalb es - ohne dass es einer Auseinandersetzung mit den dazu in der Beschwerde vorgebrachten Begründungsdefiziten bedürfte - auch insoweit zu einer Bescheidaufhebung zu kommen hat. Das gilt letztlich auch für die Wiederaufnahmeentscheidungen schon unter dem Gesichtspunkt, dass ungeachtet der ergänzenden Anmerkung zu 6.2.2. am Ende letztlich noch nicht abschließend feststeht, dass es zu einer Zuschätzung zu kommen hat. Dem der Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer 1998 entgegengehaltenen Argument, es seien insoweit im Hinblick auf eine Umsatzsteuernachschau für die Monate März bis Oktober 1998, deren Ergebnisse im September 1999 niederschriftlich festgehalten worden seien, keine Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen, ist allerdings zu erwidern, dass der bezogenen Niederschrift keinerlei Feststellungen zu entnehmen sind, die das zur Schätzung führende Aufzeichnungsdefizit hätten erkennen lassen können. Damit kann aber nicht gesagt werden, das Finanzamt habe bei der Erstveranlagung der Umsatzsteuer 1998 (diese erfolgte im Februar 2000) über einen vollständigen Wissensstand betreffend der hier maßgeblichen Umstände verfügt. Ob diese Umstände bereits im Zuge der genannten Umsatzsteuernachschau seitens des damaligen Prüfers hätten aufgegriffen werden müssen, ist für die gegenständlich zu beurteilende Verfahrenswiederaufnahme ohne Belang (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall etwa das hg. Erkenntnis vom 28. März 2001, 98/13/0026).

6.4. Zusammenfassend ergibt sich somit, dass der bekämpfte Bescheid im Umfang seiner Anfechtung zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 30. September 2009

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