VwGH 2006/10/0147

VwGH2006/10/01472.10.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde der E und des RK in K, vertreten durch Dr. Alexandra Slama, Rechtsanwältin in 9020 Klagenfurt, Herrengasse 12/2, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 28. April 2006, Zl. 8- NAT-490/14/2006, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

NatSchG Krnt 2002 §5 Abs1 liti;
NatSchG Krnt 2002 §52 Abs2;
NatSchG Krnt 2002 §9 Abs1 litc;
NatSchG Krnt 2002 §9 Abs1;
NatSchG Krnt 2002 §9 Abs3 lita;
VwRallg;
NatSchG Krnt 2002 §5 Abs1 liti;
NatSchG Krnt 2002 §52 Abs2;
NatSchG Krnt 2002 §9 Abs1 litc;
NatSchG Krnt 2002 §9 Abs1;
NatSchG Krnt 2002 §9 Abs3 lita;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 28. April 2006 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Parteien auf naturschutzrechtliche Bewilligung für die Errichtung einer näher beschriebenen Wirtschaftshütte auf dem Grundstück Nr. 398/2, KG. E., abgewiesen. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, das - bereits errichtete - "Wochenendhaus" im Ausmaß von 6 m x 4,5 m füge sich nicht in die Landschaft ein, sondern trage zur Zersiedelung bei. Der "Schrebergartenstil" passe nicht in den betroffenen Agrarlandschaftsraum - die Hütte sei auf einer als "Grünland - Land- und Forstwirtschaft" gewidmeten Fläche errichtet worden. Wegen der negativen Wirkung auf den Landschaftsraum und auf das Gefüge des Haushaltes der Natur sei die beantragte Bewilligung zu versagen. Ein öffentliches Interesse an der beantragten Hütte zur Erlangung eines "theoretisch denkbaren Nebenerwerbs" habe nicht höher bewertet werden können als das öffentliche Interesse an der Bewahrung der Agrarlandschaft vor störender "Schrebergartenoptik" und vor Zersiedelung. Die Bestimmungen über die Flächenwidmung könnten nicht dadurch umgangen werden, dass jemand lediglich einem Hobby und nicht einer zumindest nebenberuflichen landwirtschaftlichen Tätigkeit nachgehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 lit. i Kärntner Naturschutzgesetz 2002, (K NatSchG), bedarf die Errichtung von Gebäuden und sonstigen baulichen Anlagen auf Grundflächen, die im Flächenwidmungsplan als Grünland ausgewiesen sind, in der freien Landschaft, das ist der Bereich außerhalb von geschlossenen Siedlungen und der zum Siedlungsbereich gehörigen besonders gestalteten Flächen, wie Vorgärten, Haus- und Obstgärten, einer Bewilligung.

Bewilligungen u.a. im Sinne des § 5 Abs. 1 dürfen gemäß § 9 Abs. 1 K NatSchG nicht erteilt werden, wenn durch das Vorhaben oder die Maßnahme

  1. a) das Landschaftsbild nachhaltig nachteilig beeinflusst würde,
  2. b) das Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum nachhaltig beeinträchtigt würde oder

    c) der Charakter des betroffenen Landschaftsraumes nachhaltig beeinträchtigt würde.

    Eine nachhaltige Beeinträchtigung des Charakters des betroffenen Landschaftsraumes ist gemäß § 9 Abs. 3 lit. a K NatSchG jedenfalls gegeben, wenn durch eine Maßnahme oder ein Vorhaben eine Zersiedelung eingeleitet oder fortgesetzt würde.

    Eine Bewilligung u.a. im Sinne des § 5 Abs. 1 darf gemäß § 9 Abs. 7 K NatSchG nicht versagt werden, wenn das öffentliche Interesse an den beantragten Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohles höher zu bewerten ist als das öffentliche Interesse an der Bewahrung der Landschaft vor störenden Eingriffen.

    Eine Bewilligung darf gemäß § 52 Abs. 2 K NatSchG auch dann nicht versagt werden, wenn sich die Gründe hiefür durch Auflagen beseitigen lassen. Hiedurch darf das Vorhaben aber nicht in seinem Wesen verändert werden.

    Dem angefochtenen Bescheid liegt die auf sachverständiger Basis beruhende Auffassung zu Grunde, das zur Bewilligung beantragte, bereits errichtete Objekt der beschwerdeführenden Parteien ziehe eine nachhaltige Beeinträchtigung des Charakters des betroffenen Landschaftsraumes nach sich, weil eine Zersiedelung eingeleitet werde. Das Gebäude sei für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung nicht erforderlich, die Pflege des ca. 1,3 ha großen Anwesens habe mit landwirtschaftlicher Nutzung nichts zu tun. Es handle sich um ein Gebäude für eine "Hobby-Landwirtschaft" in kleinerem Ausmaß, wofür auch der Ausdruck "Schrebergarten" verwendet werde. Auch für die Nutzung des bestehenden Teiches sei das Gebäude nicht notwendig, weil eine Fischzucht - aus näher dargelegten Gründen - nicht möglich sei. Das Vorhaben passe nicht in den betroffenen Agrarlandschaftsraum; überdies beeinträchtige es das Gefüge des Haushaltes der Natur.

    Die beschwerdeführenden Parteien wenden dagegen ein, das zu Grunde liegende Gutachten des beigezogenen Amtssachverständigen sei mangelhaft, weil darin keine großräumige Betrachtung in landschaftsbildlicher Hinsicht vorgenommen worden sei. Eine großräumige Betrachtung hätte ergeben, dass sich in nur 200 m Entfernung vom Objekt der beschwerdeführenden Parteien eine Wirtschaftshütte in ähnlicher Bauweise befinde. Die belangte Behörde sei weiters nicht auf die Darlegungen des von den beschwerdeführenden Parteien vorgelegten Privatgutachtens eingegangen, obwohl dieses Gutachten - ebenso wie der von der Erstbehörde beigezogene Naturschutzsachverständige - zum Ergebnis gelangt sei, durch die Errichtung der Hütte trete keine Verschlechterung für das Landschaftsbild bzw. für den Landschaftscharakter ein; es müsse nur gewährleistet werden, dass der bestehende Sichtschutz in Richtung Norden und Osten in Form des Strauch- und Baumbewuchses erhalten bleibe bzw. ergänzt werde. Schließlich liege eine Verletzung von Verfahrensvorschriften auch darin, dass bereits im erstinstanzlichen Verfahren ein fachlich nicht qualifizierter Amtssachverständiger beigezogen worden sei. Die naturschutzfachliche Befundaufnahme am 3. Oktober 2001 sei nämlich von einem Amtssachverständigen für das Baufach vorgenommen worden. Das dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegte Sachverständigengutachten nehme ausdrücklich auf diese Stellungnahme Bezug und übernehme daher diese unqualifizierten Ermittlungsergebnisse. Als weiteren Mangel des angefochtenen Bescheides rügen die beschwerdeführenden Parteien noch, die beantragte naturschutzrechtliche Bewilligung hätte gegebenenfalls unter Auflagen erteilt werden müssen, wie dies den beschwerdeführenden Parteien im erstinstanzlichen Verfahren auch in Aussicht gestellt worden sei. Die Auflagen betreffend Sichtschutz und Erhaltung des Baum- und Strauchbestandes seien jedenfalls eingehalten worden.

    Mit diesem Vorbringen zeigen die beschwerdeführenden Parteien keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

    Nach dem - oben wiedergegebenen - § 9 Abs. 3 lit. a K NatSchG ist eine nachhaltige Beeinträchtigung des Charakters des betroffenen Landschaftsraumes jedenfalls gegeben, wenn durch das Vorhaben oder die Maßnahme eine Zersiedelung eingeleitet oder forstgesetzt würde.

    Der Begriff der "Zersiedelung" wird im K NatSchG nicht definiert. Darunter ist, wie der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien bereits wiederholt ausgesprochen hat, eine "ohne funktionales Erfordernis oder ohne ortsplanerische Konzeption vorgenommene Bebauung außerhalb geschlossener Siedlungen" zu verstehen. Für die Beurteilung, ob durch ein Bauwerk, das das Merkmal der "Bebauung außerhalb geschlossener Siedlungen" erfüllt, eine Zersiedelung eingeleitet oder fortgesetzt wird, ist daher entscheidend, ob das Bauwerk einem funktionalen Erfordernis dient, das heißt, ob es für die Bewirtschaftung bestimmter Flächen erforderlich ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2002, Zl. 99/10/0014, und die dort zitierte Vorjudikatur). Dabei kommt es nicht auf subjektive, in der Person des Bewirtschaftenden, gelegene Umstände an, sondern darauf, ob eine Bewirtschaftung dieser Flächen ohne die Baulichkeit bei objektiver Betrachtung unmöglich wäre (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. August 2002, Zl. 2002/10/0117).

    Im vorliegenden Fall ergibt sich schon auf Grund der geringen Größe der in Betracht kommenden Flächen (ca. 1,3 ha), die auch nicht im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes bearbeitet werden, dass für die zur Bewilligung beantragte Wirtschaftshütte kein funktionales Erfordernis besteht. Schon aus diesem Grund besteht die Auffassung der belangten Behörde, durch das zur Bewilligung eingereichte Bauobjekt der beschwerdeführenden Parteien werde eine Zersiedlung eingeleitet oder fortgesetzt, sodass gemäß § 9 Abs. 3 lit. a K NatSchG von einer nachhaltigen Beeinträchtigung des Charakters des betroffenen Landschaftsraumes ausgegangen werden müsse, zu Recht. Diese Beeinträchtigung ergibt sich aus der Errichtung der Baulichkeit an sich, sie lässt sich daher im Gegensatz zur Auffassung der beschwerdeführenden Parteien nicht im Sinne des § 52 Abs. 2 K NatSchG durch Auflagen beseitigen.

    Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde nicht nur die Erfüllung des Versagungstatbestandes gemäß § 9 Abs. 1 lit. c K NatSChG, sondern auch die Erfüllung der Versagungstatbestände gemäß § 9 Abs. 1 lit. a und lit. b K NatSchG zu Recht angenommen hat; darf die Bewilligung gemäß § 9 Abs. 1 K NatSchG doch bereits dann nicht erteilt werden, wenn auch nur einer der hier (alternativ) genannten Versagungstatbestände erfüllt ist.

    Schon aus diesem Grunde zeigen die beschwerdeführenden Parteien mit ihrem Vorbringen, die belangte Behörde sei auf Grund eines mangelhaften Verfahrens zur Annahme gelangt, das Bauobjekt führe zu einer nachhaltig nachteiligen Beeinflussung des Landschaftsbildes, keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit auf. Im Übrigen haben sie im Zusammenhang mit ihrer Verfahrensrüge auch nicht konkret dargelegt, inwieweit die belangte Behörde bei Vermeidung der behaupteten Mängel im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG zu einem im Ergebnis anders lautenden Bescheid hätte gelangen können.

    Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

    Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 2. Oktober 2007

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