VwGH 2006/08/0099

VwGH2006/08/00994.7.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. Peter Hoffmann-Ostenhof, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 16/26, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 12. August 2005, Zl. LGSW/Abt.3-AlV/1218/56/2005-7130, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AVG §37;
AVG §58 Abs2;
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AVG §37;
AVG §58 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde in Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer für die Zeit vom 15. Juni bis zum 26. Juli 2005 den Anspruch auf Notstandshilfe verliere und eine Nachsicht nicht gewährt werde.

In der Begründung wurde ausgeführt, dem Beschwerdeführer sei am 14. April 2005 niederschriftlich aufgetragen worden, Nachweise über Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung vorzulegen. Als Umfang seien drei Bewerbungen pro Woche festgelegt worden. Als Art der Nachweise seien Kontaktpersonen zu nennen bzw. Aufzeichnungen über Eigenbewerbungen zu erbringen gewesen. Bei seiner nächsten Vorsprache am 15. Juni 2005 habe der Beschwerdeführer keinen einzigen Bewerbungsnachweis erbringen können. Er sei daher mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Dresdnerstraße vom 28. Juni 2005 der Verlust der Notstandshilfe ausgesprochen worden. Im Berufungsverfahren habe der Beschwerdeführer vorgebracht, er habe sechs Monate lang bis 13. April 2005 ein Unternehmensgründungsprogramm zur Gründung der Selbständigkeit besucht. Er sei noch mit den Vorarbeiten der Gründung beschäftigt, geplant sei der Gewerbeschein für Handel und Verkauf von alternativen Handelsprodukten. Der Beschwerdeführer habe gedacht, am 15. Juni 2005 nicht mehr im Leistungsbezug zu stehen, sondern sich zu diesem Zeitpunkt bereits selbständig gemacht zu haben. Deshalb habe er keine Eigenbewerbungen gemacht. Es gebe Schwierigkeiten mit der Gründung des eigenen Unternehmens, alles verzögere sich ein wenig.

Davon ausgehend führte die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht aus, der Beschwerdeführer sei nicht bereit gewesen, die vereinbarten Nachweise über seine Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung vorzulegen, weshalb die Notstandshilfe für den genannten Zeitraum nicht zu gewähren gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach der hg. Rechtsprechung kann die regionale Geschäftstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 10 AlVG den Arbeitslosen auffordern, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung glaubhaft zu machen. Wird eine solche Aufforderung dahingehend konkretisiert, dass der Arbeitslose monatlich eine bestimmte Zahl von Bewerbungen nachweisen soll, kann dies aber nichts daran ändern, dass der Arbeitslose dennoch nur glaubhaft machen muss, er habe ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung gemacht. Es ist Aufgabe der Behörde zu beurteilen, ob die glaubhaft gemachten Anstrengungen unter den konkreten Verhältnissen vor dem Hintergrund des - ebenfalls darzustellenden - Umfeldes auf den konkret in Frage kommenden Teil des Arbeitsmarktes nach den persönlichen Verhältnissen (Stand, Alter, Ausbildung) des Arbeitslosen ausreichend waren oder nicht. Kommt sie zum Ergebnis, die glaubhaft gemachten Anstrengungen sind nicht ausreichend, hat sie ihre diesbezüglichen Erwägungen in der Begründung des Bescheides darzulegen. Die Bescheidbegründung hat eine Würdigung der glaubhaft gemachten Anstrengungen zu enthalten. Hiebei ist das Gesamtverhalten des Arbeitslosen von der Aufforderung bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides zu beurteilen. Bedeutsam sind nicht nur Art und Ausmaß, sondern auch die Ernsthaftigkeit der glaubhaft gemachten Anstrengungen (vgl. das Erkenntnis vom 20. April 2005, Zl. 2004/08/0169).

Im Beschwerdefall wurde die Aufforderung des Arbeitsmarktservice dahin konkretisiert, dass der Beschwerdeführer wöchentlich eine bestimmte Zahl von Bewerbungen nachweisen sollte. Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage erweist sich die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vertretene Auffassung, schon ein Zuwiderhandeln gegen eine in dieser Weise vorgeschriebenen Zahl von Bewerbungen sei als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG anzusehen, als rechtswidrig. Erwägungen zur Frage der "ausreichenden Anstrengungen" enthält der angefochtene Bescheid, ausgehend von der vom Verwaltungsgerichtshof nicht gebilligten Rechtsauffassung, das Zuwiderhandeln gegen die Aufforderung, eine bestimmte Zahl von Bewerbungen nachzuweisen, sei für den Verlust des Anspruches aus Notstandshilfe ausreichend, nicht.

Somit belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Aufwand über den Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 4. Juli 2007

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