VwGH 2006/05/0021

VwGH2006/05/002114.11.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des Dr. W W in P, vertreten durch Leeb & Weinwurm Rechtsanwälte OEG in 2620 Neunkirchen, Triester Straße 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 5. Dezember 2005, GZ UVS-04/V/30/7716/2003-11, betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §135 Abs1;
BauO Wr §135 Abs3;
BauO Wr §135;
BauRallg;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §135 Abs1;
BauO Wr §135 Abs3;
BauO Wr §135;
BauRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben des Magistrates der Stadt Wien (Magistratisches Bezirksamt für den 15. Bezirk) vom 2. Jänner 2003 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, sich zur folgenden ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung zu rechtfertigen:

"Sie haben als Miteigentümer des Hauses in W, Igasse 9, EZ. 1179 der Kat. Gemeinde R, am 28.11.2002 insoferne nicht dafür gesorgt, daß das Gebäude und die baulichen Anlagen in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der Bauordnung für Wien entsprechendem Zustand erhalten wurden, als Sie es unterließen, den Verputz der hinteren Feuermauer des dreistöckigen Hintertraktes instandsetzen zu lassen."

Es sei dadurch § 135 Abs. 1 in Verbindung mit § 129 Abs.2 der Bauordnung für Wien (BO) verletzt worden.

In seiner Rechtfertigung vom 16. Jänner 2003 brachte der Beschwerdeführer zunächst vor, dass er mit Kaufvertrag vom 23. April bzw. Mai 2002 seine Anteile an die A bzw. M veräußert und diesen die Baugebrechen bekannt gegeben habe. Des Weiteren brachte der Beschwerdeführer vor, es sei an der gegenständlichen Liegenschaft Wohnungseigentum begründet und ein Verwalter, nämlich die O AG, bestellt worden, der gemäß § 135 BO anstelle des Eigentümers verantwortlich sei.

Nach hier nicht relevanten Verfahrensschritten wurde der Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom 13. August 2003 der vorgeworfenen Tathandlung für schuldig erkannt. Er habe eine Verwaltungsübertretung nach § 135 Abs. 1 in Verbindung mit § 129 Abs. 2 BO begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.890,--, sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe von einer Woche, sechs Tagen und zwölf Stunden verhängt. In der Begründung wurde im Wesentlichen dargestellt, dass sich die Frage, wer Eigentümer ist, nach den Bestimmungen des Zivilrechts richte. Gemäß dem § 431 ABGB und dem im Allgemeinen Grundbuchsgesetz verankerten Eintragungsgrundsatz könne die Erwerbung, Übertragung, Beschränkung und Aufhebung bürgerlicher Rechte nur durch Eintragung im Grundbuch bewirkt werden. Der Kaufvertrag bilde lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Verschaffung des Eigentums. Somit sei der Beschwerdeführer und nicht die im Kaufvertrag angegebene Person bzw. Gesellschaft für die Verwaltungsübertretung haftbar. Jeder Miteigentümer sei zudem gemäß § 129 Abs. 2 BO verpflichtet, alle tatsächlichen und rechtlichen Mittel auszuschöpfen, um seiner Instandhaltungspflicht nachzukommen. Der Beschwerdeführer habe keinen Umstand glaubhaft gemacht, wonach ihm die Einhaltung der übertretenen Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden nicht möglich gewesen sei, weshalb sein Verschulden im Sinne des § 5 VStG zu bejahen gewesen sei.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass für die Liegenschaft eine Hausverwaltung im Sinn des § 135 Abs. 3 BO bestellt worden sei. Der Miteigentümer sei neben dem Verwalter nur dann verantwortlich, wenn er es bei dessen Auswahl oder Beaufsichtigung an der nötigen Sorgfalt fehlen ließe. Entsprechende Feststellungen seien jedoch nicht getroffen worden. Zudem hätten die Käufer der Liegenschaft die Erfüllung der Instandhaltungspflichten übernommen, wobei der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10. Mai 2002 die Vertreter der Käufer von der Instandhaltungsnotwendigkeit in Kenntnis gesetzt habe. Die Tat sei ohne Veranlassung oder Vorwissen des Eigentümers begangen worden, sodass anstatt des Eigentümers die Gebäudeverwaltung für die Einhaltung verantwortlich gewesen sei.

In der mündlichen Berufungsverhandlung vom 15. Dezember 2004 verwies der Beschwerdeführer auf das in der Rechtfertigung vom 16. Jänner 2003 und in weiterer Folge auf das in der Berufung erstattete Vorbringen. Darüber hinaus wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass bereits im Kaufvertrag auf das Bestehen des gegenständlichen Baugebrechens verwiesen worden sei, weshalb die Verantwortung auf die Käufer übergegangen sei. Die Verwaltung des Objekts sei bereits vor der Tatzeit an die O AG übertragen worden. Der Zeuge S bestätigte, dass die gegenständliche Liegenschaft seit 18. August 2002 von "unserer Firma" (der O AG) verwaltet werde. Der Schaden sei der Hausverwaltung bekannt gewesen, und ab September 2002 sei mit der Sanierung der gegenständlichen Baumängel begonnen worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde den Spruch lediglich dahingehend ab, dass die Geldstrafe auf Euro 700,--, bei Uneinbringlichkeit auf drei Tage Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wurde. Begründend stellte die belangte Behörde im Wesentlichen fest, dass, wie aus dem Grundbuch ersichtlich sei, der vom Beschwerdeführer angesprochene Eigentümerwechsel am 1. März 2004 intabuliert worden sei. Somit stehe die Verantwortung des Beschwerdeführers als noch intabulierter grundbücherlicher Miteigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft für die Tatzeit 28. November 2002 fest.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt den Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, die belangte Behörde gehe zu Unrecht von seiner Verantwortlichkeit aus. In Fällen der Bestellung eines Hausverwalters gemäß § 135 Abs. 3 BO sei dieser grundsätzlich für die ordnungsgemäße Instandhaltung des Hauses verantwortlich. Der Eigentümer sei nur dann neben dem Verwalter verantwortlich, wenn ihn bei dessen Auswahl oder Beaufsichtigung ein Verschulden trifft. Die belangte Behörde habe keinerlei Feststellungen zur Bestellung des konzessionierten Hausverwalters getroffen, weshalb sie zu einer fehlerhaften rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts gekommen sei.

§ 135 BO lautet auszugsweise

"(1) Übertretungen dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen werden mit Geld bis zu 21 000 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen bestraft.

...

(3) Wer die Verwaltung eines Gebäudes ausübt, ist für Verletzungen der dem Eigentümer durch dieses Gesetz oder eine dazu erlassene Verordnung auferlegten Pflichten an dessen Stelle verantwortlich, wenn die Tat ohne Veranlassung und Vorwissen des Eigentümers begangen wurde. Der Eigentümer ist neben dem Verwalter verantwortlich, wenn er es bei dessen Auswahl oder Beaufsichtigung an der nötigen Sorgfalt fehlen ließ. "

Bei der Übertretung, die dem Beschwerdeführer angelastet wird und auf die die Blankettstrafnorm des § 135 Abs. 1 BO verweist, handelt es sich im vorliegenden Fall um eine solche des § 129 Abs. 2 BO.

§ 129 Abs. 2 1. Satz BO lautet:

"(2) Der Eigentümer (jeder Miteigentümer) hat dafür zu sorgen, dass die Gebäude und die baulichen Anlagen (Gärten, Hofanlagen, Einfriedungen u. dgl.) in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden."

Adressat der Strafnorm des § 135 BO ist zunächst (Abs. 1) derjenige, der Bestimmungen der Bauordnung übertritt, im Falle des § 129 Abs. 2 BO somit der oder die Eigentümer (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. November 2004, Zl. 2002/05/0033). Die Frage, wer Eigentümer oder Miteigentümer ist, richtet sich nach den Bestimmungen des Zivilrechts. Gemäß dem Intabulationsprinzip kann die Erwerbung, Übertragung, Beschränkung und Aufhebung bücherlicher Rechte grundsätzlich nur durch Eintragung im Grundbuch bewirkt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. September 1995, Zl. 95/06/0126). Ein Kaufvertrag vermittelt lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Verschaffung des Eigentums (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. September 1988, Zl. 87/06/0111).

Wie die belangte Behörde festgestellt hat, wurde der Eigentümerwechsel am 1. März 2004 intabuliert, somit war zur Tatzeit noch der Beschwerdeführer Miteigentümer.

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgeführt hat, ist in den Fällen der Bestellung eines Hausverwalters gemäß § 135 Abs. 3 BO jedoch grundsätzlich dieser für die Instandhaltung eines Hauses verantwortlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 2000, Zl. 2000/05/0023).

Hier wurde dem Beschwerdeführer angelastet, dass der Verputz der Feuermauer schadhaft war. Es handelt sich dabei um eine Instandsetzung, die in die Verantwortung des Verwalters fällt. Zur Frage, ob ein Verwalter vorhanden war, hat die belangte Behörde trotz der diesbezüglichen zeugenschaftlichen Aussage eines Mitarbeiters der betreffenden Hausverwaltung keinerlei Feststellungen getroffen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Bestrafung eines Hausverwalters nur dann nicht vor, wenn der Hauseigentümer, obwohl er wusste, dass eine Verpflichtung zur Beseitigung von Baugebrechen besteht, den Hausverwalter an der Erfüllung dieser Verpflichtung in irgendeiner Weise gehindert hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 2001, Zl. 99/05/0286). Auch diesbezüglich liegen aber keine Feststellungen der belangten Behörde vor.

Da die belangte Behörde somit die durch das Gesetz vorgegebene primäre Verantwortlichkeit des Hausverwalters außer Acht gelassen hat, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhalts, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandsersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 2003/333.

Wien, am 14. November 2006

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