Normen
JagdG Tir 2004 §37 Abs2;
JagdG Tir 2004 §37 Abs8;
JagdRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
JagdG Tir 2004 §37 Abs2;
JagdG Tir 2004 §37 Abs8;
JagdRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Abschuss von Rotwild in den Jagdrevieren H, W, A und P gemäß § 37 Abs 7 (richtig wohl: Abs 8) des Tiroler Jagdgesetzes 2004, LGBl Nr 41/2004 idF Nr 34/2006 (im folgenden: "JG") abweichend vom Antrag der beschwerdeführenden Partei festgesetzt.
Gemäß § 37 Abs 7 JG bedürfe der Abschussplan der Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde. Die Genehmigung sei zu erteilen, wenn die Erhaltung oder Herstellung des nach § 37 Abs 2 leg cit angemessenen Wildstands gewährleistet sei. Erfülle der vorgelegte Abschussplan diese Voraussetzung nicht, sei dieser von der Bezirksverwaltungsbehörde gemäß § 37 Abs 8 leg cit von Amts wegen festzusetzen.
Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Bevor auf die Verhältnisse in den Jagdgebieten der beschwerdeführenden Partei näher eingegangen werde, sei die großräumige Entwicklung im Bezirk Innsbruck Land darzustellen. Diesbezüglich sei dem von der Erstbehörde vorgelegten Sammelakt "Bezirkhauptmannschaft Innsbruck-Land, Berufungen gegen Abschusspläne 2006/2007" Folgendes zu entnehmen: Im genannten Bezirk sei im Jagdjahr 2006 ein Rotwildbestand in den stattgefundenen Frühjahrjahreszählungen von 3.614 Stück erfasst worden. Auf Grund der Tatsache, dass im genannten Bezirk in den letzten Jahren trotz steigender Abschusszahlen (2003: 1.477 Stück, 2004: 1.744 Stück, 2005: 1.900 Stück) ein permanentes Ansteigen des tatsächlichen Wildstandes festzustellen gewesen sei (gezählter Wildstand ohne Dunkelziffer von 15 %: 2003: 2.644 Stück, 2004:
2.834 Stück, 2005: 3.142 Stück, und 2006: 3.614 Stück) sei davon auszugehen, dass die bekannt gegebenen Wildstandszahlen nicht dem tatsächlichen Bestand an Rotwild in den Revieren entsprechen würden. Es müsse vielmehr so sein, dass eine nicht unerhebliche Anzahl von Wildstücken bei diesen Zählungen nicht erfasst habe werden können. Es sei daher nachvollziehbar, dass die Erstbehörde beim Rotwild zum erhobenen Wildstand die seit dem Jahr 1994 jährlich berücksichtigte Dunkelziffer von 15 % hinzugezählt und den Abschussempfehlungen des Bezirksjägermeisters folgend die Abschusspläne vorgeschrieben habe. Konkret habe die Behörde im Bezirk einen Rotwildstand von 4.162 Stück angenommen (Winterzählung 2006 + 15 % Dunkelziffer). Bei Berücksichtigung eines Zuwachses von 35 % des Gesamtbestandes errechne sich ein theoretischer Sommerbestand von 5.618 Stück Rotwild. Unter den gegebenen Umständen erweise es sich als nicht ausreichend, bloß den Zuwachs an Rotwild abzuschöpfen, sodass die Erstbehörde ihrer Abschussplanung generell höhere Abschussquoten zu Grunde gelegt habe. Das bedeute für alle Hegebezirke eine spürbare Anhebung der Abschusszahlen. Es sollte das dringlichste Ziel sein, mindestens einen Stopp im Rotwildzuwachs zu erreichen; um den Interessen der Landeskultur zu entsprechen, wäre natürlich eine Reduzierung des Rotwildbestandes erforderlich. Die dargestellte Entwicklung sei auf die einzelnen Hegebezirke umzulegen. Die erhobenen Winter- und prognostizierten Sommerstände, die den Jagdausübungsberechtigten zusammen mit dem Wechselwild als Planungsgrundlage gedient hätten, seien vom Bezirksjägermeister in einer (in den angefochtenen Bescheid aufgenommenen) Tabelle (gegliedert nach "Rotwildzählung 2006", "Winterstand 2006 bei Berücksichtigung einer Dunkelziffer von 15 %", "Sommerstand 2006 (bei Annahme eines Zuwachses von 35 %)", und "Abschöpfung in den einzelnen Hegebereichen - Zahlen und % des Sommerstandes 2006" näher wiedergegeben worden.
Im vorliegenden Fall gelte das besondere Interesse der Hegegemeinschaft Unterinntal Süd. Diesem Hegebezirk gehörten neben den von der Beschwerdeführerin gepachteten Revieren auch die Jagdgebiete W-Nord, K, L, W-Süd, T, G, V, Vo, A V, Wa und Vö an. Der Hegebezirk umfasse eine Fläche von 17.604 ha, welche praktisch zur Gänze bejagdbar sei. Der Lebensraum für Rotwild werde im Jagdkataster mit 10.414 ha, für Gamswild mit 9.301 ha und für Rehwild mit 11.714 ha angegeben.
Was den Hegebezirk Unterinntal Süd betreffe, so errechne sich aus den Angaben in den (beantragten) Abschussplänen ein Rotwildbestand von 206 Stück, eine Zahl, die vom Hegemeister laut Aussage des Bezirksjägermeisters später jedoch auf 300 korrigiert worden sei. Grund für diese nachträgliche Berichtigung seien Beschwerden von Seiten der Waldeigentümer gewesen, die im Hegebezirk Unterinntal Süd schwere Wildschäden gemeldet hätten. Daraufhin sei in den Bereichen A V, G und K eine Begehung durchgeführt worden, an der Vertreter des Forstes und der Jägerschaft teilgenommen hätten. Dabei seien Wildschäden in einem Ausmaß festgestellt worden, das bei dem erhobenen Zählergebnis nicht erklärbar sei. Daraufhin hätten die bei der Begehung beigezogenen Jagdpächter das Vorhandensein von erheblich höheren Bestandszahlen eingestanden (A V: gezählt 15 Stück, geschätzt zwischen 30 und 40 Stück; G: gezählt 8 Stück, geschätzt 30- 40 Stück; K: gezählt 10 Stück, geschätzt mindestens 20 Stück). Daraufhin sei es zu einer Unterredung mit dem zuständigen Jagdreferenten der Erstbehörde gekommen, bei welcher für den Hegebezirk Unterinntal Süd nun einen Rotwildbestand "um die 300 Stück" genannt worden sei. Dieser sei nun vom Bezirksjägermeister - wie in den anderen Hegebezirken auch - um die Dunkelziffer von 15 % vermehrt worden, was die von der beschwerdeführenden Partei kritisierte Zahl von 345 Stück Rotwild erkläre.
Aus diesem korrigierten Winterstand, aus dem sich durch Hinzurechnung eines zu erwartenden 35%igen Zuwachses ein Sommerstand von 466 Rotwildstücken errechne, habe die Behörde auf alle Jagdgebiete im Verhältnis zu den ihr bekannt gegebenen Wildständen aufzuteilen gehabt. Da sich Rotwild bekanntlich nicht ständig im gleichen Revier aufhalte, sondern mehr oder weniger regelmäßig ein- oder durchwechsle, sei auch dieses Wechselwild bei der Ermittlung der Planungsgrundlage zu berücksichtigen. Dem allerdings seien dann Grenzen gesetzt, wenn die Revierinhaber von einander angrenzenden Jagdgebieten behaupteten, dass das Wild von ihrem Jagdgebiet in das des Nachbarn einwechsle und umgekehrt. Nachdem die Wanderbewegungen des Rotwildes zwar tendenziell, aber nie exakt erfassbar seien, habe der Gesetzgeber in § 37 Abs 2 JG ausdrücklich festgelegt, dass bei der Abschussplanung im Interesse einer großräumigen Jagdbewirtschaftung auch auf die Wildstandsverhältnisse der benachbarten Reviere Bedacht zu nehmen sei. Hohe Wildstände in einem Nachbarrevier müssten sich daher bei der Abschussplanerstellung auch auf das eigene Revier auswirken.
Die beschwerdeführende Partei habe in ihren Abschussplänen als Winterstand nur Wechselwild angegeben, wobei für die einzelnen Reviere eine Zahl von 5 Stück - ausgenommen P, wo im Abschussplan keine Zahl eingetragen worden sei - genannt werde. In der ursprünglichen Meldung des Hegemeisters werde für "die Sjagden" ein Rotwildbestand von 23 angegeben. In der später korrigierten Version sei "den D Jagden" vom Hegemeister dann bei der Verteilung der Winterstände 45 Rotwildstücke zugewiesen worden. Dies sei fast genau eine Verdoppelung des ursprünglich angemeldeten Winterstands. Dass sich dies auf den zu prognostizierenden Sommerstand auswirken müsse, der auf Grund des verstärkt einwechselnden Rotwilds in den vier gegenständlichen Jagdgebieten an und für sich schon höher als im Winter sei (dieser Sommerstand werde - im Vergleich zu den 23 angegebenen Stück im Winter - mit 57 Stück angegeben) verstehe sich von selbst.
Vergleiche man zum Abschluss noch die Abschöpfung der Bestände innerhalb der vier Jagden, so fielen, was die prozentuelle Abschöpfung des Sommerstand betreffe, große Schwankungen bei den Prozentzahlen auf, die von 29 % des Sommerstands (A) bis 114 % (W) reichten. Diese Bandbreite erscheine dramatisch, vergleiche man jedoch die Anhebung gegenüber den letztjährigen Abschusszahlen, so zeige sich die Angemessenheit der erstinstanzlichen Vorschreibung.
Dass derzeit im Hegebezirk Unterinntal Süd ein den Interessen der Landeskultur angemessener Rotwildbestand nicht vorhanden sei, ergebe sich auch aus dem Schreiben der Bezirksforstinspektion Innsbruck vom 4. Mai 2006. Dort werde der Waldzustand im Hegebezirk Unterinntal Süd so beschrieben:
"K/Kberg:
Einige Schälschäden oberhalb und westlich der Fütterung Wil.
Bis jetzt nicht gravierend, jedoch ist die Entwicklung im Auge zu
behalten.
W/Wa:
Anhaltende starke Schälschäden am Vö im Privatwald. Da diese schon seit Jahren immer wieder im selben Bereich auftreten, sind in einigen Beständen kaum mehr gesunde Bäume anzutreffen.
Massive Schäden im Bereich Fütterung H, Wa, auf einer zusammenhängenden Fläche von ca. 0,9 ha. Weitere vereinzelte und gruppenweise Schäden.
Schäden auch in den andern Jagden (B, D), aber in geringerem
Ausmaß.
V:
Wieder, wie bereits in den Vorjahren starke Schäldschäden im Privatwald, z.T. schon knapp oberhalb des Dorfes. In diesem Bereich steht Rotwild auch bei einzelnen Höfen und frisst aus dem Fahrsilo.
Starke Schäden im Bereich der Fütterung A G und massive Schäden im Bereich der Fütterung We der A V.
Im gesamten Hochlagenbereich dieses Hegebezirkes gibt es auch Probleme mit Verschlag- und Fegeschäden an Lärche und Zirbe v.a. durch Rotwild, aber auch durch Rehwild.
Verbissschäden spielen nur eine untergeordnete Rolle und sind nur örtlich stark feststellbar. In diesen Bereichen wurde auch kein Verbissschutz durchgeführt. Diese Situation lässt sich durch Schwerpunktbejagung und gezielte Schutzmaßnahmen in Grenzen halten.
Vorschläge für jagdliche Maßnahmen:
Erhöhung des Rotwildabschusses auf mindestens 300 Stück wie mit dem Herrn Bezirksjägermeister besprochen."
Diese Ausführungen des forstfachlichen Sachverständigen sprächen für sich. Die belangte Behörde schließe sich ihnen an und unterstütze die vom Bezirksjägermeister und dem Hegemeister mitgetragene Anhebung des Rotwildabschusses im Jagdjahr 2006/2007. Die Erhöhung der Abschusszahlen beim Rotwild werde auch vom Bezirksjagdbeirat befürwortet, der in seiner Sitzung vom 17. Juli 2006 der belangten Behörde die unbedingte Beibehaltung der erstinstanzlichen Entscheidung empfohlen habe.
Abschließend sei noch zu bemerken, dass der Behörde vor Abschluss dieses Verfahrens bekannt geworden sei, dass im Hegebezirk Unterinntal Süd bis dato 85 Stück Rotwild erlegt worden seien. Dieses vom Bezirksjägermeister als positiv hervorgehobene Ergebnis sei ein Zeichen dafür, dass die von der Behörde angenommenen Wildbestände tatsächlich vorhanden seien und andererseits, dass die Jägerschaft durchaus bemüht sei, die mit der Anhebung der Abschusszahlen verbundene Mehrbelastung auf sich zu nehmen, um dem öffentlichen Interesse an der Herstellung eines angemessenen Wildbestandes zu genügen.
1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, aufzuheben.
1.3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
2.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 19. Dezember 2006, Zl 2004/03/0172, die Anforderungen, die an einen Bescheid zu stellen sind, mit dem - wie im vorliegenden Fall - der Abschussplan abweichend vom Antrag nach § 37 Abs 8 JG festgesetzt wird, dargestellt. Auf dieses Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen. Vor diesem Hintergrund ist Basis für die Abschussplanerstellung die verlässliche Erhebung des Wildstandes. Für eine verlässliche Ermittlung haben dabei in erster Linie die Ergebnisse von umfassenden und gewissenhaft durchgeführten Wildzählungen maßgeblich zu sein.
Dass es im Beschwerdefall an einer derartigen verlässlichen Erhebung des Wildstandes fehlt, lässt sich der Begründung des angefochtenen Bescheides schon insofern entnehmen, als dort von der Korrektur der in den Abschussplänen ursprünglich angegebenen gezählten Stückzahlen in dem in Rede stehenden Hegebezirk nach der Meldung schwerer Wildschäden bzw der Durchführung einer Begehung gesprochen wird, ohne dass ersichtlich ist, welche Zählung bzw welche jagdfachlichen Überlegungen dafür ausschlaggebend waren, dass im Hegebezirk Unterinntal Süd nun ein Rotwildbestand konkret mit "um die 300 Stück" (vor dem "Dunkelzifferzuschlag") anzunehmen war.
Zudem ergibt sich aus dem bekämpften Bescheid, dass diesen Korrekturen eine Begehungen anderer Reviere als der beschwerdegegenständlichen zu Grunde liegt, dass aus den daraus gewonnenen Überlegungen auf den gesamten Hegebezirk Unterinntal Süd geschlossen wurde, und dass sich die für die beschwerdegegenständlichen Reviere im Bescheid festgesetzten Abschusszahlen aus der Aufteilung der für den gesamten Hegebezirk angenommenen Zahlen auf die Reviere ergeben. Auch insofern kann nicht gesagt werden, dass dem angefochtenen Bescheid eine verlässliche Wildzählung in den beschwerdegegenständlichen Revieren zu Grunde liegt. Eine solche Zählung kann auch nicht durch die Überlegung ersetzt werden, dass die Jägerschaft durchaus bemüht sei, die mit der Anhebung der Abschusszahlen verbundene Mehrbelastung auf sich zu nehmen.
Schon vor diesem Hintergrund gleicht die vorliegende Beschwerdesache in allen entscheidungswesentlichen Sach- und Rechtsfragen jenen, die dem schon zitierten hg Erkenntnis sowie ferner dem hg Erkenntnis vom 19. Dezember 2006, Zl 2004/03/0155 zu Grunde lagen. Auf diese Erkenntnisse wird daher (bezüglich des erstgenannten Erkenntnisses nochmals) gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen.
2.2. Damit war auch der vorliegend angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG aufzuheben.
2.3. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.
Wien, am 28. Februar 2007
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