VwGH 2006/03/0129

VwGH2006/03/012917.4.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der K spol.s.r.o. in T, Tschechien, vertreten durch Widter Mayrhauser Wolf, Rechtsanwälte OEG in 1220 Wien, Wagramerstraße 135, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 20. Juli 2006, Zl Senat-MI-05-0029, betreffend Verfall einer vorläufigen Sicherheit in einem Verfahren wegen einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
GütbefG 1995 §24;
GütbefG 1995 §9 Abs1;
GütbefG 1995 §9 Abs2;
VStG §37 Abs5;
VStG §37a Abs1;
VStG §37a Abs2 Z2;
VStG §37a Abs5;
VStG §37a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §8;
GütbefG 1995 §24;
GütbefG 1995 §9 Abs1;
GütbefG 1995 §9 Abs2;
VStG §37 Abs5;
VStG §37a Abs1;
VStG §37a Abs2 Z2;
VStG §37a Abs5;
VStG §37a;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 6. April 2005 wurde der Betrag von EUR 1.453,--, der als vorläufige Sicherheit wegen des Verdachts einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes (GütbefG) durch die beschwerdeführende Partei eingehoben und von M S (Lenker des verfahrensgegenständlichen Lastkraftwagens) bezahlt worden war, gemäß § 37a Abs 5 in Verbindung mit § 37 Abs 5 VStG für verfallen erklärt.

Nach der Begründung dieses Bescheides sei laut einer Anzeige der Grenzkontrollstelle Drasenhofen vom 28. Jänner 2005 folgende Verwaltungsübertretung begangen worden:

"Delikt: Güterbeförderung - ausländische Frächter Gemeinschaftslizenz

Üb.-Norm: § 9 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 Ziffer 1 Güterbeförderungsgesetz

Beschr.: Der/die Verantwortliche der Firma K in T, unbekannt unbekannt, diese ist Zulassungsbesitzerin des angeführten KFZ, hat nicht dafür Sorge getragen, dass die Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes eingehalten wurden. Das Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von S M gelenkt, wobei festgestellt wurde, dass das gegenständliche KFZ zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern verwendet wurde, obwohl außer österreichischen Güterbeförderungsunternehmern die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland nur Unternehmern gestattet ist, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind: Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 , oder einer Genehmigung auf Grund der Resolution des Rates der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom 14. Juni 1973, oder einer Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich, oder auf Grund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie. Das KFZ war auf der Fahrt von Tschechien nach Wien und hatte Folgendes geladen: Leerfahrt. Der Lenker hat keine Gemeinschaftslizenz mitgeführt.

Tatzeit: 28.01.2005 05:00 Uhr, Gemeinde: Drasenhofen (31606), Straßennummer: 7, Straßenkilometer: 065,300"

2. Nach Vollmachtsbekanntgabe durch die Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Partei, in der als "Einschreiter" "M S, geb. ..... Firma K s.r.o." genannt und die Bescheidzustellung zu Handen der Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Partei begehrt wird, erfolgte die Zustellung des Verfallsbescheides an diese.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen diesen Bescheid nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde zunächst - wörtlich - das Protokoll über die mündliche Berufungsverhandlung wieder, legte dann die maßgebenden Bestimmungen des GütbefG sowie des VStG dar und folgerte, es sei auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens davon auszugehen, dass S zur relevanten Zeit im Auftrag eines Unternehmens mit Sitz und Standort in der Tschechischen Republik eine gewerbsmäßige Güterbeförderung im Bundesgebiet durchgeführt habe, die von der Gemeinschaftslizenzpflicht erfasst gewesen sei; bei der Ausreise aus dem Bundesgebiet habe S dem Kontrollorgan aber keine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz vorweisen können, "weil eine derartige nicht mitgeführt wurde".

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, der einvernommene Fahrer, M S, habe "nicht unglaubwürdig darzulegen" vermocht, dass das eingesetzte Kraftfahrzeug primär einem anderen, damals auf Urlaub befindlichen Fahrer zugewiesen gewesen sei, und dass dieser die beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz an einer für S zunächst nicht nachvollziehbaren Stelle im Kraftfahrzeug, nämlich versteckt unter der Liege, aufbewahrt habe. S habe die beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz erst nach telefonischer Kontaktaufnahme mit dem anderen Fahrer vorgefunden. Diese Art der Aufbewahrung komme nach Auffassung der belangten Behörde einem Nichtmitführen gleich, für welches Verhalten der Unternehmer nach dem GütbefG einzustehen habe. Das Verfahren habe keinerlei Hinweise auf mangelndes Verschulden des Unternehmers an der Tatbildverwirklichung gegeben, weil, ausgehend von der Aussage des Fahrers M S, im Betrieb ausschließlich die Fahrer für das Mitführen der Papiere verantwortlich seien und keine anderen Kontrollmechanismen vorgesehen seien, die geeignet erschienen, Vorfälle wie den gegenständlichen zu verhindern.

Es hätten sich im Verfahren auch "keinerlei Hinweise dafür ergeben", dass eine "objektivierbare Strafverfolgung bzw. die Vollstreckung" gegenüber den außenvertretungsbefugten Organen, "die ihren Wohnsitz und den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen in der Tschechischen Republik haben dürften", mit welchem Staat ein Rechtshilfeübereinkommen nicht bestehe, möglich erscheinen ließen. Es lägen daher sämtliche Voraussetzungen für den Verfall der vom Fahrer wegen des Vorliegens der in § 24 GütbefG normierten Voraussetzungen eingehobenen vorläufigen Sicherheit vor.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei sieht sich - so ihre Ausführungen unter der Überschrift "Beschwerdepunkte" - in ihrem "Recht auf Nichtbestrafung nach § 9 Abs 1 GütbefG (Nichtverfalles der eingehobenen Sicherheitsleistung) mangels Erfüllung des gesetzlichen Tatbildes verletzt".

1. Gemäß § 7 Abs 1 GütbefG ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 leg. cit auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:

  1. 1. Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr 881/92,
  2. 2. Genehmigung auf Grund der Resolution des Rates der europäischen Konferenz der Verkehrsminister (ZEMT) vom 14. Juni 1973,

    3. Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich,

    4. auf Grund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

    Gemäß § 9 Abs 1 leg. cit GütbefG hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs 1 leg cit angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden.

    Gemäß § 24 GütbefG kann als vorläufige Sicherheit im Sinne des § 37a VStG bei Verdacht einer Übertretung der Vorschriften über den grenzüberschreitenden Güterverkehr mit Kraftfahrzeugen (§§ 7 bis 9 GütbefG) ein Betrag von 1 453 Euro festgesetzt werden. Bei Verdacht einer Übertretung des Unternehmers gilt dabei der Lenker als Vertreter des Unternehmers, falls nicht dieser selbst oder ein von ihm bestellter Vertreter bei den Amtshandlungen anwesend ist.

    Gemäß § 37a Abs 1 VStG kann die Behörde besonders geschulte Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigen, nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen eine vorläufige Sicherheit bis zum Betrag von EUR 180,-- festzusetzen und einzuheben. Besondere Ermächtigungen in anderen Verwaltungsvorschriften bleiben unberührt.

    Gemäß § 37a Abs 2 Z 2 VStG kann sich die Ermächtigung darauf beziehen, dass das Organ von Personen, die auf frischer Tat betreten werden und bei denen eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmöglich oder wesentlich erschwert sein wird, die vorläufige Sicherheit einhebt.

    Gemäß § 37a Abs 5 VStG wird die vorläufige Sicherheit frei, wenn das Verfahren eingestellt wird oder die gegen den Beschuldigten verhängte Strafe vollzogen ist oder wenn nicht binnen sechs Monaten gemäß § 37 Abs 5 VStG der Verfall ausgesprochen wird.

    Gemäß § 37 Abs 5 VStG kann die Sicherheit für verfallen erklärt werden, sobald sich die Strafverfolgung des Beschuldigten oder der Vollzug der Strafe als unmöglich erweist. § 17 VStG ist sinngemäß anzuwenden.

2.1. Die Beschwerde bringt zunächst vor, der Verfallsbescheid sei gegen M S als Vertreter der Firma K spol.s.r.o. erlassen worden, obwohl gemäß § 24 GütbefG der Lenker nur anlässlich der Einhebung der Sicherheitsleistung als Vertreter des Unternehmens gelte. Daraus könne aber nicht abgeleitet werden, dass auch der Verfallsbescheid gegen den Lenker als Vertreter des Beförderers zu erlassen wäre. Vielmehr seien gemäß § 9 VStG für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen die zur Vertretung nach außen Berufenen verantwortlich; ein für das Unternehmen tätiger Lenker sei nicht zu diesem Personenkreis zu zählen. Hätte die belangte Behörde diesbezügliche Ermittlungen getätigt, wäre sie zum Ergebnis gekommen, das Verfahren gegen die beschwerdeführende Partei sei einzustellen.

2.2. Zu diesem Vorbringen ist zunächst festzuhalten, dass gemäß § 24 zweiter Satz GütbefG bei Verdacht einer Übertretung des Unternehmers der Lenker als Vertreter des Unternehmers gilt, falls nicht dieser selbst oder ein von ihm bestellter Vertreter bei den Amtshandlungen anwesend ist.

Der Verfall einer gemäß § 24 GütbefG beim Lenker als Vertreter des Beförderers eingehobenen vorläufigen Sicherheit im Sinne des § 37a VStG ist gegenüber dem Beförderer auszusprechen. Da der Lenker der Beförderungseinheit nach dem zweiten Satz des § 24 GütbefG bei der Festsetzung und Einhebung der Sicherheitsleistung als Vertreter des Beförderers gilt (falls nicht dieser selbst oder ein von ihm bestellter Vertreter bei den Amtshandlungen anwesend ist), ist der Lenker selbst grundsätzlich auch nicht Partei eines nachfolgenden Verfahrens, in dem der Verfall der Sicherheit gemäß § 37a Abs 5 in Verbindung mit § 37 Abs 5 VStG ausgesprochen wird. Ebensowenig ist der Lenker in diesem Verfallsverfahren Vertreter des Beförderers, weil sich § 24 GütbefG, der den Lenker als Vertreter bestimmt, lediglich auf die Einhebung der Sicherheit gemäß § 37a VStG und nicht auf deren Verfall bezieht (vgl das hg Erkenntnis vom 12. September 2007, Zl 2005/03/0091).

Der Lenker kann allerdings insoweit Verfahrenspartei sein, als er die Rückzahlung der Sicherheitsleistung an ihn selbst beantragt hat (vgl das hg Erkenntnis vom 8. Juni 2005, Zl 2003/03/0084).

2.3. Im Beschwerdefall ist diesbezüglich Folgendes von Bedeutung: Die vom Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes über die Einhebung der Sicherheit an M S ausgestellte Bescheinigung trägt u.a. den Vermerk: "GütbefG i.V. § 24". In der Folge wurde denn auch der Verfall der vorläufigen Sicherheit von der Behörde erster Instanz mit Bescheid vom 6. April 2005 gegenüber dem befördernden Unternehmen, vertreten durch M S ("Herrn M S als Vertreter der Firma K, T, Tschechien"), ausgesprochen. Die Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Partei haben daraufhin gegenüber der Erstbehörde ihre Bevollmächtigung bekannt gegeben und die Zustellung des Bescheides beantragt. Auf Grund der Vollmachtsbekanntgabe und des ausdrücklichen Zustellantrags erfolgte die Zustellung des Erstbescheides zu Handen der anwaltlichen Vertreter der beschwerdeführenden Partei. Sowohl die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid als auch die gegenständliche Beschwerde wurden von den Vertretern der beschwerdeführenden Partei für "M S als Vertreter der Firma K" eingebracht.

Der angefochtene, an "Herrn M S als Vertreter der Firma K spol.s.r.o. z. Hd. Widter Mayrhauser Wolf Rechtsanwälte OEG" adressierte Bescheid spricht ausdrücklich über die von "M S als Vertreter der K spol.s.r.o., vertreten durch Widter Mayrhauser Wolf Rechtsanwälte OEG" gegen den Erstbescheid erhobene Berufung ab.

Im Zusammenhalt mit der im Verwaltungsverfahren erfolgten Vollmachtsbekanntgabe und der Angabe des Bescheidadressaten, nach der sowohl im erstinstanzlichen als auch im angefochtenen zweitinstanzlichen Bescheid der Lenker als Vertreter der beschwerdeführenden Partei bezeichnet wurde, lässt sich im vorliegenden Fall ableiten, dass der Bescheid gegenüber der beschwerdeführenden Partei ergangen ist und diese daher zur Erhebung der Beschwerde berechtigt ist.

Vor dem Hintergrund, dass sowohl der erstinstanzliche als auch der angefochtene Bescheid jedenfalls den ausdrücklich als Vertreter der beschwerdeführenden Partei eingeschrittenen Rechtsanwälten zugestellt wurden, kann die beschwerdeführende Partei nicht dadurch in Rechten verletzt sein, dass der Lenker der Beförderungseinheit als ihr Vertreter bezeichnet wurde.

3.1. Die Beschwerde macht weiter geltend, das der beschwerdeführenden Partei angelastete Delikt (es unterlassen zu haben, dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs 1 GütbefG angeführten Berechtigungen mitgeführt würden) sei gar nicht verwirklicht worden, weil das angeblich fehlende Dokument, die beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz nämlich, tatsächlich doch im Fahrzeug mitgeführt worden sei; der Fahrer, der für den regelmäßig eingesetzten Fahrer kurzfristig eingesprungen sei, habe es erst nach Kontaktaufnahme mit diesem anderen Fahrer vorgefunden. Es sei daher der Verfall der vorläufigen Sicherheit zu Unrecht ausgesprochen worden.

3.2. Zu diesem Vorbringen ist zunächst klar zu stellen, dass für die Einhebung einer vorläufigen Sicherheit gemäß § 37a Abs 2 Z 2 VStG Voraussetzung ist, dass eine Betretung auf frischer Tat erfolgt. Auf frischer Tat betreten wird eine Person im Wesentlichen dann, wenn sie beim Setzen einer Handlung wahrgenommen wird, von der das Organ mit gutem Grund annehmen kann, dass es sich um eine Verwaltungsübertretung handelt. Nach dem auch in der Beschwerde unbestrittenen Sachverhalt hat der Lenker des Sattelkraftfahrzeuges bei der durchgeführten Kontrolle die Gemeinschaftslizenz zunächst nicht vorweisen können, obwohl ihm durch das Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes rund eine Stunde Zeit gegeben worden war, im Fahrzeug danach zu suchen. Vor diesem Hintergrund konnte das Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes mit Grund annehmen, dass die beschwerdeführende Partei nicht dafür gesorgt habe, dass die Gemeinschaftslizenz mitgeführt werde, weshalb zulässigerweise eine vorläufige Sicherheit eingehoben wurde.

3.3. Diese berechtigterweise eingehobene Sicherheit durfte für verfallen erklärt werden, sobald sich die Strafverfolgung des Beschuldigten oder der Vollzug der Strafe als unmöglich erweist (§ 37 Abs 5 VStG).

Die beschwerdeführende Partei hatte schon im Verfahren vor der Erstbehörde einen inländischen Rechtsvertreter bestellt; sie hat in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Verfallsbescheid vorgebracht, dass entgegen der Darstellung in der Anzeige anlässlich der verfahrensgegenständlichen Güterbeförderung doch eine beglaubigte Abschrift einer Gemeinschaftslizenz im Fahrzeug mitgeführt worden sei. Die belangte Behörde hat diesen Umstand auch ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt, aber die Auffassung vertreten, eine derartige Form des Mitführens sei "einem Nichtmitführen gleich zu halten". Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen:

3.4. Gemäß § 9 Abs 1 GütbefG hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs 1 leg cit angeführten Berechtigungen mitgeführt werden.

Gemäß § 9 Abs 2 GütbefG sind diese Nachweise vom Lenker mitzuführen und den Aufsichtsorganen auf Verlangen auszuhändigen.

Während also den Lenker die Verpflichtung trifft, die entsprechenden Nachweise mitzuführen und - auf Verlangen - auszufolgen, trifft den Unternehmer keine Verpflichtung, für die Ausfolgung der Nachweise Sorge zu tragen. Der Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, dass die Nachweise mitgeführt werden, ist die beschwerdeführenden Partei im Beschwerdefall nachgekommen; die Gemeinschaftslizenz war auch tatsächlich im Fahrzeug vorhanden. Wird sie aber mitgeführt und kann sie (bloß) nicht vorgelegt werden, verstößt zwar der Lenker gegen die ihn nach § 9 Abs 2 GütbefG treffende Verpflichtung, ein Verstoß des Unternehmers gegen § 9 Abs 1 GütbefG liegt aber nicht vor.

3.5. Damit erweist sich aber auch das Beschwerdevorbringen, es hätte mangels Vorliegens der angelasteten Verwaltungsübertretung der Verfall der vorläufigen Sicherheit nicht ausgesprochen werden dürfen, als zielführend: Steht nämlich im Verfallsverfahren - so wie im Beschwerdefall - schon fest, dass die der Einhebung der vorläufigen Sicherheit zu Grunde gelegte Verwaltungsübertretung tatsächlich nicht begangen wurde, darf ein Verfall nach § 37a Abs 5 in Verbindung mit § 37 Abs 5 VStG nicht ausgesprochen werden.

Davon ist auch - zumindest implizit - die belangte Behörde insofern ausgegangen, als sie "im Rahmen einer Umwegprüfung" das Vorliegen des Straftatbestandes geprüft hat, wobei sie allerdings - wie dargestellt zu Unrecht - von einer Verwirklichung des angelasteten Delikts ausgegangen ist.

Die Einhebung einer vorläufigen Sicherheit nach § 37a Abs 2 Z 2 VStG soll die Durchführung eines Strafverfahrens bzw den Vollzug einer verhängten Strafe sichern, nicht aber substituieren. Dies ergibt sich schon aus der Einbindung der genannten Bestimmung in den mit "Sicherung des Strafverfahrens und des Strafvollzugs" überschriebenen zweiten Abschnitt des II. Teils des VStG, im Besonderen aber aus der in § 37a Abs 2 Z 2 VStG normierten Tatbestandsvoraussetzung, es werde "eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmöglich oder wesentlich erschwert sein" (vgl zu den Voraussetzungen für den Ausspruch eines Verfalls im Übrigen das hg Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl 2007/03/0174).

Dem gegenüber begnügt sich § 37 Abs 5 VStG (Verfall) nicht mit wesentlichen Erschwernissen bei Strafverfolgung oder -vollzug, fordert vielmehr, dass sich dies (Strafverfolgung bzw -vollzug) "als unmöglich erweist".

Zwar werden im Regelfall wesentliche Erschwernisse bei der Strafverfolgung vorliegen, wenn mit dem Land, in dem der einer Verwaltungsübertretung Verdächtige seinen Wohnsitz bzw gewöhnlichen Aufenthalt hat, kein Vertrag über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen besteht, so wie zwischen der Republik Österreich und der Republik Tschechien (vgl das bereits zitierte Erkenntnis vom 8. Juni 2005, Zl 2003/03/0084). Jedenfalls dann aber, wenn der Betreffende einen inländischen Rechtsvertreter namhaft macht, im Verfahren mitwirkt und vorbringt sowie unter Beweis stellt, dass der Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung gar nicht verwirklicht wurde, kann eine Unmöglichkeit der Strafverfolgung nicht angenommen werden und darf (bloß unter Berufung auf Unmöglichkeit der Strafverfolgung) ein Verfall gemäß § 37a Abs 5 iVm § 37 Abs 5 VStG nicht mehr ausgesprochen werden.

4. Aus dem Gesagten folgt, dass der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Von der Durchführung der von der beschwerdeführenden Partei beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 17. April 2009

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