Normen
BAO §115 Abs1;
BAO §167 Abs2;
EStG §16 Abs1;
EStG §20 Abs1 Z2 lita;
EStG §4 Abs4;
BAO §115 Abs1;
BAO §167 Abs2;
EStG §16 Abs1;
EStG §20 Abs1 Z2 lita;
EStG §4 Abs4;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer erzielte im Streitjahr u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Religionslehrer. Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2002 machte er neben anderen gegenständlich nicht mehr strittigen Aufwendungen auch solche für eine Reise in die Südtürkei als Werbungskosten geltend.
Vom Finanzamt wurden die Kosten für die Reise nicht als Werbungskosten anerkannt, weil nach dem vorgelegten Reiseprogramm in einem überdurchschnittlich hohen Ausmaß Programmpunkte von allgemeinem Interesse absolviert worden seien. Auch wenn laut Angaben des Beschwerdeführers mehr als fünf Stunden täglich Vorlesungen über die Apostelgeschichte stattgefunden hätten, ändere dies nichts an der Tatsache, dass es sich bei dieser Reise insgesamt um eine Rundreise gehandelt habe, die eine lehrgangsmäßige Organisation weitgehend vermissen lasse und an der nicht nur Teilnehmer aus kirchlichen Institutionen teilgenommen hätten.
In der gegen den Einkommensteuerbescheid 2002 erhobenen Berufung entgegnete der Beschwerdeführer diesen Ausführungen, die "Bibelschule in der Südtürkei" entspreche allen an eine steuerlich anzuerkennende Studienreise gestellten Anforderungen: Sie sei mit Ausnahme von "zwei Damen" ausschließlich von Pfarrern und Religionslehrern besucht worden. Auch die beiden Damen seien kirchlich sehr engagiert. Andere Personen hätten an der Reise sicherlich kein Interesse gehabt. Das Programm sei mit religiösen Aktivitäten ausgefüllt gewesen.
Mit Berufungsvorentscheidung gab das Finanzamt der Berufung in dem hier strittigen Punkt mit der Begründung nicht statt, dass die Reise in die Südtürkei ein so genanntes Mischprogramm aufgewiesen habe. Nach dem vorgelegten Reiseprogramm habe die Reise den Geschmack eines religiös interessierten Publikums abgedeckt und sich nicht speziell an die Berufsgruppe des Beschwerdeführers gerichtet.
In seinem Vorlageantrag verwies der Beschwerdeführer auf das bereits aktenkundige Reiseprogramm, das völlig auf die Teilnehmer (Pfarrer, Religionslehrer, zwei Laien) zugeschnitten und für deren Tätigkeit von konkretem Nutzen gewesen sei. Es hätte keine allgemein interessierenden Programmpunkte gegeben, vielmehr hätten die Teilnehmer täglich größere Strecken z.T. über schwieriges Gelände zurücklegen müssen, um zum nächsten Ort zu gelangen.
Aus den vom Beschwerdeführer angesprochenen Unterlagen ergibt sich folgender Reiseverlauf:
"1. Teil: Auf den Spuren des Apostels Paulus und der
frühen Kirche
Mo. 8.7. Flug nach Antalya
Di. 9.7. Antalya und Termessos
Mi. 10.7. Side, Aspendos, Perge, Antalya
Do. 11.7. Antalya,
Egridier am Egridiersee und Antiochia in
P. (Yalvac)
Fr. 12.7. Antiochia in Pisidien, Fahrt nach Hierapolis,
Besichtigung von: Hierapolis, Laodicäa,
Kolossäa
Sa. 13.7. Fahrt über Antalya nach Phaselis,
Limyra/Finike, Myra, Kas
So. 14.7. Patara, Letoon, Xanthos, Telemessos bei
Fethiye
Mo. 15.7. Kaunos (Felsengräber), Fahrt zum
Bildungshaus in Datca
2. Teil: Apostelgeschichte (Studienthemen)
Di. 16.7. Geheimnis der 40 Tage,
Reich Gottes, Gemeinschaft in Jerusalem
Mi. 17.7. Pfingstereignis, Pfingstpredigt, Zeugnis der
Apostel
Do. 18.7. Urgemeinde in Jerusalem/Heilung des
Gelähmten im
Tempel, Verfolgung der Jünger
Fr. 19.7. Kreis der Apostel - 7 Diakone/Stefanus
Sa. 20.7. Saulus in Damaskus
So. 21.7. (Ausflug zu den Heiligtümern in Neuknidos)
Mo. 22.7. 1. Missionsreise, Apostelkonzil
Di. 23.7. 2. Missionsreise
Mi. 24.7 3. Missionsreise
Do. 25.7. Paulus in Rom: Überfahrt von Malta Ankunft"
Mit Schreiben vom 25. November 2004 hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vor, dass für die Zeit vom 16. Juli bis 20. Juli sowie vom 22. Juli bis 25. Juli weder eine Reisebewegung noch sonstige Programmpunkte aufschienen und ersuchte um nähere Informationen über die in diesen Zeiten stattgefundenen Reisebewegungen oder den Aufenthaltsort der Reiseteilnehmer.
Nachdem der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers diesen Vorhalt damit beantwortet hatte, dass "Vorlesungen am jeweiligen Ort sowie Besuche Heiliger Stätten und Dialoge zwischen ortsansässigen Christen und Moslems" stattgefunden hätten, wies die belangte Behörde die Berufung im Umfang der Berufungsvorentscheidung ab.
Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und allgemeinen rechtlichen Erwägungen führte die belangte Behörde aus, es sei unbestritten, dass die Planung und Durchführung der Reise durch Theologen erfolgt sei. Dieser Umstand allein genüge aber noch nicht, um eine überwiegend berufliche Bedingtheit feststellen zu können. Die belangte Behörde bestreite nicht, dass die geschilderte Reise geeignet gewesen sei, einem Religionslehrer berufliche Impulse zu vermitteln. Eine Relativierung erfahre diese Einschätzung allerdings dadurch, dass die streitgegenständliche Reise eine Reihe attraktiver Programmpunkte geboten habe. So seien etwa die schneeweißen Sinterterrassen von Pamukkale (das frühere "Hierapolis") ein weithin bekanntes Naturwunder, das zu den touristischen Hauptattraktionen des ägäischen Bereiches zähle. Die Umgebung der antiken Stadt Kaunos sei nicht nur berühmt durch ihre eindrucksvollen Felsengräber, die man auf einer Bootsfahrt passieren könne, sondern berge auch eines der ökologisch reichsten Biotope der Türkei. Der Iztuzu-Strand sei einer der letzte Brutplätze der Karettschildkröte. Fethiye liege in einer malerischen Bucht am Übergang zwischen Riviera und Ägäis und sei ein Urlaubsort mit pulsierendem Strand- und Nachtleben. Side und Antalya wiesen atemberaubende Küstenlandschaften, türkisblaue Buchten, endlose Sandstrände sowie beeindruckende Hafen- und Altstadtviertel auf. Eine Sehenswürdigkeit von allgemeinem Interesse sei weiters Knidos, eine der reichsten und bedeutendsten Städte der Antike, die eine Fülle von archäologischen Schätzen vorweisen könne. Ein Geheimtipp für Menschen, die das Besondere suchen, sei - folge man den näher angeführten Informationsquellen -
der vom Massentourismus verschont gebliebene Ort Datca auf der Datcahalbinsel. Hier könne man neben Meer, Strand und Taverne noch die Beschaulichkeit der alten Türkei genießen.
Es bedürfe keiner näheren Ausführung, dass die geschilderten Stationen der Reise für ein breites Publikum anziehend seien und ein theologischer Zusammenhang bestenfalls auf den zweiten Blick erkennbar sei. Allein die Intention, auf den Spuren des Apostels Paulus zu wandeln, könne der allgemein-touristischen Attraktivität der Reisebewegung keinen Abbruch tun. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass sich die Reisegruppe - darunter zwei Ehepaare - aus Pfarrern, Religionslehrern und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen von Pfarren zusammengesetzt habe.
Überprüfe man den zeitlichen Aspekt der Programmfolge, dann sei festzustellen, dass allgemein interessierende Programmpunkte weitaus mehr Raum eingenommen hätten als allenfalls anzuerkennende theologisch inspirierte Veranstaltungen. Die von 8. Juli bis 15. Juli vollzogene Reisebewegung sei fraglos und typischerweise dem privaten Lebensbereich zuzuordnen. Bezüglich des Restes des Türkeiaufenthaltes habe die belangte Behörde im Zuge ihrer Ermittlungen nicht explizit und eindeutig Aufschluss über die örtliche Lagerung gewinnen können. Es sei unklar, was der steuerliche Vertreter damit meine, wenn er schreibe, die Vorlesungen hätten "am jeweiligen Ort" stattgefunden. Mit großer Wahrscheinlichkeit hätten sich die Reiseteilnehmer im fraglichen Zeitraum im Bildungshaus in Datca, das sie als letzten Programmpunkt des ersten Teils der Reise am 15. Juli erreicht hätten, aufgehalten. Gehe man - ohne diese Angaben weiter zu hinterfragen - davon aus, dass eine tägliche berufsspezifische Beanspruchung von 5 - 6 Stunden zutreffend sei, sei immer noch mehr Raum für allgemein interessierende Programmpunkte gegeben, als während der Zeit der laufenden Berufsausübung an Freizeit zur Verfügung stünde.
Das vom Beschwerdeführer zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Jänner 2004, 2002/15/0034, spreche nicht für den Berufungsstandpunkt, weil eine von einer Latein- und Griechischlehrerin für Schüler im Rahmen des Lateinunterrichts als schulbezogene Veranstaltung organisierte Reise nach Rom und Neapel nicht mit einer einem allgemein theologisch-kulturell interessierten Publikum zugänglichen Südtürkeireise mit Mischprogramm gleichzusetzen sei. Die diesbezüglich vom Beschwerdeführer geltend gemachten Kosten seien somit dem steuerlich unbeachtlichen Bereich der privaten Lebensführung im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 zuzurechnen.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 dürfen Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden.
Die Kosten von Reisen sind als Werbungskosten (Betriebsausgaben) nur zu berücksichtigen, wenn die Reisen ausschließlich beruflich (durch den Betrieb) veranlasst sind und die Möglichkeit eines privaten Reisezweckes nahezu auszuschließen ist. Im Falle gemischt veranlasster Aufwendungen besteht ein Aufteilungsverbot (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. Oktober 2003, 2001/14/0217, und vom 31. Mai 2000, 97/13/0228). Dabei ist hinsichtlich des Nachweises des (nahezu) ausschließlichen beruflichen (betrieblichen) Anlasses ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. September 2008, 2008/15/0032, und vom 26. August 2009, 2007/13/0031).
Ob eine Reise ausschließlich beruflich veranlasst ist, ist eine auf der Ebene der Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung zu beantwortende Tatfrage. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde ist der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof insofern zugänglich, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, sie somit den Denkgesetzen und dem allgemeinen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. das oben angeführte Erkenntnis vom 21. Oktober 2003).
Der Beschwerdeführer bringt vor, die Reise sei von Theologen für Theologen ausgeschrieben und keinem "allgemein touristischen Publikum" zugänglich gewesen. Die Teilnahme an der "Bibelschule" habe dem Beschwerdeführer die Möglichkeit geboten, Kenntnisse zu erwerben, die auf jeden Fall eine berufliche Verwendung gestattet hätten. Zum besseren und umfassenderen Verständnis des Lebens und des Wirkens des Apostel Paulus, der frühen Kirche und der Apostelgeschichte sei die Teilnahme an der Bibelreise hervorragend geeignet gewesen. Der Beschwerdeführer habe an einem "Lokalaugenschein" teilgenommen, der ihm als theologischen Betrachter völlig neue Perspektiven und Zugänge zum Lesen und Verstehen der Bibel, im besonderen der Apostelgeschichte und der Person des Paulus eröffnet habe. Entscheidend bei einer Besichtigung sei die Intention und das Interesse des Betrachters. Die belangte Behörde habe verkannt, dass die von ihr genannten Sehenswürdigkeiten aus der Sicht eines Theologen eine andere Bedeutung und Gewichtung hätten als aus der Sicht eines einfachen Touristen.
Nach dem unstrittigen Programm der Türkeireise durfte die belangte Behörde zu Recht von einer Reise mit Mischcharakter ausgehen. Insbesondere im Hinblick auf die Besichtigung der Sinterterrassen von Pamukkale und der Felsengräber im Gebiet der antiken Stadt Kaunos konnte die belangte Behörde die Feststellung treffen, dass die Reise jedenfalls Programmpunkte umfasste, die nicht nur für Religionslehrer, sondern ebenso für andere Personen von Interesse sind. Aber auch hinsichtlich der übrigen besuchten Orte (etwa Side, Perge, Antalya, Myra, Phaselis) hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren kein Vorbringen erstattet, das der belangte Behörde die Feststellung erlaubt hätte, die gegenständliche Reise sei nur für die Berufsgruppe der Religionslehrer oder Theologen von Interesse. Dass die besuchten Orte von allgemeinem touristischem Interesse sind, bestreitet der Beschwerdeführer auch gar nicht, wenn er vorbringt, es komme bei einer Besichtigung entscheidend auf die Intention des Betrachters an. In dieser Beurteilung kann dem Beschwerdeführer allerdings nicht gefolgt werden. Dass eine Reise aus der beruflichen Sicht eines Abgabepflichtigen von ganz besonderem Interesse ist und für seine Berufstätigkeit von Nutzen sein konnte, genügt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nämlich nicht, um sie als durch den Beruf veranlasst erscheinen zu lassen (vgl. ergänzend auch das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1989, 86/14/0100).
Auch das in der Beschwerde hervorgehobene Ausmaß der Anstrengungen und Mühen, denen sich die Teilnehmer an der gegenständlichen Reise ausgesetzt haben, spricht nicht gegen die Feststellung der belangten Behörde, dass die Reise ein so genanntes Mischprogramm aufgewiesen habe. Dass eine Studienreise - etwa wie im Beschwerdefall auf Grund der klimatischen Bedingungen und der umfangreichen Besichtigungstätigkeit - als strapaziös einzustufen ist, indiziert nicht die berufliche oder betriebliche Veranlassung einer derartigen Unternehmung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. November 2004, 2000/13/0183, und vom 28. März 2001, 2000/13/0194). Dies gilt auch für die gegenständliche Kombination einer anstrengenden Rundreise mit einem anschließenden Aufenthalt an einem - wie von der belangten Behörde unbestritten festgestellt - beschaulichen Ort.
Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften weist der Beschwerdeführer auf die Mangelhaftigkeit seiner Ausführungen im Verwaltungsverfahren hin, indem er rügt, das von ihm vorgelegte Programm habe zwar die einzelnen Tagesthemen, aber keine Aussage über das zeitliche Ausmaß enthalten. Tatsächlich habe es Unklarheiten gegeben, weil die Auskunft seines steuerlichen Vertreters "an und für sich richtig", aber "etwas zu spärlich" gewesen sei. Zur "Ausräumung von Unklarheiten sowie für die Einholung fehlender Informationen" wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, von der "Einrichtung der Erörterung" Gebrauch zu machen.
Dieses Vorbringen ist schon mangels ausreichenden Vorbringens zur Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels nicht geeignet, zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu führen. Die unbestimmten Hinweise auf "religiöse Aktivitäten", die neben den Vorlesungen stattgefunden hätten und auf "Kirchenbesuche" sowie auf "Dialoge mit ortsansässigen Christen und Moslems" lassen nicht erkennen, dass der Beschwerdeführer im Rahmen eines Erörterungsgespräches ein Vorbringen erstatten oder Beweismittel hätte vorlegen können, aus welchen sich ergeben hätte, dass die belangte Behörde die Reise zu Unrecht dem nach § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 nicht abzugsfähigen Bereich der Lebensführung zugeordnet habe.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 28. Oktober 2009
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