VwGH 2005/14/0024

VwGH2005/14/002429.6.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des W H in S, vertreten durch Dkfm. Dr. Rolf Kapferer, Wirtschaftsprüfer in 6021 Innsbruck, Salurner Straße 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom 19. September 2002, GZ RV 653/1- T7/01 , betreffend Umsatzsteuer 1997, zu Recht erkannt:

Normen

11992E092 EGV Art92;
11992E093 EGV Art93 Abs3;
11997E087 EG Art87;
11997E088 EG Art88 Abs3;
11997E249 EG Art249;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art10 Abs2;
62003CJ0172 Heiser VORAB;
B-VG Art7 Abs1;
Novellen BGBl1995/021 Art14 Z3 idF 1996/756;
UStG 1994 §1 Abs1 Z1;
UStG 1994 §12 Abs11;
UStG 1994 §17 Abs1;
UStG 1994 §19 Abs2 Z1 lita;
UStG 1994 §6 Abs1 Z19;
11992E092 EGV Art92;
11992E093 EGV Art93 Abs3;
11997E087 EG Art87;
11997E088 EG Art88 Abs3;
11997E249 EG Art249;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art10 Abs2;
62003CJ0172 Heiser VORAB;
B-VG Art7 Abs1;
Novellen BGBl1995/021 Art14 Z3 idF 1996/756;
UStG 1994 §1 Abs1 Z1;
UStG 1994 §12 Abs11;
UStG 1994 §17 Abs1;
UStG 1994 §19 Abs2 Z1 lita;
UStG 1994 §6 Abs1 Z19;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betreibt eine Praxis als Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (Kieferorthopädie). Im Hinblick darauf, dass (zahn)ärztliche Leistungen ab 1. Jänner 1997 von der Umsatzsteuer befreit sind (§ 6 Abs. 1 Z 19 UStG 1994), vorher aber umsatzsteuerpflichtig gewesen sind, hat der Beschwerdeführer in der Umsatzsteuererklärung 1997 hinsichtlich der von 1991 bis 1996 angefallenen An- und Vorauszahlungen für Zahnregulierungsleistungen und andere kieferorthopädische Behandlungen, die seiner Ansicht nach am 1. Jänner 1997 noch nicht abgeschlossen gewesen sind (und vorher umsatzsteuerpflichtig behandelt wurden), eine Entlastung von der bisher angefallenen Umsatzsteuer in Höhe von S 3,462.517,-- geltend gemacht.

Im Zuge einer im Jahre 1999 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung traf der Prüfer hinsichtlich Umsatzsteuer 1997 u.a. folgende Feststellung:

"Nach § 6 Abs 1 Z 19 UStG 1994 sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt ab dem Jahre 1997 steuerfrei. Dem Pflichtigen wurden ... im Jahre 1997 S 3,462.517,-- an Umsatzsteuer vom Finanzamt für jene Leistungen gutgeschrieben, welche seiner Meinung nach zum 31. Dezember 1996 noch nicht fertig gestellt waren. Aus der hiezu vorgelegten Aufstellung geht hervor, dass der Behandlungsbeginn der Patienten zwischen 1991 und 1996 liegt. Nach Ansicht der BP ist bei kieferorthopädischen Behandlungen, die sich über mehrere Jahre erstrecken, von einer abschnittsweisen, und zwar jährlichen Leistungserbringung auszugehen. Von der BP wurde daher der Umsatz des Jahres 1996 ... gem. § 6 Abs 1 Z 19 steuerfrei belassen. Der Betrag wurde mit netto S 7,300.000,-- ermittelt. Die gutzuschreibende Umsatzsteuer beträgt daher S 1,460.000,--."

Das Finanzamt folgte bei Erlassung des Umsatzsteuerbescheides 1997 den Prüfungsfeststellungen und setzte eine Gutschrift in Höhe von ca 1,45 Mio S fest.

Der Beschwerdeführer brachte Berufung ein und beantragte, die Gutschrift mit dem Betrag von S 3,456.879,-- festzusetzen. Bei kieferorthopädischen Behandlungen, die sich über mehrere Jahre erstreckten, sei nur dann von einer abschnittsweisen (jährlichen) Leistungserbringung auszugehen, wenn die Verträge über die Behandlungen jeweils für die Dauer eines Jahres geschlossen worden seien. Wie einem dem Finanzamt als Beilage vorgelegten Muster für einen Behandlungsvertrag über kieferorthopädische Behandlungen zu entnehmen sei, vereinbare der Beschwerdeführer nicht die Erbringung von Behandlungsleistungen in Jahresabschnitten. Die vertragliche Bindung beider Vertragsteile bestehe vielmehr für den gesamten (mehrjährigen) Behandlungszeitraum bis zum medizinisch zufriedenstellenden Abschluss der Behandlung. Der Stellungnahme von Univ. Prof. Dr. D, Leiter der klinischen Abteilung für Kieferorthopädie an der Universitätsklinik in G, könne entnommen werden, dass bei kieferorthopädischen Behandlungen die andauernde Stabilisierung in der Regel erst mit Behandlungsende erreicht werde. Bei Behandlungsabbruch zu einem früheren Zeitpunkt bestehe die Gefahr, dass die erreichte Änderung verloren gehe. Daraus ergebe sich, dass für die gesamte Behandlung - ungeachtet ihrer Dauer - ein in Raten zu entrichtender Pauschalpreis vereinbart sei.

Die Vereinbarung über eine kieferorthopädische Behandlung beinhalte die Erbringung eines bestimmten Erfolges. Es liege somit ein Zielschuldverhältnis vor. Eine kieferorthopädische Behandlung sei demnach als einheitliche Leistung anzusehen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und verminderte die Gutschrift auf S 1,196.360,-- (EUR 86.942,85). In der Bescheidbegründung wird ausgeführt:

Für die Frage, ob eine ärztliche Leistung umsatzsteuerlich steuerpflichtig oder steuerfrei sei, sei maßgeblich, ob die Leistung vor dem 1. Jänner 1997 oder nach dem 31. Dezember 1996 ausgeführt worden sei. Sonstige Leistungen würden grundsätzlich im Zeitpunkt ihrer Vollendung ausgeführt. Habe ein Arzt vor dem 1. Jänner 1997 Entgelte für Leistungen vereinnahmt, die nach dem 31. Dezember 1996 ausgeführt würden, so sei auf diese Entgelte nachträglich die ab 1997 geltende Steuerbefreiung anzuwenden (Hinweis auf Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer, § 6 Abs 1 Z 19, Anm 4e).

Bei kieferorthopädischen Behandlungen (Zahnregulierungen), die sich vielfach über mehrere Jahre erstreckten, sei nach Ansicht der belangten Behörde dann von einer abschnittsweisen, und zwar jährlichen Leistungserbringung auszugehen, wenn die vertragliche Abrechnung für abgrenzbare Behandlungsleistungen (Teilleistungen) vorgenommen werde.

In dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Muster eines Behandlungsplanes mit Kostenvoranschlag über eine drei Jahre währende Behandlung würden bei Behandlungsbeginn sämtliche diagnostischen Unterlagen, Brackets und Bänder bzw. ein "abnehmbares Gerät" abgerechnet, die Behandlungskontrollen nach einem Jahr vorgeschrieben und anschließend nach zwei Jahren die Retentionsgeräte in Rechnung gestellt. Die tatsächlichen Abrechnungen (Vorauszahlungen) erfolgten, wie sich das aus vorliegenden Honorarnoten ergebe, bei mehrjähriger Behandlungsdauer ausschließlich für die jeweils erbrachten (oder zu erbringenden) Leistungen (Teilleistungen) eines kieferorthopädischen Behandlungsjahres (z.B. Leistungszeitraum von März 1996 bis März 1997). Dabei übertreffe die Höhe des Honorars für das erste Behandlungsjahr, den erbrachten Leistungen (wie z. B. Erstellung und Auswertung diagnostischer Unterlagen, Brackets, abnehmbares Gerät) entsprechend, die Höhe der Honorare für die folgenden jährlichen Behandlungszeiträume deutlich.

Damit stehe für die belangte Behörde zweifelsfrei fest, dass der Beschwerdeführer - auch wenn sich die Dauer der kieferorthopädischen Behandlung eines Patienten insgesamt über mehrere Jahre erstrecke - jeweils über abgrenzbare Behandlungsleistungen (Teilleistungen) innerhalb eines Behandlungsjahres abgerechnet habe. Das Finanzamt habe daher zu Recht nur die im Jahr 1996 der Umsatzsteuer unterworfenen Anzahlungen bzw Vorauszahlungen der Steuerbefreiung nach § 6 Abs 1 Z 19 UStG 1994 unterzogen und im Jahre 1997 korrigiert, weil nur diese kieferorthopädische Leistungen (Teilleistungen) beträfen, die nach dem 31. Dezember 1996 ausgeführt worden seien. Aus diesem Titel sei eine Berichtigung zu Gunsten des Beschwerdeführers in Höhe von S 1,460.190,53 vorzunehmen.

Die belangte Behörde ging weiters davon aus, dass mit den genannten, im Jahr 1996 begonnenen und am 1. Jänner 1997 noch nicht beendeten kieferorthopädischen Leistungen des Beschwerdeführers, die sie nunmehr als umsatzsteuerfrei behandelte, im Jahre 1996 geltend gemachte Vorsteuern unmittelbar zusammenhingen, und dass diese Vorsteuern bei der Veranlagung zur Umsatzsteuer 1997 wegen des Zusammenhanges mit steuerfreien Umsätzen (im Sinne des § 12 Abs 3 UStG 1994) zu berichtigen seien. Aus diesem Titel kürzte die belangte Behörde die Steuergutschrift um den Betrag von S 164.870,15.

Wie sich aus der vom Finanzamt mit dem Vertreter des Beschwerdeführers erstellten Niederschrift vom 19. Juni 2002 ergibt, wurde die Höhe der Vorsteuern des Jahres 1996, die nicht das Anlagevermögen (im Sinn des § 12 Abs. 10 UStG) betreffen, und die mit den in Rede stehenden, im Jahr 1996 begonnenen und am 1. Jänner 1997 noch nicht beendeten kieferorthopädischen Leistungen im Zusammenhang stehen (die sich nach der Rechtslage des Jahres 1996 als steuerpflichtig, nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Vollendung der Leistungen aber als unecht steuerbefreit darstellen), im Einvernehmen zwischen dem Beschwerdeführer und dem Finanzamt mit dem Betrag von S 164.870,15 festgestellt.

Die belangte Behörde vertrat im angefochtenen Bescheid weiters die Auffassung, dass - auf Grund des Überganges zur Steuerbefreiung mit 1. Jänner 1997 - eine Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs. 10 UStG 1994 im Ausmaß von jeweils einem Zehntel der Vorsteuern aus Gebäudeinvestitionen der Jahre 1993 und 1994 sowie einem Fünftel der Vorsteuern aus dem Erwerb beweglicher Gegenstände (Anlagevermögen) in den Jahren 1993 bis 1996 vorzunehmen sei. Aus diesem Titel nahm sie eine Kürzung der Steuergutschrift um den Betrag von S 89.635,94 vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Berichtigung der Umsatzsteuerpflicht für Leistungen, die vor dem 1. Jänner 1997 begonnen und nach dem 31. Dezember 1996 beendet wurden:

Nach § 6 Abs 1 Z 19 UStG 1994 sind Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt (unter Ausschluss des Vorsteuerabzuges, sohin "unecht") steuerbefreit. Gem. § 29 Abs. 5 UStG 1994 gilt diese Steuerbefreiung allerdings erst für Umsätze, die nach dem 31. Dezember 1996 ausgeführt worden sind. Ärztliche Leistungen, die vor dem 1. Jänner 1997 erbracht worden sind, sind umsatzsteuerpflichtig gewesen. Die Sechste Mehrwertsteuer-Richtlinie (77/388/EWG) sieht in Art. 13 Teil A Abs. 1 lit c für ärztliche Leistungen eine Steuerbefreiung vor. Das Hinausschieben der Inkraftsetzung dieser Steuerbefreiung in Österreich auf den 1. Jänner 1997 beruht auf einer entsprechenden Regelung im Beitrittsvertrag Österreichs zur EU (Anhang XV des Beitrittsvertrages).

Gem. § 17 Abs. 1 erster Satz UStG 1994 haben Unternehmer, die eine Tätigkeit im Sinne des § 22 Z 1 EStG 1988 ausüben (wie etwa Ärzte), die Steuer für die mit diesen Tätigkeiten zusammenhängenden Umsätze nach den vereinnahmten Entgelten zu berechnen (Istbesteuerung). Der letzte Satz der genannten Bestimmung normiert, dass das Finanzamt auf Antrag zu gestatten hat, dass ein Unternehmer im Sinne des § 17 Abs. 1 erster Satz die Steuer für die mit diesen Tätigkeiten zusammenhängenden Umsätze nach den vereinbarten Entgelten berechnet (Sollbesteuerung).

In der Umsatzsteuererklärung 1997 führt der Beschwerdeführer an, dass im Beschwerdefall die Voraussetzungen für die Berechnung der Steuer nach den vereinbarten Entgelten (Sollbesteuerung) gegeben sind.

Nach § 19 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994 entsteht für Lieferungen und sonstige Leistungen die Steuerschuld

"mit Ablauf des Kalendermonates, in dem die Lieferungen oder sonstigen Leistungen ausgeführt worden sind (Sollbesteuerung); dieser Zeitpunkt verschiebt sich um einen Kalendermonat, wenn die Rechnungsausstellung erst nach Ablauf des Kalendermonates erfolgt, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung erbracht worden ist. Wird das Entgelt oder ein Teil des Entgeltes vereinnahmt, bevor die Leistung ausgeführt worden ist, so entsteht insoweit die Steuerschuld mit Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, in dem das Entgelt vereinnahmt worden ist".

Erstrecken sich länger währende ärztliche Leistungen (zB kieferorthopädische Behandlungen) über einen Zeitraum, der vor dem 1. Jänner 1997 begonnen und nach dem 31. Dezember 1996 geendet hat, und gelten diese Leistungen als nach dem 31. Dezember 1996 bewirkt, sind sie umsatzsteuerbefreit (vgl. Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer, § 6 Abs. 1 Z 19, Anm 4e). Für den Fall, dass ein Arzt vor dem Jahr 1997 (An)Zahlungen für derartige Leistungen vereinnahmt hat, die gemäß § 19 Abs. 2 Z 1 lit. a letzter Satz UStG 1994 zu versteuern waren, wird in der Verwaltungspraxis und in der Literatur die Rechtsauffassung vertreten, dass auf diese Anzahlungen nachträglich (im Rahmen der Umsatzsteuerveranlagung 1997) die Steuerbefreiung anzuwenden sei (vgl. Nachweise bei Ruppe, UStG2, § 6 Tz 415/12).

Nach Artikel 10 Absatz 2 der Richtlinie 77/388/EWG tritt der Steuertatbestand zu dem Zeitpunkt ein, in dem die Lieferung des Gegenstandes oder die Dienstleistung bewirkt wird. Daher ist, wenn sich zwischen Anzahlung und Leistungserbringung die Rechtslage ändert, für den einzelnen Umsatz die im Zeitpunkt der Leistung geltende Rechtslage maßgebend und die Anzahlung entsprechend zu korrigieren (vgl. Ruppe, UStG2, § 19 TZ 49).

Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage ist im Beschwerdefall von Bedeutung, welche der streitgegenständlichen kieferorthopädischen Leistungen des Beschwerdeführers vor dem 1. Jänner 1997 bzw nach dem 31. Dezember 1996 bewirkt worden sind.

Das - in Umsetzung der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG ergangene - UStG 1994 normiert in § 1 Abs. 1 Z 1, dass Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer "ausführt", der Umsatzsteuer unterliegen. § 19 Abs. 2 Z 1 lit. a erster Satz UStG 1994 normiert das Entstehen der Steuerschuld in Abhängigkeit davon, wann die Lieferungen oder sonstigen Leistungen "ausgeführt worden sind". Der österreichische Gesetzgeber hat es nicht für erforderlich gehalten, ausdrückliche Regelungen dafür zu treffen, in welchem Zeitpunkt eine sonstige Leistung als ausgeführt gelten soll (vgl. Ruppe, UStG2, § 3a Tz 121). Solcherart unterliegt es keinem Zweifel, dass der Gesetzgeber bei Umsetzung der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG im Wege der Erlassung des UStG 1994 vom Verständnis dieser Richtlinie über den Zeitpunkt der Leistungserbringung ausgegangen ist und dieses Verständnis den Normen des UStG 1994 betreffend die "Ausführung" sonstiger Leistungen in § 1 Abs. 1 Z 1 und § 19 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994 zugrunde gelegt hat.

Die Sechste Richtlinie 77/388/EWG legt in Art. 10 Abs 2 fest, dass - soweit Mitgliedstaaten nicht anderes vorsehen - "Dienstleistungen, die zu aufeinanderfolgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass geben", jeweils mit Ablauf des Zeitraums als bewirkt gelten, auf den sich die Abrechnungen oder Zahlungen beziehen. Von diesem Verständnis über den Zeitpunkt der Leistungserbringung ist bei Anwendung des UStG 1994 auszugehen.

In der Beschwerde trägt der Beschwerdeführer vor, eine kieferorthopädische Behandlung sei darauf gerichtet, Missbildungen des Kiefers zu erkennen, zu korrigieren und zu vermindern. Der Zahnarzt untersuche, ob und wodurch der Fehlbildung begegnet werden könne. Die Überlassung der erforderlichen kieferorthopädischen Apparate ("Zahnspange") sei Teil der Heilbehandlung. Die kieferorthopädische Heilbehandlung stelle insgesamt eine einheitliche sonstige Leistung dar. Die kieferorthopädische Behandlung könne ihrem materiellen Inhalt nach nicht in nach Kalenderjahren geteilte Teilleistungen zerlegt werden. Die Behandlung sei vielmehr als Ganzes zu sehen. Ein vorzeitiger Behandlungsabbruch könne dazu führen, dass die bereits erreichte Zahnbewegung (zB "Distalbewegung" eines Zahnes) wieder zurückgehe. Dementsprechend habe der Beschwerdeführer seine Behandlungen nicht in Jahresabschnitten vereinbart, sondern nur Vereinbarungen über die gesamte Behandlung getroffen. Das Muster eines Behandlungsvertrages habe er im Berufungsverfahren der belangten Behörde vorgelegt. Für die gesamte Behandlung sei ein in Raten zu entrichtender Pauschalpreis vereinbart worden. Da die kieferorthopädische Behandlung auf einen bestimmten Erfolg ausgerichtet sei, liege ein auf einen Erfolg ausgerichtetes Zielschuldverhältnis vor, sodass die Leistung erst in jenem Zeitpunkt erbracht sei, in welchem der Erfolg eintrete. Der Beschwerdeführer habe mit seinen Patienten Ratenzahlungen vereinbart. Die Vereinbarung von Raten solle die Honorarzahlungen sichern und trage den Erfordernissen der Krankenkassen Rechnung, welche im Zusammenhang mit dem Kostenersatz jährliche Zahlungen forderten. Der Ratenzahlungszeitraum sei zum Teil kürzer als der Behandlungszeitraum. Die Feststellung der belangten Behörde, dass mit der ersten Rate alle "Brackets und Bänder" abgegolten würden, spreche nicht für eine Teilbarkeit der Leistung im Sinne von Jahresabschnitten. "Brackets und Bänder" würden während des gesamten Behandlungszeitraumes benötigt, ausgetauscht und abgeändert. Die kieferorthopädische Leistung, die sich über mehrere Jahre erstrecke, sei als einheitliche Leistung zu sehen; soweit die (auch schon 1991 bis 1995 begonnenen) Behandlungsleistungen erst nach dem 31. Dezember 1996 abgeschlossen worden seien, müssten sie zu einer umsatzsteuerlichen Entlastung führen. Die belangte Behörde habe nur für die im Jahr 1996 begonnenen Behandlungen die Umsatzsteuer rückgängig gemacht (Gutschrift von 1,460.190,53 S). Es hätten aber auch früher begonnene Behandlungen berücksichtigt werden müssen, was zu einer Gutschrift von insgesamt 3,456.879 S führen würde.

In dem vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgelegten Muster eines Behandlungsvertrages werden der Befund des Patienten (zB "Leichter Engstand", "Zahnbogenverkürzung"), die Therapie (zB "Ausformen des Zahnbogens", "Festsitzende Therapie mit Brackets und Bändern"), die voraussichtliche Behandlungsdauer (zB drei Jahre), ein Gesamtentgelt und die Zahlungsweise in Form einer ersten Zahlung bei Behandlungsbeginn und weiteren jährlichen Zahlungen festgelegt. Über seine Leistungen erstellt der Beschwerdeführer Honorarnoten. Die Honorarnoten sind nach einem einheitlichen Schema erstellt. Beispielsweise weist die Honorarnote in Blatt 93 des Verwaltungsaktes folgenden Inhalt auf:

"Ich erlaube mir, Ihnen für das 4. kieferorthopädische Behandlungsjahr vom 9/96 bis 9/97 meine Honorarnote über den Betrag von **ÖS 9.600,0**, davon 20% MwSt ÖS 1.600,0 zu überreichen."

Die belangte Behörde ist aufgrund des vom Beschwerdeführer beigebrachten Musters eines Behandlungsvertrages im Zusammenhang mit den - aufgrund des jeweiligen Behandlungsvertrages - erstellten jährlichen Honorarabrechnungen davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer jeweils über abgrenzbare Behandlungsleistungen ("Teilleistungen") abgerechnet habe. Es sei jeweils für ein Behandlungsjahr abgerechnet worden, sodass sich ein jährlicher Leistungszeitraum ergebe.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes kann es dahin gestellt bleiben, ob die kieferorthopädischen Leistungen des Beschwerdeführers ihrem Wesensgehalt nach aus jährlichen Teilleistungen bestehen oder ob sie, wie dies in der Beschwerde vorgetragen wird, eine Einheit bilden, die sich über einen mehrjährigen Zeitraum erstreckt, der erst mit der Herbeiführung des vereinbarten Erfolges beendet ist. Die Ausführungen des angefochtenen Bescheides sind insoweit unbestritten, als es um die Sachverhaltsfeststellungen geht, dass die in Rede stehenden Leistungen des Beschwerdeführers Dienstleistungen sind, die zu aufeinanderfolgenden Abrechnungen bzw Zahlungen Anlass geben. Nach der oben dargestellten Rechtslage gelten aber Dienstleistungen, die zu aufeinanderfolgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass geben, jeweils mit Ablauf des Zeitraums, auf den sich die Abrechnungen oder Zahlungen beziehen, als bewirkt. Da im gegenständlichen Fall die aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen unbestritten keinen längeren als einen einjährigen Zeitraum umfassen, ist der Beschwerdeführer nicht dadurch in seinen Rechten verletzt worden, dass die belangte Behörde nicht auch hinsichtlich seiner vor 1996 begonnenen Leistungen die nach Maßgabe der vor dem Jahr 1997 erfolgten Zahlungen entstandene Umsatzsteuerschuld wieder rückgängig gemacht hat.

Ergänzend sei bemerkt: Sollte der Beschwerdeführer (entgegen den Angaben in seiner Umsatzsteuererklärung) ab 1995 verpflichtet gewesen sein, die Steuer gemäß § 17 Abs. 1 erster Satz UStG 1994 nach den vereinnahmten Entgelten (Istbesteuerung) zu berechnen (für Zeiträume vor dem 1. Jänner 1995 hat dies aufgrund der Regelung des § 17 Abs. 1 UStG 1972 jedenfalls zugetroffen, vgl Kolacny/Mayer, UStG 1972, § 17 Anm. 8), führte dies zu keiner von dem Vorstehenden abweichenden Beurteilung. Auch wenn die Steuerschuld aufgrund der Istbesteuerung (und nicht nach dem Anzahlungsregime des § 19 Abs. 2 Z 1 lit. a letzter Satz UStG 1994) vor dem Zeitpunkt der Bewirkung der Leistung entstanden ist, wird dem Umstand, dass die Leistung im Zeitpunkt ihrer Bewirkung - aufgrund einer mittlerweile eingetretenen Änderung der Rechtslage - als steuerbefreit gilt, durch eine Berichtigung Rechnung getragen (vgl. Ruppe, UStG2, § 17 Tz 31). Da der Beschwerdeführer Dienstleistungen erbracht hat, die zu aufeinanderfolgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass gegeben haben, sind diese jeweils mit Ablauf des Zeitraums, auf den sich die Abrechnungen oder Zahlungen beziehen, als bewirkt anzusehen. Da im gegenständlichen Fall die aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen jeweils einen einjährigen Behandlungs- bzw. Abrechnungszeitraum umfassen, bezieht sich die Berichtigung nur auf jene Leistungen des Beschwerdeführers, die auf nach Ablauf des Jahres 1995 begonnene Behandlungsjahre entfallen.

Von der Annahme ausgehend, dass im Beschwerdefall aber die Voraussetzungen für die Berechnung der Steuer nach den vereinbarten Entgelten (Sollbesteuerung) gegeben sind, wie dies der Beschwerdeführer in seiner Umsatzsteuererklärung anführt, bleibt noch anzumerken:

§ 28 Abs. 4 UStG 1994 lautet:

"§ 19 Abs. 2 Z 1 lit. a letzter Satz ist nicht anzuwenden, wenn

1. die Zahlung des Entgelts auf einem Vertrag beruht, der vor Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen worden ist oder

2. es sich um Beträge handelt, die neben dem laufenden Entgelt zur Finanzierung eines Bauvorhabens vereinnahmt werden (Grund- und Baukostenbeiträge) und für dieses Bauvorhaben eine Förderung aus öffentlichen Mitteln vor Inkrafttreten dieses Gesetzes zugesichert worden ist. Dies gilt nur für Beträge, die vom ersten Nutzungsberechtigten geleistet werden.

Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer eine Rechnung mit gesondertem Ausweis der Steuer (§ 11 Abs. 1) erteilt hat."

Mangels entsprechender Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid ist nicht auszuschließen, dass der Beschwerdeführer zumindest in einem Teil seiner Honorarnoten den (gesonderten) Ausweis der Umsatzsteuer iSd § 11 Abs. 1 UStG 1994 unterlassen hat. Solcherart wäre gem § 28 Abs. 4 UStG 1994 für zahnärztliche Behandlungen des Beschwerdeführers, die auf der Grundlage von vor dem 1. Jänner 1995 geschlossenen Verträgen erbracht worden sind, die Steuerschuld für Anzahlungen der Jahre 1995 und 1996 ohnedies nicht nach § 19 Abs. 2 Z 1 lit. a letzter Satz UStG 1994 entstanden. Für solche Leistungen stünde schon aus diesem Grunde die Möglichkeit einer Berichtigung (im Jahr 1997) nicht zur Verfügung.

2. Vorsteuerberichtigungen

2.1. Rückgängigmachung des Vorsteuerabzuges im Zusammenhang mit den unter 1. genannten steuerfreien Leistungen:

Jene vom Beschwerdeführer im Jahr 1996 als Vorsteuern geltend gemachten Umsatzsteuerbeträge (mit Ausnahme von Vorsteuern für Anlagevermögen iSd § 12 Abs. 10 UStG 1994), die sich aufgrund der oben unter 1. beurteilten (im Jahr 1996 begonnenen und im Jahr 1997 beendeten) Leistungen ergeben haben, sind mit dem angefochtenen Bescheid rückgängig gemacht worden.

Die in Umsetzung des Art. 20 Abs. 2 des Sechsten Richtlinie 77/388/EWG erlassene Bestimmung des § 12 Abs. 11 UStG 1994 normiert:

"Ändern sich bei einem Gegenstand, den der Unternehmer für sein Unternehmen hergestellt oder erworben hat oder bei sonstigen Leistungen, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, die Voraussetzungen, die für den Vorsteuerabzug maßgebend waren (Abs. 3), so ist, sofern nicht Abs. 10 zur Anwendung gelangt, eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung eingetreten ist."

Bezieht der Unternehmer Gegenstände (Umlaufvermögen) und sonstige Leistungen, um damit eine länger andauernde umsatzsteuerpflichtig Leistung auszuführen, wobei ihm das Recht auf Vorsteuerabzug zusteht, und stellt sich diese Leistung in jenem späteren Zeitpunkt, in dem sie als bewirkt gilt, aufgrund einer mittlerweile eingetretenen Änderung der Rechtslage als "unecht" umsatzsteuerbefreit dar, liegt ein Anwendungsfall des § 12 Abs. 11 UStG 1994 vor. Dem Zweck der Bestimmung der Regelung des § 12 Abs. 11 UStG 1994 entsprechend (vgl. hierzu Ruppe, UStG2, § 12 Tz 231) gilt dies, wenn diese länger währende Leistung des Unternehmers - ungeachtet des Umstandes, dass im Hinblick auf An- und Vorauszahlungen bereits Umsatzsteuerpflicht eingetreten war - letztlich als steuerfrei behandelt wird.

In der Beschwerde wird vorgebracht, die Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs. 11 UStG 1994 sei rechtswidrig. Art. XIV Z 3 des Bundesgesetzes über Begleitmaßnahmen zum UStG, BGBl. 21/1995 idF BGBl. 756/1996, schließe nämlich die Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs. 11 UStG 1994 ausdrücklich aus.

Wie sich aus den nachstehenden Ausführungen zu 2.2. ergibt, findet Art. XIV Z 3 des Bundesgesetzes über Begleitmaßnahmen zum UStG, BGBl. 21/1995 idF BGBl. 756/1996, im Beschwerdefall keine Anwendung. Dass der belangten Behörde aber in der Anwendung des § 12 Abs. 11 UStG 1994 als solchen ein Fehler unterlaufen wäre, zeigt die Beschwerde nicht auf.

Somit ist festzustellen: Dadurch, dass die belangte Behörde bloß für Leistungen, die nach 1995 begonnen und nach 1996 beendet worden sind, eine Berichtigung der zunächst entstandenen Umsatzsteuerschuld vorgenommen und unter einem die (niedrigeren) mit diesen (nach 1996 bewirkten) Leistungen zusammenhängenden Vorsteuern korrigiert hat, ist der Beschwerdeführer nicht in seinen Rechten verletzt worden.

2.2. Vorsteuerberichtigung für das Anlagevermögen zum 1. Jänner 1997:

Während Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, die vor dem 1. Jänner 1997 erbracht worden sind, umsatzsteuerpflichtig gewesen sind, sind gemäß § 29 Abs. 5 iVm § 6 Abs. 1 Z 19 UStG 1994 derartige Umsätze, wenn sie nach dem 31. Dezember 1996 ausgeführt werden, (unter Ausschluss des Vorsteuerabzuges, sohin "unecht") steuerbefreit.

§ 12 Abs. 10 UStG 1994 in der zum 1. Jänner 1997 geltenden Stammfassung lautet:

"Ändern sich bei einem Gegenstand, den der Unternehmer in seinem Unternehmen als Anlagevermögen verwendet oder nutzt, in den auf das Jahr der erstmaligen Verwendung folgenden vier Kalenderjahren die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren (Abs. 3), so ist für jedes Jahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges durchzuführen.

Dies gilt sinngemäß für Vorsteuerbeträge, die auf nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten, aktivierungspflichtige Aufwendungen oder bei Gebäuden auch auf Kosten von Großreparaturen entfallen, wobei der Berichtigungszeitraum vom Beginn des Kalenderjahres an zu laufen beginnt, das dem Jahr folgt, in dem die diesen Kosten und Aufwendungen zugrunde liegenden Leistungen im Zusammenhang mit dem Anlagevermögen erstmals in Verwendung genommen worden sind.

Bei Grundstücken im Sinne des § 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) tritt an die Stelle des Zeitraumes von vier Kalenderjahren ein solcher von neun Kalenderjahren.

Bei der Berichtigung, die jeweils für das Jahr der Änderung zu erfolgen hat, ist für jedes Jahr der Änderung von einem Fünftel, bei Grundstücken (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) von einem Zehntel der gesamten auf den Gegenstand, die Aufwendungen oder Kosten entfallenden Vorsteuer auszugehen; im Falle der Veräußerung oder der Entnahme ist die Berichtigung für den restlichen Berichtigungszeitraum spätestens in der letzten Voranmeldung des Veranlagungszeitraumes vorzunehmen, in dem die Veräußerung erfolgte."

Im Urteil vom 29. April 2004, Rs C-487/01 und Rs C-7/02 , Gemeente Leusden, hat der EuGH zum Ausdruck gebracht, dass eine gesetzliche Änderung, aufgrund welcher Umsätze ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr als steuerpflichtig, sondern als ("unecht") steuerbefreit gelten, zu einer Berichtigung der Vorsteuerabzüge gem Art 20 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG (in Österreich umgesetzt durch Abs 10 und 11 des § 12 UStG 1994) führen kann.

Art XIV Z 3 des Bundesgesetzes über Begleitmaßnahmen zum UStG, BGBl 21/1995 idF BGBl 756/1996, lautet:

"Die Berichtigung des Vorsteuerabzuges gemäß § 12 Abs. 10 und 11 Umsatzsteuergesetz 1994, die wegen der nach dem 31. Dezember 1996 erfolgenden erstmaligen Anwendung der Bestimmungen des § 6 Abs. 1 Z 7, Z 18, ausgenommen soweit sie sich auf Pflegeanstalten, Alters-, Blinden- und Siechenheime bezieht, und Z 19 bis 22 des Umsatzsteuergesetzes 1994 durchzuführen wäre, entfällt. Dasselbe gilt für § 6 Abs. 1 Z 25, soweit es sich um in § 6 Abs. 1 Z 18 des Umsatzsteuergesetzes 1994 genannte Leistungen handelt, jedoch nicht, soweit sich die Z 18 auf Pflegeanstalten, Alters-, Blinden- und Siechenheime bezieht."

Durch die zitierte Bestimmung des Art. XIV Z 3 des Bundesgesetzes über Begleitmaßnahmen zum UStG, BGBl. 21/1995 idF 756/1996, wollte der Gesetzgeber - im Widerspruch zu den Regeln des Art. 20 der Sechsten Richtlinie (vgl. Ruppe, UStG 19942, § 6 Tz 415/10) - u.a. normieren, dass die Berichtigung des Vorsteuerabzuges gemäß § 12 Abs. 10 und 11 UStG 1994, die wegen der nach dem 31. Dezember 1996 erfolgenden erstmaligen Anwendung der Befreiungsbestimmung nach § 6 Abs. 1 Z 19 UStG 1994 (und anderer, medizinische Bereiche betreffender Befreiungsbestimmungen) durchzuführen wäre, entfällt. In der Literatur (Kolacny/Mayer, UStG2, § 12 Anm. 45a) wird auf die durch diese Regelung bewirkte Wettbewerbsverzerrung innerhalb der Gruppe der Ärzte verwiesen: Konnte ein Arzt die Ordinationseinrichtung noch im Jahr 1996 erwerben, blieb ihm der Vorsteuerabzug uneingeschränkt erhalten. Konnte ein anderer Arzt die Ordinationseinrichtung erst im Jahr 1997 erwerben, steht ihm kein Vorsteuerabzug zu.

In der Beschwerde wird gerügt, die belangte Behörde habe im angefochtenen Bescheid Vorsteuerberichtungen nach § 12 Abs. 10 UStG 1994 vorgenommen, dabei aber nicht beachtet, dass Art. XIV Z 3 des Bundesgesetzes über Begleitmaßnahmen zum UStG, BGBl. 21/1995 idF 756/1996, eine solche Vorsteuerberichtigung für Fälle wie den Beschwerdefall ausschließe.

In ihrer Gegenschrift wendet die belangte Behörde u.a. ein, Art XIV Z 3 des Bundesgesetzes über Begleitmaßnahmen zum UStG, BGBl. 21/1995 idF BGBl. 756/1996, sei von ihr nicht angewendet worden, weil es sich bei dieser Regelung um eine nicht notifizierte Beihilfe im Sinn des Art. 92 EGV (und nunmehr Art. 87 EG) handle. Nicht notifizierte Beihilfen dürften gemäß Art. 93 Abs. 3 EGV (nunmehr Art. 88 Abs. 3 EG) von den Behörden des Mitgliedstaates nicht vollzogen werden. Im Übrigen widerspreche Art. XIV Z 3 leg. cit. dem Art. 20 der Sechsten Mehrwertsteuer-Richtlinie 77/388/EWG .

Nach Art 88 Absatz 3 EG ist die Kommission von der beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen von den Mitgliedstaaten so rechtzeitig zu unterrichten, dass sie sich dazu äußern kann. Im Anschluss daran hat die Kommission unverzüglich das in Art 88 Absatz 2 EG vorgesehene Verfahren einzuleiten, wenn sie der Auffassung ist, dass das notifizierte Vorhaben mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist. Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EG untersagt dem Mitgliedstaat, die beabsichtigte Maßnahme durchzuführen, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat.

Das Tätigwerden der nationalen Gerichte im System der Kontrolle von staatlichen Beihilfen beruht auf der unmittelbaren Wirkung, die dem in Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EG ausgesprochenen Verbot, beabsichtigte Beihilfemaßnahmen durchzuführen, zukommt.

Vor diesem Hintergrund hat der Verwaltungsgerichtshof dem EuGH mit Beschluss vom 31. März 2003, EU 2003/0003, gem. Art. 234 EG folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

"Stellt eine Regelung, wie sie durch Artikel XIV Z 3 des Bundesgesetzes über Begleitmaßnahmen zum UStG, BGBl. 21/1995 in der Fassung BGBl. 756/1996, angeordnet wird, also eine Regelung, nach welcher bei Ärzten der Wechsel von der Erbringung umsatzbesteuerter Umsätze zur Erbringung umsatzsteuerbefreiter Umsätze hinsichtlich der weiterhin im Unternehmen verwendeten Güter nicht zu der durch Artikel 20 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG vorgeschriebenen Kürzung der bereits gewährten Vorsteuer führt, eine staatliche Beihilfe iSd Artikel 87 EG (bzw. Artikel 92 EGV) dar?"

Der EuGH hat daraufhin mit Urteil vom 3. März 2005, Rs C- 172/03 , zu Recht erkannt:

"Artikel 92 EGV (nach Änderung jetzt Artikel 87 EG) ist dahin auszulegen, dass eine Regelung wie die in Artikel XIV Z 3 des Bundesgesetzes BGBl. 21/1995 in der Fassung BGBl. 756/1996 getroffene, also eine Regelung, nach der bei Ärzten der Wechsel von der Erbringung umsatzbesteuerter Umsätze zur Erbringung umsatzsteuerbefreiter Umsätze hinsichtlich der weiterhin im Unternehmen verwendeten Güter nicht zu der durch Artikel 20 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage vorgeschriebenen Kürzung des bereits gewährten Vorsteuerabzugs führt, eine staatliche Beihilfe darstellt."

In Rn 32 des zitierten Urteils führt der EuGH aus, "dass es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes keine Schwelle und keinen Prozentsatz gibt, bis zu der oder dem man davon ausgehen könnte, dass der Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigt ist. Weder der verhältnismäßig geringe Umfang einer Beihilfe noch die verhältnismäßig geringe Größe des begünstigten Unternehmens schließt nämlich von vornherein die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten aus (vgl. u.a. Urteil Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, Randnr. 81 und die zitierte Rechtsprechung)."

In Rn 34 des zitierten Urteils führt der EuGH aus: "Was die in der Bekanntmachung der Kommission vom 6. März 1996 vorgesehene 'De-minimis' Schwelle angeht, so ist den Akten, die das vorlegende Gericht dem Gerichtshof übermittelt hat, nicht zu entnehmen, dass der Betrag, in dessen Höhe ein Arzt aufgrund einer Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren streitigen den Vorsteuerabzug beanspruchen kann, unter allen Umständen unter dem 'Deminimis' Betrag liegt, der auf 100 000 Euro für einen Dreijahreszeitraum festgelegt ist. Denn die nationale Regelung sieht, wie die Kommission der Europäischen Gemeinschaften zu Recht bemerkt, keine Begrenzung des Betrages vor, den ein Arzt als einzelnes Unternehmen wegen des Verzichts auf die Berichtigung des Vorsteuerabzugs erhalten kann."

In der erwähnten Mitteilung der Kommission über "De-minimis"- Beihilfen, ABl. C 68,9 vom 6. März 1996, wird ausgeführt, dass für Beihilfen mit einem maximalen Gesamtbetrag von 100 000 ECU Art. 92 Abs. 1 des EGV als nicht anwendbar angesehen werde und daher die Anmeldepflicht gem. Art. 93 Abs. 3 EGV nicht gelte.

Die rechtliche Grundlage dieser Mitteilung der Kommission wird als "unklar" angesehen (Mederer, Konsolidierung des europäischen Beihilfenrechts, ecolex 1999, 207), die Rechtsqualität der Mitteilung und damit deren (umittelbare) Anwendbarkeit seien "offen" (vgl. Tumpel, Entfall der Vorsteuerberichtigung bei Ärzten ist eine staatliche Beihilfe, SWK 2005 S 336 (S 339). In der Literatur wird die Regelung auch als "primärrechtlich bedenklich" beurteilt (Cremer in Calliess/Ruffert, Kommentar zum EU-Vertrag und EG-Vertrag, Art. 87 EG Anm. 15).

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Bedenken, dass die genannten "Mitteilung" nicht zu den Rechtsakten zählt, denen nach dem EG-Vertrag Verbindlichkeit zukommen kann (vgl. zu den verbindlichen Rechtsakten: Art. 249 EG).

In der Literatur wird die Rn 34 des Urteils des EuGH vom 3. März 2005, Rs C-172/03 , zutreffend dahingehend interpretiert, dass die durch Art. XIV Z 3 des Bundesgesetzes über Begleitmaßnahmen zum UStG, BGBl. 21/1995 idF 756/1996, geschaffene - offenkundig nicht notifizierte - Beihilfe gegen das Durchführungsverbot des Art. 88 Abs. 3 EG verstoße, weil die nationale Regelung keine Begrenzung des beanspruchbaren Betrages vorsehe und damit nicht gewährleistet sei, dass sie unter allen Umständen unter dem "De-minimis" Betrag liege (vgl. Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, (2005) 143). Daraus ergibt sich im Beschwerdefall die Nichtanwendbarkeit der Beihilfe.

Dazu kommt, dass die Literatur sogar zu der (jedenfalls eine Norm im Sinne des Art. 249 EG darstellenden, im Beschwerdefall noch nicht anzuwendenden) Verordnung der Kommission 69/2001, Abl. L 10 vom 13. Jänner 2001, für die Anwendbarkeit einer "Deminimis" Schwelle fordert, dass die Beihilfe bei ihrer Gewährung vom Mitgliedstaat ausdrücklich als solche qualifiziert wird und ihre Höhe ermittelt wird (vgl. Repplinger-Hach, De-minimis-Beihilfen, in Heidenhain (Hrsg.), Handbuch des Europäischen Beihilfenrechts (2003), § 5 Rz 10). Jede Nutzung einer nicht notifizierten steuerlichen Beihilfenregelung unterliege daher dem Durchführungsverbot des Art. 88 Abs. 3 EG (vgl. nochmals Sutter,

Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen (2005), 140ff).

Im gegebenen Zusammenhang ist auch auf Folgendes zu verweisen: Gesetzt den Fall, die "De-minimis" Schwelle wäre so zu interpretieren, dass sie auf die jeweilige Person des Beihilfenempfängers bezogen sei, und unter der Annahme, diese Schwelle solle bei Beihilfen im Kleide generell abstrakter Normen die Wirkung haben, dass die generell abstrakte Norm (nur mehr) für einen Teil der Normadressaten Wirkung entfalte (Personen unter der Schwelle), würde eine solche "De-minimis" Betrachtung eine mit dem gemeinschaftsrechtlichen Gleichheitssatz nicht vereinbare Rechtslage herbeiführen (vgl. nochmals Tumpel, aaO; zum gemeinschaftsrechtlichen Gleichheitssatz vgl. auch die hg Erkenntnisse vom 29. Jänner 2004, 99/17/0135, und vom 21. März 2005, 2004/17/0188). Schließlich begegnete der Umstand, dass generell abstrakte Normen nach Maßgabe einer bloßen Betragsgrenze für einen Teil der Rechtsunterworfenen gelten sollten und für einen anderen nicht, auch verfassungsrechtlichen Bedenken iSd Art 7 Abs. 1 B-VG.

Für den Beschwerdefall ist jedenfalls, wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, davon auszugehen, dass die Regelung des Art. XIV Z 3 des Bundesgesetzes über Begleitmaßnahmen zum UStG, BGBl. 21/1995 idF BGBl. 756/1996 eine staatliche Beihilfe darstellt, welche aufgrund der Bestimmung des Art. 93 Abs. 3 EGV bzw. Art. 88 Abs 3 EG nicht vollzogen werden darf.

Die belangte Behörde hat sohin zu Recht die Bestimmung des Art. XIV Z 3 des Bundesgesetzes über Begleitmaßnahmen zum UStG, BGBl. 21/1995 idF BGBl. 756/1996, nicht angewendet. Vor diesem Hintergrund vermag die Beschwerde auch hinsichtlich der Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs. 10 UStG 1994 keine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II 333/2003.

Wien, am 29. Juni 2005

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