VwGH 2005/13/0054

VwGH2005/13/005415.12.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des C in W, vertreten durch die Prof. Dr. Thomas Keppert Wirtschaftsprüfung GmbH in 1060 Wien, Theobaldgasse 19, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 25. Februar 2005, Zl. ABK - 547/04, betreffend Haftung nach den §§ 7 und 54 WAO, zu Recht erkannt:

Normen

LAO Wr 1962 §54;
LAO Wr 1962 §7;
LAO Wr 1962 §54;
LAO Wr 1962 §7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war Geschäftsführer sowohl der A. GmbH als auch der W. GmbH.

Mit Bescheid vom 30. Mai 1997 wurde die von der A. GmbH für den Zeitraum 1994 bis 1996 zu entrichtende Kommunalsteuer bescheidmäßig festgesetzt.

Mit Generalversammlungsbeschluss vom 19. September 1997 wurde die A. GmbH rückwirkend zum 1. Jänner 1997 mit der W. GmbH als übernehmender Gesellschaft verschmolzen.

Mit Bescheid vom 2. September 1998 wurde die von der W. GmbH für den Zeitraum 1994 bis 1996 zu entrichtende Kommunalsteuer bescheidmäßig festgesetzt.

Am 6. November 1998 wurde über das Vermögen der W. GmbH der Konkurs eröffnet. Dieser Konkurs wurde nach Annahme eines Zwangsausgleiches am 24. November 1999 wieder aufgehoben.

Während des Konkurses wurde mit Bescheid vom 10. August 1999 die von der W. GmbH für den Zeitraum 1997 und Jänner bis September 1998 zu entrichtende Kommunalsteuer bescheidmäßig festgesetzt.

Alle drei Kommunalsteuerbescheide wurden mit Berufung bekämpft, wobei jeweils die auf die Geschäftsführerbezüge des Beschwerdeführers entfallende, nicht abgeführte Kommunalsteuer den Streitpunkt bildete.

Mit Schriftsätzen vom 20. März 2000 und 6. April 2000 zog die W. GmbH - nach Aufhebung des Konkurses - die Berufungen gegen die Bescheide vom 2. September 1998 und 10. August 1999 zurück. Die Berufung der A. GmbH gegen den Bescheid vom 30. Mai 1997 wurde mit einer - ungeachtet der Verschmelzung noch an die A. GmbH adressierten - Erledigung der belangten Behörde vom 6. September 2000 als unbegründet abgewiesen.

Am 31. Mai 2001 schied der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der W. GmbH aus. Am 19. Juni 2001 wurde über das Vermögen der W. GmbH erneut der Konkurs eröffnet.

Mit erstinstanzlichen Bescheiden vom 18. November 2002 und 1. Oktober 2003 wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 7 und 54 WAO für die von den beiden Gesellschaften nicht entrichtete Kommunalsteuer haftbar gemacht.

In den dagegen erhobenen Berufungen bestritt der Beschwerdeführer die Abgabenrückstände nicht. Er machte zunächst - in der gegen den ersten, die Rückstände der W. GmbH betreffenden Bescheid erhobenen Berufung - im Wesentlichen geltend, er habe deshalb "keine Veranlassung" gehabt, die Beträge zu entrichten, weil der Bescheid vom 2. September 1998 mit Berufung bekämpft und die Aussetzung der Einhebung beantragt worden sei. Wenn der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 25. Oktober 1996, Zl. 93/17/0280, ausgesprochen habe, die Haftung für eine Selbstbemessungsabgabe setze (gemeint, wie in dem Erkenntnis ausgeführt: keine bescheidmäßige Festsetzung der Abgabenschuld, sondern nur) die Entstehung kraft Gesetzes voraus, so gelte dies "wohl nur für unstrittige Abgabenschulden". Zu einer "rechtmäßigen Festsetzung" der strittigen Kommunalsteuerbeträge für die Jahre 1994 bis 1996 sei es erst durch die Berufungszurücknahme gekommen. Zur Zeit der erstinstanzlichen Festsetzung der Beträge für den Zeitraum 1997 und Jänner bis September 1998 sei die W. GmbH im Konkurs gewesen und vom Masseverwalter vertreten worden. Auch hier sei Berufung erhoben und die Aussetzung beantragt worden. Die Kommunalsteuerpflicht des Geschäftsführerbezuges eines wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers sei damals "umstritten" gewesen. Es habe "verfassungsrechtliche Bedenken" und einen Aufhebungsantrag des Verwaltungsgerichtshofes gegeben. Erst durch die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes vom 1. und 7. März 2001, G 109/00 und 110/00, sei "diese Kontroverse beendet" worden. Die Auffassung des Beschwerdeführers habe "auch im Gesetzeswortlaut Deckung" gefunden und "eine nachträgliche Auslegungsänderung durch den Verwaltungsgerichtshof" könne ihm "ebenfalls nicht zur Last gelegt" werden. In den Jahren 1994 bis 1998 sei darüber hinaus "nicht einmal die Verfassungsmäßigkeit der Einbeziehung der wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer in den Dienstnehmerbegriff im Sinne der Kommunalsteuer eindeutig geklärt" gewesen. Einem Geschäftsführer könne "nicht vorgeworfen werden, dass er sich nicht an eine, in Fachkreisen und auch beim VwGH eindeutig umstrittene Regelung hält".

In der zweiten, gegen den die (ursprünglichen) Rückstände der A. GmbH betreffenden Bescheid gerichteten und sehr kurz gehaltenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, es sei richtig, dass für die Jahre 1994 bis 1996 keine Kommunalsteuer für die Geschäftsführerbezüge abgeführt worden sei. Das sei damals "völlig vertretbar" gewesen, weil die Kommunalsteuerpflicht bezüglich wesentlich beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer bis zu den Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes "völlig umstritten" gewesen sei. Im "Zeitpunkt der Klärung der Rechtslage" sei die (nunmehrige) Schuldnerin der haftungsgegenständlichen Abgabenbeträge, die W. GmbH, aber "bereits in Konkurs" gewesen. Wenn ein Geschäftsführer auf Grund einer vertretbaren Rechtsansicht eine Steuer nicht abführe, so könne er "keinesfalls bei späterer - unverschuldeter - Uneinbringlichkeit im Zeitpunkt der Klärung der Rechtslage in Haftung genommen werden".

Der Schriftsatz des Beschwerdeführers, mit dem er in Reaktion auf eine abweisende Berufungsvorentscheidung der Behörde erster Instanz die Vorlage der Berufungen beantragte, enthielt kein weiteres Vorbringen.

Mit dem angefochtenen Bescheid modifizierte die belangte Behörde die erstinstanzlichen Entscheidungen nur in Bezug auf die Zuordnung von Aussetzungszinsen hinsichtlich der zunächst die A. GmbH betreffenden Beträge zur W. GmbH. Sie wies die Berufungen im Übrigen ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass es sich um eine Selbstbemessungsabgabe handle und der Beschwerdeführer sich nicht mit Erfolg "auf entschuldigenden Rechtsirrtum" berufen könne. Auch die Bewilligung der Aussetzung der Einhebung im Zusammenhang mit der von der A. GmbH erhobenen Berufung befreie ihn nicht von der Haftung, "zumal er keine Maßnahmen zur Sicherstellung des damals strittigen Abgabebetrages für den Fall der Ab- oder Zurückweisung der Berufung" getroffen habe.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Der Beschwerdeführer vertritt auch in der Beschwerde die Ansicht, er habe die Entrichtung der Selbstbemessungsabgabe hinsichtlich seiner Geschäftsführerbezüge in den Zeitpunkten der jeweiligen Fälligkeit auf Grund einer vertretbaren Rechtsansicht unterlassen, und verweist in diesem Zusammenhang auf "heftige Diskussionen" im Schrifttum. Dem ist zunächst entgegen zu halten, dass der Beschwerdeführer auch nach der Zurückziehung der von der W. GmbH eingebrachten Berufungen noch Geschäftsführer dieser Gesellschaft war und die in der Beschwerde erstmals erhobene Behauptung, eine Entrichtung der entsprechenden Beträge sei zu diesem Zeitpunkt "mangels liquider Mittel nicht möglich" gewesen, eine gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige, aber auch völlig unsubstantiierte Neuerung ist. Im Übrigen - also vor allem insoweit, als es um die Haftung für die von der Berufung der A. GmbH betroffenen Beträge geht - ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof zuletzt in dem Erkenntnis vom 23. Juni 2009, Zlen. 2007/13/0005, 0006, 0007, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, zu der auch im vorliegenden Fall strittigen Frage ausgeführt hat, es wäre Aufgabe der Geschäftsführer gewesen, sich bei unterschiedlichen Rechtsstandpunkten bei der zuständigen Abgabenbehörde über die Kommunalsteuerpflicht zu erkundigen, und auch die Argumentation mit einer plausiblen Rechtsauffassung könne ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht ausschließen, vielmehr trage das Risiko des Rechtsirrtums derjenige, der es verabsäume, sich an geeigneter Stelle zu erkundigen. Dass der Beschwerdeführer sich in den Streitjahren in Bezug auf die später strittige Frage bei der zuständigen Abgabenbehörde erkundigt habe, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Zudem enthält die Beschwerde - wie schon das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers - keine konkreten Ausführungen dazu, mit welchen aus damaliger Sicht plausiblen Argumenten zur bestehenden (und vom Verfassungsgerichtshof in weiterer Folge nicht als verfassungswidrig erkannten) Gesetzeslage er die Kommunalsteuerpflicht hinsichtlich seiner Bezüge als Geschäftsführer insbesondere der A. GmbH konkret verneinen zu können glaubte.

Gründet sich die Haftung des Beschwerdeführers somit schon auf sein Verschulden am Unterlassen der Entrichtung in den Zeitpunkten der jeweiligen Fälligkeit der Selbstbemessungsabgabe, so muss auf die vom Beschwerdeführer bekämpfte Ansicht der belangten Behörde, er hätte in weiterer Folge auch Maßnahmen zur Sicherstellung der Abgabenentrichtung für den Fall der Ab- oder Zurückweisung der von der A. GmbH erhobenen Berufung treffen müssen, nicht mehr eingegangen werden (vgl. in diesem Zusammenhang aber etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2008, Zl. 2007/17/0156). Auch die in der Beschwerde bestrittene Kausalität der Pflichtverletzung steht insoweit, als es um das Unterbleiben der Entrichtung bei Fälligkeit geht, außer Frage.

Soweit der Beschwerdeführer nun aber hinsichtlich der die A. GmbH betreffenden Beträge auch den Abgabenrückstand bestreitet, sich mit dem Hinweis auf die Einschaltung befugter Parteienvertreter zu exkulpieren versucht und unter dem Gesichtspunkt seiner schlechten wirtschaftlichen Lage persönliche Unbilligkeit der Inanspruchnahme seiner Haftung geltend macht, ist er unter Erinnerung an das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot darauf hinzuweisen, dass die mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesenen Berufungen keine derartigen Argumente enthielten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 15. Dezember 2009

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