Normen
AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzuge ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid, mit dem ihr Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld mangels Arbeitslosigkeit abgewiesen wurde, keine Folge gegeben.
In der Begründung stellte die belangte Behörde die Rechtslage dar, gab das Verwaltungsgeschehen wieder und stellte folgenden Sachverhalt fest:
"Die (Beschwerdeführerin) stand bei der Stadt Wien vom 06.08.1980 bis 05.08.1983 in einem Lehrverhältnis, vom 06.08.1983 bis 30.06.1984 war sie Angestellte in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstverhältnis bei der Stadt Wien. Sie ist seit 01.07.1984 pragmatisiert und befand sich von 01.02.1992 bis 12.01.1994 und vom 22.06.1994 bis 19.03.1996 in Elternkarenz. Vom 20.03.1996 bis 30.09.1997 stand sie im Karenzurlaub gegen Entfall der Bezüge und ab dem 14.09.1998 bis 13.09.2006 ist ihr Dienstverhältnis bei der Stadt wieder gegen Entfall der Bezüge karenziert.
Vom 02.10.2000 bis 30.06.2004 stand sie in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstverhältnis bei der I. GmbH und bezog danach bis 15.05.2005 Krankengeld. Am 13.05.2005 (gilt für den 16.05.2005) stellte Sie den gegenständlichen Antrag auf Arbeitslosengeld bei der Regionalen Geschäftsstelle Gänserndorf."
In rechtlicher Hinsicht verneinte die belangte Behörde das Vorliegen von Arbeitslosigkeit, weil die Beschwerdeführerin zur Stadt Wien ein aufrechtes Dienstverhältnis habe. Dieses sei nur karenziert, nicht jedoch beendet worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist strittig, ob während der Zeit der Karenzierung des Dienstverhältnisses der Beschwerdeführerin mit der Stadt Wien die Beendigung ihres anderen Dienstverhältnisses Arbeitslosigkeit begründen kann.
Gemäß § 12 Abs. 1 AlVG ist arbeitslos, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechsprechung die Ansicht, dass durch die bloße Karenzierung eines Arbeitsverhältnisses, an das die Arbeitslosenversicherungspflicht anknüpfte, die Anspruchsvoraussetzung der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht erfüllt werde (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 20. Dezember 2000, Zl. 96/08/0262, mwN). Das erste Tatbestandsmerkmal des § 12 Abs. 1 AlVG sei aber nur im Falle der Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses, an das die Arbeitslosenversicherungspflicht anknüpfe, erfüllt, das heißt, dieses müsse gelöst und nicht karenziert sein, damit Arbeitslosigkeit im Sinne der genannten Gesetzesstelle vorliege (vgl. das Erkenntnis vom 29. November 1984, Zl. 83/08/0083; zum Fall des Geschäftsführers einer GmbH vgl. das Erkenntnis vom 29. März 2000, Zl. 96/08/0391).
Die Rechtsprechung stellt somit bei der Beantwortung der Frage, ob Arbeitslosigkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG vorliegt, auf die Beendigung des die Anwartschaft begründenden Beschäftigungsverhältnisses ab. Nur in Bezug auf dieses Beschäftigungsverhältnis ist im Hinblick auf die Frage der Arbeitslosigkeit zu beurteilen, ob das Arbeitsverhältnis erloschen ist. Besteht neben dem die Anwartschaft begründenden Beschäftigungsverhältnis - wie bei einer weiteren Geschäftsführung ohne anwartschaftsbegründendem Dienstverhältnis - ein anderes karenziertes Arbeitsverhältnis oder ein Beschäftigungsverhältnis mit bloß geringfügiger Entlohnung, so steht dies der Annahme von Arbeitslosigkeit nicht entgegen.
Ist die belangte Behörde im vorliegenden Fall davon ausgegangen, dass die Karenzierung des Dienstverhältnisses der Beschwerdeführerin mit der Stadt Wien das Vorliegen von Arbeitslosigkeit ausschließe, hat sie nicht darauf Bedacht genommen, dass das anwartschaftsbegründende Beschäftigungsverhältnis aufgelöst wurde und die Beschwerdeführerin ihren Anspruch aus diesem abgeleitet hat. Die Voraussetzungen für die Annahme von Arbeitslosigkeit liegen demnach im Sinne des eben Ausgeführten vor.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 20. September 2006
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)