VwGH 2005/06/0313

VwGH2005/06/031327.3.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khozouei, über die Beschwerde

1. der PR in S und 2. der Mag. ER in G, beide vertreten durch Eisenberger & Herzog, Rechtsanwaltssozietät in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 21. September 2005, GZ. 076932/2004/0013, betreffend Nachbareinwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Partei: I GmbH in G, vertreten durch Dr. Andreas Konrad & Mag. Johannes Schröttner OEG, Rechtsanwaltssozietät in 8010 Graz, Radetzkystraße 6/II), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauG Stmk 1995 §13 Abs1;
BauG Stmk 1995 §13 Abs2;
BauG Stmk 1995 §13 Abs4;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z2;
BauG Stmk 1995 §4 Z28;
BauG Stmk 1995 §4 Z29 idF 2003/078;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §13 Abs1;
BauG Stmk 1995 §13 Abs2;
BauG Stmk 1995 §13 Abs4;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z2;
BauG Stmk 1995 §4 Z28;
BauG Stmk 1995 §4 Z29 idF 2003/078;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 381,90 je zu gleichen Teilen und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 991,20 je zu gleichen Teilen binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei beantragte mit Ansuchen vom 13. November 2004 (eingelangt beim Magistrat Graz am 19. November 2004) die Erteilung der Baubewilligung für den Neubau eines Wohnhauses mit 10 Wohneinheiten, Tiefgarage mit 10 Abstellplätzen, Stützmauer und Einfriedung auf dem näher angeführten Grundstück in der Landeshauptstadt G.

Die Erstbeschwerdeführerin ist Eigentümerin des westlich des Baugrundstückes unmittelbar angrenzenden Grundstückes, die Zweitbeschwerdeführerin ist Eigentümerin des östlich unmittelbar angrenzenden Grundstückes. Auf dem Grundstück der Erstbeschwerdeführerin befindet sich ein zweigeschossiges Gebäude mit Dachgeschoß in offener Bauweise, auf dem Grundstück der Zweitbeschwerdeführerin sind im vorderen Bereich (zur Straße hin) ein Gebäude in geschlossener Bauweise und im hinteren Grundstücksbereich ein weiteres Gebäude errichtet. Die parallel zur Grundstücksgrenze des Baugrundstückes verlaufende Gebäudefront des Letzteren ist im Abstand von 1,5 m von der Grundgrenze gelegen.

Die Beschwerdeführerinnen erhoben in der mündlichen Verhandlung am 28. Februar 2005 insbesondere abstandsrechtliche Einwendungen.

Der Stadtsenat der Stadt G erteilte der Mitbeteiligten mit Bescheid vom 1. April 2005 die baurechtliche Bewilligung für das beantragte Vorhaben und wies die Einwendungen u.a. der Beschwerdeführerinnen als unbegründet ab bzw. verwies das Vorbringen, soweit es sich um ein privatrechtliches handelte, auf den Zivilrechtsweg.

Die belangte Behörde gab der Berufung der Erstbeschwerdeführerin in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides teilweise Folge und änderte den Bescheid erster Instanz insoferne ab, als der westliche Grenzabstand im 2. Obergeschoß von 4,30 m auf 5,0 m vergrößert werde. (Die mitbeteiligte Partei hatte schon im Berufungsverfahren entsprechend geänderte Pläne vorgelegt.) Im Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde der Berufung der Zweitbeschwerdeführerin keine Folge und bestätigte den Bescheid der Behörde erster Instanz mit der Abänderung, dass der westliche Grenzabstand im

2. Obergeschoß von 4,30 m auf 5,0 m vergrößert werde.

Die belangte Behörde führte - soweit es beschwerderelevant ist - im Wesentlichen aus, dass es sich bei dem Gebäude auf dem Grundstück der Erstbeschwerdeführerin nach der Baubewilligung vom 4. Juli 1963 um ein zweigeschoßiges Gebäude und nicht - wie die Erstbeschwerdeführerin meine - um ein viergeschoßiges Gebäude handle. Betrachte man das Kellergeschoß anhand der genehmigten Pläne, so sei genau ersichtlich, dass sich dessen Außenwandfläche nicht zu mehr als 50 % über dem natürlichen Gelände befinde und somit nicht als Geschoß gezählt werden könne. Mit Bescheid vom 16. Juni 1966 sei auf diesem Grundstück die Baubewilligung für den teilweisen Ausbau des Dachgeschoßes erteilt worden. Nach den im Akt einliegenden Plänen habe der Kniestock des Dachgeschoßes eine Höhe von 45 cm und das Dach eine Neigung von ca. 30 Grad, sodass auch das Dachgeschoß im Sinne des § 13 Abs. 5 Stmk. BauG nicht als Geschoß in der verfahrensgegenständlichen Gebäudefront anzurechnen sei. Es handle sich daher bei dem Gebäude auf dem westlich an das Baugrundstück angrenzenden Grundstück um ein zweigeschoßiges Gebäude, wie im Lageplan eingezeichnet, sodass auch der gesetzlich erforderliche Gebäudeabstand von 9 m (tatsächlich gemäß Plan 9,07 m) gegeben sei. Die diesbezüglichen Einwendungen seien als unbegründet abzuweisen.

Zum Einwand der Zweitbeschwerdeführerin betreffend die an der Grundgrenze zu ihrem Grundstück gelegene Stützmauer sei festzuhalten, dass diese kein Gebäude darstelle, sodass weder § 4 Z. 28 Stmk. BauG noch § 13 Stmk. BauG zur Anwendung komme. Die Stützmauer verlaufe entlang der Grundgrenze zum Grundstück der Zweitbeschwerdeführerin, der rückspringende Teil des geplanten Wohngebäudes befinde sich 7,35 m (nächstliegender Punkt zur Grundgrenze) davon entfernt, sodass die Stützmauer keinesfalls in die Berechnung der Gebäudefront mit einzuberechnen oder als Geschoß anzusehen sei. Es handle sich weiters bei der projektgegenständlichen Garage - entgegen dem Vorbringen beider Beschwerdeführerinnen - nicht um eine oberirdische Garage, sondern um eine Tiefgarage, da sich aus den Schnitten und Ansichten (Ost- und Westansicht) der einliegenden Pläne deutlich ergebe, dass sich die Außenwandfläche der Garage nicht zu mehr als 50 % über dem natürlichen Gelände befinde und somit nicht als Geschoß anzurechnen sei. Gemäß § 13 Abs. 4 Stmk. BauG seien als Geschoße nur jene anzurechnen, die voll ausgebaut oder zu Aufenthaltsräumen ausbaufähig seien und deren Außenwandfläche zu mehr als 50 % und die Mittel mindestens 1,5 m hoch über dem natürlichen Gelände lägen. Da dies im vorliegenden Fall nicht gegeben sei, seien die diesbezüglichen Einwendungen als unbegründet abzuweisen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Fall kommt das Stmk. Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 78/2003, zur Anwendung.

Gemäß § 4 Z. 29 Stmk. BauG ist unter der Gebäudefront die Außenwandfläche eines Gebäudes ohne vorspringende Bauteile, wie z. B. Balkone, Erker, Vordächer jeweils in gewöhnlichen Ausmaßen zu verstehen.

Gemäß § 13 Abs. 1 leg. cit. sind Gebäude entweder unmittelbar aneinander zu bauen oder müssen voneinander einen ausreichenden Abstand haben. Werden zwei Gebäude nicht unmittelbar aneinander gebaut, muss ihr Abstand mindestens so viele Meter betragen, wie die Summe der beiderseitigen Geschoßanzahl, vermehr um 4, ergibt (Gebäudeabstand).

Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung muss jede Gebäudefront, die nicht unmittelbar an einer Nachbargrenze errichtet wird, von dieser mindestens so viele Meter entfernt sein, wie die Anzahl der Geschoße, vermehrt um 2, ergibt (Grenzabstand).

Gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung sind als Geschoße in der jeweiligen Gebäudefront jene anzurechnen,

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