Normen
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §60 Abs1 lita;
BauO Wr §71;
BauRallg;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §60 Abs1 lita;
BauO Wr §71;
BauRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 23. März 2004 beantragte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 28, Straßenverwaltung und Straßenbau (MA 28) bei der Baubehörde den "Widerruf aller Baulichkeiten" auf der Liegenschaft in 1210 Wien, Pragerstraße 38, welche gemäß § 71 BauO für Wien bewilligt worden waren. Der Widerruf sei erforderlich, da die Grundfreimachung (Abbruch etc.) für den widmungsgemäßen Ausbau der Prager Straße bis zum Beginn der Vorarbeiten des Straßenbaues am 1. Juli 2004 durchgeführt werden müsse. Der diesbezügliche Grundsatzbeschluss des Wiener Gemeinderates für den "straßenmäßigen Ausbau" sei am 4. Juni 2003 erteilt worden.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37 (MA 37) vom 24. Mai 2004 wurde der B-GmbH, deren Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, gemäß § 129 Abs. 10 Wr BauO aufgetragen, den auf der Liegenschaft Prager Straße 38 konsenslos errichteten, 4,50 m x 5,00 m großen, ebenerdigen Zubau mit Stiegenaufgang östlich des bestehenden Objektes und den Dachaufbau im Ausmaß von 6,00 m x 4,00 m samt Schächten für Rauchfang und Lüftung, abzutragen. Gegen diesen Bescheid hat die B-GmbH Berufung erhoben, die dazu ergangene Berufungsentscheidung bildete den Gegenstand des hg Erkenntnisses vom 25. Februar 2005, Zl. 2004/05/0279 (siehe auch das hg Erkenntnis vom 24. April 2007, Zl. 2006/05/0058 betreffend die Anordnung der zwangsweisen Durchführung dieses Auftrages durch Ersatzvornahme).
Mit Bescheid der MA 37 vom 14. September 2004 wurde gemäß § 71 Wr BauO die mit Bescheid vom 3. Dezember 1947 auf Widerruf erteilte Baubewilligung, auf der gegenständlichen Liegenschaft ein ebenerdiges, nicht unterkellertes Gebäude im Ausmaß von 7,90 m x 7,60 m und ein Flugdach im Ausmaß von 5,60 m x 4,00 m zu errichten, widerrufen (Spruchpunkt I) und dem Beschwerdeführer als Eigentümer der Baulichkeit gemäß § 129 Abs. 10 Wr BauO der Auftrag erteilt, das im Spruchpunkt I angeführte Gebäude abzutragen (Spruchpunkt II). Die MA 28 benötige den durch das gegenständliche Gebäude in Anspruch genommenen Grund für die Realisierung des widmungsgemäßen Ausbaues der Prager Straße; der diesbezügliche Grundsatzbeschluss des Wiener Gemeinderates sei am 4. Juni 2003 ergangen. Es liege daher ein sachlich gerechtfertigter Grund für den Widerruf vor. Da durch diesen Widerruf der Baubewilligung vom 3. Dezember 1947 nunmehr ein konsensloser Zustand vorliege und auf Grund der - durch den Ausbau der Prager Straße - unbedingt erforderlichen Grundinanspruchnahme, eine Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung für das gegenständliche Gebäude auszuschließen sei, sei der Abtragungsauftrag zu erteilen gewesen.
In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, der gegenständliche Abtragungsauftrag beziehe sich auf ein Objekt, das auf verschiedenen Grundstücken gelegen und somit verschiedenen Grundeigentümern zuzuordnen sei. Eine Trennung des hier gegenständlichen baulichen Altbestandes und der Zubauten sei nicht möglich, da das Bauwerk eine reale Einheit darstelle (Elektroleitungen, Gasleitungen etc.); dazu verwies er auf das Berufungsverfahren bezüglich des Bescheides vom 24. Mai 2004.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. In der Begründung stellte die belangte Behörde fest, der Beschwerdeführer sei Eigentümer des gegenständlichen Gebäudes. Es komme nicht darauf an, wer Eigentümer der Grundstücke sei, sondern lediglich darauf, wem die Baulichkeit gehöre. Die geplante Verbreiterung der Prager Straße stelle einen sachlich gerechtfertigten Grund für den gegenständlichen Widerruf dar. Da durch diesen Widerruf der Konsens des gegenständlichen Gebäudes nicht mehr gegeben und die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung ebenfalls auszuschließen sei, habe die Behörde erster Instanz auch den Abbruchauftrag zu Recht erteilt. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach eine Trennung des baulichen Altbestandes und der Zubauten auf Grund der Elektro- und Gasleitungen nicht möglich sei, führte die belangte Behörde aus, dass die Verlegung von Elektro- und Gasleitungen keine baubewilligungspflichtigen Maßnahmen darstelle und somit einem Bauauftrag nicht im Wege stünden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Wohl stelle ein für die nächste Zukunft in Aussicht genommener Ausbau einer öffentlichen Straße einen ausreichenden Grund für den Widerruf einer Baubewilligung dar; im vorliegenden Fall plane die Stadt Wien aber lediglich die Prager Straße zu verbreitern. Auch der Grundsatzbeschluss vom 4. Juni 2003 gebe keine Auskunft darüber, zu welchem Zeitpunkt mit dem Ausbau der Prager Straße tatsächlich begonnen werde. Es liege im vorliegenden Fall daher kein ausreichender Grund für den gegenständlichen Widerruf für die Baubewilligung vom 3. Dezember 1947 vor. Davon abgesehen beziehe sich der Abtragungsauftrag auf ein Objekt, welches sich auf verschiedenen Grundstücken befinde. Das gegenständliche Bauwerk stelle eine Einheit dar (Elektro-, Gasleitung), weshalb der Abbruch mangels Trennbarkeit einer "Zerstörung der Bausubstanz des gesamten Gebäudes nahe kommen würde". Auch gebe es im Umkreis des gegenständlichen Gebäudes Baulichkeiten in der gleichen Baulinie, für welche kein Abbruchauftrag erteilt worden sei bzw. deren Eigentümern - im Unterschied zum Beschwerdeführer - Ablösezahlungen in Aussicht gestellt worden seien; diese Vorgangsweise sei gleichheitswidrig. Der Beschwerdeführer beantragte den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im vorliegenden Fall steht unbestritten fest, dass die MA 35 mit Bescheid vom 3. Dezember 1947 in Bezug auf das gegenständliche Gebäude eine Baubewilligung auf Widerruf nach § 71 Bauordnung für Wien (BO) erteilt hat. Der erste Satz dieser Bestimmung lautet seit der nunmehr geltenden Fassung LGBl. Nr. 91/2001:
"Bauten, die vorübergehenden Zwecken dienen oder nicht dauernd bestehen bleiben können, sei es wegen des bestimmungsgemäßen Zweckes der Grundfläche, sei es, weil in begründeten Ausnahmefällen die Baulichkeit den Bestimmungen dieses Gesetzes aus sachlichen Gegebenheiten nicht voll entspricht, kann die Behörde auf eine bestimmte Zeit oder auf Widerruf bewilligen."
Diese seit der Stammfassung mehrfach geänderte Bestimmung enthielt nie eine ausdrückliche Klarstellung, unter welchen Voraussetzung ein Widerruf erfolgen kann. Der Widerruf einer derartigen Baubewilligung wäre aber rechtswidrig, wenn dargetan wird oder sonst hervorkommt, dass die Behörde die Verfügung des Widerrufs ohne zureichenden Grund und somit willkürlich getroffen hat (hg Erkenntnis vom 28. Juni 1994, Zl. 94/05/0023).
Der Beschwerdeführer vermeint, die bloße Planung des gegenständlichen Straßenbauvorhabens stelle keinen solchen sachlich gerechtfertigten Grund dar. Damit verkennt er aber, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits ein für die nächste Zukunft in Aussicht genommener Ausbau einer Straße einen ausreichenden Grund für einen Widerruf darstellt (vgl. die hg Erkenntnisse vom 19. November 1985, Zl. 85/05/0105, vom 9. März 1964, Zl. 1881/63 und vom 20. Jänner 1969, Zl. 1051/68, in welchem darauf abgestellt worden war, dass der Ausbau der dort gegenständlichen Verkehrsfläche vom zuständigen Gemeindeorgan beschlossen worden war). Es kommt daher nicht darauf an, dass mit der Ausführung dieses Straßenvorhabens bereits tatsächlich begonnen bzw. der Termin des Baubeginnes konkret festgelegt wurde. Es kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie infolge des bereits beschlossenen Ausbaues der Prager Straße und der damit verbundenen notwendigen Inanspruchnahme der Liegenschaft, auf welcher sich das gegenständliche Gebäude befindet, den Widerruf der Baubewilligung für dieses Gebäudes bestätigt hat.
Damit war aber die Behörde auch gehalten, für das - auf Grund des rechtskräftigen Widerrufs der Baubewilligung - nunmehr konsenslose (vgl das hg Erkenntnis vom 30. Jänner 2007, Zl. 2006/05/0269), zweifellos bewilligungspflichtige Gebäude einen auf § 129 Abs. 10 BO gestützten Beseitigungsauftrag zu erlassen. Sofern der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorbringt, das zu entfernende Gebäude stehe auf einem, im Eigentum mehrerer (juristischer) Personen befindlichen Grundstück, ist ihm entgegen zu halten, dass § 129 Abs. 10 BO ausschließlich auf die Eigentumsverhältnisse an der zu beseitigenden Baulichkeit abstellt; dass er im Zeitpunkt der Erlassung des Beseitigungsauftrages Eigentümer des gegenständlichen Gebäudes war, bestreitet der Beschwerdeführer nicht.
Schließlich vermag auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, der mit Bescheid der MA 37 vom 24. Mai 2004 mangels Baubewilligung ebenfalls zu entfernende - hier nicht verfahrensgegenständliche - Zubau stelle mit dem gegenständlichen Gebäude (Altbestand) eine Einheit dar und insofern seien getrennte Beseitigungsaufträge unzulässig, der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Mit der Frage der Trennbarkeit von diesem Zubau hat sich der Verwaltungsgerichtshof nämlich schon im eingangs genannten Erkenntnis vom 25. Februar 2005 auseinander gesetzt und die Bejahung der technischen Trennbarkeit durch die belangte Behörde gebilligt.
Der auf § 129 Abs. 10 BO gestützte Beseitigungsauftrag ist daher im vorliegenden Fall zu Recht ergangen; ob und inwiefern ein solcher Beseitigungsauftrag auch in Bezug auf andere - nicht im Eigentum des Beschwerdeführers stehende - Baulichkeiten zu erteilen gewesen wäre, war - ebenso wie allfällige Ablösezahlungen an die Eigentümer dieser Baulichkeiten - nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war. Auf Basis der zitierten Rechtsprechung konnte die Entscheidung in einem gem. § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr. 2003/333.
Wien, am 31. Juli 2007
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)