VwGH 2005/03/0132

VwGH2005/03/013223.10.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des J H in G, vertreten durch Dr. Reinhard Steger, Dr. Michael Kowarz und Dr. Tobias Mitterauer, Rechtsanwälte in 5600 St. Johann im Pongau, Hauptstraße 12, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 9. März 2005, Zl Wa-83/1/04, betreffend Versagung einer Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WaffG 1996 §21;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z1;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WaffG 1996 §21;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 21. Oktober 2004 wies die Bezirkshauptmannschaft Hallein den Antrag des Beschwerdeführers vom 3. Mai 2004 auf Ausstellung eines Waffenpasses zur Führung einer meldepflichtigen oder sonstigen Schusswaffe (Kategorie "C") gemäß § 35 Abs 1 iVm § 22 Abs 2 des Waffengesetzes 1996 - WaffG, BGBl I Nr 12/1997, ab, weil sie beim Beschwerdeführer die waffenrechtliche Verlässlichkeit nicht gegeben sah. Angesichts des vom Beschwerdeführer eingereichten Antragsformulars, in dem "Waffenbesitzkarte" durchgestrichen und eindeutig "Waffenpass" angehakt bzw unterstrichen sei, teilte die Erstbehörde die vom Beschwerdeführer in einer Stellungnahme vertretene Auffassung, er habe keinen Waffenpass, sondern eine Waffenbesitzkarte beantragt, nicht. Zudem wäre die Beantragung einer Waffenbesitzkarte "widersinnig" gewesen, zumal eine solche von Gesetzes wegen nur Faustfeuerwaffen, nicht aber auch die vorliegend relevanten in die Kategorie C fallenden Langwaffen erfassen könne. In seiner gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, er habe lediglich die Ausstellung einer Waffenbesitzkarte begehrt, die Erstbehörde sei "überschießend" von einem Antrag auf Ausstellung eines Waffenpasses ausgegangen und habe daher über einen "weitreichenderen Antrag" entschieden, als ihn der Beschwerdeführer gestellt habe.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die dagegen eingebrachte Berufung gemäß § 66 Abs 4 AVG abgewiesen und der Erstbescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Waffenbesitzkarte gemäß § 8 Abs 1 Z 1 WaffG abgewiesen wird. Auch dieser Bescheid stützt sich im Wesentlichen darauf, dass beim Beschwerdeführer die waffenrechtliche Verlässlichkeit nicht gegeben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde außer in dem in § 66 Abs 2 leg cit erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60 AVG) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

"Sache" des Berufungsverfahrens ist der Gegenstand des Verfahrens in der Vorinstanz, insoweit der darüber ergangene Bescheid mit Berufung angefochten wurde. Nach der ständigen hg Rechtsprechung ist die Berufungsbehörde nur über die Angelegenheit zu entscheiden befugt, die den Gegenstand des Bescheids der Unterinstanz gebildet hat, und es ist ihr verwehrt, eine Entscheidung in einer Sache zu treffen, die nicht den Inhalt des Spruchs des Bescheids der Unterinstanz gebildet hat (vgl etwa die hg Erkenntnisse vom 29. Juni 1992, Zl 92/18/0139, und vom 22. April 2008, Zl 2008/11/0025).

Im Erstbescheid wurde - wie sich aus seinem Spruch sowie aus seiner insoweit wiedergegebenen Begründung ergibt - unzweifelhaft der in Rede stehende Antrag (in Übereinstimmung mit den vorgelegten Verwaltungsakten) als Antrag auf Ausstellung eines Waffenpasses eingestuft und abgewiesen. "Sache" des Berufungsverfahrens im Sinn des § 66 Abs 4 erster Satz AVG war demnach die vor der Erstbehörde in Verhandlung gestandene, den Inhalt des Spruchs ihres Bescheides bildende Angelegenheit "Versagung eines Waffenpasses". Nur im Rahmen dieser Sache war die belangte Behörde gemäß § 66 Abs 4 zweiter Satz AVG berechtigt, den erstinstanzlichen Bescheid "nach jeder Richtung" abzuändern. Dies hat die belangte Behörde verkannt, wenn sie in Überschreitung der "Sache" im angefochtenen Bescheid die Versagung einer Waffenbesitzkarte aussprach.

Auf Grund dieses von Amts wegen aufzugreifenden Mangels erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben war. Ein weiteres Eingehen auf die Beschwerde sowie den angefochtenen Bescheid erscheint daher entbehrlich.

Der Spruch über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.

Wien, am 23. Oktober 2008

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