VwGH 2005/02/0324

VwGH2005/02/032424.11.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des FS in O, vertreten durch Dr. Manfred Pochendorfer, Rechtsanwalt in 4910 Ried, Eiselsbergstraße 1a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 2. November 2005, Zl. VwSen-280824/21/Kl/Pe, betreffend Übertretung arbeitnehmerschutzrechtlicher Bestimmungen, zu Recht erkannt:

Normen

ASchG 1994 §118 Abs3;
ASchG 1994 §130 Abs5 Z1;
AVG §37;
BArbSchV 1994 §87 Abs2;
VStG §25 Abs2;
VStG §5 Abs1;
VStG §9;
ASchG 1994 §118 Abs3;
ASchG 1994 §130 Abs5 Z1;
AVG §37;
BArbSchV 1994 §87 Abs2;
VStG §25 Abs2;
VStG §5 Abs1;
VStG §9;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 2. November 2005 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er sei zum Zeitpunkt 16. September 2003 persönlich haftender Gesellschafter einer näher genannten KG, nunmehr eine näher genannte GmbH & Co KG, und somit gemäß § 9 VStG für die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften durch dieses Unternehmen verantwortlich gewesen. Er habe es somit zu verantworten, dass am 16. September 2003 auf einer näher genannten Baustelle ein näher genannter Arbeitnehmer mit Folienschweißarbeiten im Zuge der Dacheindeckung am Flachdach ohne geeignete Absturzsicherungen, Abgrenzungen und Schutzeinrichtungen beschäftigt worden sei, obwohl Absturzgefahr von ca. 12 m auf ein angrenzendes Dach und ca. 18 m auf das Terrain bestanden habe. Dadurch habe es geschehen können, dass der Arbeitnehmer abgestürzt sei und sich dabei schwer verletzt habe. Bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20 Grad und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m müssten Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 bis 10 BauV (Absturzsicherungen, Abgrenzungen, Schutzeinrichtungen) angebracht werden. Der Beschwerdeführer habe somit als Arbeitgeber nicht dafür gesorgt, dass trotz Absturzgefahr von einem Dach mit einer Neigung bis zu 20 Grad und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m die für die Arbeitnehmer erforderlichen Schutzeinrichtungen vorhanden gewesen seien. Lediglich an zwei Seiten des Flachdaches seien mehrreihige Metallrohrgerüste, jedoch ohne die erforderlichen tragfähigen Schutzwände an der Außenseite der Gerüste angebracht gewesen. Die Höhe der Attika habe ca. 40 cm betragen und sei somit als Absturzsicherung ebenfalls nicht geeignet gewesen.

Der Beschwerdeführer habe dadurch § 130 Abs. 5 Z. 1 i.V.m.

§ 118 Abs. 3 ASchG sowie i.V.m. § 87 Abs. 2 und §§ 7 bis 10 BauV verletzt, weswegen über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet u.a. ein, die belangte Behörde habe seine Einvernahme in der Berufungsverhandlung unterlassen. Statt dessen stütze sich die belangte Behörde ausschließlich darauf, es fehle entsprechendes Vorbringen zur Frage des Entlastungsbeweises. Wie die belangte Behörde allerdings in der Gegenschrift zutreffend ausführt, wurde dem persönlich anwesenden Beschwerdeführer bei der mündlichen Verhandlung am 13. September 2005 ausreichend Gelegenheit zur Darstellung seines Vorbringens gegeben. Es fehlt daher an der Relevanz des vom Beschwerdeführer gerügten Verfahrensmangels.

Zum behaupteten Ermittlungsmangel betreffend die Entlastung des Beschwerdeführers von seinem Verschulden nach § 5 Abs. 1 VStG wird auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach bei Ungehorsamsdelikten der Täter gemäß § 5 Abs. 1 VStG nachzuweisen hat, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. In diesem Fall obliegt es dem Beschuldigten, alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II, 2. Auflage, S. 74, unter E 107 zu § 5 VStG angeführte Judikatur). Die belangte Behörde stützte sich daher in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu Recht auf ein fehlendes entsprechendes Vorbringen des Beschwerdeführers zur Frage des Entlastungsbeweises und war daher auch nicht gehalten, von sich aus allfällige weitere Umstände, die den Beschwerdeführer allenfalls entlasten hätten können, zu ermitteln.

Mit dem allgemeinen Hinweis in der Beschwerde, dass auch auf einer Mehrzahl von gleichzeitig betriebenen Baustellen ein Kontrollsystem bestanden und der Beschwerdeführer auch tatsächlich Kontrollen auf den Baustellen durchgeführt habe, vermochte der Beschwerdeführer jedoch nicht die Existenz eines wirksamen Kontrollsystems (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2006, Zl. 2005/02/0248, m.w.N.) darzutun.

Auch mit der Rüge, die belangte Behörde habe die Einvernahme des Zeugen E. S. zur Frage unterlassen, ob und in welchem Ausmaß der Beschwerdeführer Baustellen kontrolliere, zeigt er keinen wesentlichen Verfahrensmangel auf, zumal dieser Zeuge vom Beschwerdeführer nur zum Beweis dafür, dass die Formulierung der Betriebsanweisung auf Empfehlung des Arbeitsinspektorates oder der AUVA erfolgt sei, beantragt wurde (siehe S. 3 der Berufung).

Ferner sind stichprobenweise Kontrollen - wie sie der Beschwerdeführer auch schon in der Berufung unter Hinweis auf die Unmöglichkeit der gleichzeitigen Kontrolle von damals 62 Baustellen und auf die von den Mitarbeitern unterfertigte Betriebsanweisung darlegte - im Sinne der vorzitierten hg. Judikatur nicht ausreichend. Selbst wenn der Beschwerdeführer, wie dieser unter dem Gesichtpunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und unter Hinweis auf die Aussage des Zeugen C. O. rügt, zu Beginn der Arbeiten und später fallweise die Baustelle kontrolliert haben sollte, würde ein derartiges Kontrollsystem im Lichte der vorzitierten hg. Judikatur nicht genügen. Entgegen den Beschwerdeausführungen war die belangte Behörde auch nicht gehalten, sich mit der Frage eines rechtmäßigen Alternativverhaltens des Beschwerdeführers auseinander zu setzen, zumal es keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines wirksamen Kontrollsystems auf Grund der Ergebnisses des durch die belangte Behörde ergänzten Ermittlungsverfahrens gab.

Im Übrigen wäre es dem Beschwerdeführer im Hinblick auf die von ihm ins Treffen geführte große Anzahl der gleichzeitig betriebenen Baustellen und der Entfernung zum Unternehmenssitz unbenommen gewesen, vom Rechtsinstitut des verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 und 4 VStG Gebrauch zu machen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2001, Zl. 96/02/0011).

Insoweit der Beschwerdeführer rügt, die "Erstbehörde" habe sich "im angefochtenen Erkenntnis" unter dem Titel "Sachverhaltsfeststellung" auf die Zitierung einzelner Aussagen bzw. Bestandteile von Aussagen der vernommenen Personen beschränkt, zeigt er - soweit er mit diesem Vorbringen tatsächlich einen der Strafbehörde erster Instanz unterlaufenen Verfahrensmangel aufzeigen wollte - keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, zumal die belangte Behörde das Ermittlungsverfahren im Zuge der mündlichen Verhandlung in wesentlichen Punkten ergänzte und die wesentlichen Ergebnisse auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides wiedergab. Selbst wenn, wie in der Beschwerde allgemein behauptet wird, eine Vermischung der Sachverhaltsdarstellung und der Beweiswürdigung in der Begründung des angefochtenen Bescheides erfolgt sein sollte, lässt sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, von welchem als erwiesen angenommenen Sachverhalt die belangte Behörde bei der rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes ausging. Es liegt daher kein relevanter Verfahrensmangel vor. Es trifft entgegen den allgemein gehaltenen Beschwerdeausführungen auch nicht zu, dass es an einer schlüssigen und nachvollziehbaren Bescheidbegründung fehlen würde.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 24. November 2006

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