Normen
EheG §38 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z9;
EheG §38 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z9;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 9 des (bis 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen) Fremdengesetzes 1997 - FrG ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.
Diese Maßnahme begründete sie im Wesentlichen folgendermaßen:
Der Beschwerdeführer sei am 12. Jänner 2001 illegal eingereist und habe einen Asylantrag eingebracht. Diesen Antrag habe er in der Folge zurückgezogen, nachdem er am 15. Dezember 2001 die österreichische Staatsangehörige Hannelore H geheiratet hat. Auf Grund seiner Heirat sei ihm eine quotenfreie Erstniederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft mit Österreicherin" erteilt worden. Dem Antrag habe er ein Schreiben beigelegt, wonach er in K (dem Wohnort seiner Ehefrau) seinen Hauptwohnsitz, in Graz aber einen Nebenwohnsitz hätte und seine Ehefrau ihn regelmäßig in Graz besuchen würde. Bei einer Erhebung durch den Gendarmerieposten K vom 18. Februar 2002 habe Hannelore H ausgesagt, der Beschwerdeführer würde für eine unbekannte Zeit in Graz bei Verwandten aufhältig sein und dort auf Arbeitssuche gehen. Sowohl den Nachbarn der Hannelore H als auch deren beiden Kindern sei der Beschwerdeführer anlässlich einer Befragung mit Vorweis eines Fotos unbekannt gewesen. Bei ihrer Aussage vom 22. Oktober 2003 habe Hannelore H das Geburtsdatum des Beschwerdeführers falsch angegeben, die Ehe wäre ihrer Aussage nach nicht vermittelt worden; der Beschwerdeführer hätte ihr einen Heiratsantrag gemacht. Die Frage, ob die Ehe vollzogen worden sei, habe Hannelore H nicht beantworten wollen. Nach ihrer Aussage hätte sich der Beschwerdeführer bereit erklärt, Hannelore H EUR 300,-- pro Monat zu bezahlen, weil Hannelore H wegen der Heirat Sozial- und Wohnbeihilfe verloren hätte ("und zwar bis zur Scheidung. Dies hat er auch getan.").
Die Ehe des Beschwerdeführers sei am 14. März 2003 geschieden worden.
Der Beschwerdeführer sei am 28. Jänner 2004 vernommen worden. Seiner Aussage zufolge wäre ihm der Name der beiden Kinder der Hannelore H unbekannt. Er hätte sich mit ihr in gebrochenem Deutsch unterhalten können und beim zweiten Treffen Geschlechtsverkehr gehabt. Er hätte Hannelore H geheiratet, weil er in Österreich hätte bleiben wollen. (Seine Aussage lautet wörtlich: "Ich wollte in Österreich bleiben und habe deshalb Hannelore geheiratet. Sie hatte kein Geld und ich unterstützte sie auch, da ich nach der Eheschließung arbeiten konnte. Ich habe sie aber nicht ausschließlich geheiratet, damit ich in Österreich arbeiten und aufhalten kann.") Die Ehe wäre geschieden worden, weil sich die Ehepartner letztendlich auseinandergelebt hätten. Er hätte mit seiner Ehefrau nie im gemeinsamen Haushalt gelebt und sie lediglich vier bis sechs Mal in K besucht.
Bei einer weiteren Vernehmung - so die weitere Bescheidbegründung - habe Hannelore H am 11. Februar 2004 ausgesagt: Sie hätte den Beschwerdeführer auf sein Drängen geheiratet, weil er gesagt hätte, er müsste sonst in die Türkei zurückziehen. Nach der Hochzeit wären ihr jedoch Zweifel an seiner Liebe zu ihr gekommen, weil er nicht bereit gewesen wäre, nach K zu ziehen. Sie hätten nie Geschlechtsverkehr gehabt. Letztlich wäre ihr bewusst geworden, dass er sie nur wegen des Aufenthaltsrechtes geheiratet hätte. Nachdem sie deswegen eine Scheidungsabsicht geäußert hätte, wäre sie vom Beschwerdeführer und dessen Bruder bedroht worden. Er hätte schließlich selbst die Scheidung eingereicht.
Aus den Aussagen der Hannelore H und des Beschwerdeführers gehe - so die belangte Behörde beweiswürdigend - eindeutig hervor, dass der Beschwerdeführer die Ehe lediglich zu dem Zweck geschlossen habe, einen dauernden Aufenthaltstitel bzw. arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen zu erhalten. Er habe anfangs seiner offenbar etwas naiven zukünftigen Ehefrau vorgetäuscht bzw. vorgespiegelt, tatsächlich an einem gemeinsamen Eheleben interessiert zu sein und sie dadurch zu einer Eheschließung verleitet. Dabei dürfte er auch an ihre Hilfsbereitschaft appelliert haben. Schließlich habe der Beschwerdeführer auch zugegeben, dass er Hannelore H deswegen geheiratet habe, um in Österreich bleiben zu können. Weiters erscheine es beachtenswert, dass er nicht einmal die Namen der beiden Kinder seiner Exehefrau wisse, die mit ihr im gemeinsamen Haushalt lebten. Die belangte Behörde gelange daher zu dem Schluss, dass es zwischen dem Beschwerdeführer und Hannelore H zu keiner Zeit ein gemeinsames Familienleben gegeben habe, sondern er seiner Ehefrau die Absicht, ein solches zu führen, vor der Hochzeit nur vorgespiegelt habe. Für die Eheschließung habe er mindestens (insgesamt) EUR 3.600,-- gezahlt.
Anhand dieser Feststellungen beurteilte die belangte Behörde in der Folge den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 9 FrG als erfüllt und die Gefährlichkeitsprognose nach § 36 Abs. 1 FrG als gerechtfertigt. Ihrer Beurteilung nach § 37 FrG legte sie zu Grunde, dass der Beschwerdeführer seit Jänner 2001 in Österreich aufhältig sei und über berufliche Bindungen im Bundesgebiet verfüge, weshalb mit dem Aufenthaltsverbot ein Eingriff in sein "Privat- und Familienleben" verbunden sei, zumal sich Bruder und Cousin im Bundesgebiet befänden. Wegen der Täuschungshandlung des Beschwerdeführers hätten jedoch seine Interessen an einem Verbleib in Österreich hinter die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens zurückzutreten. Die belangte Behörde sehe auch keine Gründe, das ihr eingeräumte Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers auszuüben. Das Aufenthaltsverbot sei dringend geboten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen (diese Konventionsbestimmung nennt die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) zuwiderläuft (Z 2).
In § 36 Abs. 2 FrG sind demonstrativ Sachverhalte angeführt, die als bestimmte Tatsachen im Sinn des § 36 Abs. 1 leg. cit. gelten, bei deren Verwirklichung die dort genannte Annahme gerechtfertigt sein kann. Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei der Entscheidung, ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, ist Ermessen zu üben, wobei die Behörde vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung auf alle für und gegen das Aufenthaltsverbot sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 2005, Zl. 2005/21/0044).
Eine solche bestimmte Tatsache liegt gemäß § 36 Abs. 2 Z 9 vor, wenn der Fremde eine Ehe geschlossen, sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels oder eines Befreiungsscheines auf die Ehe berufen, aber mit dem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nie geführt und für die Eheschließung einen Vermögensvorteil geleistet hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Ehe als nichtig erklärt wurde oder ob ein Aufhebungsgrund nach § 38 Abs. 1 EheG vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2005, Zl. 2004/21/0135). Maßgeblich ist nicht die Absicht des anderen Ehepartners, sondern die des Fremden, dem die Schließung einer Aufenthaltsehe vorgeworfen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2006/21/0391).
Gegen die Richtigkeit der behördlichen Beweiswürdigung vermag der Beschwerdeführer keine konkreten Argumente ins Treffen zu führen. Der Gerichtshof kann im Rahmen der ihm zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht finden, dass diese unschlüssig sei. Beispielhaft sei hervorgehoben, dass der Beschwerdeführer die Namen der Kinder seiner Ehefrau nicht kannte und kein Grund für die Annahme ersichtlich ist, dass die Aussage der Hannelore H, es habe keinen Geschlechtsverkehr mit dem Beschwerdeführer gegeben, falsch sein solle. Demgegenüber hat der von der Beschwerde angesprochene Umstand keine Relevanz, ob die einvernehmliche Scheidung im Beisein eines Rechtsanwaltes (beauftragt durch den Beschwerdeführer) durchgeführt wurde.
Weiters verweist die Beschwerde darauf, dass dem Beschwerdeführer mit Gültigkeit ab 27. Mai 2002 eine Niederlassungsbewilligung trotz durchgeführter Erhebungen zum Vorliegen einer Scheinehe erteilt worden sei. Dem ist zu entgegnen, dass der Erteilung einer Niederlassungsbewilligung keine Bindungswirkung dergestalt zukommt, dass eine rechtsmissbräuchliche Eheschließung nicht mehr festgestellt werden dürfte. Dem Erhebungsbericht vom 18. Februar 2002 zufolge gab Hannelore H ohnedies nichts an, was mit ihrer späteren Aussage in Widerspruch stünde und es hat der Gendarmerieposten K auch schon damals festgehalten, dass der Verdacht auf das Vorliegen einer Scheinehe bestehe. Die damaligen Erhebungsergebnisse stehen daher mit der (späteren) behördlichen Beweiswürdigung nicht in Widerspruch.
Die Beschwerde vermag auch keinen sonstigen Verfahrensmangel aufzuzeigen, der zu einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führen könnte.
Sollte die Beschwerde so zu verstehen sein, dass der Feststellung einer missbräuchlich geschlossenen Ehe eine Nichtigerklärung dieser Ehe vorangehen müsse, so befindet sie sich in einem Irrtum (vgl. dazu bereits das hg. Erkenntnis vom 16. April 1999, Zl. 99/18/0044). Es bestehen daher keine Bedenken gegen die behördliche Annahme, dass anhand des festgestellten Sachverhaltes der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 9 FrG verwirklicht sei. Dieses missbräuchliche Verhalten führt auch zu der in § 36 Abs. 1 FrG umschriebenen Annahme (vgl. für viele auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis Zl. 99/18/0044).
Auch die Beurteilung der belangten Behörde nach § 37 FrG ist nicht zu beanstanden. Dem öffentlichen Interesse an der Unterbindung eines derartigen missbräuchlichen Eheschlusses steht ein im maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht sehr langer inländischer Aufenthalt des Beschwerdeführers gegenüber. Trotz der behaupteten beruflichen Integration durfte das Aufenthaltsverbot als dringend geboten und nach Vornahme einer Interessenabwägung als zulässig beurteilt werden, zumal der Beschwerdeführer nicht über eine Kernfamilie im Inland verfügt.
Letztlich ist auch kein Grund ersichtlich, der die belangte Behörde hätte veranlassen müssen, von dem ihr eingeräumten Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen.
Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die beantragte Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG unterbleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 22. November 2007
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)