Normen
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
NatSchG Tir 1997 §1 Abs1 idF 2004/050;
NatSchG Tir 1997 §27 Abs1 idF 2004/050;
NatSchG Tir 1997 §27 idF 2004/050;
VwGG §42 Abs2 Z3;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
NatSchG Tir 1997 §1 Abs1 idF 2004/050;
NatSchG Tir 1997 §27 Abs1 idF 2004/050;
NatSchG Tir 1997 §27 idF 2004/050;
VwGG §42 Abs2 Z3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 1. Juli 2004 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Imst der beschwerdeführenden Partei für den maschinellen Abbau mineralischer Rohstoffe auf den Grundstücken Nr. 6577 und 6578 KG H. die Bewilligung des Gewinnungsbetriebsplanes nach den §§ 80 bis 83 iVm § 116 Abs. 1 und 2 des Mineralrohstoffgesetzes, die wasserrechtliche Bewilligung nach den §§ 12a, 15, 38, 105, 111 und 112 des Wasserrechtsgesetzes 1959 und die naturschutzrechtliche Bewilligung nach den §§ 6 lit. b, 27 Abs. 1 lit. b, Abs. 4, Abs. 5 und Abs. 7 sowie § 41 des Tiroler Naturschutzgesetzes 1997 (Tir NatSchG) jeweils unter Vorschreibung zahlreicher Nebenbestimmungen. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurden nach Darstellung des Verfahrensganges Befund und Gutachten des naturkundefachlichen Amtssachverständigen wie folgt wiedergegeben:
"Projektgegenstand ist ein Bodenaustausch im Bereich der Gp. 6577 und 6578, KG H, wobei auf einer Gesamtfläche von ca. 1,7 ha nach derzeitigem Verhandlungsstand entgegen den ursprünglich projektierten rund 135.000 m3 verwertbares Schottermaterial nunmehr nur ca. die Hälfte gewonnen werden kann. Das gegenständliche Areal liegt im Ortsteil R und wird derzeit landwirtschaftlich genutzt. Laut örtlichem Raumordnungskonzept der Gemeinde H ist die Projektfläche derzeit neben ihrer landwirtschaftlichen Bedeutung auch als landschaftliche Freihaltfläche eingestuft. Sämtliche Zu- und Abfahrten sollen über das nahe gelegene Betriebsgelände der Fa. N erfolgen. Die direkte Zufahrt zum Abbaugelände erfolgt mittels eines kurzen Weges vom Betonwerk, eine geringe Rodung einzelner Pappeln ist dafür notwendig. Eine 380-kV Hochspannungsleitung des Verbundes überspannt das Projektgelände.
Die zu bearbeitende Fläche soll entsprechend den eingereichten Unterlagen eine Größe von 7000 m2 nicht übersteigen. Der Abbau wird bis maximal 2 m über dem Grundwasserspiegel durchgeführt. Jährlich sollen rund 27.000 m3 verwertbares Material abgebaut werden wodurch sich ein Gesamtabbauzeitrahmen von nunmehr ca. 3-4 Jahren ergibt.
Um eine vergleichbare Ausformung des Areals zum jetzigen Zustand zu erreichen, ist weiters geplant, die entstehende Abbaugrube mittels Bodenaushubmaterial aufzuschütten. Auch hier werden demzufolge rund 75.000 m3 Material benötigt, der Deponierungszeitraum ist somit auch mit 3-4 Jahren anzuschätzen. Auch sollen die Deponierungsarbeiten nach entsprechender Entnahme des zu gewinnenden Sand- und Kiesmaterials kontinuierlich erfolgen, sodass zu keinem Zeitpunkt eine kulturlose Bodenfläche von mehr als 7.000 m2 vorhanden ist. Nach erfolgter Deponierung soll der vorher abgezogene Humus wieder aufgetragen und eine landwirtschaftlich nutzbare Fläche entstehen.
Das Projektareal wird nördlich von uferbegleitenden Gehölzbeständen des Inn begrenzt, südlich stellt die ansteigende Terrasse mit Bäumen und Feldgehölzen die Abgrenzung dar. Beide Bereiche sind wichtige landschaftliche Strukturelemente und Wohnstätte zahlreicher Kleintiere wie Vögel, Kleinsäuger, Insekten, usw. Eine direkte Zerstörung dieser wertvollen Bestände durch den geplanten Materialabbau ist jedoch nicht gegeben. Westlich grenzen weitere landwirtschaftlich genutzte Bereiche, östlich die Betriebsanlage der Fa. N an.
Eine Einsicht auf das Projektgelände liegt von mehreren Standorten der näheren Umgebung sowie von überhöht gelegenen Standorten und Dauersiedlungsräumen, wie Hberg, aus vor. Auch von einzelnen Anwesen des Ortsteils R können Teile der Projektfläche direkt eingesehen werden.
An Erholungseinrichtungen ist der nördlich von R entlang führende Radweg zu nennen, welcher jedoch direkt nicht berührt wird. Im Projektbereich selbst finden sich keine ausgewiesenen Erholungseinrichtungen, das Areal ist jedoch für Erholungssuchende problemlos erreich- und begehbar.
Aus dem Gutachten des naturkundefachlichen Amtssachverständigen ergibt sich folgendes:
Seitens des Naturhaushaltes und hier vorkommender Lebensgemeinschaften ist trotz der Entnahme außerhalb des Grundwasserbereiches sowie Verfüllung ausnahmslos mit inertem Material insofern mit nachhaltigen Beeinträchtigungen zu rechnen, als von einem völlig veränderten Bodenaufbau sowie Chemismus im Vergleich zum derzeitigen Zustand auszugehen ist.
Lediglich die zwischenzeitlich deponierte und dann wieder aufzutragende Humusschichte bleibt ident, sämtliche anderen Bodenschichten sind grundlegend verändert. Daraus resultierende Veränderungen hinsichtlich des Bodenchemismus, des Wasserabflussverhaltens bis hin zu Änderungen der nachfolgenden Vegetation sind zu erwarten.
Hinzu kommen auch Auswirkungen auf die teils wertvollen angrenzenden Bestände entlang des Inn sowie der nördlich angrenzenden Terrasse. Störungen durch die geplanten Tätigkeiten über einen langen Zeitraum auf verschiedenste Arten wie Vögel, usw. sind jedenfalls gegeben.
Wesentlich bedeutet gegenständliche Maßnahme jedoch auch eine Störung und Beeinträchtigung des Landschaftsbildes in seiner Eigenart und Schönheit. Ein Abbaufeld dieser Größenordnung innerhalb einer landwirtschaftlich strukturierten Landschaft ist immer als optische Beeinträchtigung einzustufen. Erschwerend kommt hinzu, dass der beantragte Arbeitszeitraum mehrere Jahre beträgt und speziell hinsichtlich der geplanten Deponierungsdauer eher mit einem noch längeren Zeitrahmen gerechnet werden muss. Dies bedeutet, dass die massive anthropogene optische Veränderung über einen sehr langen Zeitraum vorliegt und somit massive Störungen des Schutzgutes 'Landschaftsbild' in einem als 'landschaftliche Freihaltefläche' (vgl. Örtliches Raumordnungskonzept) ausgewiesenen Bereich bedingen wird. Hinzu kommt das direkt östlich angrenzende Betriebsareal der Fa. N, welches die gesamte Eingriffsfläche optisch speziell von höher gelegenen Standorten aus noch vergrößert. Festzuhalten ist jedoch, dass diese beschriebenen Beeinträchtigungen nicht irreversibel in Erscheinung treten sondern auf den Projektzeitraum bzw. bis zur vollständigen Verfüllung und Rekultivierung beschränkt bleiben.
Auch seitens des Erholungswertes ist adäquat zum Landschaftsbild mit Störungen zu rechnen, wobei dies jedoch nur wenige Erholungssuchende betreffen wird, zumal direkte Erholungseinrichtungen, wie Wander- oder Spazierwege, nicht im Projektraum vorliegen. Trotzdem ist das Areal sowie die vorgelagerten Bereiche beim Inn leicht zu erreichen und zu begehen, sodass eine diesbezügliche Störung nicht generell ausgeschlossen werden kann."
Der Amtssachverständige für die überörtliche Raumordnung habe dargelegt, dass der Gesamtbedarf an mineralischen Baurohstoffen im Bezirk Imst aus dem Abbaugebiet "B" in den Gemeinden R und H sowie Abbaugebieten in U, L und N gedeckt werden könne bzw. sogar eine Überproduktion bestehe. Aus der beim geplanten Abbau zu gewinnenden besonderen Rohstoffqualität (karbonatfreies Rundkorn) werde säurebeständiger Beton für spezielle Anwendungen (Siedlungswasserbau, Deponiebauwerke, Flugfelder) hergestellt. Der Ausbaugrad im Siedlungswasserbau sei jedoch sehr groß. Es gebe technische Alternativen in Form von Beschichtungen. Im Übrigen werde silikatisches Rundkorn auch aus der Ötztaler Ache gewonnen. Aus der Sicht der überörtlichen Raumordnung sei eine geordnete Weiterentwicklung des bestehenden Abbaus im Bereich der B M in den Gemeinden H und R vorrangig. Ein gewisses öffentliche Interesse am beantragten Rohstoffabbau ergebe sich aus der Möglichkeit der Herstellung von säureresistentem Beton. Zahlen betreffend den regionalen Bedarf nach diesem Rohstoff lägen nicht vor. Die Nachfrage sei jedoch nicht groß, es gebe auch andere Gewinnungsmöglichkeiten, technische Alternativen stünden zur Verfügung.
In der Frage des öffentlichen Interesses an der Ausführung des Vorhabens legte die Behörde Folgendes dar:
"Zu dem in § 83 Abs. 1 Zi 1 MinroG geforderten Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes ist auf die Stellungnahme der Antragstellerin zu verweisen, wonach auf den betroffenen Flächen Material abgebaut werden soll, welches über eine wesentlich bessere Qualität verfügt als jenes, welches im Abbaugebiet 'Breite Mure' gewonnen werden kann. Das zu gewinnende Material ist zur Herstellung von säureresistentem Spezialbetonen geeignet, wofür ein Bedarf im Rahmen von Kanalbaumaßnahmen, Kläranlagen sowie Deponiedichtungen besteht.
Diesbezüglich ist nach Ansicht der Behörde das Vorbringen des Amtssachverständigen für überörtliche Raumordnung jedenfalls nicht ausreichend, gegenständlichem Ansuchen die Bewilligung nach MinroG zu versagen. Insbesondere kann dem Amtssachverständigen dahingehend nicht gefolgt werden, wonach für einen derartigen Bedarf andere Alternativen (Beschichtung, etc.) zur Verfügung stehen würden und daher kein öffentliches Interesse an einer Genehmigung gegenständlichen Abbaues vorliege. Die seitens der Antragstellerin dargelegte Materialqualität wurde im Verfahren durch den Amtssachverständigen für Geologie entsprechend bestätigt (die Rohstoffqualität sei durch die nachgereichten Unterlagen über zusätzliche Beprobungen nachgewiesen und weiter präzisiert).
Hinsichtlich des Vorbringens des Amtssachverständigen für überörtliche Raumordnung betreffend das vorzuziehende Abbaugebiet 'B' in den Gemeinden R bzw. H ist festzustellen, dass in diesem Abbaugebiet keine grundeigenen mineralischen Rohstoffe vergleichbarer Qualität gewonnen werden können. Ebenso wird in den Abbaugebieten im Ötztal kein vergleichbares Material gewonnen. Hinsichtlich des Schotterabbaues aus der Ötztaler Ache ist festzuhalten, dass die diesbezügliche Genehmigung bekanntlich Ende 2004 ausläuft. Auch das Abbaugebiet 'K' in L ist bis dato nur zum geringsten Teil genehmigt. Ob der diesbezüglich durch den dort Abbauberechtigten geplante gesamte Abbau überhaupt genehmigt werden kann, ist derzeit nicht absehbar.
Es ist auch nicht Aufgabe des mineralrohstoffrechtlichen Verfahrens, der Antragstellerin andere mögliche Abbaugebiete aufzuzeigen. Zu prüfen ist lediglich die Voraussetzung, ob für das zu gewinnende Material bzw. den geplanten Abbau ein öffentliches Interesse vorliegt, welches allfällige gegen die Bewilligung sprechende Gründe überwiegt.
Hinsichtlich des Vorbringens des Amtssachverständigen für überörtliche Raumordnung, wonach der Ausbaugrad der Abwasseranlagen bereits 'sehr hoch' sei, ist anzuführen, dass nach Kenntnisstand der Bezirkshauptmannschaft Imst die Kanalisierungsarbeiten der einzelnen Gemeinden im Bezirk Imst zwar fortgeschritten, jedoch bei weitem nicht abgeschlossen und teilweise auch wieder umfangreich zu sanieren sind, sodass nach Ansicht der Behörde das öffentliche Interesse an der Erzeugung des Spezialrohstoffes, für welchen das hier zu gewinnende Material erforderlich ist, jedenfalls gegeben ist.
Ebenso ist es nicht Aufgabe des mineralrohstoffrechtlichen Verfahrens, Alternativen zum angeführten Spezialbeton aufzuzeigen. Insbesondere kann der Antragstellerin oder anderen entsprechenden Unternehmen nicht vorgeschrieben werden, welche Ausführungsvariante im einzelnen Fall heranzuziehen ist. Es erscheint keinesfalls vertretbar, die Bewilligung für gegenständlichen Abbau lediglich deshalb zu versagen, weil allenfalls andere Alternativen zur Erlangung eines säurerestistenten Betons bestehen.
Auch ist der Behörde keine Vorschrift bekannt, wonach Ansuchen auf Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes außerhalb von seitens der überörtlichen Raumordnung bevorzugten Bereichen offenbar nicht im öffentlichen Interesse liegen und daher ein Grund für die Versagung der Genehmigung vorliege. Abgesehen von der Standortgebundenheit der geplanten Materialabbaue ist zum bevorzugten Abbaugebiet 'B' weiters zu bemerken, dass Erweiterungsmöglichkeiten in diesem Bereich möglicherweise nur noch eingeschränkt bestehen. Dies deshalb, als bekanntlich in naher Zukunft der sog. 'Tschirganttunnel' errichtet werden soll, welcher eine Verbindung vom Gurgltal, Gemeinde N, ins Inntal ermöglichen wird. Der Standort des Tunnelportals im Inntal ist derzeit noch nicht festgelegt, jedoch wäre eine (bereits näher diskutierte) Möglichkeit das in der B bestehende Abbaugebiet der Antragstellerin bzw. der diesbezügliche Nahbereich.
Weiters ist die Aussage des Amtssachverständigen für überörtliche Raumordnung, wonach bei der Aufbereitung gegenständlichen Materials mit verstärkt negativen Umweltauswirkungen zu rechnen sei, als bei der Aufbereitung des Materials, welches in der 'B' gewonnen wird, nicht nachvollziehbar. In der ergänzenden Stellungnahme der Antragstellerin, die aufgrund von weiteren und genaueren Materialprüfungen des zu erwartenden gewinnbaren Schotters zur Untermauerung des Antrages eingereicht wurde, geht deutlich hervor, dass der Anteil an Abschlämmbaren höchstens 5 % betrage, durchschnittlich jedoch nur 3 %. Nach Ansicht der Behörde ergeben sich dadurch im Rahmen der Aufbereitung keine verstärkten negativen Umweltauswirkungen.
Das Vorbringen des Sachverständigen bezüglich der im Bezirk Imst bereits bestehenden Überproduktion an Lockergestein geht ebenfalls ins Leere, da, wie bereits oben ausgeführt, das im geplanten Abbauareal zu gewinnende Material mit jenem aus anderen Abbaustandorten im Bezirk qualitativ nicht vergleichbar ist."
In der Frage der Beeinträchtigung der Interessen des Naturschutzes führte die Behörde Folgendes aus:
"Zur Beurteilung des naturkundefachlichen Amtssachverständigen ist zu bemerken, dass es sich bei der betroffenen Fläche um eine Mähwiese ohne jeglichen Sonderstandort handelt. Nach Ansicht der Naturschutzbehörde ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sich der Bewuchs nach Abschluss der Abbaumaßnahmen und Wiederverfüllung im Rahmen des anschließend geplanten Betriebes einer Bodenaushubdeponie und Rekultivierung vollkommen wieder einstellen wird. Inwieweit sich aufgrund der geänderten Bodenschichten unterhalb der Humusdeckschicht ein anderer Bewuchs einstellen wird, konnte auch seitens des Sachverständigen nicht angegeben werden. Die nachhaltige Beeinträchtigung des Naturhaushaltes und der Lebensgemeinschaften beschränkt sich daher nach Ansicht der Naturschutzbehörde darauf, dass während des Projektzeitraumes eine Mähwiese auf den betroffenen Flächen nicht vorhanden sein wird. Bereits hier ist jedoch relativierend anzumerken, dass jeweils lediglich Teilbereiche mit einem Flächenausmaß von ca. 7.000 m2 bearbeitet werden sollen, sodass nicht die gesamte Fläche in einem die Mähwieseneigenschaft verlieren wird. Auch wenn die abgebauten Flächen erst wieder mit Bodenaushubmaterial zu verfüllen sind und daher mehr als 7.000 m2 Fläche zugleich bearbeitet werden, so ist dies nach Ansicht der Naturschutzbehörde keine nachhaltige Beeinträchtigung. Nach Abschluss der Maßnahmen wird die Fläche wieder landwirtschaftlich als Mähwiese genutzt.
Inwiefern die 'teils wertvollen angrenzenden Bestände entlang des Inn' durch das Vorhaben beeinträchtigt werden sollen, ergibt sich weder aus dem Projekt noch im Rahmen des durchgeführten Verfahrens. Insbesondere wurde seitens des Vertreters der Verwaltung des öffentlichen Wassergutes betont, dass diese Bestände auf dem Grundstück des öffentlichen Wassergutes bestehen und diese Grundstücke für keinerlei Maßnahmen der Antragstellerin in Anspruch genommen werden dürfen. Auch eine Beeinträchtigung der dort lebenden verschiedensten Arten, wie Vögel (wobei der Amtssachverständige nicht abgeben konnte, um genau welche Arten bzw. welche Vögel es sich handelt) ist nach Ansicht der Naturschutzbehörde auszuschließen, da bereits seit Jahren angrenzend an die betroffenen Flächen eine Aufbereitungsanlage der Antragstellerin betrieben wird und die dort lebenden Arten entsprechende Lärmentwicklung, etc. bereits gewohnt sein dürften.
Die zu erwartende Störung des Landschaftsbildes ist zwar nachvollziehbar, beschränkt sich jedoch auch wieder lediglich auf jene Teilbereiche, die in den einzelnen Abbauphasen (bzw. Verfüllungsphasen) bearbeitet werden, was jedenfalls relativierend gegenüber zu stellen ist. Insbesondere wird durch das geplante Vorhaben lediglich ein sog. 'Bodenaustausch' vorgenommen. Die Landschaftsform wird dabei nicht verändert sondern vielmehr die ursprüngliche Form nach Abschluss der Auffüllungsarbeiten im Rahmen der anschließend geplanten Bodenaushubdeponie wieder hergestellt.
Die seitens des naturkundefachlichen Amtssachverständigen zu erwartenden Störungen des Erholungswertes 'adäquat zum Landschaftsbild' sind nach Ansicht der Naturschutzbehörde ebenso nur schwer nachvollziehbar. Wie der Amtssachverständige selbst bemerkt, befinden sich im Projektbereich und umgebenden Bereich keinerlei Erholungseinrichtungen. Dass der Bereich problemlos für Erholungssuchende zugängliche wäre, kann nach Ansicht der Behörde nicht dazu führen, dass durch das geplante Vorhaben der Erholungswert der Landschaft wesentlich beeinträchtigt wird."
Im fraglichen Bereich könne somit jener Betonzuschlagstoff gewonnen werden, der zur Herstellung von säurebeständigem Beton erforderlich sei. Ein Bedarf an säurebeständigem Beton sei im Rahmen der Errichtung von Abwasseranlagen, Kläranlagen, Deponieabdichtungen und Flugfeldern gegeben. Die nächstgelegene Gewinnungsstätte für derartigen Betonzuschlagstoff befinde in Unterperfuss im Bezirk Innsbruck-Land. In den vom Amtssachverständigen für überörtliche Raumordnung angeführten anderen Gewinnungsfeldern würden nicht jene mineralischen Rohstoffe gewonnen, die für die Herstellung von säurebeständigem Beton erforderlich seien. Auf die vom Sachverständigen erwähnten Möglichkeiten der Erweiterung anderer Steinbrüche müsse daher nicht eingegangen werden. Insgesamt gelange die Behörde zur Ansicht, dass die für das vorliegende Abbauvorhaben sprechenden öffentlichen Interessen die im vorliegenden Fall lediglich gering beeinträchtigten Naturschutzinteressen überwiegen. Im Rahmen der nach § 27 Ab s. 4 Tir NatSchG durchzuführenden Alternativenprüfung gelange die Behörde zum Ergebnis, dass die zu gewinnende Gesteinsqualität im näheren und weiteren Umgebungsbereich nicht gewonnen werden könne und daher keine geeigneten Alternativen zum geplanten Abbauvorhaben bekannt wären. Soweit der Sachverständige dargelegt habe, es gebe andere Möglichkeiten, säurebeständigen Beton zu produzieren, z.B. eine Beschichtung, liege darin kein Grund, die naturschutzrechtliche Bewilligung zu versagen. Bezüglich der Qualität und der Kosten der Herstellung mit Hilfe anderer Methoden hergestellten säurebeständigen Betons lägen keine Vergleichswerte vor.
Der Landesumweltanwalt erhob Berufung gegen die naturschutzbehördliche Bewilligung. Ein öffentliches Interesse am Vorhaben liege nicht vor. Es sei nämlich die Annahme der Behörde, dass im Abbaugebiet Breite Mure mineralische Rohstoffe in vergleichbarer Qualität nicht gewonnen werden könnten, nicht nachvollziehbar. Einer geordneten Weiterentwicklung der bestehenden Anlage im Bereich der B sei der Vorrang zu geben. Es sei auch die Annahme verfehlt, dass sich der Bewuchs nach Abschluss der Abbaumaßnahmen und der Wiederverfüllung und Rekultivierung wieder vollkommen einstellen werde. Der Amtssachverständige für Naturkunde habe dargelegt, dass "seitens des Naturhaushaltes und der dort vorkommenden Lebensgemeinschaften trotz der Entnahme außerhalb des Grundwasserbereiches sowie Verfüllung ausnahmslos mit inertem Material mit nachhaltigen Beeinträchtigungen zu rechnen ist". Es sei "von einem völlig verändertem" Bodenaufbau sowie Chemismus im Vergleich zum derzeitigen Zustand auszugehen. Ändern werde sich auch "das Wasserabflussverhalten bis zu den Änderungen der nachfolgenden Vegetation". Auch spreche der Amtssachverständige für Naturkunde "von Auswirkungen auf die teils wertvollen Bestände entlang des Inns sowie nördlich der angrenzenden Terrasse" und davon, dass Störungen durch die geplanten Tätigkeiten über einen langen Zeitraum "auf verschiedenste Arten wie Vögel usw." gegeben seien. Auch das Landschaftsbild werde in seiner Eigenart und Schönheit durch eine massive anthropogene optische Veränderung gestört. Auch eine Störung des Erholungsraumes habe der Amtssachverständige für Naturkunde nicht generell ausschließen können. Die Behörde hätte daher die Interessen der Natur höher bewerten müssen als jenes an der Durchführung des Vorhabens.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge und wies den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf naturschutzrechtliche Bewilligung für die obertägige Gewinnung von mineralischen Rohstoffen auf den Grundstücken Nr. 6577 und 6578 KG H. gemäß § 6 lit. b iVm § 27 Abs. 6 Tiroler Naturschutzgesetz 1997, LGBl. Nr. 33/1997, zuletzt geänderte durch LGBl. Nr. 50/2004 (Tir NatSchG) ab.
Begründend legte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges dar, sie habe ein ergänzendes naturkundliches Gutachten betreffend die zu erwartenden Veränderungen des Bodens sowie ein ergänzendes zoologisches Gutachten eingeholt. Die Beschwerdeführerin habe Stellungnahmen abgegeben und ein ergänzendes ornithologisches Gutachten vorgelegt. Unter der Überschrift "Feststellungen zum Naturraum und zu Beeinträchtigungen der Interessen des Naturschutzes" legte die belangte Behörde sodann Folgendes dar:
"Allgemeines:
Das Projektareal liegt im Ortsteil R und wird derzeit landwirtschaftlich genutzt. Laut örtlichem Raumordnungskonzept der Gemeinde H ist die Projektfläche neben ihrer landwirtschaftlichen Bedeutung auch als landschaftliche Freihaltefläche eingestuft. Es wird nördlich von uferbegleitenden Gehölzbeständen des Inns begrenzt, südlich stellt die ansteigende Terrasse mit Bäumen und Feldgehölzen die Abgrenzung dar. Beide Bereiche sind wichtige landschaftliche Strukturelemente und Wohnstätte zahlreicher Kleintiere wie Vögel, Kleinsäuger, Insekten, usw. Eine direkte Zerstörung dieser wertvollen Bereiche durch den geplanten Materialabbau ist jedoch nicht gegeben. Westlich grenzen weitere landwirtschaftlich genutzte Bereiche, östlich die Betriebsanlage der Firma N an.
Landschaftsbild:
Im großräumigen Landschaftsbild stellt der Einschnitt des Inns im Bereich des Tschirgant- und des H Bergsturzes mit den flussnahen Landschaftsteilen Schlierenzau und Unterrain auf der orographisch linken sowie Ober- und Unterr auf der orographisch rechten Seite einen relativ unberührten Landschaftsteil dar. Er zeichnet sich durch eine intakte Kulturlandschaft aus mit den von Streuobstgehölzen eingerahmten Weilern und den umgebenden Fluren, die vielfältig landwirtschaftlich genutzt werden. Der gegenständliche Bereich um Ober weist eine reizvolle Lage in einem Innknie mit einer interessanten naturräumlichen und landschaftlichen Ausstattung auf, wobei folgende Elemente besonders zu erwähnen sind:
1. der gut ausgebildete und strukturierte Uferbegleitstreifen entlang des Inn;
- 2. eine langgestreckte große Kiesbank am Gleitufer;
- 3. eine Geländestufe mit einem Feldgehölz im westlichen Bereich.
Einzig das im Projekt als Verarbeitungsstandort angeführte, in seinen Dimensionen allerdings kleine Betonmischwerk im östlichen Bereich und eine querende Hochspannungsleitung sind als landschaftliche Eingriffe zu werten. Das Betonwerk tritt aber auch aufgrund seiner Lage im Zwickel zwischen dem Inn und der Hangkante des Haimiger Forchets und dem Sichtschutzstreifen im westlichen Bereich kaum negativ in Erscheinung.
Ein Abbaufeld dieser Größenordnung innerhalb einer landwirtschaftlich strukturierten Landschaft ist immer als optische Beeinträchtigung einzustufen. Erschwerend kommt hinzu, dass der beantragte Arbeitszeitraum mehrere Jahre beträgt und speziell hinsichtlich der geplanten Deponierungsdauer eher mit einem noch längeren Zeitrahmen gerechnet werden muss. Dies bedeutet, dass die massive anthropogene optische Veränderung über einen sehr langen Zeitraum vorliegt und somit massive Störungen des Schutzgutes Landschaftsbild in diesem Bereich bedingen wird. Hinzu kommt das direkt östlich angrenzende Betriebsareal der Firma N, welches die gesamte Eingriffsfläche optisch speziell von höher gelegenen Standorten aus noch vergrößert. Festzuhalten ist jedoch, dass diese beschriebenen Beeinträchtigungen nicht irreversibel in Erscheinung treten, sondern auf den Projektzeitraum bis zur vollständigen Verfüllung und Rekultivierung beschränkt bleiben.
Boden:
Eine Bodenbestimmung mit dem Pürghauer Bohrstock ergab, dass es sich auf der lokal beprobten Fläche um einen grauen bis braunen Auenboden handelt. Dieser weist eine Auflagehumusmächtigkeit von weniger als 0,5 cm auf. Es handelt sich dabei um die Auflagehumusform 'Mull'. Der Mineralboden weist einen A-Horizont mit einer Mächtigkeit von rund 25 cm auf, daran anschließend findet man Fluss-Sedimente. Der A-Horizont ist gering durchwurzelt und weist ein Bröckel- bis Klumpengefüge auf. In den obersten 2 cm hingegen ist ein Krümelgefüge zu finden.
Durch das Einbringen eines Fremdbodens wird die natürliche Bodenentwicklung unterbrochen und es bildet sich ein anderer Bodentyp aus. Welcher Bodentyp sich ausbildet kommt auf Menge und Art des eingebrachten Materials an. Generell verändern sich das Speichervolumen, das Abflussverhalten, der Wasserhaushalt und der Nährstoffhaushalt. Detaillierte Ergebnisse hinsichtlich der zu erwartenden Veränderungen könnten nur durch sehr aufwendige und insbesondere langzeitliche Untersuchungen gewonnen werden. Für die weitere Bewirtschaftung der derzeitigen Kulturfläche sind negative Veränderungen wahrscheinlich kurzzeitig nicht zu erwarten. Würde man die betroffene Fläche jedoch der natürlichen Sukzession überlassen, ist aufgrund des veränderten Bodenaufbaues mit einer veränderten Vegetationsentwicklung zu rechnen, der sich ursprünglich hier einstellende Flußauencharakter würde über Jahrzehnte verloren gehen.
Lebensraum heimischer Tierarten:
Bei der Begehung durch die zoologische Sachverständige konnten insgesamt 13 Arten festgestellt werden. Die Artenliste überschneidet sich zu einem großen Teil mit der von Pegoraro & Partner erhobenen. Durch diese Erhebung hinzugekommen ist die Elster als gefährdete Art. Eine eindeutige Aussage bezüglich Brutvogelarten in dem Gebiet ließe sich nur während der Brutzeit treffen. Die zur Zeit anwesenden Vogelarten sind daher als Winternahrungsgäste zu interpretieren. Von den erhobenen Vogelarten hielt sich während der Begehung keine direkt auf der geplanten Deponiefläche auf. Die angrenzenden Flächen, besonders die Maisackerfläche, wurden jedoch intensiv zur Nahrungssuche und als Deckung genutzt (siehe z. B. hohe lndividuenzahlen von Erlenzeisigen und Krähen), und die Vögel hielten sich dabei in unmittelbarer Nähe zur Deponiefläche auf bzw. überflogen diese häufig.
Die eigentliche Deponiefläche wird landwirtschaftlich intensiv genutzt und ist daher für die meisten Arten als Bruthabitat ungeeignet.
Die angrenzenden Lebensräume (Terrassenböschung, Obstgärten, Auwaldstreifen) sind jedoch weitaus bedeutsamere Lebensräume und auch für schützenswerte Arten wie z.B. Neuntöter oder verschiedene Spechte geeignet. Darüber hinaus ist die geplante Deponiefläche umgeben von großen, ökologisch wertvollen Freihalteflächen, bestehend hauptsächlich aus den Kiefernwäldern des Ötztaler Forchet.
Am Boden konnten überdies Spuren von Reh und Marder nachgewiesen werden, was auf einen Wildwechsel zwischen Wald, Wiesen und der Schotterbank des Inn als Wasserquelle hinweist. Durch ihre Lage zwischen Kiefernwald, Wiesen, Auwald und Flussufer ist die Untersuchungsfläche als Durchgangsfläche zwischen diesen Habitaten für viele Arten wichtig. Dies zeigt sowohl das häufige Überfliegen von vielen Vogelarten wie auch die festgestellten Säugerspuren.
Das von Pegoraro & Partner erwähnte bestehende Störpotential durch Freizeitnutzung der Schotterbänke und die bestehende Aufbereitungsanlage konnte bei der Begehung durch die zoologische Amtssachverständige nicht bestätigt werden. Die Schotterbänke waren zum Begehungszeitpunkt menschenleer, und auf dem Firmengelände war außer zwei geparkten Autos keine Aktivität zu bemerken. Die geplante ganzjährige Schotterabbau stellt mit Sicherheit ein weitaus größeres Störpotential dar.
Da die geplante Bodenaustauschfläche in ihrer jetzigen Bewirtschaftungsform kein wertvolles Habitat für Vögel bildet, stellt der Verlust der Fläche an sich für die Vogelfauna keine starke Beeinträchtigung dar. Wohl aber hat die Art der vorgesehenen Nutzung starke Auswirkungen.
Der geplante Abbauvorgang mit der einhergehenden Lärmemission hat sicher indirekte Auswirkungen, wenn auch zeitlich begrenzt, auf die Artengemeinschaften der wertvolleren Lebensräume sowohl der näheren als auch der weiteren Umgebung. Durch permanente Lärmentwicklung ist zu erwarten, dass sich sowohl Individuendichten als auch Artenzahlen bis zu einer Entfernung von mehreren hundert Metern bis Kilometern drastisch verringern werden (siehe z.B. Brotons & Herrando 2001, Stone 2000, Reijnen et al. 1996). Mitten in einem ökologisch wertvollen Gebiet wie dem umgebenden Kiefernwald ist ein derartiger Eingriff eine starke Beeinträchtigung.
Zudem würde durch das geplante Bodenaustauschprojekt die Funktion eines Durchgangsgebietes auf jeden Fall für Säuger und eventuell auch für Vögel während der langjährigen Abbauarbeiten verloren gehen. Für Säuger stellt eine derartige Baugrube eine physische Barriere dar, und Vögel werden durch den Betrieb und die Lärmentwicklung tagsüber gestört werden, was eine mittlere Beeinträchtigung darstellt.
Erholungswert:
Auch für den Erholungswert ist adäquat zum Landschaftsbild mit Störungen zu rechnen, wobei dies jedoch nur wenige Erholungssuchende betreffen wird, zumal direkte Erholungseinrichtungen, wie Wander- und Spazierwege, nicht im Projektraum vorliegen. Trotzdem ist das Areal sowie die vorgelagerten Bereiche beim Inn leicht zu erreichen und zu begehen, sodass eine diesbezügliche Störung nicht generell ausgeschlossen werden kann. In den Sommermonaten dürfte die große Kiesbank von Erholungssuchenden als Grillplatz und Bootsanlegestelle benutzt werden. Die tatsächliche Benutzerfrequenz darf allerdings nicht als alleiniges Kriterium für den Wert als Erholungsraum herangezogen werden. Der Talboden des Inntales ist im Raum H - Ötztal-Bahnhof durch Siedlungstätigkeit, gewerbliche Nutzungen, Anlagen der Energieversorgung, Verkehrsinfrastruktur, etc. intensiv genutzt. Daher spielen extensiv genutzte Räume wie das gegenständliche Projektsgebiet die Rolle von Refugialräumen, das heißt sie sind im Bewusstsein der ansässigen Bevölkerung als potentielle Rückzugsräume verankert.
Feststellungen zur örtlichen Raumordung
Im verordneten örtlichen Raumordnungskonzept der Standortgemeinde H sind die gegenständlichen Flächen in der Hauptfunktion als landwirtschaftliche Freihalteflächen, in der Nebenfunktion als landschaftlich wertvoller Bereich ausgewiesen. Dazu wird festgestellt, dass dieses Gebiet unterhalb der Terrassenkante eine landschaftlich eigenständige Einheit zwischen dem Inn und dem höher gelegenen Siedlungsgebiet von Ötztal-Bahnhof bildet.
Im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan sind die entsprechenden Flächen als Freiland ausgewiesen."
Zur Frage öffentlicher Interessen am Vorhaben führte die
belangte Behörde Folgendes aus:
"Regionale Versorgungs- und Bedarfssituation:
Aus der Sicht der Landesraumordnung ist das große Abbaugebiet 'B' in den Gemeinden R und H zur Versorgung eines großen Teiles des Bezirkes Imst mit Massenrohstoffen besonders geeignet. Positive Standortfaktoren sind die Lage im Versorgungsgebiet, das Ausmaß und die Qualität der großen Reserven, die vorhandene Infrastruktur für Aufbereitung, Abtransport und Weiterverarbeitung, die Lage abseits von Siedlungsgebiet, usw. Es ist auch denkbar, dass eine zunehmende Versorgungsfunktion für den Raum Innsbruck-Umland entsteht.
Der zweite räumliche Schwerpunkt der Rohstoffgewinnung im Bezirk Imst liegt im vorderen und mittleren Ötztal in den Gemeinden U und L. Dort wird vorwiegend hochwertiges Festgestein für den regionalen und überregionalen Bedarf gewonnen, weiters auch Lockergestein für den lokalen Bedarf. Die Gewinnung von Lockergesteinen beschränkt sich auf das Dargebot, das aus der Ötztaler Ache gewonnen werden kann. So lagert die Ache in manchen Flachstellen Schotterüberschüsse ab, die genutzt werden. Allerdings ist die Schotterqualität sehr mäßig, vor allem hinsichtlich der Kriterien Mürbkorn und Kornindex. Weiters wäre die Matrix der Köfelser Bergsturzmasse, die bei der Steingewinnung anfällt, zu verwerten.
Des Weiteren gibt es noch einen Abbau auf Lockersedimente im oberen Gurgltal in der Gemeinde N. Dieser Rohstoff wird fast ausschließlich zur Betonerzeugung in der Bezirkshauptstadt bzw. in Völs verwendet.
In Bezug auf die Nachfrage nach mineralischen Rohstoffen wird eine Menge von 11,5 t/Einwohner und Jahr angenommen, da die Bezirkshauptstadt einen dynamischen Wirtschaftsraum darstellt. Dazu kommen die touristisch hoch entwickelten Seitentäler Pitztal und Ötztal. Bei einer Gegenüberstellung der aktuellen Erzeugungsmit der Bedarfsituation zeigt sich, dass der Gesamtbedarf an mineralischen Baurohstoffen jedenfalls aus den Abbauen in der Region gedeckt werden kann bzw. sogar eine Überproduktion besteht. Die Abbaustandorte exportieren in andere Regionen, unter anderem tragen sie zur Deckung des Abbaudefizits in der Stadtregion Innsbruck bei, im Festgesteinsbereich auch in Ausland. Konkret wurde in der Bestandsaufnahme zum derzeit in Ausarbeitung befindlichen Gesteinsabbaukonzept ein Bedarf von etwa 590.000 t/Jahr errechnet. Dem steht eine Produktion in den neuen Abbaustandorten von etwa 750.000 t/Jahr gegenüber und somit ergibt sich ein Erzeugungsüberschuss von etwa 160.000 t/Jahr Hinsichtlich der vom Antragsteller angegebenen besonderen Rohstoffqualität in Form des karbonatfreien Rundkorns ist festzustellen, dass damit säurebeständiger Beton für spezielle Anwendungen (Siedlungswasserbau, Deponiebauwerke, Flugfelder, etc.) hergestellt werden kann. Allerdings ist der Ausbaugrad in Siedlungswasserbau sehr groß und gibt es technische Alternativen in Form von Beschichtungen. Anzumerken ist auch, das silikatische Rundkorn auch aus der Ötztaler Ache (Abbaustandort Bruggers Änter der Firma Scheiber in L) gewonnen wird.
Vollständige Ausnützung der Lagerstätte:
Bei einem Trichterabbau wie im vorliegenden Fall ist die Relation zwischen der beanspruchten Fläche und dem gewinnbaren Rohstoffvolumen ungünstiger als beispielsweise beim stirnseitigen Abbau einer Terrasse.
Standortgebundenheit des Vorkommens und Rohstoffqualität:
Laut der geologisch-lagerstättenkundlichen Beschreibung sind die Terrassen aus kristallinen gerundeten Sanden und Kiesen in Wechsellagen aufgebaut, wobei in den tieferen Bereichen auch größere Geröllstücke liegen. Die Sieblinien zweier Proben liegen in einem brauchbaren Bereich, bei einer weiteren Probe aus dem südlichen Randbereich liegt der Anteil des Abschlämmbaren allerdings bei 70%.
Die Rohstoffqualität des Vorkommens ist nach einer entsprechenden Aufbereitung - Waschen und Klassieren - für die Betonerzeugung jedenfalls ausreichend. Allerdings ist der Aufwand für die Aufbereitung wegen des teilweise hohen Feinanteils groß.
In einer Untersuchung der 'Massenrohstoffe des Oberinntales und dessen Nebentäler' (Institut für Geologie und Paläontologie der Universität Innsbruck, Professor Mostler, 1999) werden die Entwicklungsmöglichkeiten des bestehenden Abbaustandortes der antragstellenden Firma in der Breitmure ausführlich behandelt. Dies betrifft zum einen die noch nicht abgebaute große Böschung zwischen den Abbaufeldern der Firma N und der Firma T, weiters die Nutzung der großen Murschuttrinne, die nördlich des bestehenden Abbaues einmündet und schließlich die Erweiterungsmöglichkeit nach Osten. In diesem Ostabschnitt, der von einer weiteren aktiven Murschuttrinne begrenzt wird, ist aber auch zutage tretendes Festgestein festzustellen. Es handelt sich um Reibler Dolomite mit einer guten Gesteinsqualität, wie sie derzeit von der Firma S im westlichen Abschnitt der Breitmure (Resselbach) genutzt werden. Über diesen Reibler Dolomiten liegt ein etwa 3 Meter mächtiger Grundmoränenstreifen mit einem hohen Anteil an Abschlämmbaren und Sieblinien, die alle außerhalb des Feldes für Betonzuschlagstoffe verlaufen. Darüber folgt ein etwa 10-15 Meter mächtiges Bergsturzmaterial mit einer zwar schlechteren (Mürbkornanteil, Anteil des Abschlämmbaren), aber doch verwertbaren Rohstoffqualität. Die Mächtigkeit dieses Bergsturzmaterials nimmt nach Westen hin und grabenaufwärts zu.
Zusammenfassend wird eine Erweiterung des bestehenden Abbaugebietes der Breitmure nach Osten auf drei Grundparzellen, die sämtliche im Eigentum der Gemeinde stehen, vorgeschlagen. Überschlägig wurde eine gewinnbare Menge von etwa 2 Millionen m3 Fest- und Lockergestein ermittelt. Damit wäre unter der Annahme einer gleichbleibenden Abbauleistung die Rohstoffbasis des Betriebes in der Breitmure für etwa 15 Jahre gesichert.
Möglichkeiten der Weiterverarbeitung:
Primär soll Betonzuschlagstoff erzeugt werden, der im angrenzenden Betonwerk verarbeitet wird. Der hergestellte Beton findet unter anderem auf Baustellen der bergbaubevollmächtigten Firma Verwendung. Das seit ungefähr einem Jahr stillgelegte Betonwerk hat eine max. Produktionskapazität von 60.000 t/ Jahr, dem umgerechnet ein Rohstoffbedarf von etwa 120.000 t/Jahr entspricht. Mit dem gegenständlichen Abbau könnte daher der Rohstoffbedarf des Betonmischwerkes im Vollbetrieb zu etwa 50% gedeckt werden.
Bedarf an säureresistenten Betonzuschlagstoffen, Versorgungsalternativen:
Für bestimmte Betonklassen werden entsprechend den einschlägigen Normen auch säureresistente Zuschläge (Silikatschotter) gefordert. Ein wesentlicher Anwendungsbereich für diesen Beton ist der Siedlungswasserbau (Kläranlagen). Der Ausbaugrad der Siedlungswasserwirtschaft ist in Tirol bereits sehr hoch und werden zukünftig kaum mehr Neuerrichtungen, sondern allenfalls Erweiterungen und Ausbesserungen anstehen. Für den im Straßenbau benötigten Filterkies wäre der Silikatschotter ein zu hochwertiger Rohstoff.
Für das größte Infrastrukturvorhaben in Tirol, dem Neubau der Eisenbahntrasse im Unterinntal, ist vorgeschrieben, dass die Sohlbereiche gegen Säureangriff zu schützen sind. Dies geschieht durch Beschichtungen auf Kunstharzbasis. Allenfalls werden die Sammelbecken für die Niederschläge mit säureresistentem Beton ausgeführt, wobei die Kubaturen allerdings gering sind. Auch in der chemischen Industrie (z.B. Lösungsmittelbehälter) und anderen Industrieanwendungen kommen die vorstehend erwähnten Beschichtungen zum Einsatz und wird nicht der Bauwerkskörper mit diesem Spezialbeton hergestellt.
Der Gesamtbedarf nach diesen Materialien im Versorgungsbereich, der sich im gegenständlichen Fall weit über das für den Bedarf an normalen Massenrohstoffen abgegrenzte Gebiet auf das ganze Land erstreckt, ist schwer abzuschätzen, beschränkt sich aber auf Spezialanwendungen (z.B. Flughafenpiste in Innsbruck). Außerdem gibt es, wie ausgeführt, technische Alternativen und andere Abbaumöglichkeiten im Versorgungsbereich."
Nach Darlegung ihrer Überlegungen zur Beweiswürdigung und der Darstellung der Rechtslage vertrat die belangte Behörde sodann die Auffassung, die beantragte Maßnahme umfasse unter anderem die Beseitigung der Vegetation, des natürlich gewachsenen humosen Oberbodens und in weiterer Folge den Austausch der darunter liegenden Bodenschichten gegen standortfremdes Bodenaushubmaterial sowie das Wiederaufbringen des abgetragenen Humus. Durch den Einsatz von Maschinen und den LKW-Verkehr käme es zu einer im betroffenen Bereich bisher nicht vorhandenen Lärmentwicklung. Auch das Landschaftsbild, das bisher durch eine kleinräumig strukturierte Kulturlandschaft, die Flusslandschaft des Inn mit Kiesbank und Uferbegleitstreifen sowie eine Geländestufe mit Feldgehölz im westlichen Bereich geprägt sei, erfahre durch das Anlegen eines Bergbaubetriebes eine wesentliche Veränderung. Durch die Beseitigung des natürlich gewachsenen Bodens und das Auffüllen mit standortfremdem Aushubmaterial ergäben sich Veränderungen des Bodenchemismus und des Wasserhaushalts bzw. des Wasserabflussverhaltens. Bis zum Greifen der Rekultivierungsmaßnahmen seien im betroffenen Bereich jedenfalls die ökologischen Bodenfunktionen im Sinne des Art. 1 des Bodenschutzprotokolls nicht vorhanden. Der bisherige Charakter eines von Flusssedimenten geprägten Auenbodens gehe verloren. Die kleinräumig strukturierte Kulturlandschaft und die im Nahbereich befindliche Flusslandschaft des Inn mit Kiesbank und Uferbegleitstreifen werde zumindest für den Zeitraum des Abbaus von drei bis vier Jahren, wahrscheinlich jedoch noch darüber hinaus bis zum endgültigen Greifen der Rekultivierungsmaßnahmen, auf einer Gesamtfläche von ca. 16.000 m2 nachhaltig verändert. Es sei von untergeordneter Bedeutung, ob die Gesamtfläche von 16.000 m2 oder nur jeweils 7.000 m2 bearbeitet würden, da auch eine Fläche von 7.000 m2 jedenfalls deutlich in der Landschaft in Erscheinung trete. Es sei weiters von Bedeutung, dass das gesamte Umfeld des Projektsgebietes sowie dieses selbst im örtlichen Raumordnungskonzept als Freihaltefläche ausgewiesen sei, und zwar der Uferbegleitstreifen des Inn als ökologische Freihaltefläche und das unmittelbare Projektsareal sowie die südlich angrenzenden Wiesen als landschaftliche bzw. landwirtschaftliche Freihaltefläche. Das Abbaugelände stelle eine Barriere für die nachgewiesenen und auf Grund der Umgebung zu erwartenden Tierarten dar, welche das Gelände als Wildwechsel benützten. Durch die Betriebstätigkeit käme es außerdem zu Störungen der im Uferbegleitstreifen angesiedelten Tierwelt. Jedenfalls für den Zeitraum des Abbaues sei somit im Nahbereich des Abbauareals mit zumindest relevanten Beeinträchtigungen der genannten Schutzgüter des Tiroler Naturschutzgesetzes zu rechnen. Hinsichtlich des Bodenaufbaues könne die Beeinträchtigung des Naturhaushaltes auch über den Zeitraum der Rekultivierung hinaus reichen. Dem stehe gegenüber, dass hinsichtlich mineralischer Rohstoffe im allgemeinen im Bezirk Imst bzw. in der näheren und weiteren Umgebung des geplanten Abbaus kein zusätzlicher Bedarf gegeben sei, sondern im Gegenteil eine Überproduktion, sodass große Mengen an Schotter in den Raum Innsbruck bzw. ins Ausland verkauft würden. Spezieller Beton, für dessen Herstellung der beim Vorhaben zu gewinnende Schotter verwendet werde, werde nur in sehr eingeschränktem Umfang tatsächlich benötigt. Der Bedarf im Siedlungswasserbau sei im Wesentlichen auf Erweiterungen und Sanierungen beschränkt. Er werde aus den bereits erschlossenen Rohstoffvorkommen ausreichend gedeckt. Es sei möglich, den säurefesten Beton durch entsprechende Beschichtungen zu ersetzen. Ein konkreter Bedarf der Allgemeinheit an Rohstoffen dieser speziellen Qualität bestehe somit nicht. Überdies bestehe beim vorgesehenen Abbau in Trichterform ein ungünstiges Verhältnis zwischen in Anspruch genommener Bodenfläche und dem erschlossenen Rohstoffvorkommen. Es bestehe somit kein öffentliches Interesse an der Erschließung des Rohstoffvorkommens.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 6 Abs. 1 lit. b des im Beschwerdefall anzuwendenden Tiroler Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 33/1997 idF LGBl. Nr. 50/2004 (Tir NatSchG) bedarf außerhalb geschlossener Ortschaften der maschinelle Abbau mineralischer Rohstoffe, die Errichtung und Aufstellung von Anlagen zur Gewinnung oder Aufbereitung mineralischer Rohstoffe und von Anlagen zur Aufbereitung von Mischgut oder Bitumen einer Bewilligung.
Nach § 27 Abs. 1 leg. cit. ist eine naturschutzrechtliche Bewilligung, soweit in den Abs. 2 und 3 nichts anderes bestimmt ist, zu erteilen,
a) wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wird, die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht beeinträchtigt oder
b) wenn andere öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen.
Die Absätze 4, 5 und 6 des § 27 Tir NatSchG lauten:
"(4) Trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 lit. b, Abs. 2 Z. 2, Abs. 3 lit. a oder § 14 Abs. 4 ist die Bewilligung zu versagen, wenn der angestrebte Zweck mit einem im Verhältnis zum erzielbaren Erfolg vertretbaren Aufwand auf eine andere Weise erreicht werden kann, durch die die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht oder nur in einem geringeren Ausmaß beeinträchtigt werden.
(5) Eine Bewilligung ist befristet, mit Auflagen oder unter Bedingungen zu erteilen, soweit dies erforderlich ist, um Beeinträchtigungen der Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1, in den Fällen des Abs. 2 Z. 2 und Abs. 3 insbesondere unter Berücksichtigung des betreffenden Schutzzweckes, zu vermeiden oder auf ein möglichst geringes Ausmaß zu beschränken.
(6) Eine Bewilligung ist zu versagen, wenn eine Voraussetzung für ihre Erteilung nicht vorliegt."
Nach § 1 Abs. 1 Tir NatSchG hat dieses Gesetz zum Ziel, "die Natur als Lebensgrundlage des Menschen so zu erhalten
und zu pflegen, dass
- a) ihre Vielfalt, Eigenart und Schönheit,
- b) ihr Erholungswert,
- c) der Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürliche Lebensräume und
d) ein möglichst unbeeinträchtigter und leistungsfähiger Naturhaushalt bewahrt und nachhaltig gesichert oder wiederhergestellt werden. Die Erhaltung und die Pflege der Natur erstrecken sich auf alle ihre Erscheinungsformen, insbesondere auch auf die Landschaft, und zwar unabhängig davon, ob sie sich in ihrem ursprünglichen Zustand befindet (Naturlandschaft) oder durch den Menschen gestaltet wurde (Kulturlandschaft). Der ökologisch orientierten und der die Kulturlandschaft erhaltenden land- und forstwirtschaftlichen Nutzung kommt dabei besondere Bedeutung zu. Die Natur darf nur so weit in Anspruch genommen werden, dass ihr Wert auch für die nachfolgenden Generationen erhalten bleibt."
In Verfahren über eine Bewilligung nach § 27 Abs. 1 TirNatSchG 1997 hat die Behörde in einem ersten Schritt zu prüfen, welches Gewicht der Beeinträchtigung der Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 TirNatSchG 1997 (Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Natur, Erholungswert, Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürlicher Lebensräume, möglichst unbeeinträchtigter und leistungsfähiger Naturhaushalt) durch das Vorhaben zukommt. Dem hat sie die öffentlichen Interessen, denen die Verwirklichung des Vorhabens dienen soll, gegenüberzustellen. Den Anforderungen an eine gesetzmäßige Begründung entspricht ein aufgrund einer Interessenabwägung ergangener Bescheid nur dann, wenn er in qualitativer und quantitativer Hinsicht nachvollziehbare Feststellungen über jene Tatsachen enthält, von denen Art und Ausmaß der verletzten Interessen im Sinne des § 1 Abs. 1 TirNatSchG 1997 abhängt, über jene Auswirkungen des Vorhabens, in denen eine Verletzung dieser Interessen zu erblicken ist, und über jene Tatsachen, die das öffentliche Interesse ausmachen, dessen Verwirklichung die beantragte Maßnahme dienen soll (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. November 2004, Zl. 2002/10/0029, und die dort zitierte Vorjudikatur). Die Entscheidung, welche Interessen überwiegen, muss in der Regel eine Wertentscheidung sein, weil die konkurrierenden Interessen meist nicht monetär bewertbar sind. Um die Wertentscheidung transparent und nachvollziehbar zu machen, ist es daher erforderlich, die für und gegen ein Vorhaben sprechenden Argumente möglichst umfassend und präzise zu erfassen und einander gegenüberzustellen (vgl. z. B. das Erkenntnis vom 19. Dezember 2005, Zl. 2003/10/0209).
Die Darlegungen des angefochtenen Bescheides, es sei für den Zeitraum des Abbaues im Nahbereich des Abbauareals mit "zumindest relevanten" Beeinträchtigungen der "genannten Schutzgüter des Tiroler Naturschutzgesetzes" zu rechnen, beziehen sich erkennbar auf die zuvor im Einzelnen aufgezählten Annahmen betreffend "Beeinträchtigungen der Lebensräume heimischer Tier - und Pflanzenarten und des Naturhaushaltes sowie des Landschaftsbildes".
Die ordnungsgemäße Begründung eines Bescheides, der auf Grund einer Interessenabwägung nach § 27 Tir NatSchG ergeht, erfordert u. a. die umfassende und ins Einzelne gehende Feststellung jener Tatsachen, die die Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Natur, den Erholungswert, den Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürliche Lebensräume und den Naturhaushalt (§ 1 Abs. 1 Tir NatSchG) im betroffenen Gebiet ausmachen. Dazu bedarf es einer nachvollziehbaren naturwissenschaftlichen, auf qualitative und quantitative Aspekte des Problems Rücksicht nehmende, auf den Einzelfall bezogene Begründung (vgl. z. B. das Erkenntnis vom 19. Dezember 2005, Zl. 2003/10/0209).
Im Zusammenhang mit der Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes in landschaftsbildlicher Hinsicht vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass erst eine auf hinreichenden Ermittlungsergebnissen - auf sachverständiger Basis - beruhende, großräumige und umfassende Beschreibung der verschiedenartigen Erscheinungen der Landschaft es erlaube, aus der Vielzahl jene Elemente herauszufinden, die der Landschaft ihr Gepräge geben und daher von einer Beeinträchtigung bewahrt werden müssen. Für die Lösung der Frage, ob das solcherart ermittelte Bild der Landschaft durch das beantragte Vorhaben nachteilig beeinflusst wird, ist dann entscheidend, wie sich dieses Vorhaben in das vorgefundene Bild einfügt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. Juli 2007, Zl. 2006/10/0061, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Zur Frage der Mitwirkungspflicht der Partei bei der Darlegung der Interessen an der Erteilung einer Bewilligung vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung schließlich die Auffassung, dass die Behauptungs- und Beweislast des Antragstellers weder überspannt noch so aufgefasst werden darf, dass die Behörde jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre. Hat die Partei nicht nur ganz allgemeine, sondern konkrete sachbezogene Behauptungen aufgestellt, die nicht schon von vornherein aus rechtlichen Gründen unmaßgeblich oder unschlüssig sind, so ist sie von der Behörde vorerst zu einer solchen Präzisierung und Konkretisierung ihres Vorbringens und zu entsprechenden Beweisanboten aufzufordern, die es der Behörde nach allfälliger Durchführung eines danach erforderlichen Ermittlungsverfahrens ermöglichen, zu beurteilen, ob die von der Partei aufgestellten Behauptungen zutreffen. Die Formulierung des Interesses und des Vorbringens der dafür erforderlichen Behauptungen muss als Sache der Partei angesehen werden; Sache der Behörde hingegen ist es, von sich aus von der Partei Informationen zum Beweis der von dieser behaupteten Tatsachen zu verlangen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. Juli 2007, Zl. 2006/10/0061, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Der angefochtene Bescheid genügt den oben dargelegten Anforderungen an die Gesetzmäßigkeit der Begründung eines Bescheides schon in Ansehung der Feststellung, es liege ein Sachverhalt vor, der unter den Begriff der Beeinträchtigung der Interessen des Naturschutzes im Sinne des § 27 Abs. 1 lit. a Tir NatSchG subsumiert werden könne, nicht. Den Darlegungen, das Landschaftsbild, das bisher durch eine kleinräumig strukturierte Kulturlandschaft, die Flusslandschaft des Inn mit Kiesbank und Uferbegleitstreifen sowie eine Geländestufe mit Feldgehölz im westlichen Bereich geprägt sei, erfahre durch das Anlegen eines Bergbaubetriebes eine wesentliche Veränderung, stellt keine nachvollziehbare Begründung dar, weil nicht im Einzelnen dargelegt wird, auf welche Weise die unbestrittener Maßen im landwirtschaftlich genutzten Gebiet gelegene Abbaueinrichtung auf die nicht unmittelbar in Anspruch genommenen Landschaftselemente einwirke. Dies gilt auch für den Hinweis, dass eine Fläche von 7.000 m2 jedenfalls deutlich in der Landschaft in Erscheinung trete.
Mit den Hinweisen auf die Veränderungen des Bodenchemismus und des Wasserhaushalts bzw. des Wasserabflussverhaltens, das mit der Beseitigung des natürlich gewachsenen Bodens und dem Auffüllen mit standortfremdem Aushubmaterial einhergehe, und auf die Barriereeigenschaft des Abbaugeländes für die nachgewiesenen und auf Grund der Umgebung zu erwartenden Tierarten, die das Gelände als Wildwechsel benützten, zielt die belangte Behörde offenbar auf die Annahme einer Beeinträchtigung des Naturhaushaltes, allenfalls des Artenreichtums der heimischen Tierwelt und deren natürlicher Lebensräume (§ 1 Abs. 1 Tir NatSchG) ab. Es bedarf aber keiner näheren Begründung, dass es sich dabei nicht um eine nachvollziehbare naturwissenschaftliche, auf qualitative und quantitative Aspekte des Problems Rücksicht nehmende, auf den Einzelfall bezogene Begründung im Sinne des oben Dargelegten handelt.
Schon deshalb beruht die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Auffassung der belangten Behörde, die Bewilligung könne nicht nach § 27 Abs. 1 lit. a Tir NatSchG erteilt werden, nicht auf einem mängelfreien Verfahren. Diese Mängel sind auch relevant im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG, weil nicht auszuschließen ist, dass die belangte Behörde bei deren Vermeidung zum Ergebnis gelangt wäre, die Bewilligung müsse schon auf Grund des § 27 Abs. 1 lit. a Tir NatSchG erteilt werden. Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Auf die weiteren Beschwerdegründe musste nicht eingegangen werden.
Die Entscheidung über den Ersatz des Aufwandes beruht auf den §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 29. Oktober 2007
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