VwGH 2004/10/0215

VwGH2004/10/021529.9.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie den Senatspräsidenten Dr. Novak und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde der W S in Wien, vertreten durch Dr. Harald Ofner und Dr. Thomas Wagner, Rechtsanwälte in 1160 Wien, Schuhmeierplatz 14, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 28. Juni 2004, Zl. LF1-FO-114/023-2004, betreffend Erteilung eines forstpolizeilichen Auftrages, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
AWG 2002 §2 Abs1;
ForstG 1975 §16 Abs2 litd;
ForstG 1975 §16 Abs4;
ForstG 1975 §172 Abs6 litb;
ForstG 1975 §5 Abs1;
VwRallg;
AVG §38;
AWG 2002 §2 Abs1;
ForstG 1975 §16 Abs2 litd;
ForstG 1975 §16 Abs4;
ForstG 1975 §172 Abs6 litb;
ForstG 1975 §5 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin war seit dem Jahre 1996 bis 17. Mai 2003 Pächterin der Parzelle 362 der KG T.; sie hat dort eine Pferdehaltung betrieben.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha (BH) vom 21. Jänner 2004 wurde die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf den beiliegenden Lageplan verpflichtet, folgende Vorkehrungen im Waldbereich der Parzelle 362 der KG T. gemäß §§ 16 und 172 Abs. 6 lit. b des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440 (ForstG), zu treffen.

"1. Die gänzliche Entfernung der abgelagerten Ziegel- und Betonbrocken (vermischt mit Erde), welche verstreut auf einer Fläche von ca. 250 m2 auf der Waldteilfläche der Parz. 362, KG T., liegen, hat bis spätestens 30. April 2004 zu erfolgen.

2. Die gänzliche Entfernung der Ablagerungen von Abfällen wie Plastikkübel, Plastikplanen, Kabelreste, Schlauchteile und vermoderte Heuballen, verstreut auf einer Fläche von ca. 750 m2 auf der Waldteilfläche Parz. 362, KG T., hat bis spätestens 30. April 2004 zu erfolgen.

3. Das zu entfernende Material ist nach den entsprechenden Eluatklassen ordnungsgemäß und nachweislich bis 30. April 2004 zu entsorgen. Die Nachweise hierüber sind der BH unaufgefordert zu übermitteln."

Nach der Begründung habe der Grundeigentümer der Parzelle 362 der KG T. mit Schreiben vom 12. Juli 2003 bei der BH die Waldverwüstung auf dem genannten Grundstück angezeigt. Im Zuge eines Lokalaugenscheins am 12. September 2003, bei dem auch Beweisfotos angefertigt worden seien, sei festgestellt worden, dass auf der hauptsächlich von Fichten bestockten Waldfläche der genannten Parzelle Abfälle wie Plastikkübel, Plastikplanen, Kabelreste, Ziegelstücke, Betonbruchstücke vermischt mit Erde, Schlauchteile und vermoderte Heuballen, verstreut auf einer Fläche von ca. 1.000 m2 abgelagert worden seien. Der gegenständliche Grundstücksbereich sei zur Gänze eingefriedet. Der Grundeigentümer habe der Behörde auch eine "Expertise zur Schadensfeststellung" vorgelegt.

Die Beschwerdeführerin habe im Rahmen des Parteiengehörs vorgebracht, dass am 17. Mai 2003 die Rückübergabe des Pachtgegenstandes stattgefunden habe. Dabei hätten sich keine Ablagerungen von Abfällen in der beschriebenen Art auf dem Grundstück befunden. Einem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Aktenvermerk sei zu entnehmen, dass mit der Rekultivierung des gesamten Geländes begonnen worden sei.

Zu diesem Vorbringen habe der Grundeigentümer mit Schreiben vom 12. Dezember 2003 erklärt, dass die Beschwerdeführerin mit Pachtvertragsende am 17. Mai 2003 die Pachtflächen in verwüstetem Zustand zurückgelassen habe. Nach einem Aktenvermerk des gleichen Tages habe daher auch das Kautionssparbuch zurückbehalten werden müssen.

Nach Auffassung der Behörde sei die Beschwerdeführerin auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens als Verursacher der gegenständlichen Waldverwüstung anzusehen. Die Parzelle 362 der KG T. sei zur Gänze eingefriedet und hätte somit in den letzten Jahren nur von der Beschwerdeführerin betreten werden können. Dazu komme, dass die vorhandenen Ablagerungen zumindest teilweise mit der bisherigen Nutzung des Areals als Reitgelände im direkten Zusammenhang stünden.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben, der Bescheid der BH jedoch insofern abgeändert, als die Frist zur Wiederherstellung bis 31. August 2004 verlängert wurde.

Nach der Begründung sei von der belangten Behörde im Zuge des Ermittlungsverfahrens das Gutachten eines forstfachlichen Amtssachverständigen eingeholt worden. Dieser habe am 15. April 2004 in Anwesenheit des Grundstückseigentümers eine örtliche Erhebung durchgeführt.

Im Gutachten wird im Wesentlichen Folgendes dargelegt:

"...

Im Zuge der Befundaufnahme wurden vom forstfachlichen Amtssachverständigen 6 Fotos angefertigt, die dem Akt beigefügt wurden ...

Die gg. Waldfläche ist Teil des Gst. Nr. 362, KG T., hat eine annähernd rechteckige Form und ein Flächenausmaß von 4.170 m2. Das gesamte Grundstück 362 hat eine Fläche von 19.910 m2 und besteht neben der Teilfläche Wald aus 2 Bauflächen, ca. 1,3 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche und einer Straßenanlage. Ablagerungen auf diesen Nicht-Waldflächen sind allerdings nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Die Waldfläche ist eben und mit Fichten voll bestockt. Das Alter des Bestandes wird mit ca. 30 Jahren angeschätzt. ... Das Grundstück ist zur Gänze eingefriedet, sodass der freie Zugang durch Dritte nicht möglich ist.

Auf der Fläche befinden sich diverse Abfälle wie Plastikkübel, Kabel, Schnüre, Plastiksäcke, Plastikplanen, Plastikbänder, Betonteile (großteils in kleinen Bruchstücken von 5 bis 15 cm Durchmesser), eine Betonplatte, Plastikrohre, ein alter Tisch sowie Strohreste. Dieser Abfall befindet sich v.a. im Nordosten der Waldfläche auf einer Fläche von ca. 1.000 m2 verstreut und ist zu einem großen Teil bereits von Nadelstreu bedeckt bzw. von der vorhandenen Bodenvegetation überwachsen. Die Betonbrocken sind zum Teil mit Erde überdeckt. Die Plastikrohre teilweise in der Erde vergraben.

Herr (Grundeigentümer) wurde vom Amtssachverständigen befragt. Er gab Auskunft, dass diese Abfälle von der ehemaligen Pächterin des Grundstückes stammen. Diese habe auf dem Gst. 362 eine Pferdehaltung betrieben. Lediglich ein ebenfalls vorgefundenes zerbrochenes Betonbecken in der Größe von ca. 4 m2, das sich im Südostteil der Waldfläche befindet, war laut seiner Aussage schon vor Beginn des Pachtverhältnisses und auch vor der Aufforstung der gg. Fläche vorhanden (Foto 6, 15. April 2004). Er bestritt auch die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass diese zum Zeitpunkt der Pachtvertragsauflösung das Grundstück in ordentlichem Zustand übergeben habe und machte geltend, dass nachweislich ein Sparbuch in Höhe von ATS 30.000,-- wegen der noch offenen Rekultivierungsarbeiten durch die ehemalige Pächterin von ihm zurückbehalten wurde. Er gab an, dass seit der Auflösung des Pachtvertrages Dritte lediglich in seinem Auftrag die gg. Fläche betreten haben und stellte in Abrede, dass der vorhandene Abfall von ihm oder den von ihm Beauftragten auf der Fläche abgelagert wurden. ...

3. Gutachten:

Zur Herkunft des Abfalls ist zu sagen, dass dieser in einem engen Verhältnis zur bisherigen Bewirtschaftung des Grundstückes seitens der ehemaligen Pächterin gestanden sein dürfte, die im Wesentlichen in einer Pferdehaltung bestand. Der Abfall ist zum großen Teil bereits von Vegetation überwachsen bzw. von Nadelstreu überdeckt. Dies lässt plausibel darauf schließen, dass das Material bereits seit ca. 1 Jahr auf der Fläche vorhanden ist. Die vorgefundenen Plastikrohre sind teilweise vergraben worden, was offensichtlich ebenfalls in einem Zusammenhang mit der früheren Bewirtschaftung gestanden sein dürfte. ...

Wenngleich das genaue Aufnahmedatum der vom Grundeigentümer vorgelegten Fotos nachträglich nicht mehr zweifelsfrei festgestellt werden kann, so stehen diese Fotos doch in einem schlüssigen Zusammenhang mit der ebenfalls dem Akt beiliegenden 'Expertise zur Schadensfeststellung' von Dr. Christian U. vom 29. Juli 2003, die sich auf eine Befunderhebung am 9. Mai 2003 stützt. ...

Eine Abfallablagerung durch den Grundeigentümer selbst, wie sie in der Berufung vermutet wird, erscheint in Hinblick auf die beabsichtigte Wiederverpachtung des Grundstückes nicht plausibel. Auch eine Ablagerung durch unbekannte Dritte ist wegen der Einfriedung des Grundstückes mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Eine Beauftragung der Gemeinde zur Entfernung des Abfalls erscheint daher nicht gerechtfertigt. ..."

Nach der weiteren Begründung habe die Beschwerdeführerin zu diesem Gutachten eine Stellungnahme abgegeben, wonach im Zuge eines beim Bezirksgericht B. anhängigen zivilgerichtlichen Verfahrens eine Begehung des gesamten Grundstückes stattgefunden habe. Dabei hätten - abgesehen von einer Ausnahme - weder im Wald noch auf anderen Grundstücksteilen Ablagerungen von Müll entdeckt werden können. Lediglich am Weg zum Waldrand sei ein Plastikkabel aufgefunden worden, das sich jedoch nicht im Waldgebiet befunden habe und auch nicht - wie im Gutachten beschrieben - von Vegetation überwachsen gewesen sei. Von einer seit längerem bestehenden Ablagerung könne daher nicht die Rede sein. Die auf den übermittelten Fotos ersichtlichen Gegenstände sowie die weiters angeführten Reste hätten jedenfalls nicht auf dem gegenständlichen Waldgrundstück vorgefunden werden können. Diese seien offensichtlich bereits entfernt worden. Eine Beauftragung mit der Entfernung dieser Müllreste erscheine daher "zweckentfremdet". Auf der Bodenoberfläche befindliche Stein- und Ziegelreste hätten ebenfalls nicht vorgefunden werden können. Da die Beschwerdeführerin nicht Eigentümerin des gegenständlichen Grundstückes sei, sei ihr die Einholung eines Privatgutachtens nicht möglich. Im Verwaltungsverfahren müsse ihr jedoch die Möglichkeit eingeräumt werden, dem forstfachlichen Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten. Der forstfachliche Amtssachverständige gehe in seinem Gutachten davon aus, dass sich die von ihm vorgefundenen Müllreste seit ca. einem Jahr auf der gegenständlichen Fläche befänden. Vor einem Jahr habe sie aber das Grundstück zusammen mit dem Eigentümer das letzte Mal betreten. Wie der Sachverständige zu dem Ergebnis komme, dass die von ihm beanstandeten Abfallteile von ihr stammten, sei nicht nachvollziehbar. Es sei auch nicht erklärlich, warum er aus der Art des Abfalls darauf schließen könne, dass es sich um Rückstände aus einer Pferdehaltung handle. Sie habe weder Plastikkübel noch Plastikplanen verwendet. Wenn sich tatsächlich Strohreste auf dem Waldboden befunden hätten, könnten diese wohl keine Waldverwüstung darstellen. Nach dem Besichtigungstermin und der Rückgabe des Pachtobjektes hätten nach ihr noch Arbeiter das gegenständliche Grundstück betreten. Es sei daher durchaus möglich und wahrscheinlich, dass Mitarbeiter dieser Unternehmen den Abfall verursacht und vergessen hätten, diesen zu beseitigen. Sollten tatsächlich Stein- und Ziegelreste in den Boden eingearbeitet worden sein, so sei das auf diese Unternehmen und nicht auf sie zurückzuführen, da sie persönlich keine Bearbeitung des Bodens vorgenommen habe. Weiters befinde sich am südlichen Ende der Grundstücksmauer ein Loch, das groß genug sei, um das Grundstück zu betreten. Es habe daher die Möglichkeit bestanden, dass das Grundstück von anderen Personen betreten worden sei. Das gegenständliche "Waldstück" befinde sich im Übrigen in einer Art privater Parkanlage und entspreche in seiner Nutzung einem Garten. Der "Wald" werde seit Jahren nicht als solcher bewirtschaftet. Das gegenständliche Grundstück sei somit von der Anwendung des Forstgesetzes ausgenommen, weshalb die Beschwerdeführerin beantrage, ein Waldfeststellungsverfahren durchzuführen bzw. das gegenständliche Verfahren bis zur Entscheidung im Waldfeststellungsverfahren zu unterbrechen. Der forstpolizeiliche Auftrag sei auch nicht ausreichend präzisiert, da nicht ersichtlich sei, wo sich die gegenständlichen Ablagerungen befänden.

In rechtlicher Hinsicht legte die belangte Behörde in der weiteren Folge der Begründung dar, dass die Voraussetzung für die Erteilung eines forstbehördlichen Auftrages gegeben sei. Bei der betreffenden Fläche habe es sich zum Zeitpunkt des Zuwiderhandelns gegen forstliche Vorschriften und im Zeitpunkt des forstpolizeilichen Auftrages um Wald im Sinne des Forstgesetzes gehandelt. Den Ausführungen des forstfachlichen Sachverständigen sei klar und eindeutig zu entnehmen, dass die verfahrensgegenständliche Fläche Wald im Sinne des Forstgesetzes sei. Die Forstbehörde sei berechtigt, die Frage der Waldeigenschaft in einem Verfahren zur Erteilung eines forstpolizeilichen Auftrages eigenständig zu beurteilen.

Wenn die Beschwerdeführerin vorbringe, ihr sei die Einholung eines Privatgutachtens nicht möglich gewesen, da sie nicht Eigentümerin des gegenständlichen Grundstückes sei, und ihr müsse im Verwaltungsverfahren die Möglichkeit eingeräumt werden, dem forstfachlichen Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten, so sei ihr zu erwidern, dass ihr das Gutachten des forstfachlichen Amtssachverständigen nachweislich übermittelt und auf Grund eines Fristerstreckungsantrages die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme bis 4. Juni 2004 verlängert worden sei. In diesem Zeitraum wäre es der Beschwerdeführerin schon alleine auf Grund ihrer Parteistellung - unabhängig davon, ob sie Eigentümerin der Liegenschaft sei - möglich gewesen, ein Privatgutachten einzuholen. Auf Grund der Herkunft des Abfalls könne mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass dieser in einem engen Verhältnis zur (früheren) Bewirtschaftung des Grundstückes stehe, die im Wesentlichen in einer Pferdehaltung bestanden habe. Mit dem Vorbringen, durch ein Loch in der Mauer wäre es Dritten möglich gewesen, das Grundstück zu betreten, gelinge es der Beschwerdeführerin nicht, einen anderen Verursacher der Ablagerungen namhaft zu machen. Das Grundstück sei zur Gänze eingefriedet, sodass ein Zugang durch Dritte nicht möglich sei. Durch Erhebungen der Behörde erster und zweiter Instanz, die auch durch Fotos dokumentiert würden, sowie den Angaben des Grundeigentümers und die von ihm vorgelegte Expertise habe das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie habe das Pachtobjekt in ordnungsgemäßem Zustand übergeben, widerlegt werden können. Die Zurückbehaltung des Kautionssparbuches in der Höhe von S 30.000;-- durch den Grundeigentümer wegen noch offener Rekultivierungsarbeiten unterstreiche ebenfalls, dass die Beschwerdeführerin das Grundstück nicht in ordnungsgemäßem Zustand übergeben habe. Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie habe das Waldgrundstück zuletzt im Zuge der Begehung zur Rückstellung des Pachtgegenstandes am 17. Mai 2003 betreten, danach hätten nur noch Arbeiter den Wald betreten, weshalb es durchaus möglich und wahrscheinlich sei, dass diese den Abfall verursacht und vergessen hätten, diesen zu beseitigen, sei zu entgegnen, dass auf Grund der Überwachsung des Abfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei, dass dieser bei Beendigung des Pachtverhältnisses vorhanden gewesen sei. Zum anderen sei es Sache der Beschwerdeführerin gewesen, den Pachtgegenstand in ordnungsgemäßem Zustand zu übergeben. Ob sie diesen Zustand selbst herstelle oder durch Dritte herstellen lasse, sei dabei ohne Belang. Zum Vorbringen, die Behörde hätte gemäß § 16 Abs. 4 ForstG die Gemeinde zur Entfernung der Abfälle heranziehen müssen, werde entgegnet, dass die Gemeinde auf Grund dieser Bestimmung nur dann herangezogen werden könne, wenn ein Verursacher nicht festgestellt werden könne. Da auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens für die Behörde zweifelsfrei feststehe, dass die Beschwerdeführerin die Verursacherin der Waldverwüstung sei, sei der forstpolizeiliche Auftrag an sie zu richten.

Wenn die Beschwerdeführerin behaupte, der forstpolizeiliche Auftrag sei nicht ausreichend präzisiert, so werde ausgeführt, dass ein forstpolizeilicher Auftrag dann den Bestimmtheitsanforderungen des § 59 Abs. 1 AVG entspreche, wenn nach dem Inhalt des Spruches, zu dessen Auslegung im Zweifelsfall die Begründung des Bescheides heranzuziehen sei, einerseits dem Bescheidadressaten die überprüfbare Möglichkeit gegeben werde, dem Leistungsauftrag zu entsprechen, und andererseits die Behörde in der Lage sei, ohne weiteres Ermittlungsverfahren und neuerliche Entscheidung eine Vollstreckungsverfügung im Rahmen einer allfälligen Ersatzvornahme zu erlassen. Auf Grund dieser Rechtslage sei anhand des vorliegenden Bescheides in Verbindung mit dem Lageplan eindeutig feststellbar, auf welchem Bereich der Waldfläche des Grundstückes Nr. 362 der KG T. die gegenständliche Waldverwüstung verursacht worden sei. Da die Beschwerdeführerin forstrechtliche Vorschriften außer Acht gelassen habe, sei die Behörde berechtigt, sie zur Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes zu verpflichten.

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der deren Behandlung mit Beschluss vom 16. Oktober 2004, B 1081/04 abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof wird beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der die "Waldverwüstung" regelnde § 16 ForstG bestimmt auszugsweise:

"(1) Jede Waldverwüstung ist verboten. Dieses Verbot richtet sich gegen jedermann.

(2) Eine Waldverwüstung liegt vor, wenn durch Handlungen oder Unterlassungen

  1. a) ...
  2. b) ...
  3. c) ...
  4. d) der Bewuchs offenbar einer flächenhaften

    Gefährdung, insbesondere durch Wind, Schnee, wildlebende Tiere mit Ausnahme der jagdbaren, unsachgemäße Düngung, Immissionen aller Art, ausgenommen solche gemäß § 47, ausgesetzt wird oder Abfall (wie Müll, Gerümpel, Klärschlamm) abgelagert wird.

(3) Wurde eine Waldverwüstung festgestellt, so hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen zur Abstellung der Waldverwüstung und zur Beseitigung der Folgen derselben vorzukehren. Insbesondere kann sie hiebei in den Fällen des Abs. 2 eine bestimmte Nutzungsart vorschreiben, innerhalb einer zu bestimmenden angemessenen Frist jede Fällung an eine behördliche Bewilligung binden oder anordnen, dass der Verursacher die Gefährdung und deren Folgewirkungen in der Natur abzustellen oder zu beseitigen hat. Privatrechtliche Ansprüche des Waldeigentümers bleiben unberührt.

(4) Wurde Abfall im Wald abgelagert (Abs. 2 lit. d) oder weggeworfen (§ 174 Abs. 3 lit. c), so hat die Behörde die Person, die die Ablagerung des Abfalls vorgenommen hat oder die hiefür verantwortlich ist, festzustellen und ihr die Entfernung des Abfalls aus dem Wald aufzutragen. Lässt sich eine solche Person nicht feststellen, so hat die Behörde der Gemeinde, in deren örtlichem Bereich die Ablagerung des Abfalls im Wald erfolgt ist, die Entfernung des Abfalls auf deren Kosten aufzutragen. Wird die Person nachträglich festgestellt, so hat ihr die Behörde den Ersatz diese Kosten vorzuschreiben. Die von der Gemeinde zu besorgende Aufgabe ist eine solche des eigenen Wirkungsbereiches."

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zugrunde, die Beschwerdeführerin habe eine Waldverwüstung verursacht, da sie Abfall im Wald abgelagert habe. Deshalb sei ihr die Entfernung des Abfalls aus dem Wald gemäß § 16 Abs. 4 ForstG aufzutragen.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird die Frage nach der Abfalleigenschaft der abgelagerten Gegenstände nicht weiter thematisiert. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass für die Definition des Begriffes "Abfall" auf § 2 Abs. 1 des Abfallfallwirtschaftsgesetzes 2002 zurückzugreifen ist (vgl. dazu Brawenz/Kind/Reindl, ForstG3, Anm.12 zu § 16), kann kein Zweifel daran bestehen, dass es sich bei dem im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten Material um bewegliche Sachen handelte, deren sich der Besitzer entledigt hat bzw. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen nicht zu beeinträchtigen, und somit um "Abfall" im Sinne des § 16 Abs. 1 lit. d und Abs. 4 ForstG handelt.

Nach Lage des Falles ist auch nicht zweifelhaft, dass gegebenenfalls ein "Ablagern von Abfall" im Sinne des § 16 Abs. 1 lit. d und Abs. 4 ForstG vorliegt.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe es unterlassen, ein Waldfeststellungsverfahren durchzuführen, ist zu sagen, dass die Behörde berechtigt ist, die Frage der Waldeigenschaft in einem Verfahren zur Erteilung eines forstpolizeilichen Auftrages als Vorfrage zu beurteilen (vgl. zB. das Erkenntnis vom 16. Juni 2009, Zl. 2006/10/0122, mwH). Im Hinblick auf das der belangten Behörde vorliegende Gutachten des forstfachlichen Amtssachverständigen bestehen gegen die Annahme der Waldeigenschaft, gegen deren tatsächliche Grundlage die Beschwerde nichts Zielführendes vorbringt, keine Bedenken.

Die Beschwerde wendet sich mit näherer Begründung gegen die der Feststellung, die Beschwerdeführerin sei Verursacherin der Waldverwüstung, zu Grunde liegende Beweiswürdigung.

Die belangte Behörde hat für ihre Auffassung, die Beschwerdeführerin habe die Waldverwüstung verursacht, (u.a.) das von ihr eingeholte Gutachten des forstfachlichen Sachverständigen ins Treffen geführt, wonach auf Grund der "Herkunft des Abfalls" zu sagen sei, dass "dieser in einem engen Verhältnis zur bisherigen Bewirtschaftung des Grundstückes seitens der ehemaligen Pächterin gestanden sein dürfte, die im Wesentlichen in einer Pferdehaltung bestand."

Dass die vorgefundenen Betonteile und Betonplatten sowie Kabel und Plastikrohre bei einer Pferdehaltung anfallen, erscheint aber - ohne nähere Begründung - nicht plausibel. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde hält daher schon insofern einer Schlüssigkeitsprüfung nicht Stand (vgl. zur Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes etwa aus der ständigen Rechtsprechung das Erkenntnis vom 24. Oktober 1995, Zl. 94/07/0153, mit Hinweis auf Vorjudikatur).

Die Beschwerde wirft der belangten Behörde ferner vor, diese habe die von ihr namhaft gemachten Zeugen zum Beweis dafür, dass sie die ihr angelastete Waldverwüstung nicht vorgenommen habe, nicht vernommen.

Auch damit wird ein relevanter Verfahrensmangel dargetan:

Die Beschwerdeführerin hat bereits in ihrer Stellungnahme zum Schreiben der BH vom 18. Oktober 2003 angegeben, dass sich während des gesamten Pachtverhältnisses und auch bei der Rückgabe des Pachtgegenstandes niemals Abfälle wie Plastikkübel, Plastikplanen, Kabelreste, Ziegelstücke, Betonbruchstücke, Schläuche oder vermoderte Heuballen auf dem Grundstück befunden hätten, und zum Beweis dafür namentlich angeführte Zeugen angeführt.

Auch in ihrer Berufung gegen den Bescheid der BH vom 21. Jänner 2004 hat die Beschwerdeführerin nochmals erklärt, dass die angeblichen Waldverwüstungen nicht von ihr stammten, sie das Pachtobjekt am 17. Mai 2003 in ordnungsgemäßem Zustand übergeben habe, und zum Beweis dafür neuerlich die zeugenschaftliche Einvernahme mehrerer namentlich angeführter Personen beantragt.

Weder die Erstbehörde noch die belangte Behörde haben die namhaft gemachten Personen zeugenschaftlich einvernommen oder in irgendeiner Weise begründet, warum diese Einvernahme nicht erforderlich oder nicht möglich sei.

Da auch nicht ersichtlich ist, dass die Aussagen der Zeugen von vornherein nicht geeignet seien, zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen, stellt (auch) die begründungslose Unterlassung der Vernehmung der Zeugen einen relevanten Verfahrensmangel dar (vgl. zB das Erkenntnis vom 5. September 2006, Zl. 2005/18/0567, mwH).

Auf Grund dieser Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriftengemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 29. September 2010

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