Normen
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §59;
AVG §60;
BauO NÖ 1996 §7 Abs6;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §59;
AVG §60;
BauO NÖ 1996 §7 Abs6;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von 381,90 Euro und der erstmitbeteiligten Stadtgemeinde Aufwendungen in der Höhe von 991,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 6. September 2001 beantragte der Beschwerdeführer beim Bürgermeister der erstmitbeteiligten Stadtgemeinde, der zweit- und drittmitbeteiligten Partei aufzutragen, die groben Beschimpfungen zu unterlassen, die Schilfmatten entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu entfernen und die Inanspruchnahme ihres Grundstückes für Instandsetzungsarbeiten am Gartenzaun des Beschwerdeführers zu dulden.
Mit Schreiben vom 27. September 2001 richtete der Bürgermeister der erstmitbeteiligten Stadtgemeinde ein mit dem Briefkopf dieser Stadtgemeinde versehenes Antwortschreiben an den Beschwerdeführer mit folgendem Wortlaut:
"Zu Ihrem Schreiben vom 6.9.2001 teilen wir mit, daß wir den Inhalt dieses Schriftstückes der Familie Ettenauer zur Kenntnis gebracht haben. Dazu hat Frau Margit Ettenauer am 27.9.2001 beim Gemeindeamt Gföhl eine entspr. Stellungnahme abgegeben. In dieser Stellungnahme wird von den Anrainern Ettenauer dokumentiert, daß das Betreten ihres Grundstückes für die geplanten Instandhaltungsarbeiten gestattet wird. Die Anrainer Ettenauer wollen lediglich wissen, wann mit diesen Arbeiten begonnen werden soll und wann sie fertiggestellt sein sollen. Die Familie Ettenauer möchte 8 Tage vor Beginn der Bauarbeiten davon in Kenntnis gesetzt werden, damit die angesprochene Schilfmatte zeitgerecht entfernt werden kann.
Da die Anrainer Ettenauer das Betreten ihres Grundstückes für die Dauer der Instandhaltungsarbeiten gestatten ist es seitens der Baubehörde nicht erforderlich, darüber einen Bescheid zu erlassen.
Wir hoffen, daß in den nächsten Wochen die angeführten Arbeiten abgeschlossen werden können.
In der Beilage übersenden wir eine Kopie des am 27.9.2001 aufgenommenen Aktenvermerkes mit der Anrainerin Margit Ettenauer.
Der Bürgermeister: i.A."
Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wies der Stadtrat der erstmitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom 23. Juni 2003 mangels Vorliegens eines Bescheides als unzulässig zurück.
Die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass eine bescheidmäßige Erledigung nur dann vorgesehen sei, wenn die Inanspruchnahme des fremden Grundes verweigert werde. Die Familie Ettenauer habe ausdrücklich ihre Zustimmung zum Betreten ihres Grundstückes (unter der Prämisse der vorherigen Verständigung) gegeben, sodass die Erlassung eines Bescheides obsolet sei. Bei einer solchen privatrechtlichen Einigung sei keine Zuständigkeit der Baubehörde gegeben, sodass daher zu Recht keine bescheidmäßige Erledigung erfolgt sei. Nicht nachvollziehbar sei, dass eine Bescheiderlassung erforderlich gewesen wäre, um die Beschimpfungen der Anrainer Ettenauer einzustellen, zumal es sich hier nicht um einen in der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 geregelten Tatbestand handle. Formlose Erledigungen seien dann als Bescheid anzusehen, wenn sie bindend eine Gestaltung oder Feststellung zum Inhalt hätten, wobei der Bescheidwille ein wesentliches Kriterium für den Bescheidcharakter darstelle. Der Wille einer Behörde, in einer Verwaltungssache hoheitlich abzusprechen, müsse sich eindeutig aus der Erledigung ergeben. Aus dem Schreiben des Bürgermeisters vom 6. September 2001 (gemeint wohl: 27. September 2001) gehe zweifelsfrei hervor, dass lediglich eine informative Mitteilung beabsichtigt gewesen sei. Demzufolge habe der Stadtrat die Berufung zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Auch die erstmitbeteiligte Stadtgemeinde erstattete eine Gegenschrift und beantragte Kostenersatz.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Vorweg ist festzuhalten, dass im Beschwerdefall im Hinblick auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides ausschließlich die Frage zu beantworten ist, ob die Entscheidung der Vorstellungsbehörde, dass die Zurückweisung der Berufung des Beschwerdeführers gegen die Erledigung vom 27. September 2001 mangels Bescheidcharakters derselben zu Recht erfolgt ist, rechtens ist. Der vom Beschwerdeführer in seinem Vorbringen erwähnte Bescheid des Bürgermeisters vom 4. Oktober 2001 und seine dagegen erhobene Berufung vom 7. Oktober 2001 sind nicht gegenständlich, weshalb es sich erübrigt, auf seine diesbezüglichen Ausführungen näher einzugehen. Nach dem zuvor Gesagten kommt auch dem im Hinblick auf das hg. Säumnisbeschwerdeverfahren, Zl. 2002/05/0736, das im Übrigen mit Beschluss vom 15. Juli 2003 eingestellt wurde, erstatteten Beschwerdevorbringen keine Relevanz zu.
Aus § 58 Abs. 1 AVG ergibt sich, dass jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen ist sowie einen Spruch und eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten hat. Bescheide sind gemäß § 58 Abs. 2 AVG zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Was der Spruch und die Begründung des Bescheides zu enthalten haben, folgt im Übrigen aus den §§ 59 und 60 AVG.
Das gegenständliche Schreiben ist weder als Bescheid bezeichnet, noch enthält es eine Gliederung nach Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung. Dem Wortlaut ist ausdrücklich zu entnehmen, dass es die Baubehörde nicht für erforderlich hielt, über das Ansuchen des Beschwerdeführers mit Bescheid zu entscheiden, woraus eindeutig der Wille der Behörde hervorgeht, keinen Bescheid zu erlassen. Auch sonst kann der Erledigung vom 27. September 2001 kein Hinweis darauf entnommen werden, dass damit ein hoheitlicher Willensakt gesetzt werden sollte. Fehlt aber der Bescheidwille der Behörde, liegt kein Bescheid vor (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I,
2. Auflage, S 884 unter E 64 ff wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Dazu kommt schließlich, dass die Behörde nach der anzuwendenden Rechtslage keinen Bescheid zu erlassen hatte, weil § 7 Abs. 6 NÖ Bauordnung 1996 nur im Falle der Verweigerung der Inanspruchnahme eine Entscheidung der Baubehörde vorsieht.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der im Beschwerdefall in Rede stehende Anspruch als "civil right" im Sinne der EMRK zu beurteilen ist, weil im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus folgenden Gründen jedenfalls nicht erforderlich ist: Gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.
Der EGMR hat zuletzt in seiner Entscheidung vom 2. September 2004, Zl. 68087/01 (Hofbauer/Österreich) unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass die Anforderungen von Art. 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jeglicher Anhörung (im Originaltext: any hearing at all) erfüllt sind, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" Fragen betrifft. Der Gerichtshof verwies im erwähnten Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte.
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2005, Zl. 2002/05/1519 mwN). Die
Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Wien, am 31. Jänner 2006
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