Normen
B-VG Art130 Abs2;
StbG 1985 §11 idF 1998/I/124;
VwRallg;
B-VG Art130 Abs2;
StbG 1985 §11 idF 1998/I/124;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin - einer Staatsangehörigen von Bosnien und Herzegowina - auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß §§ 10 und 11 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG) ab.
Die 1962 geborene Beschwerdeführerin habe seit 13. März 1990 ihren ununterbrochenen Hauptwohnsitz in Österreich und gehe als Gastwirtin einem selbstständigen Erwerb nach. Sie sei gerichtlich nicht vorbestraft, jedoch schienen insgesamt 17 - von der belangten Behörde nach Geschäftszahl, Datum, angewendeten Gesetzesstellen und Strafhöhe konkretisierte - rechtskräftige Bestrafungen wegen Verwaltungsübertretungen auf. Außerdem sei die Beschwerdeführerin mit Strafverfügung des Zollamts Spielfeld vom 22. Dezember 1996 wegen Schmuggels gemäß § 35 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes mit einer Geldstrafe von S 600,-- belegt worden.
Die Beschwerdeführerin erfülle - so die belangte Behörde weiter - die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG. Dessen ungeachtet könne im Wege der gebotenen Ermessensübung dem Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht entsprochen werden, weil die Beschwerdeführerin während ihres Aufenthaltes in Österreich gravierende Rechtsverletzungen gesetzt habe, die eine mangelnde Integration erkennen ließen. Es dürfe nicht übersehen werden, dass sie unter anderem auch nach dem AuslBG und mehrmals nach der GewO 1994 bestraft worden sei; die Bestrafung nach dem AuslBG hätte eine Geldstrafe von fast EUR 1.500,-- nach sich gezogen. Diese Verwaltungsübertretungen könnten keinesfalls als geringfügig oder als Kavaliersdelikte betrachtet werden. Gerade im Hinblick auf eine beabsichtigte Antragstellung zur Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft hätte von der Beschwerdeführerin erwartet werden müssen, dass sie sich vorbehaltlos rechtskonform verhalte. Dies sei aber gerade nicht der Fall gewesen. Seit dem Jahr 1996 wären gravierende Verwaltungsübertretungen begangen worden, die sich auch nach dem Zeitpunkt der Antragstellung auf Verleihung der Staatsbürgerschaft fortgesetzt hätten. Zusammenfassend ergebe sich damit, dass auf Grund des Gesamtverhaltens der Beschwerdeführerin unter Abwägung des öffentlichen Interesses und des allgemeinen Wohls eine Verleihung der Staatsbürgerschaft nicht in Betracht komme.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof - nach Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde - erwogen:
Die belangte Behörde ging davon aus, dass der Verleihung der Staatsbürgerschaft an die Beschwerdeführerin nach § 10 Abs. 1 StbG kein Verleihungshindernis entgegen stehe, dass sie das ihr bei Vorliegen aller Verleihungsvoraussetzungen eingeräumte Ermessen im Hinblick auf § 11 StbG angesichts der im bekämpften Bescheid aufgezählten Bestrafungen wegen Verwaltungsübertretungen jedoch nicht zu Gunsten der Beschwerdeführerin üben könne.
Richtig ist, dass die Staatsbürgerschaftsbehörde die Begehung strafbarer Handlungen (auch solche, die nur verwaltungsstrafrechtlich zu ahnden sind) im Rahmen der Ermessensübung nach § 11 StbG berücksichtigen und als Grund für die Ablehnung des Antrages heranziehen kann. Sie darf sich dabei allerdings nicht damit begnügen, die Bestrafungen als solche darzustellen, sondern hat vielmehr die den Bestrafungen (Verwaltungsstrafen) zu Grunde liegenden Tathandlungen zu ermitteln und hierüber Feststellungen zu treffen, die eine Beurteilung vor dem Hintergrund der Gesichtspunkte des § 11 StbG erlauben (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. Oktober 2003, Zl. 2002/01/0168). Solche Feststellungen hat die belangte Behörde im gegenständlichen Fall nicht getroffen, weshalb sich ihr Bescheid schon von daher als mangelhaft erweist.
Davon abgesehen ist Folgendes zu bemerken: Wie die ErläutRV zur Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 1998 (vgl. 1283 BlgNR 20.GP 5 und 9) festhalten, sollte - u.a. durch die Neufassung des § 11 StbG - die Integration des Fremden als das für die Verleihung der Staatsbürgerschaft maßgebliche Kriterium verankert werden, sodass die Staatsbürgerschaftsbehörde bei ihrer Entscheidung nach § 11 StbG vor allem die Integration des Fremden und deren Ausmaß zu beachten hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. April 2004, Zl. 2003/01/0429). Mit der Integration der Beschwerdeführerin hat sich die belangte Behörde demgegenüber aber nur insofern auseinander gesetzt, als sie die schon erwähnten Bestrafungen wegen Verwaltungsübertretungen als Ausdruck eines ins Gewicht fallenden Integrationsdefizites bewertete. Dem ist freilich entgegenzuhalten, dass die Begehung strafbarer Handlungen bezüglich der Frage der Integration eines Einbürgerungswerbers - in der Regel - keine Aussagekraft besitzt (vgl. auch dazu das eben genannte hg. Erkenntnis vom 16. April 2004). Insofern hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen der prävalierenden Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 8. März 2005
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