VwGH 2003/18/0088

VwGH2003/18/008830.6.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des B, geboren 1957, vertreten durch Mag. Michael Leissner, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Zieglergasse 12/9, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 18. Februar 2003, Zl. SD 53/03, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §10 Abs4;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
EMRK Art8;
VwGG §41 Abs1;
FrG 1997 §10 Abs4;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
EMRK Art8;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 18. Februar 2003 wurde der Beschwerdeführer, ein jugoslawischer Staatsangehöriger, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei nach eigenen Angaben am 16. Juli 2002 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet gelangt. Seinem anschließenden Ersuchen um Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis gemäß § 10 Abs. 4 FrG habe der Bundesminister für Inneres nicht zugestimmt. Im Widerspruch zu den Angaben des Beschwerdeführers stehe der Umstand, dass er sich bereits am 15. Juli 2002 in Wien mit Hauptwohnsitz angemeldet habe. Überdies sei er am 12. Juli 2002 mit seiner Lebensgefährtin in der jugoslawischen Botschaft in Österreich erschienen, um eine Vaterschaftserklärung zu Protokoll zu geben. Er halte sich nicht erst seit dem 16. Juli 2002 im Bundesgebiet auf. Sein Aufenthalt sei unrechtmäßig, zumal er weder über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz noch über einen Einreise- oder Aufenthaltstitel verfüge. Es lägen die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 FrG vor.

Der Beschwerdeführer sei ledig und wohne mit seiner Lebensgefährtin und seinen drei Kindern, deren Vaterschaft er am 12. Juli 2002 vor der Botschaft der Bundesrepublik Jugoslawien anerkannt habe, im gemeinsamen Haushalt. Unter weiterer Bedachtnahme auf den rechtmäßigen Aufenthalt seiner Familienangehörigen sei trotz des zur Gänze illegalen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben auszugehen. Dessen ungeachtet sei die Zulässigkeit der Ausweisung im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zu bejahen. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Diese Regelungen seien vom Beschwerdeführer in gravierender Weise missachtet worden. Abgesehen von seinem unrechtmäßigen Aufenthalt in der Dauer von über einem halben Jahr seit zumindest 16. Juli 2000 (richtig: 2002) falle zu seinen Ungunsten weiter ins Gewicht, dass er nach seiner illegalen Einreise seinen unrechtmäßigen Aufenthalt - trotz des eingeleiteten Ausweisungsverfahrens und ungeachtet einer negativen Entscheidung des Bundesministers für Inneres hinsichtlich der Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis -

fortgesetzt habe. Die damit bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen privaten und familiären Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet.

Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf das Fehlen besonderer zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände könne ein weiterer Aufenthalt seiner Person auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens in Kauf genommen werden. Dies umso weniger, als er im Zeitpunkt seiner illegalen Einreise nicht damit habe rechnen dürfen, sich im Bundesgebiet bei seinen Familienangehörigen niederlassen zu können. Er sei nicht in der Lage, seinen Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Mit seinem Vorbringen, er sei mit einem "Touristenvisum" und nicht unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich eingereist, verstößt der Beschwerdeführer gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot (vgl. § 41 Abs. 1 erster Satz VwGG). Er stellt im Übrigen nicht in Abrede, dass er keinen Aufenthaltstitel besitzt. Von daher begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und somit der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG erfüllt sei, keinen Bedenken.

2.1. Rechtswidrig sei der angefochtene Bescheid, weil die belangte Behörde - in Ermangelung eines ausreichenden Ermittlungsverfahrens - eine unzutreffende Interessenabwägung nach § 37 FrG vorgenommen habe.

2.2. Die belangte Behörde hat mit Blick auf die Dauer des inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers von sieben Monaten und auf seine familiären Bindungen in Österreich - er lebt mit seiner Lebensgefährtin und seinen Kindern (im Alter von vier, acht und neun Jahren), die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, im gemeinsamen Haushalt und bringt überdies vor, dass auch seine Eltern im Bundesgebiet leben würden - einen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben angenommen und zutreffend dem nach § 37 Abs. 1 FrG geschützten Interesse des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich das öffentliche Interesse an der Beendigung seines Aufenthaltes gegenübergestellt.

Nicht jeder mit einer Ausweisung verbundene Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Fremden macht diese Maßnahme unzulässig, sondern nur ein solcher Eingriff, dessen Gewicht höher zu veranschlagen ist als das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1999, Zl. 98/18/0424). Dem im Hinblick auf das Gebot der Achtung des Privat- und Familienlebens im § 37 Abs. 1 FrG verankerten Ausweisungshindernis kann dabei nicht die Bedeutung unterstellt werden, es wäre für Fremde zulässig, sich durch die Missachtung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden geltenden Vorschriften und die derart bewirkten privaten und familiären Beziehungen im Bundesgebiet ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen. Aus Art. 8 EMRK kann kein allgemeines Recht des Fremden auf Familienzusammenführung in einem bestimmten Staat bzw. eine allgemeine Verpflichtung des Staates, eine Familienzusammenführung auf seinem Gebiet zuzulassen, abgeleitet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2001, Zl. 2001/18/0263).

Das hier maßgebliche öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen (an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch die Normadressaten) weist aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) einen hohen Stellenwert auf (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2001/18/0263). Dieses maßgebliche öffentliche Interesse hat der Beschwerdeführer durch seine illegale Einreise sowie durch seinen - von Anfang an - unrechtmäßigen Aufenthalt in der Dauer von sieben Monaten (bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides) erheblich beeinträchtigt.

Dem großen öffentlichen Interesse an der Ausweisung des Beschwerdeführers steht ein starkes privates und familiäres Interesse am Verbleib im Bundesgebiet gegenüber. Dieses private und familiäre Interesse - das möglicherweise das öffentliche Interesse übersteigen könnte - wird aber jedenfalls maßgeblich dadurch relativiert, dass der Beschwerdeführer von der Möglichkeit, vom Ausland aus einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zu stellen und auf rechtmäßige Weise seine persönlichen Interessen zu effektuieren, keinen Gebrauch gemacht hat. Daher überwiegen die öffentlichen Interessen an einer Ausweisung des Beschwerdeführers.

3. Der vom Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen eingebrachte Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen gemäß § 10 Abs. 4 FrG steht der Ausweisung nicht entgegen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. November 2004, Zl. 2004/18/0304, mwN).

4. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 30. Juni 2005

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte