VwGH 2003/16/0144

VwGH2003/16/014411.11.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der B in W, vertreten durch Dr. Lothar Schwarz, Rechtsanwalt in 1110 Wien, Simmeringer Hauptstraße 36/2/1/VII, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 8. September 2003, Zl. Jv 4857 - 33a/03, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

GGG 1984 §30;
GGG 1984 §9;
GOG §91;
GGG 1984 §30;
GGG 1984 §9;
GOG §91;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin brachte am 3. Jänner 2003 beim Bezirksgericht Fünfhaus (in der Folge: BG) im Wege des ZP Form 58a eine Schadenersatzklage ein. Mit Beschluss des BG vom 8. Jänner 2003 wurde die Klage zur Verbesserung binnen drei Wochen mit der Begründung zurückgestellt, sie sei in der eingebrachten Form einer geschäftsordnungsgemäßen Behandlung nicht zugänglich.

Am 23. Jänner 2003 brachte die Beschwerdeführerin einen Schriftsatz zur Verbesserung der Klage ein, der auch einen "Antrag zur Gebührenbefreiung auf Grund gegebener finanzieller Voraussetzung" enthielt und auf ein bereits bei Gericht vorliegendes Vermögensbekenntnis zur Erlangung von Verfahrenshilfe verwies.

Mit Beschluss des BG vom 23. Jänner 2003 wurde die Klage mit der Begründung zurückgewiesen, dass diese auch nach Durchführung des Verbesserungsverfahrens nicht die Form erfülle, dass ein Zahlungsbefehl erlassen werden könne. Im Hinblick auf Form und Inhalt der eingebrachten Schreiben sei kein weiteres Verbesserungsverfahren durchzuführen gewesen.

Gegen diesen Beschluss erhob die Beschwerdeführerin Rekurs und stellte dafür einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe.

Mit Beschluss des BG vom 25. Februar 2003 wurde der Verfahrenshilfeantrag zur Unterfertigung des Rekurses mit der Begründung abgewiesen, das Vermögensverzeichnis sei nicht nachvollziehbar. Gegen diesen Beschluss erhob die Beschwerdeführerin neuerlich Rekurs. Dieser wurde vom Landesgericht für ZRS Wien mit Beschluss vom 22. April 2003 zurückgewiesen.

Mit Zahlungsauftrag vom 30. Mai 2003 wurden der Beschwerdeführerin ein Viertel der Pauschalgebühr nach TP 1 GGG, sohin EUR 11,75 zuzüglich EUR 7,-- Einhebungsgebühr (§ 6 Abs. 1 GEG) zur Zahlung vorgeschrieben.

Die belangte Behörde gab mit dem angefochtenen Bescheid dem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag keine Folge und begründete dies damit, dass sich die Pauschalgebühr nach Anmerkung 3 zur TP 1 GGG ohnehin von EUR 47,-- auf EUR 11,75 ermäßigt habe. Darüber hinaus sei der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe mit Beschluss vom 25. Februar 2003 abgewiesen und der dagegen erhobene Rekurs zurückgewiesen worden. Die Justizverwaltungsorgane seien bei ihrer Tätigkeit an die Entscheidung des Gerichtes gebunden, sodass die Vorschreibung der ermäßigten Pauschalgebühr gerechtfertigt sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich dadurch beschwert, dass über ihren Verfahrenshilfeantrag nicht entschieden worden sei, sodass dadurch auch die Bestimmungen der §§ 8, 9 GGG über die persönliche Gebührenfreiheit auf Grund der Verfahrenshilfe nicht angewendet und die gesetzlich gewährleisteten Rechte der Beschwerdeführerin verletzt worden seien.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 9 GGG lautet:

"(1) Wird die Verfahrenshilfe bewilligt, so tritt die Gebührenfreiheit mit dem Tag ein, an dem sie beantragt worden ist; sie erstreckt sich nur auf Schriften und Amtshandlungen, deren Gebührenpflicht zu diesem Zeitpunkt oder erst später entsteht (§ 2). Wird einer Partei die Verfahrenshilfe auf Grund eines Antrages bewilligt, den sie anlässlich ihrer ersten Verfahrenshandlung gestellt hat, so erstreckt sich die Gebührenfreiheit auch auf das vorangegangene Verfahren.

(2) Die Gebührenfreiheit auf Grund der Verfahrenshilfe gilt nur für das Verfahren, für das sie bewilligt wurde und für das Rechtsmittelverfahren. Auf das Exekutionsverfahren erstreckt sie sich nur dann, wenn zwischen dem Abschluss des Verfahrens und der Einleitung der Exekution nicht mehr als ein Jahr verstrichen ist. Die Gebührenfreiheit im Exekutionsverfahren gilt auch für die im Laufe und aus Anlass des Exekutionsverfahrens sich ergebenden Streitigkeiten."

Die Beschwerdeführerin, die dahin argumentiert, es hätte zunächst vom erstinstanzlichen Gericht über ihren Verfahrenshilfeantrag entschieden werden müssen, und die vermeint, ihr sei die Pauschalgebühr für die Klagsschrift zu einer Zeit vorgeschrieben worden, zu der über ihren Antrag auf Verfahrenshilfe noch nicht entschieden gewesen sei, ist darauf hinzuweisen, dass die Gebührenfreiheit gemäß § 9 GGG von der Bewilligung der Verfahrenshilfe abhängt. § 9 Abs. 1 GGG stellt auf die bewilligte, nicht aber auf die beantragte Verfahrenshilfe ab. Nur dann, wenn letzten Endes überhaupt die Verfahrenshilfe bewilligt wird, tritt gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 GGG die Verfahrenshilfe rückwirkend mit dem Tag ein, an dem sie beantragt wurde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Jänner 1998, 96/16/0153, und vom 19. Oktober 1995, 95/16/0232). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang das Beschwerdevorbringen, die Klage vom 3. Jänner 2003 sei auf Grund ihrer Zurückweisung bereits als Verfahrenshilfeantrag anzusehen gewesen.

Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin stellt die Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag auch keine (abzuwartende) Voraussetzung für die Entscheidung über die Vorschreibung der Gerichtsgebühren dar. Vielmehr ist es der Partei in einem Falle, in dem das Gericht mit seiner Entscheidung hinsichtlich der Verfahrenshilfe säumig ist, anheim gestellt, eine Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag im Wege eines Fristsetzungsantrages nach § 91 GOG herbeizuführen. Außerdem hat eine Bewilligung der Verfahrenshilfe auch nach Erlassung des Zahlungsauftrages zu einer Rückzahlung der Gebühren nach § 30 GGG zu führen (vgl. wieder das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1998, Zl. 96/16/0153).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 11. November 2004

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