VwGH 2003/12/0180

VwGH2003/12/018025.11.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch sowie die Senatspräsidenten Dr. Germ und Dr. Höß und die Hofräte Dr. Bayjones und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des Dr. D in W, vertreten durch Dr. Georg Grießer, Dr. Roland Gerlach und Dr. Sieglinde Gahleitner, Rechtsanwälte in Wien I, Köllnerhofgasse 6/2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr (nunmehr: Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur) vom 25. November 1998, GZ 96.570/3-I/A/4 (I/A/1)/98, betreffend besondere Dienstalterszulage nach § 50a des Gehaltsgesetzes 1956, zu Recht erkannt:

Normen

11992E048 EGV Art48;
11997E039 EG Art39;
31968R1612 Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft Art7 Abs1;
62001CJ0224 Köbler VORAB;
EURallg;
GehG 1956 §50a Abs1 idF 1977/662;
11992E048 EGV Art48;
11997E039 EG Art39;
31968R1612 Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft Art7 Abs1;
62001CJ0224 Köbler VORAB;
EURallg;
GehG 1956 §50a Abs1 idF 1977/662;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als ordentlicher Universitätsprofessor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er ist seit 1. April 1988 an der Wirtschaftsuniversität Wien tätig.

Mit Schreiben vom 24. Februar 1998 stellte der Beschwerdeführer den Antrag, ihm die besondere Dienstalterszulage bereits ab Beginn des Inkrafttretens des Europäischen Wirtschaftsraums (1. Jänner 1994) zuzuerkennen. Er sei seit Jänner bzw. September 1975 Universitätsprofessor an einer Universität eines Mitgliedsstaates des Europäischen Wirtschaftsraums (hier: Bundesrepublik Deutschland) gewesen und habe daher zum 1. Jänner 1994 eine mehr als fünfzehnjährige Dienstzeit als ordentlicher Universitätsprofessor zurückgelegt. Da er zum genannten Zeitpunkt auch mehr als vier Jahre im Bezug der (einfachen) Dienstalterszulage (nach § 50 des Gehaltsgesetzes 1956, im Folgenden kurz GehG) gestanden sei, weise er (unter Berücksichtigung des Gemeinschaftsrechts) beide Voraussetzungen für den Anfall der besonderen Dienstalterszulage nach § 50a GehG auf.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 25. November 1998 stellte die belangte Behörde auf Grund des Antrages des Beschwerdeführers vom 24. Februar 1998 fest, dass ihm eine ruhegenussfähige besondere Dienstalterszulage nach § 50a Abs. 1 GehG in der Höhe der Dienstalterszulage nach § 50 Abs. 4 leg. cit. nicht gebühre, da er (derzeit) die gemäß § 50a Abs. 1 GehG erforderliche fünfzehnjährige Dienstzeit als ordentlicher Universitätsprofessor an einer österreichischen Universität nicht aufweise (Unterstreichung nicht im Original). In der Begründung vertrat die belangte Behörde im Wesentlichen die Auffassung, die besondere Dienstalterszulage sei eine Treueprämie. Der Beschwerdeführer könne sich zur Begründung seines Anspruches nicht auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 15. Jänner 1998, Rs C-15/19 96 (Schöning - Kougebetopoulou gegen die Freie und Hansestadt Hamburg) berufen. Überdies verwies die belangte Behörde auf das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1998, Zl. 98/12/0167, in dem der Verwaltungsgerichtshof in einem analogen Fall eines anderen Universitätsprofessors in diesem Sinn entschieden habe. Erst ab 1. April 2003 gebühre dem Beschwerdeführer die besondere Dienstalterszulage gemäß § 50a GehG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere in dem durch Art 6 und 48 EGV und der VO 1612/68 des Rates der Europäischen Gemeinschaften, sowie in Verbindung mit § 50a GehG in seinem darin begründeten Recht auf "Zuerkennung" einer ruhegenussfähigen, besonderen Dienstalterszulage wegen einer fünfzehnjährigen Dienstzeit als ordentlicher Universitätsprofessor in Österreich und in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union und des Bezuges der Dienstalterszulage nach § 50 GehG durch vier Jahre während seines Dienststandes verletzt. In diesem Zusammenhang beantragte er auch die Einholung einer Vorabentscheidung.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Hiezu hat der Beschwerdeführer eine Replik erstattet und dafür Kosten geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. § 50a Abs. 1 GehG in der im Beschwerdefall maßgebenden (am 1. Jänner 1994, aber auch am 1. März 1995 geltenden) Fassung der 31. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 662/1977, lautete:

"(1) Einem ordentlichen Universitäts(Hochschul)professor der eine fünfzehnjährige Dienstzeit als ordentlicher Universitäts(Hochschul)professor an österreichischen Universitäten (Hochschulen) aufweist und vier Jahre im Dienststand im Bezug der Dienstalterszulage gemäß § 50 stand, gebührt ab dem Zusammentreffen beider Voraussetzungen eine ruhegenussfähige besondere Dienstalterszulage in der Höhe der Dienstalterszulage gemäß § 50 Abs. 3.

2. Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer zu dem von ihm geltend gemachten Zeitpunkt des Entstehens seines Anspruches auf eine besondere Dienstalterszulage (§ 50a GehG) mehr als vier Jahre die Dienstalterszulage nach § 50 GehG bezogen hat und damit eine der Voraussetzungen für die besondere Dienstalterszulage erfüllt. Strittig ist nur die Frage, ob er auch die weitere Voraussetzung erfüllt. Dies hängt davon ab, ob diese weitere Tatbestandsvoraussetzung mit ihrer Einschränkung auf eine fünfzehnjährige Dienstzeit als ordentlicher Universitäts(Hochschul)professor an einer österreichischen Universität mit dem Gemeinschaftsrecht im Einklang steht und welche Rechtsfolgen dies hat, wenn keine Vereinbarkeit besteht.

3. Mit hg. Beschluss vom 17. Oktober 2001, Zl. 99/12/0010-11, hat der Verwaltungsgerichtshof nach vorheriger Anhörung der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens das vorliegende Beschwerdeverfahren bis zur Vorabentscheidung durch den in der Rechtssache (Rs) C-224/01 (Köbler gegen Republik Österreich; dabei handelt es sich um den Beschwerdeführer in dem mit hg Erkenntnis vom 24. Juni 1998, Zl. 98/12/0167, abgeschlossenen Verfahren) angerufenen Europäischen Gerichtshof ausgesetzt.

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien hatte aus Anlass einer bei ihm von K. eingebrachten Staatshaftungsklage mit Beschluss vom 7. Mai 2001, 31 Cg 1/01a-g, dem Europäischen Gerichtshof u.a. folgende (dritte) Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

"Widerspricht die im oben dargestellten Urteil des Verwaltungsgerichtshofes (Anmerkung: hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1998, Zl. 98/12/0167) geäußerte Rechtsmeinung, wonach es sich bei der besonderen Dienstalterszulage um eine Art Treueprämie handle, einer Norm des unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechts, insbesondere dem mittelbaren Diskriminierungsverbot des Artikel 48 EGV und der dazu ergangenen einschlägigen und gefestigten Rechtsprechung des EuGH?"

4. Mit Urteil vom 30. September 2003, Rs C-224/01 (Köbler gegen Republik Österreich), hat der Europäische Gerichtshof (in dieser Frage) zu Recht erkannt:

"Die Artikel 48 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 39 EG) und 7 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft sind dahin auszulegen, dass sie untersagen, eine besondere Dienstalterszulage, die nach der vom österreichischen Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 24. Juni 1998 vertretenen Auslegung eine Treueprämie darstellt, nach Maßgabe einer Bestimmung wie des § 50a des Gehaltsgesetzes 1956 in der Fassung von 1997 zu gewähren."

Die nähere Begründung findet sich in den Randnummern (RNr) 70 ff, in denen zum einen darlegt wird, dass eine solche Regelung die Freizügigkeit der Arbeitnehmer unter zwei Gesichtspunkten behindern könne (RNr 72 ff), zum anderen näher ausgeführt wird, dass die besondere Dienstalterszulage nicht nur eine Honorierung der Treue des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber bewirkt, sondern auch "zu einer Abschottung des Arbeitsmarktes für Universitätsprofessoren in Österreich" führt und "dem Wesen der Freizügigkeit der Arbeitnehmer" widerspricht.

5.1. Dies bedeutet, dass in gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung der im Beschwerdefall maßgebende § 50a Abs. 1 GehG in der Fassung der 31. GehG-Novelle so zu lesen ist, dass als Voraussetzung für den Anspruch auf die besondere Dienstalterszulage - neben dem vierjährigen Bezug der Dienstalterszulage nach § 50 GehG - eine fünfzehnjährige Dienstzeit als ordentlicher Universitäts(Hochschul)professor unter Einrechnung von Dienstzeiten in einer vergleichbaren Stellung an einer Universität eines Mitgliedstaates der Europäischen Union erforderlich ist. Dies gilt jedenfalls ab dem Zeitpunkt des Beitritts Österreichs zur Europäischen Union ab 1. Jänner 1995. 5.2. Für den Beschwerdefall ergibt sich daraus Folgendes:

Der angefochtene Bescheid steht in Verbindung mit seiner tragenden Begründung, wonach der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Anspruch mangels Zurücklegung einer fünfzehnjährigen Dienstzeit an einer österreichischen Universität (derzeit) nicht gegeben sei, der sich unter gebotener Berücksichtigung des Gemeinschaftsrecht ergebenden Rechtslage für den Anspruch eines ordentlichen Universitätsprofessors (nur dieser Personenkreis kommt im Beschwerdefall in betracht) entgegen und schließt jedenfalls auch einen unter Berücksichtigung von einschlägigen Dienstzeiten an einer Universität eines Mitgliedsstaates erworbenen Anspruch des Beschwerdeführers auf besondere Dienstalterszulage nach dem 1. Jänner 1995 aus. Schon deshalb war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf die Fragen näher einzugehen war, welche Auswirkungen der Beitritt Österreichs zum EWR (1. Jänner 1994) auf § 50a GehG hatte und ob dies im Beschwerdefall im Hinblick auf § 13b GehG (der Beschwerdeführer hat nach den vorliegenden Verwaltungsakten die besondere Dienstalterszulage erstmals mit seinem Antrag vom 24. Februar 1998 geltend gemacht) überhaupt eine Rolle spielt.

Der Kostenspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 und § 49 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Die Umrechnung der gemäß § 24 Abs. 3 VwGG entrichteten Gebühr beruht auf § 3 Abs. 2 Z. 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der Schriftsatzaufwand nur einmal gebührt.

Wien, am 25. November 2003

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