VwGH 2003/09/0081

VwGH2003/09/00814.9.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des Dipl. Ing. N in W, vertreten durch Dr. Andrea Göll, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Landskrongasse 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 20. März 2003, GZ: UVS- 07/A/23/3175/2001/58, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien:

1. Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, 2. Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VwGG §34 Abs1 impl;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VwGG §34 Abs1 impl;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. März 2003 wurde der Beschwerdeführer nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses für schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der E GmbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin mit Sitz W am 18. April 2000 einen namentlich genannten jugoslawischen Staatsbürger als Arbeiter beschäftigt habe, obwohl für diesen weder eine gültige Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine gültige Arbeitserlaubnis oder ein gültiger Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) verletzt, weshalb er wegen dieser Verwaltungsübertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG zu einer Geldstrafe in der Höhe von ATS 16.000,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit: Ersatzfreiheitsstrafe von einer Woche und einem Tag) bestraft werde und ihm ein Beitrag zu den Verfahrenskosten auferlegt werde.

Die belangte Behörde begründete diese Entscheidung nach Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage, sowie auszugsweiser Wiedergabe der Aussagen in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen wie folgt: Im vorliegenden Fall sei aus dem konkreten Gesamtbild der geleisteten Tätigkeiten heraus das Vorliegen eines zumindest arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses anzunehmen. Der wahre wirtschaftliche Gehalt (§ 2 Abs. 4 AuslBG) liege im vorliegenden Fall in einer der GmbH zurechenbaren Tätigkeit des Ausländers, jedenfalls hinsichtlich der vom Beschwerdeführer zugestandenen Chauffeurdienste (ein Chauffeur der GmbH habe sich arbeitsunfähig gemeldet) sowie auch hinsichtlich der vom Beschwerdeführer bestrittenen Tätigkeit des Austauschens von Neonröhren in einem Supermarkt.

Als nicht dem AuslBG unterliegende Gefälligkeitsdienste könnten kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anerkannt werden, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leitungsberechtigten erbracht werden. Der Übergang zwischen Gefälligkeitsdienst und kurzfristiger Beschäftigung im Sinne des AuslBG sei fließend. Es sei eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Da erwiesenermaßen die GmbH für den Ausländer am 20. März 2000 eine Beschäftigungsbewilligung für dessen berufliche Tätigkeit als Elektrohelfer beantragt habe, müsse im vorliegenden Fall - entgegen der Zeugenaussagen des Herrn G. und des Beschwerdeführers, wonach jedenfalls die Chauffeursdienste auf rein freiwilliger Basis erfolgt seien - davon ausgegangen werden, dass der Ausländer in Anbetracht des Umstandes, dass er nach Vorliegen der Beschäftigungsbewilligung im Gewerbebetrieb des Beschwerdeführers arbeiten sollte, "zu dieser Dienstleistung mit verstecktem Zwang genötigt wurde". Nach allgemeiner Lebenserfahrung hätte es mit Sicherheit für den gegenständlichen Ausländer kein günstiges Bild ergeben, wenn dieser die ihm aufgetragene Tätigkeiten abgelehnt hätte. Ein bloßer Gefälligkeitsdienst sei daher im Sinne der im angefochtenen Bescheid zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auszuschließen. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit von der GmbH sei somit im Hinblick auf das später einzugehende Dienstverhältnis anzunehmen. Selbst der Umstand, dass durch diese Beschäftigung nur ein geringer Teil der an sich zur Verfügung stehenden Zeit in Anspruch genommen worden sei, hätte die persönliche Abhängigkeit während dieser und durch diese Beschäftigung nicht von vornherein ausgeschlossen werden können.

Sowohl für eine Beschäftigung gemäß § 2 Abs. 2 lit. a AuslBG als auch für eine solche nach § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG sei die Entgeltlichkeit ein wesentliches Merkmal, wobei sich der Anspruch des Arbeitnehmers auf Bezahlung aus einer mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung, allenfalls aber auch unmittelbar aus arbeitsrechtlichen Vorschriften ergebe. Da im vorliegenden Fall die Vereinbarung der Unentgeltlichkeit bloß als Scheinvereinbarung anzusehen sei, um die Bestimmungen des AuslBG zu umgehen, müsse von einer wirtschaftlichen Abhängigkeit des gegenständlichen Ausländers von der GmbH und somit vom Beschwerdeführer als deren Geschäftsführer ausgegangen werden. Beschäftigungsverhältnisse im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG könnten auch für ganz kurze Zeit eingegangen werden, sofern es sich nicht um einen bloßen Gefälligkeitsdienst handle. Eine kurzfristige Aushilfstätigkeit eines Ausländers unterliege auch dann der Bewilligungspflicht, wenn zivilrechtlich kein Dienstverhältnis zustande gekommen sei. Bei den als erwiesen angenommenen Tätigkeiten des gegenständlichen Ausländers liege eine aushilfsweise Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG vor, die nach § 3 Abs. 1 AuslBG einer Beschäftigungsbewilligung bedürfe, die jedoch nicht vorgelegen sei. Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes sei von der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes auszugehen.

Da es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG handle, und der Beschwerdeführer nicht glaubhaft habe machen können, dass ihn an der Übertretung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe, sei auch von der subjektiven Tatseite der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung auszugehen. Der Beschwerdeführer selbst hätte lediglich behauptet, die Mitarbeiter, die mit den Einsätzen der Arbeiter betraut seien, im Bezug auf die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere hinsichtlich der Vermeidung von Schwarzarbeit, instruiert zu haben. Das Bestehen eines Kontrollsystems habe der Beschwerdeführer aber nicht einmal behauptet. Die bloße Erteilung von Weisungen sei nicht ausreichend, vielmehr sei entscheidend, ob auch eine wirksame Kontrolle der Befolgung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolge.

Hinsichtlich der Strafzumessung führte die belangte Behörde aus, dass der von der Behörde erster Instanz herangezogene Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit auf Grund einer - wenn auch nicht einschlägigen - zum hier verfahrensgegenständlichen Tatzeitpunkt rechtskräftigen Verwaltungsstrafvormerkung dem Beschwerdeführer nicht mehr zugebilligt werden könne. Besondere Erschwerungsgründe seien auch im Berufungsverfahren nicht hervorgekommen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und beantragte unter Verzicht auf die Abfassung einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringt der Beschwerdeführer vor, dass ihm die Übertretung einer Verwaltungsnorm vorgeworfen werde, ohne dass dabei die relevante Gesetzesbestimmung des "AVG - in concreto § 9 leg. cit." - ausdrücklich angeführt worden sei, dies widerspreche § 44 Z. 3 VwGH (gemeint: § 44a Z. 2 VStG). Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 30. Jänner 1990 (VwSlg. 13.110 A/1990) dargelegt hat, dass es der Zitierung des § 9 VStG als verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z. 2 VStG im Spruch eines Straferkenntnisses nicht bedarf (siehe dazu auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage 2004, zu § 44a VStG, S. 1524).

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH und somit zur Vertretung nach Außen befugt war. Er bestreitet weiters nicht, dass der Ausländer (zumindest) Chauffeursdienste für die GmbH geleistet hat und dass zum Tatzeitpunkt keine Beschäftigungsbewilligung für ihn vorgelegen war. Jedoch meint der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe übersehen, dass der Beschwerdeführer erst nach Anzeigerstattung von dem Vorfall erfahren habe, sodass nicht schlüssig sei, "worin ein versteckter Zwang des Ausländers" liegen solle. Die belangte Behörde habe weiters außer Acht gelassen, dass die GmbH bereits am 20. März 2000 für den Ausländer einen Antrag auf Beschäftigungsbewilligung gestellt habe. Im Tatzeitpunkt sei also bereits beim Arbeitsmarktservice Wien das Verfahren anhängig gewesen und daher die Argumentation der belangte Behörde nicht nachvollziehbar, in welcher Form sich ein für den Ausländer ungünstiges Bild ergeben solle. Weiters sei die Begründung der belangten Behörde nicht nachvollziehbar, dass eine wirtschaftliche Abhängigkeit des Ausländers im Hinblick auf das später einzugehende Dienstverhältnis anzunehmen sei. Wenn auch damals wirtschaftliche Interessen für die Zukunft eine Rolle gespielt haben mögen, so sei die wirtschaftliche Abhängigkeit zum damaligen Zeitpunkt keinesfalls gegeben gewesen.

Zur Frage, ob die Chauffeursdienste für den Beschwerdeführer lediglich auf Grund einer Freundschaft des Ausländers zu einem Angestellten der GmbH erbracht worden sind, ist zu bedenken, dass bei Beurteilung, ob in einem konkreten Fall ein nicht dem Reglement das AuslBG unterliegender Gefälligkeitsdienst anzunehmen ist, die Behörde eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2006, Zl. 2005/09/0020). Dabei fallen Gefälligkeitsdienste dann nicht unter den Begriff der bewilligungspflichtigen Beschäftigung des § 2 Abs. 2 AuslBG, wenn sie kurzfristig, freiwillig und unentgeltlich auf Grund spezifischer Bindungen zwischen Leistendem und Leistungsempfänger erbracht werden. Eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG wird aber dann gegeben sein, wenn auf Grund der gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG gebotenen Betrachtung des wahren wirtschaftlichen Gehalts und nicht der äußeren Erscheinungsform ein Mindestmaß an wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit der Arbeitskraft besteht.

Die Beurteilung der belangten Behörde kann nicht als unschlüssig angesehen werden, dass der Ausländer, der im vorliegenden Fall offensichtlich für einen erkrankten Arbeitnehmer der GmbH eingesprungen ist, für die GmbH nicht nur Chauffeursdienste geleistet sondern auch Neonröhren ausgewechselt hat, und diese Tätigkeiten nicht aus bloßer Freundschaft zu einem anderen Arbeitnehmer der GmbH, sondern aufgrund seiner wirtschaftlichen Beziehungen zu dieser im Hinblick auf seine zukünftige Arbeitnehmereigenschaft verrichtete und dabei wohl auch einen Anspruch auf eine Gegenleistung gegen die GmbH erworben hat. Gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde bestehen insoferne daher keine Bedenken, zumal der Sachverhalt im vorliegenden Fall in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist und sich die von der belangten Behörde angestellten Überlegungen entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht zwanglos nachvollziehen lassen.

Hinzuweisen ist im Übrigen darauf, dass das Bestehen von "Nötigung" oder "Zwang" kein konstitutives Merkmal einer Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG ist, auch nicht im rechtlichen Grenzbereich zu nicht dem AuslBG unterliegenden Freundschafts- und Gefälligkeitsdiensten. Insoferne hat die belangte Behörde einen missverständlichen Ausdruck gewählt, um das Bestehen einer Verpflichtung des Ausländers zur Ausübung seiner Tätigkeit für die GmbH zu kennzeichnen. Dadurch ist der Beschwerdeführer aber nicht in Rechten verletzt worden.

Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt gemäß § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Bei Ungehorsamsdelikten wie der vorliegenden Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG hat der Täter glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Es obliegt dem verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems für die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften zu sorgen (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2006, Zl. 2002/09/0207). Das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers, er lege "Augenmerk darauf, dass keine Schwarzarbeiter beschäftigt werden, was implizit natürlich eine Kontrolle erfordert bzw. auch beinhaltet" stellt ein solches Kontrollsystem nicht dar. Auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass zum Tatzeitpunkt bereits ein Antrag auf Beschäftigungsbewilligung bei einer Behörde des Arbeitsmartservice anhängig war, ändert nichts daran, dass zum Tatzeitpunkt - unbestrittenermaßen - keine Beschäftigungsbewilligung vorlag.

Auch gegen die im angefochtenen Bescheid erfolgte Strafbemessung bestehen angesichts des in § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a erster Strafsatz AuslBG vorgegebenen Strafrahmens von S 10.000,-- bis S 60.000,-- und des von der belangten Behörde mit unbestritten S 35.000,-- (EUR 2.543,55) festgestellten monatlichen Netto-Einkommens des Beschwerdeführers keine Bedenken.

Die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtswidrigkeiten liegen sohin nicht vor, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 4. September 2006

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