Normen
AVG §7 Abs1;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §4 Z41;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
AVG §7 Abs1;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §4 Z41;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der dem Baugrundstück benachbarten Grundstücke Nr.128/6, 149 und 1032/4 jeweils KG G, und waren im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides noch grundbücherliche Eigentümer auch des Baugrundstücks, welches sie mit Kaufvertrag vom 5. (im grundbücherlichen Durchführungsbeschluss angegeben mit 26.) Juni 2000 an die erstmitbeteiligte Baugesellschaft veräußert hatten. Nach § 7 dieses Kaufvertrages wurde den Beschwerdeführern als Verkäufern von der mitbeteiligten Gesellschaft als Käuferin für sich und ihre Rechtsnachfolger auf immerwährende Zeiten und ohne besonderes Entgelt das Recht auf ausschließliche und alleinige Benützung des Weggrundsstücks Nr. 1032/4 im Sinne des § 509 ABGB eingeräumt, welches als Dienstbarkeit des Fruchtgenußrechtes grundbücherlich sicherzustellen sei. Die grundbücherliche Durchführung des Kaufvertrages samt der darin enthaltenen Fruchtgenußvereinbarung erfolgte mit Grundbuchsbeschluss vom 21. Februar 2002; dabei wurde bezüglich der Grundstücke Nr. 121/1 und 148, welchem die hier gegenständliche Teilfläche des ursprünglichen Weggrundstücks Nr. 1032/4 zugeschrieben wurde, eine neue EZ. 315 eröffnet und diese für die bauwerbende Gesellschaft einverleibt.
Mit Eingabe vom 18. Oktober 2001 beantragte die mitbeteiligte Baugesellschaft die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses mit drei Wohneinheiten samt drei überdachten PKW-Abstellplätzen und einem Besucherabstellplatz.
Mit Erklärung vom 12. November 2001 gaben die Beschwerdeführer als (noch) grundbücherliche Eigentümer des Baugrundstücks zu dem vorliegenden Bauvorhaben ihre Zustimmung.
Am 15. November 2001 fand über das am 18. Oktober gestellte Bauansuchen eine Bauverhandlung statt, anlässlich derer (unter Pkt. 21 der Verhandlungsniederschrift) festgehalten wurde, dass die Zufahrtsstraße wie in den Plänen dargestellt, herzustellen sei und die Abtretung kostenlos und lastenfrei an das öffentliche Gut zu erfolgen habe, wobei die Vermessung von der Gemeinde vorzunehmen, diese Fläche in asphaltierter Oberfläche herzustellen und bis an die Grundstücksgrenze zu Grundstück Nr. 146/1 zu führen sei.
Das von den Grundeigentümern an dem Teilgrundstück Nr. 1032/4 geltend gemachte Fruchtgenußrecht wurde als privatrechtliche Vereinbarung "zur Kenntnis genommen".
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 19. November 2001 wurde der erstmitbeteiligten Gesellschaft die Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses mit drei Wohneinheiten und drei überdachten PKW-Abstellplätzen sowie einem Besucherparkplatz auf dem den Beschwerdeführern (noch) eigentümlich gehörenden Grundstück Nr. 148, EZ. 10 KG G, unter Vorschreibung von Auflagen erteilt, deren Pkt. 23 die Zufahrtsstraße betreffend die in der Verhandlung getroffenen Verpflichtungen wiederholt.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung mit der Behauptung, die herzustellende Zufahrtsstraße habe in Beachtung des ihnen gewährten Fruchtgenußrechtes nicht bei der Grundstücksgrenze zu Grundstück Nr. 146/1, sondern vor der Grundstücksgrenze zu Grundstück Nr. 1032/4 - d. h. 3 m vorher - zu enden.
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 22. April 2002 wurde diese Berufung (nach dem Wortlaut des Spruches) als unbegründet ab-, (nach der Begründung dieses Bescheides hingegen als unzulässig zurück)gewiesen.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieser Vorstellung keine Folge gegeben. Nach Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage führte die belangte Behörde aus, dem Einwand der Beschwerdeführer, es werde durch die Auflage Pkt. 23 des erstinstanzlichen Bescheides (betreffend die Herstellung der Zufahrtsstraße) in ihr Fruchtgenußrecht an dem Weggrundstück Nr. 1032/4 eingegriffen, sei entgegen zu halten, dass die bauwerbende Gesellschaft mittlerweile auch grundbücherliche Eigentümerin des (abgetretenen) Teilgrundstücks Nr. 1032/4 sei, auf welches sich die Auflage beziehe. Ein bloßes Fruchtgenußrecht hinsichtlich des (ehemaligen) Teilgrundstücks Nr. 1032/4 sei nicht geeignet, Parteistellung im Verfahren zu begründen. Es handle sich dabei auch lediglich um eine privatrechtliche Vereinbarung, deren Geltendmachung auf den Privatrechtsweg zu verweisen sei. Insoweit die Beschwerdeführer die Teilnahme des Bürgermeisters als bescheiderlassender Behörde erster Instanz und eines infolge Verwandtschaftsverhältnisses zur Zweitbeschwerdeführerin befangenen weiteren Gemeinderatsmitgliedes an der Beschlussfassung über die Berufung geltend gemacht hätten, fehle es einem allfällig darin gelegenen Verfahrensmangel an Relevanz, weil auch ohne deren Teilnahme die Abstimmung mehrheitlich negativ erfolgt wäre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete, von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung an den Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 30. September 2002, B 1394/02-3, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetretene und auftragsgemäß ergänzte Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird, und legte die Verwaltungsakten vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften machen die Beschwerdeführer auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend, an der Abstimmung über ihre Berufung hätten zu Unrecht der Bürgermeister und ein infolge Verwandtschaftsverhältnisses zur Zweitbeschwerdeführerin befangenes Gemeinderatsmitglied teilgenommen.
Gemäß § 58 Abs. 1 der Steiermärkischen Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 115/1967 (GemO 1967), sind der Bürgermeister und die Mitglieder der Kollegialorgane von der Beratung und Beschlussfassung über einen Verhandlungsgegenstand wegen Befangenheit ausgeschlossen:
1. in Sachen, an denen sie selbst, der andere Eheteil, ein Verwandter oder Verschwägerter in auf oder absteigender Linie, ein Geschwisterkind oder eine Person, die noch näher verwandt oder im gleichen Grade verschwägert ist, beteiligt sind;
2. in Sachen ihrer Wahl oder Pflegeeltern, Wahl oder Pflegekinder, ihres Mündels oder Pflegebefohlenen;
3. in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei bestellt waren oder noch bestellt sind;
4. wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu setzen; hierüber entscheidet im Zweifelsfalle der Gemeinderat.
Gemäß § 56 Abs. 1 GemO 1967 ist der Gemeinderat beschlussfähig, wenn sämtliche Mitglieder ordnungsgemäß zur Sitzung geladen wurden (§ 51) und mindestens zwei Drittel der Mitglieder des Gemeinderates zur Zeit der Beschlussfassung anwesend sind.
Im Beschwerdefall ist dem Aktenvermerk des Beschwerdevertreters vom 7. Mai 2002 zu entnehmen, dass der mit Vorstellung bekämpfte Berufungsbescheid in dem 9 Mandatare umfassenden Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde im Stimmenverhältnis 7 : 2 beschlossen worden war. Der Gemeinderat wäre daher auch bei Abwesenheit der zwei befangenen Mitglieder beschlussfähig gewesen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, kann die Vornahme von Amtshandlungen durch befangene Verwaltungsorgane als Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht werden, sofern sich infolge der Befangenheit sachliche Bedenken gegen den gegenständlichen Bescheid ergeben. Die Amtshandlung ist also nicht rechtsungültig oder nichtig, sondern es ist im Einzelfall zu prüfen, ob sich in diesem Sinne sachliche Bedenken gegen den Bescheid ergeben (siehe dazu beispielsweise die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, in E 85 zu § 7 AVG wiedergegebene hg. Judikatur). Die Mitwirkung eines befangenen Gemeindeorgans bewirkt u.a. auch dann einen wesentlichen Verfahrensmangel, wenn der Gemeinderat bei Abwesenheit des befangenen Organs nicht beschlussfähig gewesen oder wenn ohne dessen Stimme die für die Beschlussfassung erforderliche Stimmenmehrheit nicht zustande gekommen wäre (vgl. aaO, E 130 zu § 7 AVG).
Weder aus den Verwaltungsakten noch aus der Beschwerde ergeben sich jedoch - wie im Folgenden dargelegt werden wird - solche sachlichen Bedenken; dem unterlaufenen Verfahrensmangel fehlt es daher an erkennbarer Relevanz. Dem angefochtenen Bescheid kann damit aus dieser Sicht eine Rechtswidrigkeit nicht angelastet werden.
§ 4 Z. 41 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), in der Fassung LGBl. Nr. 33/2002, definiert den Nachbarn als "Eigentümer oder Inhaber eines Baurechtes (Bauberechtigter) der an den Bauplatz angrenzenden Grundflächen sowie jener Grundflächen, die zum vorgesehenen Bauplatz in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehen, dass vom geplanten Bau oder dessen konsensgemäßer Benützung Einwirkungen auf diese Grundflächen ausgehen können, gegen welche die Bestimmungen dieses Gesetzes Schutz gewähren.
Nach dem klaren Gesetzeswortlaut sind also lediglich die Eigentümer von Liegenschaften als Nachbarn im Sinne des Steiermärkischen Baugesetzes am Baubewilligungsverfahren als Partei beteiligt, nicht aber sonstige dinglich Berechtigte (ausgenommen Bauberechtigte). Insbesondere einem Fruchtgenußberechtigten wie den Beschwerdeführern in Bezug auf das (ehemalige) Teilgrundstück Nr. 1032/4 KG G kommt Parteistellung in einem Baubewilligungsverfahren nach dem Stmk. BauG demnach nicht zu.
Soweit die Beschwerdeführer als Eigentümer der an das Baugrundstück angrenzenden Liegenschaften Nr. 149, 128/6 und dem ihnen verbleibenden Teil des Grundstücks Nr. 1032/4 KG G und damit als Nachbarn im Sinne des § 4 Z. 41 Stmk. BauG Partei im Bauverfahren waren, ist für sie auch daraus nichts abzuleiten:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt auch für den Nachbarn, der im Sinne des § 42 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 die Parteistellung behalten hat.
Gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlichrechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über
1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;
- 2. die Abstände (§ 13);
- 3. den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);
- 4. die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);
- 5. die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);
6. die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6).
Nach Abs. 3 dieser Bestimmung hat die Behörde dann, wenn von einem Nachbarn die Verletzung eines Rechtes behauptet wird, das im Privatrecht begründet ist (privatrechtliche Einwendung), zunächst eine Einigung zu versuchen. Kommt keine Einigung zustande, so ist der Beteiligte mit seinen privatrechtlichen Einwendungen auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen. Diese Verweisung ist unter Anführung der Einwendung im Spruch des Bewilligungsbescheides auszusprechen.
Der in der Berufung erhobene Einwand, die im Baubewilligungsbescheid vom 19. November 2001 enthaltene Auflage Pkt. 23, den Zufahrtsweg bis zur Grenze des an das Baugrundstück angrenzenden Liegenschaft Nr. 146/1 herzustellen und an das öffentliche Gut abzutreten, widerspreche dem ihnen an dem (ehemaligen) Teilgrundstück Nr. 1032/4 eingeräumten Fruchtgenußrecht, ist privatrechtlicher Natur, weshalb eine Verweisung auf den Zivilrechtsweg der Rechtslage entsprach, auch wenn diese nicht in den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides aufgenommen worden war. Liegt aber eine öffentlich-rechtliche Einwendung nicht vor, konnten die Beschwerdeführer auch in subjektiv-öffentlichen Rechten nicht verletzt sein.
Die Beschwerde war aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47f VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 20. April 2004
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